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Stand der Dinge auf den Schäfereien vermag ich nicht zu schildern; ohne sich nur Zeit zum Essen zu gönnen, ritt er ohne weiteres über die Berge zu unserm Kakadudörfchen hinüber, um einige Männer zum fernern Ausgraben der Schafe mitzu bringen und mit ihrer Hilfe den todten Thieren so rasch wie immer möglich das Fell abzuziehen. Er selbst legte bis zum späten Abend bei dieser unerquicklichen Arbeit rüstig die Hand mit an, und binnen kurzem waren sämtliche Zäune und Ein friedigungen, so weit dieselben bereits aus dem Schuee hervor- sahen, mit diesen geisterhaften Häuten tapeziert, so daß ich meine Spaziergänge im Freien einstellen mußte, weil ein gräßlicher Geruch rundum die Luft verpestete. Wie hoch wir unsern Verlust anzuschlageu haben, läßt sich vor der Schur nicht mit einiger Sicherheit feststellen, soviel ist indeß gewiß, daß die Hälfte unserer Herden und nahezu alle unsere Lämmer umgekommen sind. Im „Hinterlande" muß die Wirkung des Unwetters noch eine viel verderblichere gewesen sein; dort fand man nicht nur Tausende von Schafen, sondern auch viele Hundertes von Rindern längs der Zäune todt am Boden liegen. Die Zeitungen schätzen den Verlust in unserer Provinz allein auf eine halbe Million; aus anderen Theilen der Insel fehlen uns zuverlässige Nachrichten, in der weiter gen s Süden gelegenen Provinz Otago soll indeß der Sturm noch ! furchtbarer gewüstet haben. Darin aber stimmen alle Berichte der neuseeländischen Kolonisten überein, daß keiner noch ein solches > Unwetter erlebt hat wie den Schneesturm von 1867; auch die s Traditionen der in Wetterreminiszenzen sehr starken Maori ! wissen von keiner ähnlichen Katastrophe zu erzählen." Soweit Lady Barker. Ihr Bericht beweist von neuem, wenn es eines solchen Beweises überhaupt bedürfte, daß nichts ^auf dieser Erde vollkommen ist, auch nicht das schäferliche I Paradies auf Neu-Seeland. Land und Leute von Äsland. Von Heorg Adolf Richter. (Schluß.) Wie überhaupt im hohen Norden, so spielt auch auf Island die Vogelwelt eine wichtige Rolle; „es ist wohl kaum zu viel gesagt, wenn man behauptet, ohne die Vögel sei Island unbe wohnbar für Menschen". Preyer fährt fort und spricht: „In der That überrascht es, den vielseitigen Nutzen kennen zu lernen, welchen die Vögel den Isländern gewähren: sie liefern ihnen Federn, Dunen, Eier, Fleisch, Feuerungsmaterial, sogar Lam pendochte, Thran u. dergl. mehr und zwar in so ungeheurer Menge, daß man sich das isländische Volk, dieser Lebensquelle beraubt, kaum vorzustellen vermag." Einige Vertreter dieser Wirbelthierklasse müssen wir später etwas genauer noch ansehen. Von Amphibien findet man auf der ganzen Insel keine Spur; nicht ein einziger Frosch belebt die zahlreichen Sümpfe, keine Schlange, keine Eidechse erschreckt oder erfreut den einsamen Wanderer. Fische umspielen in großen Scharen die Gestade Islands oder tummeln sich in den klaren Wässern der Bergströme oder dem eisigen Naß der großen und häufig auftretenden Seen, namentlich sind es köstliche Lachse, z. B. 8almo s^lai- und 8-Omo Gillus. Von Säugethieren sind in Island sieben Ordnungen Wit 34 Spezies vertreten, von denen 20 Spezies einheimisch sind, letztere sind Bewohner des Meeres. Die auf dem Lande lebenden Mammalien sind entweder eingeführt oder zufällig ge landete oder versprengte Thiere; so findet sich dann und wann llrsuo maritimus (Eisbär, isl. björu); vereinzelt auch Vesxertilio xiptstrsllus (Fledermaus). Eisbäreu werden im Jahre selten Mehr als zehn geschossen; sie landen namentlich auf grönlän dischem Treibeise. Die Pwnipedienarten oder Seehunde (6) und Cetaeeen oder Wale (13) werden an den Küsten von den Eingeborenen eifrig gejagt; von der seltenen Art M-Iobsobus rosmarus werden die Hauer zu allerlei Geräthen verarbeitet und sind ein sehr gesuchter Handelsartikel, zumal die meisten der in Island ausgewachsenen Rinder hornlos sind. Ein dem Isländer fast verhaßtes Geschöpf ist das Renthier (6sivu8 tniÄmlus ^.) isländisch llreinn, llreinnsckz-r. Im Jahre 1770 führte man von Norwegen 13 Renthiere nach Island ein; von dieser ominösen Anzahl starben zehn; dennoch vermehrte sich die übrig bleibende Dreizahl so außerordentlich, daß man jetzt in den un bewohnten Theilen Islands auf große Herden dieser Thiere stößt, die bei strengen Wintern in bebauten Gegenden, nament lich des Südwestens, einbrechen und dann häufig erlegt werden. Zähmen wird man in Island diese Thiere nie; zum Vorspann eignen sie sich hier nicht, da die Heimat des Eingeborncn zu uneben und flußreich ist; lieben lernt man den stattlichen Hirsch auch nicht, da er die schönen eßbaren Moose auf den Fjöll frißt! Der größte Schatz des Isländers sind seine Pferde, die dem Klima und der Witterung angemessen, meist rauhhaarig sind und keine bedeutende Größe erreichen; dagegen sind sie unermüdlich, an Strapazen und Entbehrungen gewöhnt und vermögen lange zu hungern oder mit der elendesten Nahrung sich zu begnügen. In einen Stall kommen sie jahraus jahrein nicht, immer sind sie im Freien, ihre Nahrung sich selbst suchend; fast jeder Isländer besitzt zum mindesten zwei Pferde. Das beste Reitpferd kostet nicht mehr als 200 Mark; die Pack- und Lastpferde bedeutend weniger. Das Roß ist natürlich vom Fest land eingeführt worden; allein schon die ersten Besiedler haben es mitgebracht; die ältesten schriftlichen Denkmäler und Sagas erzählen von dem oder jenem llsstur (— Hengste). Auffällig ist bei den isländischen Pferden, daß ihr Kopf fast durchgängig im Verhältniß zur übrigen Körpermasse zu groß erscheint. Nicht ohne Grund vermuthet man, daß die von den auswan dernden Norwegern eingeführten Rosse von besonders edler Rasse waren; da der Kopf bekanntlich am wenigsten wächst und nur sehr langsam sich im Laufe der Jahrhunderte veränderte, mußten die sich mehr und mehr verkleinernden Körpertheile hinter ihm zurückstehen. In jüngster Zeit werden die isländischen Pferde nach Schottland ausgeführt, indem man mit den schottischen Ponys durch Kreuzung eine ausdauernde Rasse zu erzielen beabsichtigt. Nach offiziellen Berichten gab es auf Island im Jahre 1853: 40,485 Pferde, dagegen im Jahre 1869 nur 30,853. Ein ähnlicher, ja noch auffallenderer Rückgang zeigt sich in der Schaf- und Rindviehzucht. 1853 zählte man 516,853 Schafe und 23,363 Stück Rindvieh; im Frühling 1869 fanden sich nur noch 356,701 Schafe und 18,342 Rinder vor. Der bedeutende Ausfall der Schafzucht erklärt sich aus der öfters grassirenden Schafseuche, die besonders dadurch hervorge rufen wurde, daß man spanische Merino's zur Veredelung des einheimischen saaäur(Schaf; — kosi-, AktäluAur — Hammel, brulur — Widder) einführte. Die Rindviehzucht wird ganz vernachlässigt; der Isländer liebt das Rindfleisch nicht und benutzt nur die Milch. Die Schafe tragen alle vier Hörner; sie liefern ein vorzügliches Fleisch, ihre Wolle reicht znm eigenen Bedarf aus und wird auch im rohen wie im verarbeiteten Zustande ausgeführt, na mentlich werden lange Strümpfe, Handschuhe, Wumier und wollenes Zeug verfertigt; auch Felle gehen zu Tausenden nach dem Kontinent. Wenn auch auf Island 81 Perionen von 100 von der Viehzucht leben, so kann man doch mit Recht behaupten, daß die Eingeborenen diesen Zweig der Volkswirthschast mit einer gewissen Indolenz und Saumseligkeit betreiben; einen Entschul digungsgrund könnte man darin finden, daß es zuviel nasse Ländereien neben den fetten Wiesen und zu viel magern Boden neben den herrlichen Matten gibt. Mein eine vergleichende Statistik findet, daß die höhere Energie des Nordländers auf unserer Insel gegenüber dem Bewohner des Südlandes weit glänzendere Resultate und bedeutendere Erfolge trotz mißlicherer Verhältnisse erzielt. Von wildlebenden Säugethieren ist wichtig der Polarfuchs (Oanis laKvxas I-., isl. box, wsirrMA (Feldhund), mit Beinamen, wie der Niedrigbeinige, Mißtrauische, Spötter u. s. w.); sein dunkelbläuliches Fell ist drei- bis viermal theurer, als sein 18*