Volltext Seite (XML)
182 Die Geyser-Region am obern Yellowstone und die Mauvaises Terres am White Earth River. vor, wo es sich zu fiustcrm, niedrigem, schluchtförmigem Gange verengt, der, wie meine montenegrinischen Bergleiter behaup teten, bis in die Herzegowina führen soll. Im Frühsommer ist die Rjeka schon eine halbe Stunde nach ihrem Höhlenaustritte schiffbar. Der Bau der Schiffe ist dem seichten Flußbette angemessen. Sie haben große Aehnlichkeit mit Venetianischen Gondeln und sind gleich die sen schwer zu leiten. Die Geyser-Region am obern Mllowstone und die Mauvaises Terres am White Earth River. Im August des vorigen Jahres erhielten wir die erste Kunde über die wunderbaren Eigenthümlichkeiten einer Land strecke, über welche man bis dahin nur dürftige Kunde hatte, und verloren keine Zeit, unsere Leser mit derselben bekannt zu machen („Globus" 1871, S. 40 ff.). Wir erwähnten, daß von Seiten des Smithsonian Institute in Washington Professor Hayden beauftragt worden sei, die Quellgewässer des Yellowstone, welcher Montana durchströmt und bei Fort Union von Südwesten her in den Missouri mündet, näher zu erforschen, und hoben hervor, daß schon im Herbst 1870 Washburne einen Zug in das „neue Wunderland" unternommen habe. Er fand, daß in der vulcanischen Ge gend am obern Yellowstone warme Quellen und Geyser zu Tausenden vorhanden seien; er gelangte auch bis an die Ka tarakte des Flusses, welche wir, nach seinen Aufzeichnungen, ausführlich geschildert haben. Wir gaben dann jüngst („Glo bus" XXI, S. 118 ff.) einen Auszug aus Hayden's Be richt, der nun in Washington veröffentlicht worden ist, mit einer Illustration, welche nach den Zeichnungen des Reisenden einen Theil jener Geyserregion veranschaulicht. Inzwischen ist uns auch der zweite Theil von Wash- burne's Aufzeichnungen zugekommen, und aus diesem wol len wir Einiges hervorhcben. Die Wanderer fanden eine Furth, überschritten den Yellowstone und gelangten durch eine bewaldete Gegend, in welcher die Stürme viel Wind bruch verursacht hatten, an einen See. An den unbewalde ten Stellen in der Nähe des Flusses stießen sie überall auf Schlammvulcane. Der Ycllowstonesee liegt recht im Herzen der Rocky Mountains und ist mit Urwäldern um geben. Einzelne Fallensteller, welche bis zu ihm vorgedrun gen waren, hatten behauptet, er habe Abflüsse zugleich nach dem Atlantischen und dem Stillen Ocean; das ist jedoch nicht der Fall. Aber der Kamm der Hauptkctte nähert sich dem Südufer des Sees bis auf eine Viertelstunde Weges, und an einigen Stellen liegt die Wasserscheide nur sehr we nig über dem See. Die Gestalt desselben vergleicht Wash burne mit einer Hand, aber so, daß der Daumen und der kleine Finger am längsten sind. Am obern, südöstlichen Ende strömt der Yellowstone ein, der auf einer Strecke von 30 Miles eine durchschnittliche Breite von mehr als 15 Miles hat. Diese Verbreiterung bildet dann den See, der noch mehrere kleine Gefließe aufnimmt, sich bis zum Achtel einer Mile verengt und nach Norden hin seinen Abfluß zu den großen Katarakten hat. Der See bietet einen stets wechselnden Anblick dar. Bald ist der Spiegel ruhig und klar, dann wieder leicht gekräuselt, eine halbe Stunde später, wenn ein Wind sich erhebt, schlägt er kurze, hohe Wellen. An vielen Uferplätzen dringen warme Quellen hervor. Der Berg, welcher hart über dem See sich erhebt, hat, nach Barometer- und Thermometerbeobach tungen, 11,163 englische Fuß Meereshöhe. Zwei von Washburne's Begleitern haben ihn bis zum Gipfel erstiegen; sie sahen von dort in der Richtung nach Süden hin eine große Menge von Dampfsäulen. Der See liegt 8300 Fuß über dem Meer. Washburne überschritt die Wasserscheide und lagerte an den Quellgewässern des Snake River, welcher bekanntlich einen der beiden Hauptarme des Columbia bildet. Dort verlor sich Everts, einer seiner Gefährten, im Walde und man fand ihn nicht wieder, obwohl Alle eine ganze Woche lang weit und breit die Gegend förmlich absuchten. Am 13. September, dem Tag, an welchem Everts verschwun den war, fiel Schnee, der bald eine Elle hoch war. Dazu kam ein heftiger Sturm. Als man den Vermißten nicht fand, wurden zwei erfahrene Mountaineers, gebirgskun dige Männer, beauftragt, noch volle sechs Wochen nach ihm zu suchen. Endlich fanden sie ihn, etwa 60 Miles von Bozeman entfernt, ganz ausgehungert und abgemattet. Schon am zweiten Tage war ihm sein Pferd fortgelaufen mit dem Zündnadelgewehr, das am Sattel befestigt war, und den Revolvern, welche in den Satteltaschen steckten. So war er ohne Waffen und konnte kein Wild schießen. Wäh rend der Schneestürme hatte er sich an einer heißen Quelle aus Fichtenzweigen eine Art von Hütte gebaut; ganze vier zig Tage lang fristete er sein Leben nur von Wurzeln und zwei Ellritzen, die er mit seinem Hute gefangen hatte ; Heu schrecken konnte er auch bei seinem rasenden Hunger nicht herunterbringen. Er hat sich erst nach einer Reihe von Monaten leidlich wieder erholt. Am 17. September 1870 verließ die Partie den Yel lowstonesee, an welchen sie zurückgekehrt war, und ging au den Madison, einen der Quellflüsse des Missouri, um einen See zu besuchen, aus welchem der Fire Hole River, der Hauptarm des Madison, abfließt. Sie fand, weil hoher Schnee lag, den See nicht, kam jedoch an den Fluß und auch hier in eine Gegend, welche „die wunderbarsten Geyser aufweist, die man sich nur denken kann. Das Becken, in welchem sie emporfprudeln, ist Uber 2 Miles lang und mehr als 1 Mile breit, fast ohne Pflanzenwuchs; nur an einigen wenigen Stellen bemerkte man einige Baumgruppen und 'etwas Gras. Dieses Becken dehnt sich vorzugsweise an der Westseite des Fire Hole River aus; es war aber auch an der Ostseite ein schmaler Streifen von etwa 300 Yards vorhanden, der mit Dampfsäulen und Geysers buchstäblich besetzt war. In diesem wunderbaren Becken verweilten wir zwei Tage; den einzelnen Geysers gaben wir bezeichnende Namen. Einer, den wir als „Old Faithful" bezeichneten, intermittirte während unserer Anwesenheit kaum eine halbe Stunde lang; seine Oeffnung war 5 Fuß lang und 3 Fuß breit; die aus demselben emporsteigende Wassersäule hatte eine Höhe von 80 bis 90 Fuß; jene, welche der „Riese" in die Luft sandte, reichlich 100 Fuß. Dieser war am Tage unserer Ankunft etwa drei Stunden lang ununterbrochen in Thätigkeit; dann blieb er ruhig. Die „Grotte" hatte zwei