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schauen und froh sein mußten, mit dem Leben davon zu kommen. Ein großer Theil der Ernte war schon eingebracht und der Ertrag -der Seidezucht, die schimmernden Galette, standen in Körben gehäuft, um auf den Markt gefördert zu werden; und dies Alles dahin, und so viele Menschen ob dachlos, ohne daß eine rettende Hand einzugreifen vermochte! Der befestigte Zugang zu dem Castell, das mit seinen Mauerzinnen und dem weitläufigen Gebäudecomplex auch in seiner theilweisen Zerfallenheit noch einen stattlichen An blick gewährt, fuhrt zunächst zu der Hauptpforte, an welcher wohl ein halbes Dutzend Bärentatzen festgenagelt waren, zum Beweise, daß Meister Braun in diesen Felsenwildnissen noch sein altes Heimathsrecht behauptet; ja er soll in seinem Gelüste nach den Früchten des Südens in der Traubenreife seine Streifzüge manchmal bis in das Etschthal ausdehnen. Der innere Hofraum der Burg weist in den verschiedenen Thürmen und Wohngebäuden, welche ihn umschließen, die Baustile aller Zeiten auf, von der römischen Hochwacht, dem langobardischen Mauerwerk, der byzantinischen Loggia, dem gothischen Spitzbogen, dem Venetianischen Renaissanc-Palazzo bis zu dem nüchternen Anbau aus dem vorigen Jahrhun dert, worin der Prätor oder Landrichter amtirt; was mit den Wappenschildern an den Wänden, dem tridentinischen, veronesischen, mailändischen, Venetianischen, dem kaiserlichen Adler gleichsam die Chronik dieser Veste und mit ihr des ganzen Landes erzählt. In dem Palazzo, dessen Dachwerk beschädigt ist und dessen Treppen theilweise zerfallen sind, finden sich reiche Fresken aus der guten alten Zeit venetianischer Kunst, deren Anmuth Sturm und Wetter zu trotzen scheint in den fensterlosen Prunkgemächern, die jetzt den Fledermäu- sen und Eulen überlassen sind und höchstens als Speicher benutzt werden. Bon dieser Höhe umfaßt das Auge die weite, muldcnartige Strecke der äußeren Judicarien mit ihren Dörfern zwischen Fruchtfeldern und Maulbeerpflanzungen, da und dort von zerfallenen Wachthürmen überragt und nach allen Seiten von kahlen Felsgebirgen eingeschloffen, die ge gen Norden ihren Scheitel bis zum ewige.ii Schnee erheben. In dem tiefen Felsenriffe hinter Stenico setzt die Straße längs den Saren sich fort nach den inneren Judicarien, wo in dem Alpenthale von Rendena das Bergwaffer den Schrün- den des Tonale entquillt, das bei seinem Ausflusse aus dem Garda den Namen Mincio annimmt und in alter nnd neuer Zeit so oft Zeuge blutiger Völkerschlachten war. Aus allen Brautwerbung in Birma. Wir finden in einer indischen Zeitschrift folgenden inter essanten Bericht über die Brautwerbung in Birma. Die Bir manen sind Buddhisten und der Buddhismus hat mit der Ehe nichts zu schaffen; der Priester kümmert sich durchaus nicht um die Heirathen und lebt selbst im Cölibat. Daher gehen, unab hängig von der Religion, die jungen Leute bei ihren Liebschaf ten ihren eigenen Weg, der durch nichts behindert wird. Die birmanischen Brautwerbungen haben nichts zu thun mit Ent führung oder Raub, Kauf oder Ausstattung, sie verlaufen glatt, wenn auch hier und da unter den Bewerbern ernste Streitig keiten Vorkommen, falls zwei derselben ihre Augen auf dasselbe Mädchen geworfen haben. Ein birmanifches Mädchen ist sittsam und heiter; ihr Be nehmen ist graziös und anmuthig. Sie trägt ein Helles seide nes Unterkleid, ein weißes Jäckchen, ein goldenes Halsband und schmückt das schwarze Haar reichlich mit Blumen. Ein solches Geschöpf hat natürlich Bewunderer und sie giebt ihnen allen zusammen Chancen. Jeden Abend empfängt sie Besuche von all' diesen jungen Herren, deren Laune aber oft so wetterwen disch ist, daß sie noch an demselben Abend zu demselben Zwecke anderen Mädchen im Orte ihre Besuche abstatten. So geht das Hofmachen jahraus jahrein fort und so wird es feit undenkli chen Zeiten getrieben. — Der Abend in Birma wird in drei Abschnitte getheilt, die Bettzeit der Kinder, der alten und der jungen Leute. Kinder gehen mit Sonnenuntergang schlafen. Dann beginnt auch die Zeit des Hofmachens und sie dauert länger als die Bettzeit der Alten, welche auf neun Uhr fällt. Die Bettzeit der jungen Leute ist eigentlich unbegrenzt, fällt aber gewöhnlich auf elf Uhr. Naht die Zeit des Hofmachens, dann zündet die junge Dame ihre Lampe an, so daß deren Schein durch das Fenster fällt, und nimmt ihren Sitz auf der Flur ein. Die jungen Herren haben sich unterdessen in ihre schönsten hellseidenen Putzos ge worfen, ein Kleidungsstück, das zwischen Hosen und Frauen unterrock die Mitte hält; darüber ziehen sie saubere weiße Jäck chen an, während sie ein buntseidenes Tuch nach der neuesten Erdtheilen. Mode uni den Kops winden. So treten sie ein, setzen sich zu dem Mädchen auf die Matte und beginnen zu schwatzen. Wenn einer der Liebhaber den Tag über beim Wettrudern unglücklich war oder gar ins Wasser fiel, wenn er einem andern Mädchen zu viel Aufmerksamkeit erwies, wenn er sich irgendwie lächerlich machte, dann sind feine Aussichten am Abend schlecht und ein Nebenbuhler findet Vorzug. Die alten Leute bekümmern sich gar nicht um diese Zusammenkünfte und überlassen das junge Volk sich ganz allein. Uebrigens verlaufen diese Werbungen meist sehr unschuldig, und die nachfolgenden Ehen, nur auf gegen seitige Zuneigung und nach dem Civilgesetze ohne Priesterda zwischenkunft geschlossen, verlausen im Allgemeinen glücklich und ungetrübt. Eifersucht ist indessen eine der vorherrschenden Lei denschaften in Birma. Zeigt sich ein Mädchen einem der Hof macher zugethan, fo kann dieser erwarten, daß ein Nebenbuhler seinen Dolch, Speer oder die Flinte an ihm versucht, und es ist nicht selten vorgekommen, daß durch die Mattenwand plötzlich ein Speer in den glücklicher» Liebhaber fuhr, während er bei seiner Schönen saß. Diese Art des Hofmachens in Birma ist ein Ueberbleibsel der alten als Swajamwara bekannten Hinduinstitution oder die Wahl eines Ehemannes durch das Mädchen. Diese Swa jamwara wurde einst von der alten Militärkaste in Hindustan ausgeübt, ist aus Indien nun aber schon länge verschwunden. Es war ohne Zweifel einer der Kschatrijagebräuche, welche die Buddhisten mit nach Birma brachten, als sie vor zehn oder zwölf Jahrhunderten von den Brahmanen aus Indien vertrie ben wurden. So verpflanzen sich Sitten und Gebräuche, und den Forschern muß cs Vorbehalten bleiben, mit der Zeit noch mehr Kschatrijagebräuche in Birma ausfindig zu machen. Das Ausspielen einer Frau, das in der alten Sanskrittradition oft erwähnt wird, in Indien heutzutage eine Unmöglichkeit, kommt in Birma nicht allzu selten vor. Erforschung des Obern Sees in Nordamerika. Die Amerikaner lassen sich die Erforschung der großen Seen ihres Gebietes sehr angelegen sein, namentlich nach der Physika-