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164 wir vorher vom Ufer aus noch einen Blick auf See und Berge einer geschäftigen Menschenmenge. An den italiänischen Seen findet sich keine schönere Besitzung als diese. Nur die südliche Vegetation haben jene voraus. Die freilich kann aller Berlegerreichthum nicht hervorzaubern. Es wird kühl. Der Herbstabend macht seine Rechte geltend. Wir suchen die gastliche Stube des Wirthshauses auf, nachdem geworfen. Letztere heben sich in ihrer tiefblauen fast schwarzen Färbung und ihren scharfen Konturen gar prächtig vom reinen Abendhimmcl ab. Das Tutzinger Bier ist seines alten Rufes würdig, wir sprechen ihm auch wacker zu, bis die Ankunft des Zuges uns abrnft. In anderthalb Stunden wandeln wir wie der durch die hellerleuchteten Straßen der Residenz, umwogt von Hochebene von Bogota, deren Einwohner sie theils durch Ge walt, theils durch Unterredung sich unterwarfen. Die Stadt, welche sie mit Hilfe der unter ihrem Kaziken Bogota unterjochten Indianer anlegten, nannten sie Santa FL de Bogota. Erst durch die Revolution ist der Beiname gefallen und nur der Name Bogota übrig geblieben. Merkwürdigerweise trafen sich zu jener Zeit mehrere Eroberer in diesem sonst von aller Welt abgeschiedenen Lande. Von Norden her kam Limenes de Xesada, der den Zug ins Innere von S. Marta ausgeleitet hatte, von Westen her traf der von Pizarro in Peru ausgesandte Se bastian de Benalcazar ein und von Osten kam der Statthalter der Welserfaktorei in Venezuela, Nicolaus Federmann aus Ulm. Als das amerikanische Festland dnrch Columbus auf dessen dritter Fahrt entdeckt wurde, beträte« auch zwei Begleiter des selben, Alonzo de Hojeda und Juan de la Cosa, bei dieser Ge legenheit 1499 die Nordküste von Neu-Granada. Die erste Kunde von diesem Lande erstreckte sich zwar zuvörderst nur auf wenige Theile der die Maracaybobai einschließenden Halbinsel Goajica, doch schon zwei Jahre später verfolgte Rodrigo de Ba- stides die Küste westlich bis Darien und brachte auch die ersten Nachrichten über die Schneeberge in der heißen Zone der Neuen Welt nach Europa. Es vergingen aber immer noch zwanzig Jahre, ehe weitere Versuche zur Besiedelung der neugewonnenen Länderstriche gemacht wurden. Die Kolonie von S. Sebastian ZlchM aus Ileu-Granada (Columbien). Von Direktor vr. Kermann Zimmermann. ZchüunmmUluinc von Turtuwo, ilrn-Grauakm (vgl. S. 166). am Golf von Darien, die zunächst gegründet wurde, war bald darauf durch die Indianer wieder zerstört worden, und man mußte darauf Bedacht nehmen, an einem geeigneter» Orte eine neue Niederlassung zu gründen. Der schon erwähnte Rodrigo de Bastidas, der sich durch seine unternommenen Expeditionen schon hinlänglich bekannt gemacht hatte, wurde beauftragt, die Küste zu dem obenerwähnten Zwecke zu untersuchen und einen passenden Platz zur Anlage einer Stadt und einer Festung aus findig zu machen. Am St. Marthatage landete er 1525 in einer Bai, fand sie zur Niederlassung geeignet und legte die Stadt Santa Marta an. Ein schöner und kräftiger Menschen schlag bevölkerte die reiche und wohlangebaute Gegend. Der menschenfreundliche Rodrigo suchte Freundschaft mit den Ein geborenen, die dem Stamme der Tairona angehörten, zu hal ten; aber bei dem harten verwilderten Wesen, das die Con- quistadores jener Zeit charakterisirt, fanden seine Bemühungen wenig Anklang bei seinen Genossen. „Ich habe ihn" — sagt La Casas, der so streng gegen diejenigen war, welche die ame rikanischen Eingebornen mißhandelten, — „immer voll von Mit leid gegen die Indianer und voll von Zorn gegen deren Be dränger gefunden." Wenige Jahre später drangen die Spanier, dem Thale des Rio Grande oder Magdalenenstromes aufwärts folgend, weiter ins Innere ein, überschritten das Gebirge nnd gelangten in die Alle drei Befehlshaber nahmen jeder für sich den Ruhm, das Land zuerst entdeckt zu haben, in Anspruch uud begründeten da mit zugleich die Anwartschaft auf die Würde eines Statthalters. Endlich vereinigten sie sich dahin, ihre Mannschaften unter einem gemeinschaftlichen Anführer in dem neuen Königreich Granada, wie sie es in Erinnerung an die Heimatsgegend nannten, zu rückzulassen und dem König von Spanien die Entscheidung au- heimzustellen; aber keiner von den drei Bewerbern wurde ge wählt. Von den Zurückgebliebenen wurden nach und nach noch die übrigen Theile unterworfen, und 1547 ein General-Kapitän über das Land gesetzt, das 1718 in das Vizekvnigreich Neu- Granada verwandelt wurde. Unter wechselnden Kämpfen, deren Seele seit 1810 Bolivar wie in Nen-Granada so anch in Ve nezuela war, errangen sich die spanischen Kolonien die Freiheit und proklamirten 1821 die Centralrcpublik von Columbien, doch schon am 11. Mai 1830 mußte der Kongreß seine Sitzungen schließen, und Venezuela, Ecuador und Neu-Granada konsti- tuirten sich als selbständige Republiken. Auch seit dieser Zeit trat noch keine Ruhe ein, die vielfachen Aenderungcn der Kon stitution, welche stets größere oder geringere Aufstände mit sich brachten, erhielten die Bevölkerung in immerwährender Auf regung. Endlich vereinigte man sich in Folge des neuen Staats grundgesetzes vom 15. Juni 1858, welches das nordamerika nische Föderativsystem annahm, dahin, die bisherigen 3K