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284 Theodor Kirchhoff: Strnfzüge in Oregon und Californien (1871). sich über zu viel Regen zu beklagen, hatten die Bewohner des Willamettethales vielmehr guten Grund, einige Regen güsse vom Himmel herabzuwünschen, sowohl um ihre Win tersaat bestellen zu können, als namentlich, damit die das Land verheerenden Waldbrände gründlich gelöscht würden. Die in jedem Sommer in Oregon und dem Territorium Washington ausbrechenden Waldbrände entstehen meistens in Folge der Nachlässigkeit von Fuhrleuten, welche Nachts ein Lagerfeuer im Busch anzuzünden Pflegen und sich selten die Mühe nehmen, dasselbe, ehe sie weiterfahren, zu löschen. Auch kommt es nicht selten vor, daß die Straßenaufseher einen quer über einen Weg gefallenen Baum in der Mitte in Brand setzen, statt ihn mit der Axt aus einander zu schla gen und dann fortzuschaffen. Gerathen die unbehindert weiter brennenden Flammen dann zwischen die trockenen Büsche und in das dürre Laubwerk, so hilft keine später an gewandte Mühe mehr, dieselben zu ersticken. Das Feuer wird so lange weiter brennen, bis der erste Regen es aus löscht. Der Schaden, welchen jene Waldbrände alljährlich in diesen Ländern anrichten, ist ein sehr beträchtlicher; aber es bleibt trotzdem bei der alten Fahrlässigkeit. Jeder ver wünscht die unverzeihliche Nachlässigkeit Anderer, das Feuer nicht bei Zeiten ausgelöscht zu haben, und bietet sich eine ähn liche Gelegenheit, so macht er es aller Wahrscheinlichkeit nach eben so wie sein Vorgänger. Am Nachmittage des genannten Tages brachte mich eine Dampffähre über den breiten Willamette nach East Port land, eine Art Vorstadt von Portland, welche diesem gerade gegenüber am rechten Stromufer erbaut ist. Jener Platz verdankt s«ne Entstehung der „Oregon- und California- Eisenbahn", welche dort ihre Bahnhofsgebäulichkeiten errichtet hat. Der Ort vergrößert sich rasch und zählt bereits gegen 1500 Einwohner. Auf dem Schnellzuge der genannten Eisenbahn trat ich meine Reise nach Süden an, in der Ab sicht, an diesem Tage bis nach Salem, 53 englische Meilen von Portland, zu fahren. Stattlich breitete sich die Stadt Portland am jenseitigen Ufer des Willamette aus, an deren Quais mehrere große und kleinere Segelschiffe und auch zwei schwarzgemalte Seedampfer lagen: der „Idaho", wel cher mich von San Francisco nach Portland gebracht hatte, und der „Ajax", derselben Dampfschiffslinie angehörend. Doch bald entschwand die Handelsmetropole Oregons unse ren Blicken; wir traten in eine abwechselnd mit Waldungen und Farmen besetzte Gegend und fuhren an der Seite von eingefenzten Feldern hin, die mit schwarzgebrannten Baum skeletten , Stumpen rc. übersäet waren, wie sie jeder ameri kanischen Landschaft eigenthümlich sind. Sechs englische Meilen von Portland passirten wir die ansehnlichen Ma schinen- und Wagenbauwerkstätten der Oregon- und Cali fornia-Eisenbahn bei Milwaukee. Je weiter wir kamen, um so häufiger zeigten sich die Spuren von den letzten verheerenden Waldbränden, ganz nahe an der Bahn und zu beiden Seiten derselben. Ver kohlte und schwarz angebrannte Stämme und die Reste von Gestrüpp lagen theils am Boden in wildem Durcheinander, oder das Feuer hatte alles niedrige Gebüsch verzehrt und die nackten Bäume wie dichtgeschaarte schwarze Säulen ste hen gelassen, ein trauriges Bild der Verwüstung, bei dem noch hier und da der Rauch aus den weißen Aschenhaufen emporwirbelte. Ich bemerkte eine Dampfsägemühle inmitten der allgemeinen Zerstörung, mit einem bergehohen in ihrer Nähe liegenden Brettervorrathe, deren Gebäulichkeiten rc. nur durch die äußersten Anstrengungen der in ihr beschäftig ten Arbeiter der Vernichtung durch die Flammen entgangen waren. Bis in die unmittelbare Umgebung von Portland hatten sich diese Waldbrände ausgebreitet. 2000 Klafter Bauholz wurden, wie man mir erzählte, dicht bei der Stadt von den Flammen verzehrt. Die Waldungen, welche ich bis jetzt sah, bestanden größ- tentheils aus Nadelhölzern, bis wir den Clackamasfluß er reichten, dessen Ufer mit schönen Laubbäumen geziert waren. Auf einer hohen Trestlebrücke überschritten wir langsam den Thalgrund dieses rechter Hand in den Willamette fallenden Flusses. Neben prächtigen Obstgärten, in denen die Apfel bäume unter dem Segen der herrlichsten Früchte schier zu sammenbrechen-wollten, und durch wohlbebautes Ackerland hinfahrend, erreichten wir bald darauf, 15 englische Meilen von Portland, das in hochromantifcher Umgebung am Willa mette liegende Städtchen Oregon City. Die Eisenbahn schlängelt sich hier dicht unter steilen Hügeln (Bluffs) hin-, rechter Hand liegt in der Tiefe das freundliche Städtchen Oregon City mit seinen stattlichen Fabrikgebäuden, inmitten grüner Bäume am breiten Willa mette, an dessen jenseitigem Ufer langgestreckte, mit majestä tischen Fichtenwaldungen bestandene Höhenzüge sanft einpor steigen. Dicht oberhalb der Stadt ist das Bett des Flusses voll von schwarzen Felsmassen, zwischen denen sich die schäu menden Fluthen einen Weg suchen und an einer Stelle einen breiten, etwa 30 Fuß hohen Wasserfall bilden, die „Fälle des Willamette" (taUs ok btto IViUsrnskts). Das Pano rama, welches sich hier vor den Blicken eines von Norden auf der Eisenbahn Kommenden plötzlich entrollt, ist von fesselnder Schönheit. In der Ferne die zwischen den schwar zen Basaltfelsen daherstürmenden weißen Schaumwellen, drüben der breite grünliche Willamette mit den waldgekrön ten Höhen des jenseitigen Ufers herüberblickend, und unter Einem nahe die Stadt idyllisch zwischen den grünen Bäu men, — Alles dieses giebt ein Gesammtbild, welches über aus pittoresk ist. Diese sich so romantisch ausnehmenden „Fälle des Willa mette" waren aber von jeher ein bedeutendes Hinderniß für die Dampfschifffahrt auf jenem Flusfc. In früheren Jah ren Pflegte man die Waarengüter hier auszuladen, auf schwie rigen Wegen mit Fuhrwerken durch eine sogenannte „Por tage" an den Stromschnellen vorbei zu transportiren und oberhalb oder unterhalb derselben auf anderen Dampfbooten zur Weiterbeförderung wieder zu verschiffen. Um das Um laden der Waarengüter von einem Dampfer auf den andern zu erleichtern, wurde hier in neuerer Zeit ein Damm gebaut, der unterhalb der Fälle erst eine Strecke weit in den Fluß hineinreicht und dann, mit dem rechten Ufer parallel lau fend, sich bis oberhalb der Stromschnellen ausdehnt. Hier durch ward am rechten Flußufer eine fahrbare Wasserstraße, deren Tiefe man durch Wegsprengen der Grundfelsen ver mehrte, stromabwärts bis an die Wehre gebildet, wo sich das Wasser stauet und im gleichen Niveau mit dem Spiegel des Flusses 'oberhalb der Fälle bleibt, während das über schüssige Wasser seitwärts von dem Längendamm über die Fälle einen Abfluß findet. Sowohl die den Fluß hinauf fahrenden als die stromabfahrenden Dampfer finden hinrei chend tiefes Wasser bis an den Querdamm. Zwei beladene Dampfboote, die hier von Norden und von Süden anlangen und ihre Fracht austauschen wollen, legen sich jenes an die untere, dieses an die obere Seite der Wehre, welche die bei den Schiffe trennt, wobei dann das von Norden gekommene Dampfschiff bedeutend tiefer als der Spiegel des ihm ganz nahen obern Fahrwassers liegen wird. Vermittelst Hebe maschinen werden nun die Waarengüter aus dem einen Dampfer über den Damm zur Weiterbeförderung in den andern umgeladen, — eine sinnreiche Einrichtung, welche, obgleich einem Canal mit Schleusen nicht vorzuziehen, den noch den früher» Transport auf der „Portage" bedeutend