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364 und da kommt man auch an einen niedlichen kleinen hölzernen j Bauerhof, aus welchem der Besitzer, von zahlreicher Familie! umgeben, freundlich heraustritt, um einen Trunk Milch anzn- bieten, und dabei wird er nie verfehlen zu erzählen, welchen! besonder» Antheil sein Vorfahr an der Meuterei auf der Bounty genommen hatte. Einer der Väter, mit welchem wir in dieser Weise Bekanntschaft machten, war der Enkel von Joung, einem > Scckadetten der Bounty. Wir hielten ihn für vierzig Jahre alt, allein er entgegnete, er sei schon 58 Jahre. „Was gibt es auch auf Norfolk", fügte er hinzu, „das den Menschen bei dem einfachen, arbeitlosen und ereignißarmen Leben der Pit- eairner altern lassen könnte?" Die Ansiedelung ist von der Sydney Bay aus erfolgt. Viele der Wohnungen find fest und stammen noch aus der Zeit der Strafkolonie (1825 bis 1855). Wenn man dieselben aus einiger Entfernung durch die Piniengruppen erblickt, so ge währen sie ein allerliebstes Bild. Das frühere Kommissariat ist zn einer Kirche eingerichtet. Zu den trübsten Erinnerungen aus jener Schreckenszeit gehören die noch stehenden starken Wand mauern des großen Gefängnisses, auf welche Handschellen und Ketten als Devise eingemeißelt sind; — ferner der Kirchhof, dessen Grabsteine zahlreiche Hinrichtungen registriren; — und endlich Nepean Island, ein drei Kilometer von Norfolk ge legenes ödes Inselchen, welches sich nur durch einen einzigen Baum, der aber vom Blitze und Sturme zerspalten ist, markirt. Hier wurden die Hinrichtungen gewöhnlich ausgeführt. Die einzige Reliquie vom Schiffe Bounty ist eine Kanone, welche auf der Schiffsbrücke der Sydney Bay liegt und dort verrostet. Heut zu Tage könnte man ein Kriegsschiff durch Be werfen mit Orangen wohl eben so leicht zum Sinken bringen, als durch Beschießen mit einer solchen Kanone. Die Pitcairner haben im allgemeinen das Aussehen respek tabler Landleute, und unter den Frauen gibt es gar manche Schönheit. Ihre Tahiti-Verwandtschaft verräth ihre dunklere Gesichtsfarbe. Sie beschäftigen sich mit Ackerbau und mehr noch mit Walfischfang. Alle Fremden, welche die Ansiedelung besucht haben, schei nen darin übereinznstimmen, daß die Pitcairner warmherzige Leute sind mit einfachen Sitten; indessen sind diese Inselbewoh ner in Wahrheit träge Menschen und schritten in keiner Weise vorwärts. Unter Kopirung eines alten puritanischen Gesetzes bildet die einzige Quelle der öffentlichen Einkünfte eine Straftaxe von 200 Mark, welche denjenigen befällt, der verbotener Fleischeslust folgt. Diese Regel hat aber nicht den besten Erfolg gehabt. Einerseits gewöhnte man sich daran, die 200 Mark als volles Aequivalent für so ein Vergehen anzusehen, und anderseits hatten sich Personen, die in den Fall kamen, oft Jahre lang mit der Zahlung der Strafsumme herumzuschleppen. Als im November 1874 der Gouverneur der australischen Kolonie Neu-Süd-Wales, Sir Hercules Robinson, die Norfolk-Insel besuchte, gelang es ihm, eine Aenderung herbeizuführen. Man genehmigte, daß fortan solchen Personen, die zwar gefehlt, sich aber nachträglich mit einander verheiratet haben, die vorstehende Strafe erlassen werden solle. Die auffallendste nnd hervorragendste Persönlichkeit unter den Pitcairnern ist ohne Zweifel der Geistliche G. H. Nobbs. Das Leben dieses Mannes ist eine ebenso wilde Romanze', wie das irgend eines der Helden bei Kapitän Marryat. Er ist der uneheliche Sohn eines englischen Marquis und einer irländischen Baronesse, und begann im Jahre 1811 auf der Royal Navy das abenteuerlichste Leben von der Welt. Seiner Mutter, zu der er im I. 1822 geeilt war, hatte er auf dem Todbette ver sprochen, sich fern von England ein neues Vaterland zn suchen, und ihre letzten Worte waren: „Mein Sohn, geh' nach Pitcairn und der Segen des Herrn begleite dich." Nach vielen neuen Abenteuern traf er dort endlich im Jahre 1828 ein nnd er freute sich bei dem Patriarchen John Adams und den Uebrigeu eines gar herzlichen Empfanges. Er verheiratete sich bald dar auf und übernahm die religiöse und sittliche Erziehung der Ge meinde. Als der Admiral Fairfax Moresby im Jahre 1852 die Norfolk Insel besuchte, war er nicht wenig erstaunt, in Nobbs einen Mann von eminenter Begabung zu entdecken. Er gewährte ihm und einer seiner Töchter freie Fahrt nach England, wo er vom Bischof von London zum Geistlichen der hohen bi schöflichen Kirche ordinirt ward. Nach vielen Auszeichnungen, !die ihm namentlich auch von der englischen Königin zu Theil wurden, kehrte er dann wieder nach Norfolk zurück. Er steht i jetzt in seinem viernndsiebzigsten Lebensjahre und ist nicht nur im Kreise seiner zahlreichen Familie, sondern auch in der ganzen 'Gemeinde anfs innigste geliebt und verehrt. Äm W. Von Adolf Namvcau. (Schluß.) 2. Aegyptische Zustände und Auszug der Pilgrime. Dem drückenden Militärdienst suchen sich die Fellahs oft durch Verstümmelungen zu entziehen und daher sieht man hier so viel Einäugige und Eindaumige. Zu Frohndiensten wurden sie sehr oft gepreßt und zu diesem Zweck auf's Geradewohl über fallen, wie sie sich grade in größerer Menge znsammenbefanden; so stellte Said Pascha der Suezkanalgesellschaft jeden Monat 20,000 frische Arbeiter. Sie wurden aus den verschiedensten Theilen zusammengetrieben nnd mußten für ein Drittel von dem, was freie Arbeiter in Europa erhalten, am Suezkanal arbeiten und waren doch im Verhältniß zu ihrer sonstigen Lage gut bezahlt. Zahllose Scharen werden bei den großartigen Nachgrabungen benutzt, die die Regierung in Sakkara in der Nähe des alten Memphis, in Bubastis und an anderen Orten anstellen läßt. Nach ihrer ausgelassenen Lustigkeit zu urtheilen, scheinen sie aber mit ihrem Loose ganz zufrieden zu sein. Bei dem milden Klima können sie ganz gut von einigen Früchten, von Zuckerrohr und den beliebten Saubohnen leben. Und um dies zu erhalten, dazu brauchen sie nicht viel zu arbeiten und daher gibt es hier auch so viel Müßiggänger und Bettler. Ihr geistiges Elend ist größer als ihr physisches! Man muß diese erbärmlichen Araber an den Pyramiden von Dschizeh sehen, wie sie dort den ganzen Tag backschlschhungrig herumlungern und mit den widerlichsten und zudringlichsten Geberden dem Fremden etwas abzubetteln suchen, mit welcher Wuth sie schreien und lärmen, wie sie sich herumdrehen und ihr Gesicht gräßlich ver zerren, um ihn zum Mitleid zu bewegen! In ihrer Gemeinheit und ihrem unanständigen Betragen erscheinen sie wirklich nicht mehr als Menschen, sondern als Thiere. Mit Ekel muß man sich von ihnen abwenden. Backschlsch ist in Aegypten das Losungswort; es ertönt überall, wohin der Fremde kommt, im Moscheen, in Ruinen, Monumenten nnd Palästen. Kinder, Weiber und Männer können dem Reisenden stundenweit mit dem ewigen Rufe „Backschisch" folgen. Man sehe diese von Schmuz starrenden Jammergestalten von Müttern und ihre hohlwangigen, kränklich-gelben Kinder, die mit triefenden Angen, mit Geschwüren und Ungeziefer bedeckt, im Unrath und Straßen koth herumliegen! Die Mutter sieht kaum uach ihnen hin; ihr Tod ist ja kein Uuglück! — Und dabei diese Schamlosigkeit! Mit einem schurzartigen Schleier ist ihr Gesicht bedeckt, denn das verlangt ein unsinniges Gesetz — aber weiter kennen sie weder Anstand noch Scham. Von „naiver Natürlichkeit" kann bei ihnen nicht mehr die Rede sein! — In den Städten steht es wohl etwas besser mit dem Volke und besonders in Kairo sieht man manchmal wahrhaft edle Gesichtsbildungen. Besonders im „Gelehrtenstande" und unter den Hausbesitzern mag man manchmal auch nach unseren Begriffen rechtschaffene und anständige Leute treffen. Aber im allgemeinen sind die Araber sittlich tief gesunken. Ich weiß wohl, daß eigentlich nur diejenigen 'Arab (Plural: 'Urlum) zu nennen sind, welche sich nachweislich später im Nilthal niedergelassen, mit besonderen Gerechtsamen Dörfer gegründet haben, ziemlich unvermischt geblieben sind und sich