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Aus allen Wieder einmal Livingstone. In der jüngsten Monatssitzung der Londoner geographischen Gesellschaft (22. April) wurden zwei Briefe vom Konsul Kirk in Sansibar verlesen. Der erste ist vom 16. Januar und mel det, daß in der Region, die zwischen Unyanyembe und Udschid- schi liegt, unter den Stämmen Krieg ausgebrochen sei. „So lange dieser dauert, kann man Uber das, was auf der Straße nach Cazembe oder Wamba (also nach Westen hin) vorgeht, nichts erfahren. Auch der Weg nach Karague (also nach Nor den hin) — so schreibt Kirk — ist nicht srei; es bleibt also nur noch der nach Masai offen. In Folge ähnlicher Fehden lag einmal der Elfenbeinmarkt von Udschidfchi völlig lahm, bis dann alles dort Angesammelte auf einmal an die Küste gelangte. So wird es auch jetzt wieder gehen, sobald die Straße offen ist. — Was Livingstone betrifft, so wissen wir, daß es ihm, als er in Cazembes Stadt sich aushielt, an allen Vorräthen mangelte und daß er sich auf die Großmuth der verfchiedenen arabischen Handelsreisenden angewiesen sah, mit welchen er zusammentraf. Diese Araber sind schon längst wieder an der Küste angelangt und auch bereits wieder auf Handelsexpeditionen ausgezogen, einige nach Udschidfchi, andere nach Cazembe. Durch Livingstone selber wissen wir, daß er in Udschidschi sich unwohl befand und daß das auf seine Gemüthsstimmung einwirkte. Er gab uns zu verstehen, daß wir weitere Einzelnheiten über seine Reisen zu erwarten hätten, wenn er sie in eigener Person mündlich gebe. Er bedauere das, weil durch irgend einen Zusall unterwegs alle von ihm gesammelten Resultate verloren gehen könnten. Dieser Brief war offenbar geschrieben, als das afrikanische Fieber ihn plagte und er kein Quinin hatte, vor der Zeit, als der große Vorrath von allerlei für ihn bestimmten Bedürfnissen in Ud- fchidschi eingetroffen war. Er ist dann nach einem Orte gegan gen, der 20 oder 30 Tagereisen westlich vom Tanganyika-See liegt. Zweck dieser Expedition war ohne Zweifel, zu erforschen, wie es sich mit dem See verhalte, in welchen, wie man ihm er zählt hatte, die Wasser des Cazembe und der von ihm verfolg ten Seenkette abfließen solle. — Noch habe ich von keinem der Leute, mit welchen ich in Berührung kam, etwas über das Land Manyema erfahren können; es hat viel Elfenbein und wird von Händlern aus Udschidschi besucht; diese Leute kommen aber selten bis an die Küste des Oceans. Livingstone schloß sich den Karawanen der Araber an; wir haben gehört, daß dieselben wohlbehalten in Manyema angekommen sind, wissen aber nicht, ob sie aus der Heimreise wieder in Udschidschi eintrafen. Auf der Rückreise kamen die arabischen Karawanen und Dr. Living stone zu einem Stillstände (— soll wohl heißen: wurden aufge halten —) und die Leute, welche ich ausgeschickt habe, um ihm als Diener an die Hand zu gehen, waren mit Vorräthen von Udschidschi ausgezogen, um ihm behülflich zu sein. Wenn er Udschidschi erreicht, dann wird er dort allerlei Vorräthe finden, welche für seine Bedürfnisse ausreichen. Sollte er dort von den Handelsleuten Waaren selbst zu 500 Procent Zinsen kaufen, fo werde ich seine Tratten honoriren. Wenn er aber einmal in Udschidschi ist, dann sehe ich keine Schwierigkeit für ihn, nach Sansibar zu gelangen, falls es nicht etwa, wie er angedeutet hat, seine Absicht ist, auf einem Nachen die Seen zu verfolgen. — Das hieße also so viel: Livingstone wolle nach Norden hin den Tanganyikasee befahren und dann ermitteln, ob derselbe mit Baker's Albertsee in Verbindung stehe." Ein zweiter Brief Kirk's ist vom 14. Februar. Der Consul schreibt, er wolle versuchen, ob er nicht einige Eingeborene ver anlassen könne, über Urovi und Udschidschi zu gehen, denn die englische Expedition, welche im März erwartet werde (Llewellyn Dawson) werde unbedingt an der Küste liegen bleiben müssen, Erdlheilen. der Regenzeit halber und also wenigstens den April über un- thätig sein. Von Livingstone wisse man weiter nichts. — Kirk's Briefe lassen insgemein Klarheit vermissen und find schlecht stylisirt, auch dürftigen Inhalts. Es fällt uns auf, daß er auch jetzt wieder der Expedition des Nordamerikaners Stanley mit keiner Silbe erwähnt. Von diefem Reisenden sind weiter keine Nachrichten eingetroffen als die, welche wir fei ner Zeit im „Globus" ausführlich mitgetheilt haben. Der un ternehmende Pankee wird vielleicht sich in Unyanyembe inmitten der Krieg führenden schwarzen Völker befinden und weder vor wärts noch rückwärts können. (S. die Nachschrift S. 320.) Polarfahrten. Dieselben sind in der jüngsten Sitzung der Londoner geo graphischen Gesellschaft von Capitän Sherard Osborne wie der aufs Tapet gebracht worden. Derselbe befürwortete aber mals eine Expedition nach dem Smith-Sund, welcher allein die Möglichkeit darbiete, weiter als man bisher gekommen fei, gegen den Pol hin vorzudringen. Im Jahre 1865 habe die Regierung sich geweigert, eine solche Expedition zu unterstützen, weil die Seeleute und Gelehrten sehr verschiedener Meinung über die praktikabele Route seien. Nun, sagt Osborne, sind seit dem sieben Jahre vergangen und es hat sich gezeigt, daß die Route Spitzbergen gar nicht mehr in Frage kommen könne; es bleibe also der Smith-Sund übrig. Osborne beruft sich aus Capitän Koldewey und citirt dessen bekannten Ausspruch, daß man den Nordpol zu Schiffe nicht erreichen könne und daß ein offenes Polarmeer, von welchem so viel gefabelt worden ist, nicht vorhanden sein könne; Koldewey gestehe, daß er früher sich durch Dr. Petermann habe irreleiten lassen; er aber sei, sammt allen feinen Schiffsgefährten, gründlich von der Annahme curirt, daß man der Küste entlang in die centrale arktische Region und dann weiter bis zum Pole werde Vordringen können. Wenn es sich darum handle, demselben möglich nahe zu kommen, müsse man den Smith-Sund ins Auge fassen, in welchem man bis 78° N. zu Schiffe gelangen könne und wo eine Küstenlinie sich nach Norden hinziehe, die man bis etwa 82° N. mit den Augen habe verfolgen können. Dieser Küste entlang müsse man im Frühjahr mit Hundeschlitten Vordringen; von einer Schifffahrt zwischen Nowaja Semlja und Spitzbergen hindurch gegen den Pol hin könne keine Rede sein. Osborne erwähnte dann, daß Nordenskjöld erkläre, es sei im Sommer unmöglich, durch das Packeis zu dringen, ein offenes Polarmeer fei eine Hypothese, die weder Grund noch Unterlage habe. — Dr. Carpenter wünscht eine englische Expedition zum Zwecke von Tiefseefor schungen und der Beobachtung der Meeresströmungen. Die Ad mirale Back und Mac Clintock sprachen sich gleichfalls für den Smith-Sund aus. Deutsche Ansiedelungen am nördlichen Red River. Der nördliche Red River entspringt unter 47° N. im El- bogenfee, nicht weit von den Quellen des Mifsifsippi; er nimmt zuerst eine südliche Richtung, bildet eine Anzahl von Seen, z. B. den Ottertail Lake, strömt dann gerade nach Norden und mündet in den Winipeg-See. Das Red-River-Land nördlich vom 49° N. bildet einen Theil des Territoriums Manitoba, welches zur Canadian Dominion gehört; was südlich von 49° liegt, gehört zum Staate Minnesota. Das Land ist sehr fruchtbar, das Klima streng, aber gesund. Bis vor (wenigen Jahren bildete dasselbe eine Einöde, in welcher nur Jäger und Indianer umher zogen; seitdem aber die Nordpacisic-Eisenbahn diese Region durchzieht, sind Ansiedler in Menge dorthin geströmt. Ein Deut-