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Mis; Deutschlands Festungen. Auch nachdem Stettin, Stralsund, Kolberg, Damm, Kosel, Graudenz, Wittenberg, Ersurt, Minden, Schlettstadt, Pfalz burg, Marsal und Lützelstein aus der Reihe der Festungen ausgeschieden sind, besitzt das Deutsche Reich deren immer noch 38; davon 11 erster Klasse, nämlich: Königsberg, Danzig, Posen, Mainz mit Castell, Koblenz mit Ehrcnbreitensteiu, Köln mit Deutz, Straßburg, Metz, Rastadt, Ulm und Ingolstadt. Festungen zweiter Klasse sind folgende 15: Thorn, Glo gau, Glatz, Neiße, Schweidnitz, Sonderburg-Düppel, Kiel-Friedrichsort, Torgau, Spandau, Wesel, Saarlouis, Landau, Germersheim, Neu-Ulm und Diedenhofen. Festungen dritter Klasse zählt mau nur 8: Pillau, Küstriu, Swinemünde, Weichselmünde, Jülich, Königstein, Bitsch und Neu breisach. Endlich werden noch als Festungen 1. Klasse Dömitz, Burg Höhenzollcrn, Feste Boyen und die Citadelle von Memel angesehen, die aber ihrer fortifikatorischen Unbedeutenheit wegen in kurzem ebenfalls aus der Reihe der Festungen ausscheiden dürften. Wilhelmshasen ist, weil erst im Bau begriffen, amtlich noch keiner Festungsklasse zugetheilt worden. Die Straßenrcinignng in Lissabon war ehedem anders als jetzt. Lady C. Charlotte Jackson stellt in ihrem Werke „Kair Imsitanm" fol genden drastischen Vergleich an: „Als ich kürzlich die Straßen von Lissa bon durchwanderte, vermißte ich die Wassergefäße, welche früher jeder Inhaber eines Ladens für die auf der Straße lebenden Hunde aussetzen mußte. Vormals irrten zahlreiche Hunde in der, wie man sagt, von Ulysses gegründeten Stadt und suchten in Straßen und Höfen ihre Nah rung; jedes Rudel hatte sein Revier und wehe dem Thier, welches die fremde Grenze überschritt! Ja oft gab es blutige Kämpfe, wenn die Nahrung nicht ausreichte, und dann kannten sich auch die Genossen eines Clans unter einander nicht mehr. Glückliche Zeit für den Gefährten des Menschen! Alle Ueberbleibsel aus der Küche, alle Absalle aus den Schlacht häusern und Fleischlüden warf man auf die Straße, und die Hunde sorgten dafür, daß dieselbe reinlich blieb. Sie waren die berufenen Straßenkehrer — freilich gleichzeitig eine von den Plagen Lissabons. Und jetzt? Jede Nacht werden die Straßen gefegt, jeden Morgen werden fie nach alter Weise mit Wasferfässern begossen, jeden Tag mit Gummi- schlänchen von den Wasserkarren aus gesprengt; städtische Abfnhrwagen schaffen allen Unrath weg, die herrenlosen Hunde sind vergiftet, die Wassergefäße vor den Häusern sind verschwunden — und ein großer Theil des Volkes murrt über die Neuerung. Sie tadeln das Gesetz, welches ihnen verbietet, Unrath und Küchenabfälle auf die Straße zu werfen. Sie meinen, daß die Hunde die geborenen Straßenreiniger find und die recht mäßige Gesuudheitspolizei der großen Städte bilden; ihnen ihre Arbeit entziehen, heiße die ewigen Gesetze der Vorsehung bekämpfen. Sichtlich haben sie unrecht. Aber vor Zeiten gab es nicht einen einzigen tollen Hund in der Stadt, und jetzt kommt eine solche Erscheinung öfter vor und gibt den Mißvergnügten immer von neuem Gelegenheit zu glauben, daß sie ganz in ihrem Rechte sind. Swansca, Lie Steinkohlen- und Kupferhüttenstadt im Fürstenthum Wales wird immer mehr der Mittelpunkt des Erzhandels. Aus Spa nien, Algerien und anderen afrikanischen Ländern (Kapkolonie re.), Austra lien, Bolivia, Chile, Kalifornien, Mexiko, Colorado, Nevada, Canada werden edle Erze, namentlich Kupfer- und Silbererze cingeführt, dazu kommen Eisen- und Zinkerze aus Algerien, Spanien und Sardinien. Deutschland kaufte im I. 1874 einen nicht unbeträchtlichen Theil der edlen Erze für die fiskalischen Hütten zu Klausthal und Freiberg, wie für die Privatwerkc zu Mansfeld und zu Stolberg bei Aachen. Dagegen bezieht Swansea Spiegeleisen aus dem Siegerlande, Holz und Bieter aus Danzig, Memel und Stettin. War auch das Jahr 1874 mit seinen Arbeiterstrikcs der Industrie und dem Handel nicht günstig, so besuchten doch 36 deutsche Schiffe den Hafen von Swansca. (Preußisches Handels archiv). Auch in Schweden und Norwegen wird das metrische System für Maße und Gewichte eingeführt werden; die schwedischen Stände und der norwegische Storthing haben das betreffende von der Regierung ihnen vorgelegte Gesetz angenommen. Ju Rumänien, welches bis jetzt nur die Donauhäfen (Dschurdschewo, Galatz, Ismail und Kilia) besitzt, soll nach dem Plane der Regierung auch ein größerer Seehafen am Schwarzen Meere angelegt und durch Eisenbahn mit dem Binnenlandc in Verbindung gesetzt werden. Zwei durch große Dämme gebildete Haseubassins von 6 bis 8 Meter Tiefe würden etwa 150 Schiffe von mittlerer Größe fassen können. Algerien ist noch immer reich an wilden Thieren: in den Jahren 1867 bis 1873 sind nach den amtlichen Zusammenstellungen deren 6195 getödtet worden. Darunter befanden sich 5579 Schakale und 281 Hyänen, doch auch 87 Löwen und 248 Panther. Die erlegten Löwen kommen fast alle auf das Departement Constantine, also auf den östlichen Theil der Kolonie, auch 198 Panther. Im Departement Oran wurden über haupt nur 289 wilde Thiere innerhalb jenes Zeitraumes erlegt. Die Bcvölkcrimgsvcrhältnisse Algeriens bleiben noch immer ungün stig. Die „weiße" Bevölkerung ist im Wachsen, doch zählte sie im gan zen bei der Ausnahme von 1872 nur 279,691 Köpfe, und hierunter sind die 34,574 Israeliten einbegriffen, welche fast sämtlich in der Provinz geboren sind, eigentliche Franko-Afrikaner rechnete man 95,000 (gegen 72,500 im Jahre 1866 und gegen 33,500 im Jahre 1856). Auf je 10,000 eilen. Menschen der „weißen" Bevölkerung kamen jährlich 413 Geburten und > 390 Todesfälle, also betrug die natürliche Zunahme noch nicht ein viertel : Prozent. Freilich sind in diesen letzten Jahrzehnten viele llnglücksfälle über das Land gegangen: Cholera, Typhus, Dürre, Heuschrecken, Hun gersnoth, der deutsche Krieg und die mörderischen Kämpfe des Aufslan- des von 1871. Der Gorilla ist durchaus kein so furchtbares Thier, wie man nach den ersten haarsträubenden Berichten des Jägers Du Chaillu annahm. Die Neger schildern ihn im Gegentheil als friedlich und furchtsam: daß er die Menschen von freien Stücken angreife, ihnen den Flintenlanf ent reiße und wie einen Strohhalm verdrehe und in Stücke zerbreche und dann den Feind schonungslos tödte — davon wissen die Landesbewohner nichts. Marquis de Compisgne schreibt darüber wie folgt: „Im Juli 1871 hielten wir uns am Ogoweh-See auf, wo der Go rilla besonders zahlreich wohnt. Wir waren dorthin gegangen, um diesen Affen zn jagen und blieben einen ganzen Monat daselbst. Schon am ersten Morgen fanden wir an vielen Stellen frische Gorillaspuren — aber kein Angriff aus uns erfolgte, das furchtsame Thier weicht dem Menschen sorgfältig ans, cs ist mit feinen Geruch- und Gehörorganen und scharfem Gesicht versehen und verbirgt sich gewandt in den Bäumen: und so kam es, daß wir in dem ganzen Monat nur äußerst selten einen Gorilla zu Gesichte bekamen." „Das Geschrei des Thieres ist nicht das markerschütternde und meilen weit tönende, wie Du Chaillu erzählt, sondern es gleicht dem Brummen j des Bären von Florida. Auch mit Schlingen und Fallen ist dem Go rilla nicht beizukommen, er hat nicht feine regelmäßigen „Wechsel", wie der Büffel und der Panther, er geht nicht jeden Tag an dieselbe Quelle zur Trünke — er verzehrt Früchte, namentlich Ananas, wo er sie findet, er trinkt wo es ihm beliebt. So kam es, daß Winwood Reed und Old Metziani, zwei bekannte Jäger, das Land am Ogoweh verließen, ohne ein einziges Exemplar jener Affenspezies getödtet zu haben; nnd hätten wir nicht die Schwarzen durch große Versprechungen als Bundesgenossen gewonnen, so würden wir ebenso leer heimgekehrt sein. So hatten wir einen Tag lang ohne Erfolg die Spuren eines großen Gorilla verfolgt; wir übernachteten in der Hütte eines Galoi-Negers inmitten einer Ba- nanenpslanznng. In der Nacht hört unser Wirth ein Geräusch in seinen Bananen. Einen Dieb vermuthend schleicht er sich mit der Flinte hinaus j und lauscht. Da greift jemand heftig an den Flmtenlauf, instinktmäßig ; saßt er an den Drücker, läßt das Gewehr in den Händen des Angrei- sers und flüchtet sich in die Hütte. Früh gingen wir hinaus — da lag ein todter Gorilla mit zerschmetterten Kinnbacken und zerrissenem Hals. Ein andres Mal stieß ein Bakalaihäuptling auf einen Gorilla, schoß, aber traf schlecht; das verwundete Thier biß ihn in die Seite, glücklicher weise eilten zwei andere Bakalai herbei und retteten ihren Freund. Das verwundete Thier wurde zwei Tage darauf in einem andern Dorfe ge tödtet. Einer unserer weißen Jäger, Franyois, hatte drei Gorillas iu ! nächster Nähe; er schoß und fehlte — und beide Parteien ergriffen nach verschiedenen Seiten eiligst die Flucht!" „So ist der Gorilla kein Ungeheuer, welches zwischen dem Menschen und den reißenden Thieren mitten inne steht: er ist ein Asse, ein riesiger, ! ungewöhnlich kräftiger Affe, der aber in seiner Lebensweise und seinem Naturell den anderen menschenähnlichen Affen, wie dem Schimpanse, gleicht." Die transatlantische Telegraphie beginnt von ihren hohen Preise» herabzugehen. Vom 1. Mai 1875 an hat das von Brest ausgehende Kabel seine Taxen ermäßigt, auch keinen Minimalsatz festgestellt. Jedes s Wort kostet von Paris bis Neuyork 2 Mark. Ackerbau und Gartcnkultur haben in einzelnen Theilen Nordamerika'- überraschende Resultate aufzuweisen. Der bedeutendste Farmer, der z» Jacinto in Kalifornien (Grafschaft Cvlusa) mehvals zwei deutsche Quadrat meilen Ackerland besitzt und 90 Dampfpflüge im Gange hat, erntete im Herbst 1874 an 350,000 Zentner Weizen; der Mann versteht so gut, de» Bügel eines Ochsenjochcs zu schnitzen wie eine Bankanweisung aus eine j Million Mark zu schreiben! — W. Parry im Staate Neujerseu hat gegen s 100 Hektaren Land mit Himbeeren, Erdbeeren, Weinarten, Obst, Gemüse, Baumschulen und beaufsichtigt alles selbst; unter einem beweglichen Zehe gegen die Sonnenstrahlen geschützt lesen die Arbeiter die Beeren. Es» anderer Obstzüchter hat 20 Hektaren Land mit Brombeeren bepflanzt, die - ihm im vorigen Jahre einen Ertrag von 90,000 Mark gaben. Von Neu jersey ans werden die meisten Seestädte mit frischem Obste versehen. An Tnnnctbantcn bleibt Nordamerika hinter Europa nicht zurück. s Seit dem 5. April d. I. wird der 8000 m. lange Tunnel von Hnjac aus der Grenze der Staaten Reuyork und Massachusetts, welcher die Bahn linie Boston-Albany-Rochester-Buffalo vermittelt, mit Lastzügen befahrcm Der Bau hat zwanzig Jahre Zeit nnd 52 Millionen Mark an Geld ge kostet, 142 Arbeiter haben dabei durch verschiedene Unglücksfälle M s Leben verloren. — Wichtiger noch dürste der TunNel werden, der von der Stadt Neuyork mindestens 7 Meter tief unter der Sohle des breite» Hudsonflusses mit einer Länge von 4000 m. hinüber nach Jcrscy-Eüy führen soll. Man beabsichtigt ihn für zwei Gleise cinzurichten; das Ge wölbe soll kreisförmig gebaut werden. Bohrungen im Hudsonbett habe» die Ausführbarkeit dargethan; man hofft, unterstützt von allen Hilfs mitteln moderner Technik, in drei Jahren den ganzen Bau anssühre» zu können.