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Mit besonderer HerüebsirbtigunS lter AntbropoloSie unä Gtbnologie. In Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl Andree. Ä!al Monatlich 4 Nummern. Halbjährlich 3 Thlr. Einzelne Nummern, soweit der Vorrath reicht, 4 Sgr. 1872. Unter den Laosvölkern am Mekong. ii. Freundliche Aufnahme in Ubong. — Geschicklichkeit der Laos in der Holzsculptur. — Festlichkeiten bei der Investitur des Königs. — Der Drache mit dem Weihwasser. — Ein Festmahl. — Salinen. — Waldbrände.,— Die Kengs oder Stromjchnellen. — Ein wilder Mann. — Jagd auf Pfauen. - Die Stadt Ubong liegt am Se mun, einem Zuflusse des Mekong, und auch dort wie in Bassac fand die Expe dition eine Aufnahme, die nichts zu wünschen übrig ließ. Das Wetter war im Januar 1867 ganz köstlich, die Tem peratur mild, die Wohnung bequem und angenehm, und die Speisen, welche in reichlicher Fülle geliefert wurden, ließen gleichfalls nichts zu wünschen übrig. Für eine Laosstadt hat Ubong eine ganz ansehnliche Größe. Die Häuser sind hübsch, geräumig und liegen in mitten von Gärten; die Pagoden sind reich und es mangelt ihnen nicht an Schmuck und Zierrath; alle sind mit hohen Palmenbäumcn und schattenspendenden Banianen umgeben. Diese heiligen Bäume werden, wie das Volk sagt, mindestens eintausend Jahre alt, und jeder einzelne von ihnen bildet einen förmlichen Wald; denn die Zweige hängen von oben nach unten und schlagen Wurzeln. Zu den Merkwürdigkeiten in Ubong gehört ein sehr alter Kasten, eine Art von Burg, welche einst ein Kriegselephant auf seinem Rücken getragen hat. Das Gebäude, wenn der Ausdruck erlaubt ist, besteht aus sehr hartem Holze, hat Scul- pturen und war ehemals vergoldet. Die Krieger, welche dasselbe barg, waren an den Seiten durch zwei dicke hölzerne Schilder gedeckt, auf der Hinterseite durch eine monumentale Lehne, die mit Schnitzwerk verziert ist: Blumen, Vögeln und allerlei Arabesken, dann auch mit Edelsteinen und foliir- tem Glase. ' Diese Reliquie gehört zu dem Schönsten, was man von Holzschnitzerei in Laos sehen kann, wo diese Kunst noch heute in Flor steht. Die Laos sind auch ganz ausgezeichnete Zim merleute ; sie schnitzen mit großem Geschick eine große Menge von Gegenständen verschiedener Art, kleine Werkzeuge, Fen ster, Hausdächer, Möbeln und namentlich auch Schmucksachen für die Pagoden. Man zeigte den Europäern in Ubong mancherlei hübsche Sachen, z. B. einen großen Kasten, sagen wir eine Loge, in welcher recht fromme Bonzen manchmal Monate lang verweilen, um zu beten und sich gottseligen Betrachtungen ungestört zu überlassen. Sehr fein und ge schmackvoll sind auch die kleinen Tafeln, auf welche man die Reiskugeln legt, die an jedem Morgen als Opfergabe auf den Altar gebracht werden, sodann Koffer, in welchen man die heiligen Bücher verwahrt; diese sind auf Palmblätter ein gekritzelt. Auffallend war auch ein großer Drache mit vie lerlei Schnitzereien und mit Vergoldung; er hing an den Säulen der Hauptpagode. Der Leib des Drachen ist hohl, bildet gleichsam einen großen Eimer, und das in demselben aufbewahrte Weihwasser wird bei manchen religiösen Cere- Globus XXI. Nr. 18. (Mai 1872.1 35