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Mit besorulerer Ben'icksicktigunI äer Antlrropologie uiul Etluiologie. In Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl Andree. Aprtl Monatlich 4 Nummern. Halbjährlich 3 Thlr. Einzelne Nummern, soweit der Vorrath reicht, 4 Sgr. 1872. Unter den Laosvölkern am Mekong. Eine Leichenfeierlichkeit bei Bassac. — Scheiterhaufen, Ringkämpfe, Bestattung. — Die Ruinen von Wat Phu und die Sculptur der Khmers. Die Mitglieder der Expedition, welche 1866 und in den folgenden Jahren den Lauf des Mekong im Lande der Laos und dessen Nebenflüsse erforschten, unternahmen insbesondere von Bassac aus, das wir früher geschildert haben (XXI, S. 67), manche Ausflüge. Sie waren von den Eingebo renen sehr freundlich und wohlwollend empfangen worden, standen mit denselben auf dem besten Fuße, und der König, ein Lehnsträger des Herrschers von Siam, stattete ihnen mehrmals seinen Besuch ab. Sehr ergiebig war die Jagd in der Umgegend, und die botanische Ausbeute ungemein lohnend. Auf einem Aus flüge kam Delaporte an einen Banianenbaum von geradezu kolossalem Umfange. Sein Begleiter Thorel äußerte scherz haft, daß sich an dem, was auf demselben sitze, die gesammte Einwohnerschaft von Bassac satt essen könne, und darin lag keine Uebertreibung. Denn als ein Schuß abgefeuert wurde, erhob sich aus dem weit verbreiteten Gezweig eine wahre Wolke von grünen Tauben; sie flatterten zu Tausenden und Abertausenden umher. Als Führer in den Wäldern diente ein junger, sehr intelligenter Laos, der fast täglich seinen Besuch machte und gern eine Tasse Kaffee trank. Dieser Labetrank war bisher in Bassac unbekannt gewesen. Eines Nachmittags ging Delaporte mit seinem Begleiter wieder in den Wald und kam an eine offene Stelle, wo ein Feuer brannte. Ne- Globus XXI. Nr. 17. (April 1872.) ben einer Gruppe von hohem Bambus saßen etwa ein hal bes Hundert Männer und folgten mit großer Spannung dem Faustkampfe zweier herculischer Ringer, die einander wacker bearbeiteten. An einer andern Stelle warfen drei Männer Holz in das Feuer, welches sie schürten. Natür lich fehlten auch die Bonzen nicht; sie hatten ihre besten gel ben Gewänder angelegt und standen in der Nähe der Pa gode, von wo aus sie Alles, was vorging, beobachteten. Eine besondere Gruppe wurde von einigen Frauen gebildet, welche Früchte und Reisbranntwein feilhielten. In dem Rundkreise saß auch ein Laos, der eine hellfar bige seidene Jacke trug und dem ein Knabe einen großen Sonnenschirm über den Kopf hielt. Dieser Mann nahm an einem der Kämpfer lebhaften Antheil und ermunterte ihn, während andere seinem Gegner Worte der Anmunterung und des Beifalls zuriefen. Die Sache wurde sehr ernsthaft genommen; es standen verhältnißmäßig hohe Wettsummen auf dem Spiele und die Scene nahm an Lebhaftigkeit zu. Die beiden Kämpfer waren Meister in ihrem Handwerk, zu welchem sie von früher Jugend an abgerichtet waren; ihr herculischer Wuchs und das Spiel der Muskeln nahmen sich vortrefflich aus. Bei den Finten, an welchen es nicht fehlte, zeigten sie sich sehr gewandt; manchmal stellte sich Einer trotzbietend und stolz dem Andern nahe gegenüber und schauete ihm ins Auge; dabei machte er Bewegungen mit den Hüf- 33