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144 Aus allen Aus Grönland. —IN. Nach dem letztjährigen in Kopenhagener Zeitungen veröffentlichten officiellen Berichten aus Grönland erfreute sich Nordgrönland im Jahre 1870 eines schönen warmen Som mers. Ein früher Herbst ließ einen langen strengen Winter be fürchten; doch trat im November mildere Witterung ein, welche den ganzen Winter hindurch anhielt; erst im März I87l trat strenge Kälte ein. In Godhavn sank der Thermometer bis — 28" R. und die durchschnittliche Temperatur des Monats ward mit —20" notirt. Trotzdem erreichte das Eis nicht die gewöhnliche Dicke und Festigkeit, da die milde Lust und hestige Stürme aus Süd und Südost während der Wintermonate die Eisbildung verhindert halten. Im April stellte sich der Früh ling ein; der Vorsommer (1871) war abermals warm; der Nach sommer veränderlich, hauptsächlich an der Discobucht. Der Ge sundheitszustand war im Ganzen besser als er bei so gelindem Winter zu jein Pflegt. In Upernavik herrschte jedoch im August monat ein heftiger Katarrh, in Godhavn lagen die meisten Kin der an den Masern. Einen glücklichen Narwalfang bei Umanak abgerechnet, war der Fang im Allgemeinen nicht besonders, wie cs sich überhaupt bei eingesllhrter schärferer Controle heraus stellt, daß die Fischerei nicht so einträglich ist, als bisher ange nommen worden. Auch in Südgrönland blieb im Jahre 1870 die Witte rung nach einem schönen Sommer so milde, daß der Thermo meter um Weihnacht -s-6" R. zeigte. Im Januar trat gelinde Kälte ein, die im März so zunahm, daß bei Godhaab das Queck silber unter 18", in Holsteinboog einmal unter 27" R. sank. Heftige Orcane wütheten in den südlichen Districten. Das Eis, welches sich im August vor Julianehaab zu lagern Pflegt, blieb aus und stellte sich erst im März 1871 ein. Im April lag es so dicht an der Küste, daß alle Communication gesperrt war. Im Mai war das Land schneefrei, im Juni brach das Eis auf und im September, wo der Bericht abgeschlossen wurde, war bis auf eine Entfernung von 8 bis 10 Meilen von der Küste kein Eis zu sehen. In den nördlichen'Districten war namentlich der Seehundsfang recht gut; in den südlichen dahingegen wegen der ungünstigen Eisverhältniffe und Krankheit der Bevölkerung sehr gering. Trotzdem belief sich die Speckproduction aus 7382 Ton nen netto. Die Hundekrankheit, die man als erloschen betrach tete, brach abermals aus und sorderte viele Opfer. Die Gesammtbevölkerung ist aus 9618 angegeben. Die statistischen Tabellen zeigen, daß das Verunglücken der Kajak männer mit jedem Jahre zunimmt; Nordgrönland verlor in dem verwichenen Handelsjahre vier, Südgrönland achtund zwanzig. War in einigen Districten in Folge des ungenügenden Fan ges die Noth so groß, daß bedeutende Quantitäten Speck aus- getheilt tverden mußten, so wurden an anderen wiederum an sehnliche Vorräthe aufgespeichert. Bei Julianehaab stieg bei einem Sturme die See so hoch, daß ein Theil dieser Vorräthe weggespült wurde. In Upernavik und Umanak hat man begonnen, Stein kohlen zu brechen, und in Slldgrönland wurde in den Kryolith brüchen so fleißig gearbeitet, daß von April bis October 22 Schiffsladungen expedirt wurden, von welchen die Hälfte nach Amerika ausgesührt wurde. Bei der Abfahrt des letzten Schif fes lagen 280 Cubikklafter bereit für den Export. Um die Ar beit auch während der Wintermonate fortzusetzen, ist ein Haus Erdtheilen. über dem Schacht erbaut worden. Auch eine Dampfmaschine, welche dort aufgestellt werden soll, war bereits angekommen. * * » — Die Ausfuhren aus dem Hafen von Liverpool haben im Jahre 1871 den kolossalen Werth von 106,000,000 Pf. St. betragen; darunter sind für etwa 12 Millionen aus ländische Güter begriffen und 6'/g Millionen Transitgüter. — Aus San Francisco sind im Jahre 1871 nicht we niger als 15,000,000 Psund Thee auf der Eifenbahn nach den östlichen Theilen der Vereinigten Staaten versandt worden, gegen 1,700,000 Pfund im Jahre 1870. Von Landeserzeugnissen hat Kalifornien nach China geschickt unter Anderm: Mehl, Kohl und Oel. — Im Greenwood Valley, County Eldorado, in Californien, hatte ein Schwede, Namens Sideberg, eine Gold claim, und er grub gelegentlich, wenn seine übrigen Arbeiten es erlaubten, auf Gold. Im October 1871 nahm er sich vor, ein mal einen ganzen Tag recht fleißig zu sein, um zu ermitteln, was seine Grube eigentlich Werth sei. Und er gewann an jenem Tage, der „Calisornischen Staatszeitung" zufolge, nicht weniger als 500 Psund feinen Goldes im Werthe von etwa 100,000 Dollars. „Kein Humbug." — DasBudget des russischenKaiserreiches stellt sich für 1872folgendermaßen heraus' Einnahmen 497,197,802, Aus gaben 496,813,581 Rubel. — Die Forjchungsexpedition, welche unter Leitung Whee- lex's das Territorium Arizona nach verschiedenen Richtungen durchreiste, hat ihre Aufgabe erfüllt; sie war im November 1871 nach Prescott zurückgekehrt, und ihr Bericht, der gewiß man ches Wissenswllrdige melden wird, soll noch im.Laufe des Win ters veröffentlicht werden. — m. Aus Gestrikeland (Schweden) wird Klage über den lästigen Besuch der Wölfe geführt, welche sich zahlreicher als sonst einstellen und nicht nur unter den Hunden der Landbe wohner stark ausräumen, sondern selbst einzelnen Menschen aus zuweichen nicht geneigt scheinen. — Einen Gegensatz zu diesem Bericht aus Nordland bilden die jüngsten Mittheilungen aus Mittelschweden (Jönköping, Lidköping u. s. w.), wo um Neujahr Stiefmütterchen, Tausendschön, rothblühende Nesseln und Lev kojen in den Gärten gepflückt wurden; die Levkojen blühten in Carlstad unter dem Schnee. — in. Eine Kopenhagener Actiengesellschast hat kürzlich die an der Ostkllste von Jütland, nordöstlich von Fredrikshavn, ge legenen Hirsholme angekauft, um daselbst einen Nothhafen anzulegen, dessen man im Kattegat sehr bedarf. Die Tiefe der See beträgt bei der kleinen steinigen Inselgruppe 30 Fuß, der Grund ist sest und wird der Ort von Sachverständigen als zu einer Hafenanlage vorzüglich geeignet erklärt. — Pfahlbauten in Südschottland. Zu den bereits bekannten Crannogs Schottlands (z. B. im Loch Forsar) sind eine Anzahl neuer in den kleinen Lochs (Seen) entdeckt worden, die in Wigtonshire und Dumfriesshire in großer Anzahl den Boden bedecken. Sie fallen nach schottischen Forschern in die „Neue Steinzeit" und sind theilweise mit Küchenabsällen in Verbindung. Insbesondere sind Dowalton-Loch, Machermore-Loch und die Seen in der Umgebung von Castle Kennedy in Wigtonshire in den letzten Jahren untersucht worden. Sie alle enthielten Cran nogs. Im schwarzen Loch von Sanguhar und Lochmaben-Loch von Dumsriesshire sand man Platformen von Holz und Stein, Kähne und Steindämme, welche die künstlichen Inseln mit dem Ufer verbanden. Inhalt: Aus der Region des Gazellenflusfes in Afrika. (Mit zwei Abbildungen.) — 8ivutlmi-iuin AiLgntoum. (Mit drei Abbildungen.) — Die Tiefseeforschungen des Professors Agassiz. — Gottesgericht und Feuerprobe in Südarabien. Von Heinrich Freiherrn von Maltzan. — Weitere Nachrichten über Samuel Baker's Expedition. — Aus allen Erdtheilen: Colo nisationsverhältnisse in Neu-Caledonien. — Die Eisenbahn an den Nillatarakten. — Ist Dr. Nachtigal in Afrika verschollen? — Aus Grönland. — Verschiedenes. Herausgegebcn von Karl Andree in Dresden. — Für die Redaction verantwortlich: H. Vieweg in Braunschweig. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.