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336 Aus allen Erdtheilen. — Robert Shaw hat für seine Reisen in Ostturkestan die Patronsdenkmünze der Londoner geographischen Gesellschaft er halten; Oberst Pule die Gründermedaille für feine werthvollen Arbeiten über die füdostasiatischen Länder und feine Ausgabe des Marco Polo. G. C. Musters bekam ein Geschenk von 2S Pf. St. für seine Beiträge zur Kunde Patagoniens, und Karl Mauch ein solches als Anerkennung für seinen Eifer und fein Geschick in der Erforschung Südostafrikas. — In Peking ist ein Verein zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse unter den Chinesen gebildet worden. Derselbe will monatlich ein illustrirtes Magazin herausgeben, theils in eng lischer, aber vorzugsweise in chinesischer Sprache und dasselbe namentlich unter den wissenschaftlich gebildeten Classen zu ver breiten suchen; auf eine unmittelbare Einwirkung auf die Volks massen kann er natürlich nicht rechnen. — In England ist wieder eine neue religiöse Secte auf getreten. Ihre Angehörigen bezeichnen sich als Comprehen- sionisten, als Begriffs-, Umgangs- und Verstandes-Christen; denn „Comprehension" ist ein praktisches Zusammenwirken nach jeder Richtung hin zu dem Zwecke, das gesammte Menschen geschlecht in eine einzige Kirche zu vereinigen. „Das Princip un serer Kirche liegt im Charakter des Individuums insofern das- selbe ein Bewußtsein der Persönlichkeit besitzt, ein Hinneigen zur Trennung und eine Anziehung zur Liebenswürdigkeit (arvia- dilit^j. Der Glaube ist ein Glaube an das Jenseits!" Sehr klar das, ohne Zweifel, und gewiß sehr verständlich, sehr com- prehensibel für Pescheräs, Patagonier, Eskimos und Professoren der Theologie oder Philosophie. — „Wollen wir srommen Christen in Neuyork nicht eine Deputation nach Konstantinopel schicken, damit sie bei den mo hammedanischen Türken lerne, wie man Gaunern und Betrü gern Gerechtigkeit angedeihen lassen müsse?" So fragt die „Tribune" in Hinblick auf die Diebs- und'Raubwirthschast der Beamten, welche in den Vereinigten Staaten zu einer „Landes institution" geworden ist. Sie erzählt dann Folgendes: Die Leute in Konstantinopel haben Vorstellungen von öffentlicher Justiz, die überaus sonderbar erscheinen. Da hatte ein Polizei minister ein starkes Deficit in seiner Casse. Als man ihn zur Rechenschaft zog, erklärte er, daß er die Fehlsumme dem ver storbenen Großwesir ausgezahlt habe; er konnte aber keinen Nachweis sllr diese Behauptung beibringen. Die einfältigen tür kischen Richter ließen sich nicht einschüchtern, eine aus bestochenen Geschworenen zusammengesetzte Jury kennt man leider bei den uncivilisirten Osmanen nicht, und so konnte etwas Entsetzliches geschehen. Der Polizeiminister wurde mit Schimpf und Schande abgesetzt und auf fünf Jahre ins Zuchthaus geschickt; er muß doppelt so viel Strafe zahlen als er gestohlen hat und kann nie wieder ein Amt bekleiden. — Danken wir dem Himmel! Solche Abscheulichkeit kann in der christlichen Metropole der Neuen Welt nicht Vorkommen; dafür ist man viel zu civilisirt. — Am 31. März 1872 geschah zu Boston in Massachu setts Folgendes: „Der puritanische Diaconüs John Ackillrow' von der Ersten Kirche, welche an der Ecke der Devonshire- und Staatsstraße stand, wurde überführt, einer von den Chorsän gerinnen dieser Kirche einen Kuß gegeben zu haben, und der Gerichtshof sprach folgendes Urtheil: John Ackillrow bekommt SO Hiebe auf den nackten Rücken; es sollen ihm Leide Ohren abgeschnitten werden; sodann wird er drei Stunden lang am Schandpfahl ausgestellt und es wird ihm dort auf jeder Wange ein Brandmal eingedrückt und zwar das Wort: Schurke jknavs), nachher soll er unverweilt die Stadt verlassen." So berichtet der „Boston Expreß" vom 31. März 1872, zur Kennzeichnung jener finsteren Fanatiker, welche von Unkundigen noch immer als Freunde religiöser und politischer Freiheit geschildert werden. — Zur Geographie der Hölle. Wir erfahren dar über endlich etwas ganz Zuverlässiges; der Forschungs- und Entdeckungsreisende in der sogenannten „Unterwelt" ist ein schwarzer Mann, der Neger Sandy Hammons in New Liberty. Er war am Weihnachtsabend in einer großen Prügelei, mit welcher sich unsere dunkelfarbigen Mitmenfchen und Brüder lustig die Zeit vertrieben, dermaßen zerbläut worden, daß er nicht wieder zu Kräften kam und am 24. März sllr todt ange sehen wurde. Man ließ ihn ein paar Tage liegen; der Sarg war mit einem losen Brette belegt. Als man ihn am vierten Morgen begraben wollte, saß er munter aus dem Deckel, und als man ihn nach Hause gebracht hatte, wo er einen kräftigen Schluck zu sich nahm, berichtete er einem staunenden und gläu bigen Zuhörerkreise Folgendes: — „Ja, da habe ich den Teufel gesehen, denn ich war in der Hölle, wo ich manche unserer Be kannten antras. Der Teusel sagte mir, es sei jetzt eben kein Platz fllr mich srei, er wolle aber in der nächsten Zeit Rath schaffen. Der Teusel ist ein schwarzes, grimmig blickendes Un geheuer, er ist mit feurigen Peitschen bewaffnet und mit diesen prügelt er die, welche in der Hölle ungehorsam sind. In seinem großen Lande, das sehr, sehr ausgedehnt ist, liegen viele Feuer seen zerstreut und auch einige Ruheplätze. Jeder Höllenbewoh ner wird den Verbrechen gemäß gepeinigt, welche er begangen hat." — Die japanische Regierung hat in den Vereinigten Staa ten sür mehr als eine halbe Million Dollars Zuchtvieh, Acker- baugeräthe rc. ankaufen lassen, die zu Ansang Aprils nach Yokohama verschifft worden sind. Sie hat es namentlich auf Veredelung der Pferde abgesehen und eine Anzahl trefflicher Hengste bekommen; sodann Kutschpferde, Zuchtstiere und Kühe verschiedener Art, Suffolkschweine, Lincolnschafe, Southdowns, drei fpanische Merinoböcke rc. Sodann zur Ausfaat einige Sorten Weizen, Gerste, Roggen und Hafer, im Ganzen 2S0 Scheffel. Dazu kommen 36,000 Pflänzlinge von Obstbäumen und vielerlei Gemüse- und Gartensämereien. Die gesammte Leitung über die Ackerbauversuche ist einem deutschen Gärtner anvertraut, welcher die Sendung von San Francisco aus nach Japan begleitet. Dieselbe kam mit einem Extrazug auf der Pacificbahn. — Auf den Sandwich-Jnfeln streitet man jetzt darüber, welche Sprache die nationale sei? Die einheimische Sprache der Hawaii-Insulaner wird mehr und mehr durch das Engli sche verdrängt und dieses „Kanacka" ohnehin mit den Eingebo renen aussterben. Es fehlt denselben begreiflicherweise an einer Menge von Ausdrücken für „Begriffe der Civilifation". — Die Floridariffe find bekanntlich der Schifffahrt sehr gefährlich. Jüngst ist ermittelt worden, daß von 1837 bis 1871 an denselben nicht weniger als 900 Fahrzeuge gestrandet und zumeist verloren gegangen sind, zusammen im Werthe von etwa 30 Millionen Dollars. Durchschnittlich entfallen 40 Schiffbrüche auf das Jahr. — Indischen Blättern zufolge ist beiKandahar in Afgha nistan Gold gefunden worden, und Sachverständige finden, daß der dortige Quarz fehr reich an dem edlen Metalle sei. In Calcutta sind Proben desselben vorgezeigt und untersucht worden. — Das deutsche Reich zählte am 1. December 1871 41,058,139 Bewohner, gegen 40,106,980 im December 1870; die Zunahme beträgt also mehr als 950,000 Köpfe. Inhalt: Die geographische Verbreitung der thätigen Vulcane. II. Isländische und afrikanische Vulcane. (Mit fünf Ab bildungen.) — Dr. Leitner unter den Völkern Dardistans. (Mit einer Abbildung.) — Zur Kennzeichnupg der Finnen im hohen Norden. Von Dr. Mehwald. — Volksaberglauben, Legenden und Ueberlieferungen der Japaner. Von Dr. Mohnike.— Zur Naturgeschichte des östlichen Tibet. — Aus allen Erdtheilcn: Die Beförderung deutscher Auswanderer über Hamburg. — Der neue Handelsweg aus China zum bengalischen Meerbusen. — Die Geyser-Region am Obern Pellowstone ist zum Nationalpark er klärt worden. — Adolf Bastian über die Moralbegrisfe bei wilden Völkern. — Verschiedenes. Herausgegeben von Karl Andree in Dresden. — Für die Redaction verantwortlich: H. Vieweg i» Braunschweig. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.