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368 und anständig sind, wenn auch nicht zu hoch für den entfalteten Luxus, die Preise. Noch vor fünfzehn Jahren konnte ein Hotel in San Francisco, mit 275 Zimmern und einem Mobiliarwerth von 900,000 Mark für das großartigste der Vereinigten Staaten gelten — wie weit wird es von den jetzigen Einrichtun gen übertroffen! Aber mit Hotel Sherman streitet jetzt „Pa lace Hotel" in San Francisco um den Vorrang: es bedeckt eine Flüche von 9350 Quadratmetern, enthält 700 Zimmer mit 374 Erkerfenstern, nimmt mit Bequemlichkeit 1200 Personen auf und kostet über 11 Millionen Mark. Von San Francisco ein andres Mal mehr! Der Vampyr. Eine Reiseerinnerung aus Bosnien. Von Julius v. Wickede. Die verschiedenen Volksstämme der Südslawen, welche die Ufer der untern Donau, der Sau, der Drau und deren Fluß gebiete bis au deu Balkan und die thessalischen Gebirge be wohnen, hegen fast ausnahmslos den düstern Aberglauben der Erscheinung des Vampyrs. Unerschütterlich fest wurzelt der Wahn bei ihnen, daß die Seele einzelner Verstorbener während der Mitternachtsstundcn in bestimmten Vollmondsnächten des Jahres, wieder in den todten Körper zurückkehren und diesem ein neues zeitweiliges Leben und die Kraft dem Grabe zu ent steigen und mit leisen unhörbaren Schritten auf der Erde um herzuwandeln verleihen könne. Diese kurze Frist müsse der nein Tode der überlebenden Geliebten. Auch der Todfeind, der den Schwur der Blutrache, wie solcher besonders unter den Serben, Bos- j niern und Montenegrinern so häufig vorkommt, gethan hat und ! nun gestorben ist, ohne dies Gelübde erfüllt zu haben, soll noch nach seinem Tode oft sein Werk der Rache vollenden müssen, und seinem Feind als Vampyr erscheinen. So wie aber ein Geistlicher an dem Lager des Sterbenden weilt und diesen mit den Tröstungen der Kirche versieht, wird der Fluch später als Vampyr noch erscheinen zu müssen, von ihm genommen, trifft ffhn aber desto leichter, wenn er durch unglücklichen Zufall oder gar mit absichtlichem Willen ohne solchen geistlichen Beistand „Vampyr", so heißt der Bolksmund diese Art von Gespenstern, aber dazu benutzen, um dem Menschen, welchen er in seinem Leben am glühendsten geliebt oder am tiefsten gehaßt habe und des sen Andenken in der Todesstunde seinHerz ganz erhellthatte,wäh rend seines Schlum mers sich unmerklich zu nahen und ihm dann aus einer klei nen zwar tiefen aber kaum sichtbaren Wun de, das innerste Herz blut auszusaugen. Der vom Vampyr Ge bissene fühlt, während dieser bei ihm weilt, weder Schmerz oder Unruhe, sondern im Gegentheil eine sanfte, LlcmNor in Chicago (S. 367). aus dem Leben schei den mußte. Hegt man von einem Verstor benen den Glauben, daß er als Vampyr umherwandelt und irgend ein bestimmtes Opfer mit seinen Bis sen zu Tode bringt, so kann dieser Bann nur gelöst werden, wenn dessen nahe Ver wandte oder Freunde in der Nacht das Grab des Vampyrs aufsuchen, solches öff nen und einen spitzen vom Geistlichen ge weihten Pfahl, un ter der Befolgung be stimmter Zeremonien und dem Beten vor- geschricbener Gebete, durch dessen Herz sto ßen. Es soll dann je doch die Leiche ein so angenehme Kühlung, gleich als wedle ein Fächer während der heißen Sonnenglut eine linde Luft zu, uud angenehme Traumgebilde erfüllen seine Seele. Wenn die so Gebissenen am nächsten Morgen erwachen, bemerken sie nur an der Stelle des Busens wo der Mund des Vampyrs geruht hat, eine kleine rothe Wunde kaum von der Größe eines Stecknadelstiches, empfinden aber dabei eine sanfte Mattigkeit und eine entschiedene Abnahme der Lebenskraft. Je häufiger nun der Vampyr seine nächtlichen Besuche fortsetzt, desto mehr schwindet das von ihm gebissene Opfer zusammen, bis es in Jahresfrist ebenfalls dem Tode verfallen ist, ohne daß irgend eine besondere Krankheit an ihm bemerklich gewesen wäre. Erst wenn sein schauriges Werk vollendet ist, findet auch der Vam pyr die Ruhe im Grabe wieder, sein Körper verweset und seine nächtlichen Wanderungen hören auf. Bis dies geschehen, soll die Leiche des Gestorbenen, welchem man diese Eigenschaft des Wiedererscheinens zuschreibt, ganz unversehrt, ohne die mindeste Spur der Verwesung mit frischer Gesichtsfarbe und geschmei digen Gliedern im Grabe gefunden werden, wenn dies zufällig oder absichtlich geöffnet wird. Man glaubt, daß der Fluch als Vampyre umherwaudeln zu müssen, nur junge Leute beiderlei Geschlechtes, welche noch nicht verheiratet waren, treffen könne. So soll der verstorbene Gatte niemals seiner Gattin, oder um gekehrt diese dem Ehemanne erscheinen können, wohl aber die tobte Braut dem leben gebliebenen Bräutigam oder dieser nach sei- furchtbares Schmerzgeheul ausstoßen und so konvulsivische Zuckungen machen, daß selbst die muthigsten Männer öfters davor erschreckt und davon geflüchtet sind, ohne ihr Werk zu vollenden. In diesem Fall sollen auch sie unfehlbar der Rache des Vampyrs zum Opfer fallen. Auch wenn dem so eben Gestorbenen, bevor er in das Grab gelegt wird, von dem Menschen, der da fürchtet später von ihm heimgesucht zu werden, ein geweihter Nagel durch das Herz ge stoßen wird, soll diese Vampyr-Eigenschaft von ihm genommen werden. Da ein Vampyr ungesehen durch ein Schlüsselloch oder die feinsten Ritzen des Fensters beim Schein des nächtlichen Vollmondes dringen kann, so nützt es nicht sein beabsichtigtes Opfer einzuschließen oder in feste Gemächer zu sperren, denn überall dringt der Verfolger doch nach. Nur die Anwesenheit eines betenden Geistlichen am Lager, in den Nächten wo inan den Besuch des Vampyrs befürchtet, vermag solchen zu verscheu chen. Er soll dann mit düsteren Klagelauten das Haus wäh rend der Mitternachtsstunde umschleichen, und hat er dies in zwölf Vollmonden vergeblich gethan, dann für immer verschwun den sein. So lautet im wesentlichen diese Vampyr-Sage, an welche die Südstämme fast ausnahmslos mit unerschütterlicher Festig keit glauben. Wie und wann solche zuerst entstanden ist, ver mag ich nicht anzugeben. Es kommt in allen diesen Gegenden häufig eine besondere Art sehr großer Fledermäuse vor, welche