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mit Augen oder Drüsen bedeckte Beeren aussehen und ein Harz oder doch eine harzige Flüssigkeit ausschwitzen. Wenn diese Bäume in Blüte stehen oder Frucht tragen, so sind sie von unzähligen Schwärmen dieser Vögel umgeben, die wie Bienen um die Blüten fliegen und flattern. Ihre Nester legen sie in Felsenhöhlen an und brauchen sie zur Vollendung jener 3 Wo chen. Auch Missionär Rosen ist gegen die Ansicht, daß der Vo gel die Materialien zu seinem Neste an der Seeküste aufläse und sie aus einer gewissen Art Seegras beständen. Die Niko- baresen selbst sagen, daß der Vogel eine Art Schleim hervor bringe, aus dem er sein Nest bilde, vr. Rink behauptet, und vielleicht mit Recht, daß eine gelatinöse Masse, wohl eine Alge, mit der die Felswand in der Nähe der Höhlen bedeckt zu sein pflegt, und die ganz den Geschmack jener Nester hat, auch der Stoff zu denselben sei. Zu diesen Vogelnestern kommt noch ein absonderliches Meeresprodukt, die sogenannte Seegurke (Holo- tllurw säntts), welche in 13 bis jetzt bestimmten Arten bei den Inseln vorkommt. Sie sind im Handel unter dem Namen Tre pang bekanut, und befassen sich nur Malayen und Chinesen mit ihrer Fischerei. Vorgebeugt über das Vordertheil des Bootes und in der Hand einen langen Bambusstab, dessen Spitze durch einen Haken bewehrt ist, spähen sie mit scharfem Auge durch das Wasser, und ihr wohlgeübter Blick vermag die Holothurien auf 30 Meter Entfernung zu erkennen, wie sie an den Korallen und auf den untermeerischen Felsen dahinkriechen, spannenlange Thiere von plumper Walzenform mit einem Kranze von Tentakeln um den Kopf und einer Reihe in fünf Längsstreifen angeordneter Füßchen. Oben von dunkelbrauner, unten von röthlicher Farbe, voll kleiner Warzen, bietet das Thier einen wunderlichen An blick dar. Mit dem selten fehlenden Geschoß werden sie aus der Tiefe geholt; ja oft tauchen die Fischer unter, ergreifen die Thiere und bringen fünf bis sechs auf einmal mit der Hand herauf. Oben werden sie im Wasser abgesotten und mit Stei nen geklopft, dann zunächst an der Sonne, später im Rauche getrocknet. Ihr Geschmack ist dem des Hummers ähnlich, doch ist es ein ekelhaftes Gericht, welches nur einem chinesischen Gau men mundet, der ja Spinnen, Regenwürmer und Schnecken für Leckerbissen hält. Beliebter sind bei den Nikobaresen Krebse und Krabben der verschiedensten Art, bis zur ungewöhnlichsten Größe, so daß nach Rosen eine Schere zum Frühstück für einen erwachsenen Mann ausreicht. Sie bevölkern den Strand der Nikobaren in solcher Menge, daß ihre Bewegungen einen förm lichen Lärm verursachen. Diese gefräßigen Thiere versehen ge wissermaßen den Sanitätspolizeidienst, denn sie fressen jeden vegetabilischen oder animalischen Stoff; am liebsten freilich grei fen sie zu Pflanzenstoffen, nämlich zu jungen Schößlingen, die sie abkneifen. Sie klettern sogar auf die Kokospalmen hinauf und sollen die Nüsse herabholen, die sie leidenschaftlich gern fressen. Ihre Wohnungen haben sie oft unter der Erde, soweit die Flut zu dringen vermag, und ist der Strand von ihnen oft weithin unterminirt, so daß jedes an einer solchen Stelle errichtete Gebäude über kurz oder lang zusammenstürzen müßte. Zwei wahre Landplagen sind aber die Schlangen und Moskitos. Eine von jenen gehört zu den entsetzlichen Dreieckköpfen, deren Biß für den Menschen fast immer tödlich ist. Einmal fand Rosen in der Nacht, vom Bellen seiner Hunde geweckt, eine 4 w. lange, 3 äm. im Umfang messende Schlange der Art. Doch sind sie meist nur dem Hühnerstalle schädlich, während die Moskitos den Menschen direkt zu Leibe gehen. Nach Eintritt der Dunkel heit, in wolkenartigen Schwärmen aus dem mannshohen Lalang- gras sich erhebend, stürzen sie sich auf Menschen und Thiere, oft im Verein mit einer Art schwarzer Fliegen von der Größe eines Sellerie-Samenkornes, die in solchen Massen in die Hütten eindringen, daß binnen wenigen Minuten das Oel in den Lam pen von ihren Leibern schwarz ist. Gegen sie helfen nur gegen zehn Meter hohe Schlafgerüste, die freilich auch von dem ersten Sturm über den Haufen geworfen werden können. Dazu ge sellt sich bisweilen eine kleine schwarze, zur Schwarmzeit geflü gelte Ameise. Oft dringen sie zu Millionen in die Hütten ein, die ganze Luft ist mit ihnen erfüllt, alles wimmelt von ihnen, so daß man Gefahr läuft zu ersticken; sie dringen in die Ohren, Augen, ja in die Kehle. Dysenterie und das Nikobarische Fie ber machen vollends den Aufenthalt auf den Nikobaren uner träglich, welche doch von der Natur zu einem üppigen Paradiese geschaffen worden sind. Nirgends ein gesundes Fleckchen Erde, überall steigen stinkende, giftige Dünste aus der Erde empor, gegen deren Wirkung selbst Chiningenuß nichts hilft. Auch die völlig akklimatisirten Eingeborenen werden nur zu oft ein Opfer der tückischen Malaria, die merkwürdiger Weise Neger fast immer verschont. Eine nicht eben schöne Beschreibung von den Nikobaresen gibt Rosen bei seiner Landung daselbst. Eine Menge Kanoes umringten die „Cimbria", auf welcher jener brave, opfermuthige Missionär die dänische Kolonie Trankebar verlassen hatte. Die Reisenden hatten nunmehr Gelegenheit, sich die Eingeborenen in der Nähe anzusehen. Der Anblick war keineswegs erbaulich. Die Leute hatten sich Wangen, Nase und Kinn mit rother Farbe bemalt, was ihnen ein wildes abschrecken des Ansehen gab, der Mund war bei allen vom Betelkauen krankhaft geschwollen, das Haupthaar hatten die meisten glatt abgeschoren und in den durchbohrten Ohrzipfeln trugen die Leute Cigarren, welche sie leidenschaftlich gern rauchen, oder Bambus stäbchen. Die Weiber, welche sämtlich glattrasirte Köpfe hatten, sahen geradezu scheußlich aus. Sie hatten ein Stück Lein wand um die Hüften geschlungen, welches den Körper vom Gürtel bis zu den Knien deckte, die Männer waren gänzlich nackt, bis auf einige wenige, welche in wunderlicher Unvoll kommenheit europäische Kleidungsstücke trugen; so hatte einer Hosen an, ein anderer eine Jacke, ein dritter eine Weste aber weiter nichts. Einer von ihnen trug auf nacktem Leibe einen scharlachrothen, ehemals gewiß stattlichen Mantel und hielt in der Hand einen dicken Rohrstock, dessen silberner Knopf den Na menszug des dänischen Königs Christian VI. trug. Eine etwas andre Beschreibung von ihnen giebt Reepsdorff in neuester Zeit (Abbild. S. 381). Die nikobaresischen Frauen, sagt er, sind häßlich und tragen ihr Haar sehr kurz; ihre Kleidung besteht aus einem wenige Fuß langen Stück blauen Kattun. Die Män ner tragen langes Haar und ihre einzige Kleidung besteht in einem ledernen um die Hüften und zwischen den Beinen hin durchgezogenen Schurze, welcher hinten wie ein Schwanz her unterhängt. Die Farbe der Nikobaresen ist etwas Heller, wie die der gewöhnlichen Hindu und der Birmanen, sie stimmt einigermaßen mit dem Teint der Malayen, doch ist sie wohl ein wenig mehr kupferroth. Ihre Gestalt ist gedrungen — ost ath letisch, meist jedoch plump, die Weiber sind selten größer als 15 ckm. Gewisse Körpertheile haben eine eigenthümliche Form, was sich besonders am Kopf sehr deutlich sehen läßt, dessen Hinterer Theil so wenig hervortritt, daß er fast flach erscheint. Dazu sind sie hohlrückig und gehen mit hoch aufgehobenen, gespreizten Beinen. Die Stirn der Leute ist schmal, jedoch ziemlich hoch und sogar ein wenig gewölbt, doch etwas zurücktretend; die Nase ist flach wie beim Neger, der Mund breit und der untere Gesichtstheil von der Nase an auffällig hervortretend. Auch das Gesäß der Nikobaresen ist eigenthümlich geformt, indem der Kluts-sus ms- äius so wenig ausgebildet ist, daß er fast gar nicht vorhanden zu sein scheint, wodurch dieser Theil, der bei höher organisirten Rassen durch seine Rundung und Fülle wesentlich das Eben maß des Körpers Herstellen hilft, bei den Nikobaresen sehr zur Unzierde und eckig erscheint. Hier dürfte es am Platze sein, ein Licht auf die Abstam mung und Herkunft der Nikobaresen zu werfen. Sie scheinen denselben Weg auf die Eilande genommen zu haben, wie fast alle Thier- und Pflanzenarten, die wir auf den Nikobaren fin den, nämlich von Sumatra aus, während ihr eigentlicher Ursitz auf dem Festlande von Hinterindien zu suchen ist. Es ist ein seltsames Mischvolk, welches sich aus eingewanderten Hindu und der malayischen Urbevölkerung gebildet hat. Mehrere Gebräuche, wie die Bereitung von Palmwein, Toddy, die Fertigung von Töpferwaaren, ihre Hautfarbe vor allem scheinen dies zn bestä tigen. Ihre Sprache läßt freilich keine Ableitung von dem Sanskrit der Hindu zu. Doch darf man auch nicht so weit gehen, aus Sprachanalogien und Aehnlichkeiten mit Sicherheit auf die Abstammung eines Volkes schließen zu wollen. Obwohl Nord- und Süd-Nikobaresen sich in allen Körpermerkmalen durch aus gleichen, so ist doch ihre Sprache so verschieden, daß sie sich nicht im entferntesten einander verständlich machen können. Das Betelkauen hat ganz bestimmt einen unverkennbaren Ein fluß auf ihre Sprache gehabt. So sehr wie dadurch ihr Mund verzerrt ist, so schwer und übelklingend ist auch ihre Sprache,