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158 Aus allen wollte. Sie gab den fremden Gesandten die Versicherung, daß die Leute gut behandelt werden sollten. Parkes beauf tragte einen Beamten, den Sachbestand zu ermitteln. An zwei Punkten fand derselbe, daß die Verbannten gut behan delt wurden, an einem dritten waren sie manchen Beschwer lichkeiten ausgesetzt. Als die japanische Regierung letzteres erfuhr, sprach sie öffentlich ihren Tadel gegen die betreffen den Beamten aus und ließ diesen Wischer in der „Hofzei- tung" veröffentlichen. Die japanischen Minister gaben Herrn Parkes folgende Versicherung: Sie seien verpflichtet, die Gesetze aufrecht zu erhalten, namentlich auch solche, welche auf Religion Bezug haben; sie hätten aber nichts dagegen, daß neue Meinungen verbreitet würden, wie sie denn auch solchen neuen Ansich ten nichts in den Weg gelegt hätten, welche sich in Bezug auf Politik und Handelsverhältnisse Bahn gebrochen hätten. Aber Umwandelungen in Betreff der Religion wären mit einem Wechsel in Gesinnungen und Ueberzcugungen verbun den, und es sei der Regierung, so liberal sie auch denke, un möglich, die Hand dazu zu bieten, daß die Borurtheile und Traditionen, welche das Volk nun einmal habe, über den Haufen geworfen würden. Er, Parkes, werde allemal Vor stellungen machen, wenn japanische Christen unduldsam be handelt würden. In Japan gehe es übrigens mit der Auf klärung rafch vorwärts und die Regierung leiste derselben Vorschub. Die Dinge würden sich wohl besser gestalten, vorausgesetzt, daß nicht unverständige und unüber legte Propaganda gemacht werde. Um der „Evangelischen Allianz" den Standpunkt klar zu machen, las er ihr dann ein Memorandum vor, welches die japanische Regierung an die fremden Gesandten gerichtet hat. Dasselbe ist von hohem Interesse den Missionsberich ten gegenüber, welche allemal nur die eine Seite der Auf fassung wiedergeben. Hier werden nun die Ansichten der andern Seite klargestellt. „Die japanische Regierung vernimmt mit Bedauern, daß ihr Verfahren gegen einige ihrer Unterthanen in Urakami, welche sich Christen nennen, bei den Vertretern der auswär tigen Mächte Mißfallen erregt hat. Sie legt großen Werth auf die Freundschaft und die gute Meinung der Mächte, mit welchen sie durch Handelsverkehr und durch Verträge in Verbindung steht; sie kann schon aus diesem Grunde nicht umhin, gründliche Aufklärung über jenen Gegenstand zu ge ben und die Beweggründe zu ihrem Vorgehen mitzutheilen; sie will dadurch etwaige Mißverständnisse beseitigen. Nichts liegt den Absichten der japanischen Regierung so fern, als ihre Unterthanen wegen religiöser Unterschiede zu bestrafen, es sei denn, daß ein rebellischer und meuterischer Geist, wie jüngst in Urakami, damit verbunden sei. Die Regierung hat nie daran gedacht, von den privaten religiösen Meinungen irgend eines ihrer Unterthanen Notiz Erdtheilen. zu nehmen. Ein genügender Beweis, wie liberal die An sichten in religiöser Beziehung sind, liegt schon darin, daß sie manche Männer, die als Missionäre nach Japan gekommen sind, in ihren Dienst genommen hat, daß dieselben als Leh rer für Wissenschaften und fremde Sprachen bei öffentlichen Unterrichtsanstalten wirken, — daß ferner ausländische Bü cher, auch solche religiösen Inhaltes, übersetzt und von allen Buchhändlern verkauft werden. Wenn aber Japaner, unsere Unterthanen, die Religion der Ausländer, das Christenthum, annehmen und dasselbe als Deckmantel gefährlicher Verschwörungen mißbrauchen, wenn sie Mißachtung der Fundamentalgesetze dieses Landes offen zur Schau tragen, — wenn japanische christliche Ge meinden, und zwar in großem Umfange, die Autorität der japanischen Regierung nicht anerkennen und von ihren aus ländischen Lehrern angewiesen werden, sich auf de» Schutz fremder Mächte zu verlassen, daß sie von jeder Strafe frei sein sollten, weil sie ja Christen wären, — dann kann die Regierung nicht länger untlMig bleiben; sie ist schon der Selbstvertheidigung wegen und um die Autorität Seiner Majestät des Kaisers aufrecht zu erhalten, verpflichtet, solche Maßregeln zu ergreifen, welche derartige mißleitete Unter thanen wieder in den Kreis der Landesgesetze und unserer Staatseinrichtungen zurückbringcn. Die japanische Regie rung hat sich genöthigt gesehen, in diesem Sinne vorzu schreiten, weil sie davon überzeugt ist, daß das eine Noth wendigkeit sei. Außerdem ist sie auch durch das Andrängen der öffentlichen Meinung auf ihr Verfahren hingewiesen worden. Diese hat keineswegs die beklagenswerthen Ereig nisse vergessen, welche mit der Einführung des Christenthums durch katholische Missionäre vor mehr als zweihundert Jah ren in Verbindung stehen. Die öffentliche Meinung will und verlangt, daß ein derartiger Same der Zwietracht nicht abermals aufkomme, — einer Zwietracht, welche ehemals die Unabhängigkeit des Landes in Gefahr brachte und die Regierung beinahe über den Haufen geworfen hätte." Das Letztere bezieht sich auf die Umtriebe der Jesuiten, in deren Folge ein gefährlicher Bürgerkrieg entstand; in demselben verloren Hunderttausende von Japanern das Leben, alle Christen wurden ausgerottet und das Land schloß sich vom Verkehr mit den Ausländern ab, welche ihm nur Ver wirrung und Unheil gebracht hatten. Das neueste Vorgehen der päpstlichen Curie ist nicht geeignet, die japanische Re gierung günstiger zu stimmen; die Zeitungen haben Ana lysen der Encyclica und des Syllabus gegeben und sich in Betreff der päpstlichen Unfehlbarkeit auf das Schärfste aus gesprochen. Eine japanische Zeitung schloß einen Aufsatz mit den dürren Worten: „Der römische Papst hat in Nippon nichts zu sagen und soll auch nichts zu befehlen haben; wir werden ihm einen dicken Riegel vorschieben." Aus allen Erdlheilen. Die Beförderung deutscher Auswanderer über Bremen- Das Nachweisungsbureau für Auswanderer in Bremen giebt in jedem Jahre einen gründlichen Bericht über die Thätigkeit dieser Behörde, welche alle Anerkennung verdient. Jener über das Jahr 1871 ist am 12. Februar erschienen und enthält interessante Zahlennachweise. Die erste Fürsorge, welche die Obrigkeit in Bremen den Auswanderern widmete, datirt vom Jahre 1832. Von da an bis zum Schlüsse 1871, also binnen vierzig Jahren, sind von dort befördert worden 1,246,879 Personen in 7009 Schiffen. Diese kolossale Ziffer vertheilt sich auf die einzelnen Jahre in folgender Weise: