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166 Die Goldgräber in Sibirien. nächst Boten hin und her und sammeln gleichzeitig Krie ger; auch werden den Göttern Opfer gebracht, insbesondere auch Walfischzähne, welche am werthvollsten sind, weil sie als Tauschmittel dienen, unser Geld repräsentiren. Auch suchen sie sich Bundesgenossen zu verschaffen. Dabei kommt es dann wohl vor, daß ein Häuptling, der sich auf feine Politik versteht, seinen Schnitt macht. Er nimmt Angebote von beiden Theilen entgegen, schraubt dieselben immer höher, und wenn er dann genug hat, läßt er beide Theile im Stiche. Vor Anbeginn des Feldzuges läßt der Häuptling seine Schaar erst tüchtig marschiren und veranstaltet dann eine Heerschau. Dabei wird allemal gewaltig renommirt und an prahlerischen Worten fehlt es niemals. Der Krieger stürzt auf den Häuptling zu, fährt mit seiner Waffe in der Luft herum und verkündet die Großthaten, welche er zu voll ziehen gedenkt. Alle haben den Körper mit einem schwar zen Pulver bestreut, damit er von dem schneeweißen Masi, dem um die Hüften geschlungenen Gürtelzeug, recht absteche, und das Gesicht wird so grauenhaft bemalt, daß es des Krie gers würdig ist. Der Häuptling sagt dann dem Einen oder- Andern, daß er schwerlich etwas ausrichtcn, sondern vor dem Feinde davonlaufen werde; das thut er, um durch solchen Hohn den Muth anzufeuern, gleichzeitig verspricht er aber denen, welche sich besonders auszeichnen, eine Belohnung. Es kommt vor, daß ein Krieger in ungewöhnlicher Auf regung sich laut rühmt, daß er den feindlichen Häuptling tödten, ihn aufessen und aus seinem Schädel eine Trink schale verfertigen werde. Damit treibt er freilich ein fehr- gewagtes Spiel, denn sicherlich erhält der Feind Kunde von einem solchen Gelübde, und sobald der Ruhmprediger gefan gen wird, ist sein Schicksal besiegelt. Man bindet ihm die Hände auf dem Rücken zusammen, befestigt zwischen den Schultern ein starkes Bündel von Zweigen und dürrem Reisig, steckt dasselbe in Brand und jagt ihn, unter lautem Hvhnrufen, immer vorwärts, bis er, wahnsinnig vor Schmerz, niedersinkt und unter entsetzlichen Qualen stirbt. Es ver steht sich, daß er hinterher aufgefressen wird. Für die festen Burgen, bei deren Bau manchmal nicht gewöhnliche Geschicklichkeit vorwaltet, wählt man eine An höhe mit schwierigem Zugang, und sie können von wenigen Kriegern gegen eine weit überlegene Anzahl vertheidigt wer den. Es kommt auch nicht häufig vor, daß eine solche Fe stung erstürmt wird; wenn das aber geschieht, wird die Be satzung zum Theil sofort niedcrgemetzelt und zum Theil ver schont, aber nur, nm hinterher zu Tode gemartert zu werden. Eine sehr beliebte Tortur besteht darin, daß man dem Ge fangenen mit der Keule einen Schlag auf den Kopf giebt und dann in einen heißen Ofen wirft, damit er wieder zur Besinnung komme! Die meisten Kriegszügc werden in Canoes unternom men. Bei der Heimkehr der Krieger versammelt sich das Volk, um die Sieger zu begrüßen, und die Frauen tanzen und singen. Die Leiber der Erschlagenen werden in die Tempel gebracht, die Oefen hergerichtet und dann beginnt eine wilde Cannibalenorgie, die Tage lang andauert. Der Krieger, welcher während des Feldzuges einen Feind erschla gen hat, bekommt einen neuen Namen; es ist einerlei, ob der Getödtete sein Leben in offenem Kampfe verlor, oder ob er hinterrücks erschlagen wurde, eine Frau oder nur ein Kind war. Ist aber der Erschlagene ein Häuptling, dann nimmt der Sieger dessen Namen an. Im Allgemeinen ist der Men schenverlust bei diesen Scharmützeln nicht groß; sie bestehen gewöhnlich in einer größern oder geringern Zahl von Einzel gefechten. Uebrigens ist es allemal für den Gefallenen eine Ehre, von den Siegern aufgegessen zu werden, denn diese erkennen damit an, daß er ein tapferer Krieger gewesen sei; feige Leute erachtet man nicht für würdig, verspeist zu werden. Seit etwa einem Menschenalter haben diese Wilden auch Feuerwaffen, mit denen sie recht gut umzugehen wissen, manche Stämme führen aber den Krieg noch in altherge brachter Weise mit den früher allgemein üblichen Waffen, von denen wir S. 164 und 165 Abbildung geben. Eine Hauptrolle spielt die Keule, sodann eine Art von Axt, die eigentlich auch als Keule betrachtet werden kann; ferner ha ben sie Bogen, Schleuder und Speere. Bei Verfertigung derselben bethätigen sie den schon früher gerühmten künstleri schen Geschmack, der nur bei der Schleuder keine Anwen dung findet. Diese ist ganz einfach; man kann Steine auf sehr weite Entfernung mit ihr werfen. Auf die Her stellung der Keulen wird große Sorgfalt verwandt und sie haben sehr verschiedene Gestalten; einige sind gerade, andere gekrümmt, manche haben Knoten oder Zacken, an dere sind flach und breit und sehen aus wie Ruder. Einige sind so groß und schwer, daß nur ein sehr starker Mann sic handhaben kann, andere so klein, daß man sie ins Gürtel tuch stecken kann. Wir brauchen nicht auf eine specielle Beschreibung ein zugehen und bemerken nur, daß der Besitzer seiner Keule einen besonder« Namen giebt. Wenn ein Häuptling einen Besuch machen will, schickt er seine Keule als Anmeldung, daß er bald nachher erscheinen werde. Auch die Speere sind von sehr mannichfaltiger Art; sie werden gleichfalls aus sehr hartem Holze verfertigt, sind alle sehr lang, zumeist bis zu etwa 15 Fuß, und bei der Verfertigung derselben zeigt der Fidschimann eine man kann wohl sagen sinnreiche Geschicklichkeit. Er verwendet gern den spitzen Schwanz knochen des Stechrochens, der sehr hart ist und doch in einer- Wunde leicht abbricht. Manche Zacken stellt er aus einer Holzart her, die aufschwellt, sobald sie feucht wird, und nach dem sie in der Wunde dick geworden, nur schwer aus der selben entfernt werden kann. Solche Speere werden be zeichnet als: „Der Priester kommt zu spät." Die Goldgräber in Sibirien. ii. — Begeben wir nns nun in die Goldgräberei. Zn einem Thale, das zu beiden Seiten von Bergen einge schlossen ist, inmitten großer Wälder, errichtet man schon im Voraus alle nöthigen Wohngebäude für Arbeiter und Aufseher. Zm Vordergründe steht ein ziemlich großes höl zernes Haus mit einem hohen Dache und kleinen Fenstern.