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98 Agassiz über das muthmaßliche Thierleben in der Tiefe des südatlaniischen Oceans setzt werden sollte. Im Dampfer „Haßler" ist sie nun im December vorigen Jahres glücklich abgegangen, zuvor aber hat Agassiz in amerikanischen Blättern seinen prophetischen Brief veröffentlicht, auf den wir jetzt eingehen wollen. Agassiz nimmt an, daß in der Stufenfolge der Thiere, in ihren Structurverhältnissen, in der Ordnung ihrer Auf einanderfolge in geologischen Epochen, der Art ihrer Ent wickelung aus dem Ei und ihrer geographischen Verbreitung auf der Erdoberfläche eine Wechselbeziehung herrsche. Ist dem so, dann dürfen wir in den größeren Tiefen desjOceans auch Vertreter jener Thiertypen erwarten, welche in früheren geologischen Perioden vorherrschend waren, oder eine größere Aehnlichkeit mit jüngeren Zuständen der höher entwickelten Glieder derselben Typen oder mit niederen Formen zeigen, welche heutzutage ihren Platz einnehmen. Was Agassiz hier mit meint, entwickelt er nun an Beispielen. Es liegt in der Natur der Sache, daß unter den Wir- belthieren weder Säugethiere noch Vögel in der Tiefsee exi- stiren können, und daß, wenn dort Reptilien sich finden, es nur solche sein können, welche den ausgestorbenen Typen der Juraperiode gleichen. Also die Ichthyosaurier oder rie k^onoäns rüombus. Abdruck des ganzen Fisches, lorrs ck'Orlancko. sigen Fischeidechsen, die Plesiosaurier mit dem schlangenartigen Halse-und die Pterodactylusarten, von denen man nach der Skelettbeschaffenheit schließt, daß sie fliegende Eidechsen wa ren. „Doch ist wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß noch einer ihrer Repräsentanten am Leben sein sollte." Un ter den Fischen hofft Agassiz jedoch darauf, die Vertreter solcher alten geologischen Geschlechter zu entdecken. Zunächst denkt er an die Ganoiden oder Schmalzschupper, die in der heutigen Welt nur durch wenige Arten repräsentirt sind. Er hofft von verschiedenen Typen, die in der secundären zoologischen Periode vorkommen, Repräsentanten zu finden, also die geologische Zeit der Trias, des Jura und der Kreide. Damit der Leser sehe, um welche ausgestvrbenen Fischarten es sich hier handelt, setzen wir dieselben in Abbildungen hier her. Da sind zunächst die Pycnodonten, welche allerdings schon vor der secundären Zeit im Zechstein auftreten. Es sind breite, hohe Fische mit tafelförmigen Schuppen, unge- theilter, knorpeliger Wirbelsäule und breiten, pflastersörmigen Zähnen mit hohler Wurzel, besonders jene in der Mitte der Kiefer. Die Seitenzähne sind kleiner, rundlich. Wir bil den einen U^onockus aus der Juraformation hier ab. Auch Kinnladenstück aus dem Portlandkalke. Sauroiden und Lepidoiden hofft Agassiz zu fischen. Letztere Fische haben eine schiefe Schwanzflosse und eckige Schuppen. Zu ihnen gehört die in den Juraschichten nicht seltene Gat tung Uspiäotus, die den Karpfen in der Körperform nahe stand und wie diese vorn in der Rücken- und Afterflosse dicke Strahlen hatte. Das Maul ist klein, wenig gespalten, die Zähne sind stumpf, meist unter der Krone /twas eingeschnürt. Bei der hier abgebildeten Art stand mitten auf der Krone O/sxickotus Nantsklii. Aus dem Hastingsstande, a Kieferstück, b Von der Seite, o Einzelne Schuppe. noch ein kleines Knötchen. Zn den Lepidoiden werden sich dann noch Ooslaoantbus-Arten, Amioiden und den OU^xto- lsxis ähnliche Fische gesellen. Unter den Selachiern rechnet Agassiz auf die Entdeckung einiger neuen Arten von Cestracion- ten oder Hybodonten, wodurch ein Bindeglied zwischen letzte ren und Oäontasxis geschaffen würde. Was die Gattung H^boäus betrifft, so beginnt diese im Muschelkalks und stirbt in der Kreide aus. Es waren haiartige Knorpelfische mit stumpfen Kegelzähnen und knochigen Stacheln in den Rücken flossen, von welchen bei der Versteinerung nur Zähne und Stacheln übrig bleiben konnten. Es wird also doppelt in teressant sein, wenn Agassiz' Vermuthung sich bestätigt und irgend ein lebender hybodusartiger Fisch zum Vorschein käme. Die Stacheln sind meist sehr groß, etwas gebogen, unten dick, oben spitzig. Die Zähne haben einen rundlichen, mitt Rllckenstachel von Hybodusstachel. Aus U^dockus tsnuis. dem Nsocomien. Aus dem Mufchelkalke. lern Kegel, auf des sen beiden Seiten kleinere secundäre Kegel stehen. „Ich hoffe auch Arten zu finden, die mit Oo- rax verwandt sind, oder dieses Geschlecht mit Rotickanus, viel leicht auch jurassi schen Formen ver knüpfen." WasOo- rax betrifft, so ist dies ein echter Hai fisch, von dem man zahlreiche, wohlerhal tene, scharfschneidige Zähne in der Kreide findet. Ihre Krone ist breit, aber nie drig und am Rande sägeartig gezähnelt. Unter den Chimäroi- den dürfen wir erwarten, einige neue Geschlechter aufzufinden, welche den ausgestorbenen Formen näherstehen, als den jetzt