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25 legentliche Striche vertrockneten groben Grases war alles, was wir von ferne sahen. In den Thalern tritt größere Fruchtbarkeit auf, aber immerhin beschränkt sich, so weit meine Beobachtung reichte, das für Agrikulturzwecke verwendbare Land auf einen sehr geringen Raum. Port Moresby, ein sehr geräumiger Hafen, ist in südöstlicher Richtung auf zehn bis zwölf Kilometer nach der See zu offen, macht dann jedoch eine Biegung nach Westen zu und bildet den sogenannten Innern Hafen, welchen Kapitän Moresby vom englischen Kriegs schiffe „Basilisk" den „Fairfax Harbonr" benannte. In letztern liefen wir nicht ein, aber er ist derartig von Land eingeschlossen, daß Schiffe gegen Winde von allen Richtungen her darin gesichert sind. Bald nachdem wir in die Bai eingelaufen waren, kamen uns ein oder wie es sich später herausstellte, zwei Dörfer zu Gesichte, welche gegen sechs Kilometer von den Heads, d. i. dem Eingänge in die Bai, entfernt liegen. Sie führen die Namen Anuapata und Elevara; unsre Lehrer an Bord hatten mit einigen der Bewohner schon in Mann- manu Bekanntschaft gemacht. Wir warfen Anuapata — der Name bedeutet „Großland" — gegenüber Anker und begaben uns in einem Boote ans Land. Die Lehrer wurden erkannt, und es dauerte nicht lange, so war der ganze Ort in Bewegung, und Männer, Frauen und Kinder wetteiferten, uns freudig zu enipfangen. Die Frauen namentlich erwiesen auch hier den Frauen der Lehrer be sondere Aufmerksamkeit uud konuten nicht ablassen, sie zu bewundern und mit ihnen zn schwatzen. Die Sprache hier ist dieselbe wie in Ma- nnmanu, so daß das gegenseitige Verständniß leicht von statten ging. In beiden Dörfern befinden sich drei Häuptlinge, von denen zwei — Illa und Kupa — in Anuapata und einer — Eni — in Elevara herrschen. Mit diesen hielt ich, in Gegenwart vieler Znhörer, eine formelle Konferenz. Ich setzte ihnen den Zweck unseres Besuches auseinander, und auf meine Frage, ob sie, da ihr Ort von Fieber und Moskitos frei sei, die Lehrer bei sich aufuehmen wollten, ant worteten sic ohne Zögern mit einem lanten, einstimmigen Ja. Ich richtete dann weiter die gewöhnlichen Fragen an sie, betref fend die Behandlung der Lehrer, die lleberwcisung von Land und Herstellung einer passenden Wohnung, die Lieferung von Lebens mitteln u. s. w., welche in zufriedenstellender Weise erledigt wurden. Darauf hin erklärten sich denn die Lehrer bereit, ihren Aufenthalt unter ihnen zu nehmen nnd zwar so, daß am nächsten Tage Anedeni und dessen Fran, so wie Rau sich in Annapata, uud Rawtoka mit Frau und Euerei sich in Elevara niederließen. Die Bevölkerung von Anuapata uud Elevara dürfte nach dem, was wir sahen, zn nrtheilcn, sich auf ungefähr 1400 Köpfe belaufen. Rund um die geräumige Bai herum liegen aber noch viele Dörfer, zu denen man in einem kleinen Boote bald gelangen kann, und ebenso breiten sich außerhalb der Bai, nach Ost und West zu, große uud bevölkerte Dörfer aus, welche gleichfalls leicht erreichbar sind, da sich, ans der ganzen Linie vom Rcdscar Head bis zur äußersten Spitze der Insel, ein Riff an der Küste entlang zieht. Es steht zu vermuthen, daß überall dieselbe Sprache gesprochen wird. Aber während Port Moresby sich für Missionsthätigkeit bestens empfiehlt, so bietet Manumanu von alle dem nichts, was Personen von auswärts zur Einwanderung nach hier veranlassen könnte. Es existirt in der That sehr wenig Land, welches sich zu Weide oder zu Pflanzungen eignet, und die Erzählung eines Mannes, der zum Kriegsschiffe „Basilisk" gehörte, daß Gold gefunden werde, ist ohne jede Begründung und rein aus der Luft gegriffen. Sehr zum Nachtheile des Hafens dient der Umstand, daß kein einziger Fluß, er sei noch so klein und unbedeutend, in denselben mündet. Auch ist kein Nutzholz vorhanden, so daß die Bewohner sich das für ihre Häuser und Kähne nöthige von Redscar Bay herbeiholen müssen, wie sie sich denn auch die Dachbedeckung von Manumanu verschaffen. Die Leute in und um Port Moresby gleichen in jeder Beziehung denen von Manumanu, uud auch ihre Häuser sind von derselben Bauart. Es ist eine milde, sanfte Rasse. Im allgemeinen sind sie von kaum mittler Größe und von verhältnißmäßig schlankem Wüchse, haben eine gefällige Gesichtsbildung und sind so wenig ge färbt, daß man manche unter ihnen geradezu für Leute von Samoa halten könnte. Die Frauen haben sich stark tättowirt, weniger die Männer, von denen sich doch viele wieder, namentlich die jüngeren, bemalt uud sonst geschmückt haben, zumal mit Perlen. Die schwarze Farbe bedeutet ihnen, ähnlich wie den Eingeborenen auf den Neu- Hebriden, Trauer. Die Frauen behaupten eine Stellung, welche sich von der, wie sie sonst in der farbigen Rasse zu Tage tritt, sehr Vortheilhaft unter scheidet. Die Männer sehen sie nicht als ihre Sklaven, sondern als ihresgleichen an, und daher bildet denn auch ihr äußeres Erscheinen und Auftreten einen wesentlichen Gegensatz zu dem ihrer weniger begünstigten Schwestern. Ja, man könnte versucht sein zu glauben, daß sie ein wenig die Herrschaft in der Hand hätten. Alle haben ein auffällig gesundes Aussehen, obgleich es ihnen Wohl manchmal an Lebensmitteln mangelt, da, wie schon erwähnt, der größte Theil ihres Landes unproduktiv ist und überdies Dürren nicht ungewöhnlich zu sein scheinen. Die unmittelbar vor Port Moresby liegenden Fischerinseln (Fishermen Islands), .sind völlig unbewohnt und werden nur gelegent lich von fischenden Eingeborenen besucht. Das Dorf Anuapata liegt unmittelbar an der See, ja die meisten Hänser sind, nach malayischer Weise, auf zwei bis drei Meter langen Pfählen vollständig oder doch zum Theile über der See erbaut. Eine Gruppe Kokospalmen reicht von einem Ende des Dorfes zum andern. Elevara, kaum vierhundert Schritte von Anuapata entfernt, bildet, um kleine Dinge mit großen zu vergleichen, in seiner Weise eine Art von Venedig, da die Hälfte der Häuser ebenfalls über dem Wasser steht. Wir verließen Port Moresby Donnerstag, den 27. November, und trafen, nach einer ungünstigen Fahrt, erst am achten Dezember wieder in Kap Jork ein. Die LevölkerungSMahme der großen Städte. Von vo. Htlo AeMsch. Die Klage, daß sich die Bevölkerung vom Lande und voll den kleineren Städten weg und in die großen Städte zieht, ist keine neue. Schon im I. 1388 schrieben'die Domherren von Mondaic in der Normandie, daß es schwer halte einen Arbcitskuecht zu finden: jeder s junge Bursche wolle lieber herrschaftlicher Diener in der Stadt sein, j Ludwig's XV. Minister Colbert erklärt, es sei nöthig, daß mans dieser Auswanderung einen Damm entgegensetze; man müsse die Handwerke und die Industrie in den Städten mit hohen Steuern be legen, um deu Zufluß zu ihnen zu hindern, sonst werde diese un ruhige Bevölkerung aus den Provinzen in einem halben Jahrhundert Paris überschwemmen uud die „Arbeiterstadt Paris" werde dem Königthum die größte Gefahr bringen. Andere Staatsmänner gaben mit Recht den Rath, die Handwerker wie die Lakaien und andere Hcrreudiener künftig ebenso wie die Bauern der Losung für den Soldatenstand zu unterwerfen — und in der That war es gar oft die Befreiung vom harten und langandauernden Soldatenstande, welche die jungen Männer vom Lande nach den Städten zog. Auch mancher thörichte Rathschlag wurde laut. „Mau solle alle Dorsschul- meister fortjagen," hieß es, „damit die Bauern nicht zu klug und Aus allen Welttheilen. VI. Zahrg. durch höhere Bildung dem Landbau entfremdet würden". Der Nationalkonvent schlug vor, Bauerknechten nach einer Reihe von Dienstjahren, ebenso wie den Beamten, eine Pension zu gewähren — eine Maßregel, die nicht zur Aussührung kam. Die wahren Gründe wollte man sich nicht eingestehen, weil man nicht den Willen hatte dieselben zu beseitigen. Die ersten, die das Land verließen, waren die großen Herren. Städte wie London, Madrid, Paris, Wien stillten sich mit dem reichen Adel der Länder, mit seiner zahlreicken Dienerschast, mit den Handwerkern, die der Zu sammenfluß so vieler wohlhabender Familien nöthig machte. Mit der Bildung größerer Staaten und dem Schwinden der kleineren Va sallenhöfe vergrößerte sich der Glanz der Königshöfe. Die sich ver größernden Staaten brauchten ein zahlreicheres Beamtenthum, und die Beamten wnrden größtenthejls aus den Provinzen zusammenge- rufen. Die Militärmacht wuchs heran. Die Fürsten umgaben sich gern mit kriegerischem Glanze. Hat eine große Stadt nur erst 20,000 uud mehr Mann als Garnison, so setzt dies ein gleichzeitiges starkes Wachslhum der Civilbevölkeruug auf Hunderttausende voraus. 4