Volltext Seite (XML)
312 begleitete, wo er bald darauf in Salerno starb.— Bon da an blieb der Boden des Forums mit den Trümmern seiner Monu mente bedeckt, über denen sich bald Humus uud Vegetation bil dete; von da an datirt die merkwürdige Niveauerhöhung des Forums. Diese Katastrophe kann man in architektonischer Hinsicht als den Untergang des alten Roms, und den Beginn des nenen betrachten, das nothdürftig aus den Trümmern des alten wieder aufgebaut ward. Das Forum muß in den diesen Verwüstungen zunächst folgenden Jahren durch seine wirr durchcinanderliegen- den und anfragenden Trümmer so durchaus ungangbar da gelegen haben, daß im 12. Jahrhundert die Päpste, die sich vom Lateran znm Vatikan begaben, das Forum umgingen. Später wurde auf den Trümmern eine Straße hergestellt, die durch den Bogen des Septimius ging. Bald fingen die Privatleute an, die übriggebliebenen Trümmer zum Bau von Häusern zu benutzen. In der Nähe der Phokassäule errichtete man Thürme. Um die Unebenheiten der Trümmerstätte zu beseitigen, füllte man sie mit dem Schutt anderer Bauten aus. Pauls III. Bauten auf dem Kapitol, sowie seine Demolitionen der im 14. und 15. Jahrhundert auf dem Forum entstandenen Gebäude trugen abermals zur Erhöhung des Terrains bei. Er legte eine neue Straße für den Einzug Karls V. im Jahre 1536 über das Forum an. Dieselbe ging vom Septizonium des Septimius Severus, an der Südostseite des Palatin, zum Bo gen des Constantin — die mit Bäumen bepflanzte Straße, die noch heute vorhanden ist — von da durch den Titusbogen zum Bogen des Septimius Severus. Zu diesem Zwecke ließ er mehr als 200 Häuser und 3 Kirchen niederreißen, theils um für die Straße Platz zu gewinnen, theils um den Anblick der vielfach verbauten Ruinen wieder freizumachen. Der un geheure Schutt, der bei dieser Gelegenheit entstand, blieb an Ort und Stelle liegen, wodurch das Niveau wieder beträchtlich erhöht wurde. Man hat in den Ausgrabungen von 1827 bis 1834 Münzen von Paul III. an verschiedenen Stellen in be deutender Tiefe gefunden. Vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Anfänge des 19. diente, wie wir bereits bemerkten, das Forum als Ochsenmarkt, wie es sich auf der Abbildung S. 229 darstellt. Die ungeheure Granitvase, in welche jetzt das Wasser der Fontäne am Quirinal fließt, stand damals bei 8o,utu Iloow Iibvr»trivo und diente den Thieren als Tränke. Außer Privathäusern und Burgen entstanden auch eine Menge von Kirchen auf und neben dem Forum, meist mit Be nutzung antiker Bauten. Die älteste dieser Kirchen ist die der Heiligen Cosinus und Damianus, die vom Papst Felix IV. im Jahre 526 an den Tempel des Remus angebaut wurde. Im Jahre 630 errichtet Honorius I. die St. Hadrianskirche, die wegen der Stelle, wo sie zu stehen kam, in tribus tatis hieß. Mit Ausgrabungen begann man schon im 16. Jahrhundert; dann wieder im 18., wo man die 6Io»ou waxim«, aufsuchte und fand. Lebhafter wurden die Ausgrabungen erst im 19. Jahr hundert, von 1803 an, betrieben. In den Jahren 1811—1814 wurden alle modernen Gebäude demolirt, welche am Abhang des Kapitols standen und die Ruinen zum Theil verdeckten. Noch jetzt schreiten die Ausgrabungen unter Rosa's Leitung lang sam fort; doch um eine wirklich klare Idee von der Lage der verschiedenen Gebäude am Forum zu haben, muß man noch viel ansgraben, und müßten noch viele neuere Gebäude demolirt ! werden. Dieses lctztrc wird aber wohl schwerlich geschehen, da das Leben der Gegenwart vor den Ruinen der Vergangen heit schließlich doch sein Vorrecht behauptet. Im Glanz der nicht zu glühenden Herbstsonne, wie wir es diesmal gesehen hatten, ladet das Forum ein, sich in eine wic- deraufbaucnde Betrachtung seiner Ruinen und Erinnerungen zu versenken. Sieht man es aber beim Mondschein, oder gar bei künstlicher bengalischer Beleuchtung, dann gibt man sich ganz , dem überwältigenden, malerischen und großartigen Eindruck des Gesamtbildes hin, wie es sich jetzt darstellt, ohne zu wagen, dessen Einzelheiten forschend zu verfolgen. Am 21 .April, dem alten Palilienfest, wo zugleich die Gründung Roms gefeiert wurde, indem die Landleute der Göttin Pales Opfer darbrachten und über Strohfeuer hiuwegsprangen, wird > auch noch heute „der Geburtstag" Roms gefeiert und zwar kommt dabei auch noch Feuer mit ins Spiel. Es werden dann nämlich abends das Colosseum, der Palatin, die Basilika des I Constantin, das Forum, das Kapitol von unzähligen bengalischen ^Flammen erleuchtet. — Ein besonders erhabener Anblick bietet ^sich auch bei diesem Anlaß von der erhöhten Area der Tempel der Roma und Venus dar. Schildern wir ihn, wie wir ihn - an einem solchen Abend an dieser Stelle genossen. Dicht vor uns liegt die majestätische Masse des Colosseums an der einen Seite, links, hoch emporragend, rechts abgebrochen; mit ihren tansend Fensterhöhlcn, ihren gigantischen Pfeilern, roth und gelb beleuchtet, wie glühend. Der goldne Vollmond scheint aber durch ein Fenster hindurch und hebt sich mit seinem himmlischen Glanze von dieser irdischen Glut, wie von einem dunklern Grunde ab. Unten, am Fuße des Colosseums be wegen sich tausend Lichterchen von Wagen und Fackeln, sowie eine schwarze wimmelnde Menschenmenge. Ringsum erschallt Musik, und milde Frühlingsluft breitet sich unter dem wolken losen Nachthimmel aus. Weiter rechts ragt die noch dunkle Masse des Constantinbvgens, daneben in der Ferne die schöne Cypressenreihe des botanischen Gartens auf dem Monte Celio. Weiter rechts fallen unsere Blicke auf den Titusbogen und die antiken Häuserrninen. Bald scheinen der Palatin, das Haus des Caligula, in Flammen zu stehen; magisch weiß ruht vor der Basilika des Constantin die schöne Kirche St. Francesca Romana. Jetzt entflammt sich der Tempel der Faustina mit seinen mächtigen Säulenstämmen, sowie das Forum. Die Säu len des Dioskurentempels beim Palatin, sowie die des Satur- nustempcls am Fuß des Kapitols treten erst jetzt, roth erglühend, in ihrer ganzen edlen Pracht hervor, wie trauernd zum Himmel strebend uud ihre Gebälkreste tragend. Es ist, als ob das Fo rum eben erst in diesem Augenblicke der Zerstörung anheimfielt. Alles glüht, Qualm erfüllt die Luft, die weißen Häuser auf dem Felsen der Tarpeja ragen gespenstig fern daraus hervor. Der Kapitolsthurm ist ebenfalls in Glut, oben aber erglänzt, den späten Enkeln der Quiriten eine neue Zukunft verheißend, die mächtige 8lsUs, ck'Itulirc, von tausend blendenden Flammen gebildet, über alles hinweg. Es ist ein unendliches Chaos von Häusern, Trümmern, Höhen, Tiefen, Bäumen, das sich hier den Blicken in der phantastischesten Beleuchtung darbietet, und Stau nen, Bewunderung, Trauer und Freude sprengen so zu sagen die Seele auseinander. Die unermeßliche Pracht und Poesie überströmen und überfüllen die Seele und diese vermag sie nicht zu fassen, — uud klagt ob ihrer Armuth. Die Tschetschna und die Tschetschenien. Von Ätöin Kohn. Zu den merkwürdigsten Völkerstämmen, welche Rußland unterjocht hat, gehören die am Kaukasus hausenden Tsche- tschenzeü. Ich hatte während meines Aufenthaltes in Sibirien, be sonders in Ussola, Gelegenheit mit Tschctschenzen zu verkehren, von ihnen Aufschlüsse über ihr Volk, über ihre Sitten, Gewohn heiten u. s. w. zu erhalten, und glaube, daß das, was mir meine Notizen bieten, interessant genug ist, um auch den deutschen Leser zu fesseln. Vor allen Dingen wollen wir unsre Schil derung mit einer kurzen Beschreibung des Landes, das die „Tschetschna" genannt wird, beginnen. Versetzen wir uns in die heutige russische Provinz „Kawkaz" (Kaukasien). Im Gouvernement Daghestan finden wir, als einen Theil desselben, die Tschetschna, einen Landstrich von ungefähr zehn Meilen Länge und sechs Meilen Breite, berühmt durch den langjährigen Widerstand, den Sch am hl der russischen Macht in den „Schwarzen Bergen", welche das Ländchen in allen Richtungen durchkreuzen, entgegengesetzt hat. Man nennt die Berge deshalb die „Schwarzen Berge", weil sie mit dichten, immergrünen, von Ferne schwarzen Nadel-