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Mit besonäerer Berücksichtigung äer Antkropologie und Gtknologie. I n Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl Andree. Ä^är) Monatlich 4 Nummern. Halbjährlich 3 Thlr. Einzelne Nummern, soweit der Vorrath reicht, 4 Sgr. 187ä. Unter den Bhils und bei den Radschputen in Udäpur. Die Bhils; ihre ethnographische Stellung. — Ihre Dörfer; Waffen und Kriegsruf. — Ein menschenfreffender Tiger. — Feind seligkeiten. — Anblick von Udäpur, der Stadt des Sonnenaufgangs. — Der Maha Rana Sambu Sing und sein Stammbaum. — Eine Wundersage. — Die Stämme der Radschputen; die Frauen und deren Stellung. — Eine Audienz beim Könige. Zu den merkwürdigsten autochthonen Völkern Indiens gehören die Bhils in den Landschaften Radschputana und Malwa. Sie sind auf den Raum, welchen sie jetzt inne haben, durch die Arier zurückgedrängt worden und haben sich vor der Uebermacht in das Gebirgsland zurückgezogen. Ihre Sagen weisen darauf hin, daß sie einst auch im flachen Lande mächtig waren, und aus den Gesängen ihrer Barden geht hervor, weshalb sie Haß gegen die Brahmanen hegen. Als Gott Mahadeo sich in einem Walde verirrt hatte, nahm eine schöne Jungfrau ihn in ihre Hütte auf. Er wählte sie zur Frau und sie gebar ihm mehrere Kinder. Eins davon war ein schwarzer, äußerst häßlicher Knabe, der mit großer Lcibesstärke begabt war. Dieser tödtete den Nandi, den heiligen Stier des Gottes, wurde deshalb ver flucht, in die Wälder verbannt und bekam den Namen Ni- schada oder Bhil, d. h. der Geächtete. Aus dieser Mythe scheint hervorzugehen, daß dieses Volk sich nicht, gleich so vielen anderen Sudras, den Brahmanen unterwerfen wollte. Deshalb wurden sie von diesen des ärgsten Verbrechens be schuldigt, das ein Inder überhaupt begehen kann, nämlich den heiligen Stier getödtet zu haben. Ohne Zweifel haben sie einst einen gewissen Einfluß ge habt, und daran erinnert der Umstand, daß bei der Krö nung des Radschputenherrschers von Mewar ein Bhil dem selben die Insignien der königlichen Würde überreicht; auch ! Globus XXI. Nr. 13. (März 1872.1 haben sie große Verehrung vor einigen in Trümmern lie genden Städten der Ebene. Jahrhunderte lang hat man sie wie wilde Thiere verfolgt, und sie ihrerseits unternahmen Rache- und Plünderungszüge gegen ihre Dränger, von denen sie als Räuber Mahadeo's bezeichnet wurden. Durch tapfere Abwehr gelang es ihnen, in ihren schwer zugänglichen Ge birgen unabhängig zu bleiben. Jeder einzelne Stamm hat ein Oberhaupt, welchem derselbe blindlings gehorcht; dieser istAnführer bei den Raubzügen. Die Pals, d. h. Dörfer, liegen, gleich unseren mittelalterlichen Burgen, allemal auf Anhöhen, von welchen aus die Straßenzüge überwacht wer den können, und jedes einzelne Haus bildet eine Art von Festung; die Ortschaft ist mit einem hohen Zaune von Strauchwerk und Stachelpflanzen umgeben, und dieses dient als Schutzwehr. Bei herannahender Gefahr werden die Her den von den Frauen und Kindern in tiefe Höhlen getrieben. Das Kastenwesen ist ihnen fremd. Weiber nimmt man aus einem andern Stamme; Feierlichkeiten finden bei der Ver mählung nicht statt. An einem bestimmten Tage kommen die jungen Leute zusammen, jeder Jüngling sucht sich ein Mädchen aus, geht mit demselben auf einige Tage in den Wald, und wenn er mit der Schönen wieder sichtbar wird, ist sie seine Frau. Auch die Religion ist sehr primitiv, als Hauptgottheiten werden die Elemente und die Krankheiten betrachtet; den Tempel bildet ein hoher Haufen mit rothem 25