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87 jede Audienz verwehrt wurde, ordnete alle Vorsichtsmaßregeln an, um einem Ueberfalle zu begegnen, es widerfuhr ihneu aber nichts Uebles und den Verzögerungen, welche die ihnen beigegebene Eskorte verursachte, wußte Garnier bald mit Energie zu begegnen. Unangefochten zogen sie zu dem nördlichen Thore Taly's'hinaus. Der Rückweg nahm fast dieselbe Richtung wie die Hinreise, nur wurde der Iang-tse-kiang einige Meilen oberhalb des Ortes Ma- schang überschritten. Am 4. April war die Expedition wieder in Tong-tschuan vereinigt. Schon mehrere Tage vorher hatte Garnier durch Boten die traurige Botschaft erhalten, daß der Leiter der Expedition De Lagre'e am 12. März 1868 in dieser Stadt seiner Krankheit erlegen war. Garnier, der sich nun an die Spitze seiner Landsleute gestellt sah, befahl die Ausgrabung des Leichnams und den Transport nach Siu-tscheu an das Ufer des Dang-tse-kiang; ein steinernes Denkmal sollte anderen Europäern, die an diese Stelle kommen würden, Nachricht von dem Ende des kühnen Reisenden geben. Am 7. April verließ Garnier mit seinen Gefährten Tong-tschuau; der Weg führte fast direkt nach Norden. Die Landschaft blieb immer noch gebirgig, zwischen den meist nach Osten streichenden Bergketten lagen aber wohlkultivirte Ebenen. In einer der bedeutendsten, welche weithin mit Mohnfeldern bedeckt war, lag die Sadt Tschao-toug, eine der wichtigsten Handelsstationen zwischen China und Munau. Hier strömen von den nördlichen Provinzen die großen Ballen von Baumwolle und baumwollenen Waaren, selbst englischen Fabrikates, und Salz zusammen mit den Metallen der südlicheren Länder. Trotz der Verwüstungen des Krieges zeigte sich die dichte Bevölkerung ! außerordentlich betriebsam. Oberhalb der Stadt Siu-tscheu ergießt sich in den Blauen Fluß auf der rechten Seite der Huang-Kiang, welcher eine belebte Wasserstraße nach Süden gewährt und der Expedition gestattete einen Theil ihres Weges in einer Barke zurück zulegen. Anfang Mai war Siu-tscheu erreicht, und mit dieser j chinesischen Großstadt, deren Einwohnerzahl Garnier auf 150,000 schätzt, wiederum der Dang-tse-kiang, dessen Gewässer dies Schiff der Reisenden dem Großen Ozeane zutragen sollten. Am 12. Juni I 1868 wurde Schanghai erreicht. — Ueberall in wenig eivilisirten Ländern ist der Europäer eiu be- sonders angesehener Mann für alle wirklich oder in der Einbildung Kranken. Als ein Wesen von höherer Begabung muß er die Fähig- i keit haben, Krankheiten zu heilen — darum thut der Entdeckungs- i reisende immer wohl, sich mit einigen medizinischen Kenntnissen und mit einigen Heilmitteln zu versehen. So hatte denn auch vr. Joubert, der Arzt der Lagreeschen Expedition, unter der hinterindischen wie unter der chinesischen Bevölkerung überall viel Zulauf; unsere Ab bildung S. 81 zeigt ihn inmitten von Kranken und Gesunden, von Erwachsenen und Kinder», und Oe. Joubert verstand es trefflich sich unter diesen Fremden beliebt zu machen. Die französische Mekhong-Expedition hat die Karte von Indo- China vollständig umgewaudelt, den Lauf des Mekhvng bis zum ^28" n. Br. festgestellt, das Quellgebiet des Flusses Tong-King abgegreuzt und die Gebiete des Menam und Saluen näher bestimmt und über den Oberlauf des Iang-tse-kiang die ersten zuverlässigen ' Nachrichten heimgebracht. Ne neuste Nachricht von dem Keilenden Nachtigal über die Enge im Lüden von Aegypten. Mitgetheilt von Ariedrich Lotzmann. Der berühmte Afrikareisende Nachtigal, welcher kürzlich todt gesagt wurde, der aber nach einer fünfjährigen Reise durch Central- asrika gesund und wohl in Alexandrien eingetroffeu ist, wo er sich für England einschiffen wird, hat an den verdienstvollen französischen Reisenden Duveyrier, der vor wenigen Tagen als Vertreter der geographischen Gesellschaft in Paris nach Algerien abgereist ist, um sich an den Forschungen zu betheiligeu, welche der Kapitän Roudaire in Bezug auf die Herstellung eines inner» Sees in Algerien vor nehme» soll, den folgenden Brief im Frcmzösischeii geschrieben, den das Journal des Debats vom 1t. Nov. mittheilt, und den wir hier in deutscher Sprache folgen lassen. „Khartum, 18. Sept. 1874. Endlich bin ich auf ägyptischem Gebiete angekommen. Es war Zeit, daß ich Darfur verließ, den» ich hatte kaum die östliche Grenze überschritten und das Gebiet von Kordofan erreicht, als ich den Generalgouverneur des ägyptischen Sudan, Ismail Pascha Ayub, bereit fand, dort einzurücken und das Laud zu erobern. Europa uud die Civilisatiou werden es ihm Dank wisse», denn die Fori, die Einwohner von Darfur, zeige» gegen die Ausländer ein Mißtrauen und einen Fanatismus, der nur von dem Haß und der Verachtung übertroffen wird, womit die Einwohner bau Wadai alles betrachten, was nicht aus ihren: Lande ist. Die Forifrage datirt seit mehreren Jahren. Sie verdankt ihren Ursprung den Thate» eines Mannes, der ei» Ei»gebor»er vo» Fikri und zu dem verachteten Stamme der Abu-Simmin gehörend, behauptete, dem Stamme der Bulala, dem regierenden Stamme, anzugehören; sei» Name war Fighi Mohammed el Bulalawi. In Kairo wußte er die Regierung glauben zu lassen, er sei im Stande, der ägyptischen Herrschaft die Länder zwischen Kordofan nnd Bornu, d. h. Darfur und Wadai zu unterwerfen. Man gab ihn: Instruk tionen, man vertraute ihn: Soldaten an, mau versorgte ihn mit Geld und er wählte die zwischen der südlichen Grenze von Darfur uud Bahr-el-Ghazal gelegenen Länder zum Schauplatz seiner Helden taten. Dort hatte sich auch ein gewisser Ziber festgesetzt. Dieser, ein Eingeborner von Schendi und zum Stamme der Tzaliiu gehörend, hatte früher als Schreiber in Khartum und später als Bahara im Dienste eines Kaufmanns in Khartum, Namens Ali-Abu -Qnibri, in dessen Zeribas in der Nähe von Bahr-el-Ghazal gelebt. Zu jener Zeit gewannen die Bahari eben so viel Geld, wie sie durch ihren Handel in Elfenbein und Sklaven und die wenig bedenkliche Art, sich diese beiden Artikel zu verschaffen, in Europa in einem sehr schlechten Rufe standen. Ziber hatte den Dienst bei Ali-Abn-Omori verlassen und operirte für seine eigne Rechnung in denselben Gegen den wie El Bulalawi, aber ein wenig nördlicher. Alles, was er von Elefantenzähnen und Sklaven erlangte, verkaufte er für Doppel flinten und er sammelte um sich her einen Haufen von Abenteurern die er gut bewaffnete und großmüthig behandelte. Bald erkannten alle heidnischen Stämme zwischen dem Lande des Rizegat und Bahr- el-Ghazal und gegen Westen bis Hofra en Nehur ihn als ihren Herrn an und bezahlten ihm eine Abgabe oder sie wußten durch Ge schenke mit ihni gute Beziehungen zu unterhalten. Als Bulalawi in denselben Gegenden erschien, wurde der Raum für beide Persön lichkeiten zu enge. Die benachbarten Länder entvölkerten sich, die Elefantenzähne wurden immer seltner und seltner, der Ehrgeiz der beiden Häuptlinge stieß jeden Augenblick auf einander und die Eifer sucht kam bald zum Ausbruch. Die Baharas, welche sie befehligten, bestanden aus der Hefe der Bevölkerung von Dongola, Berber, Khartum, Sennar, Kordofan, die nichts zu verlieren hat uud die bei ihrer Liebe für Gewinn weder Gott noch den Teufel fürchtet. Zuletzt endigten die eröffneten Feindseligkeiten durch ein Gefecht, in welchem El Bulalawi das Leben verlor. Jetzt war Ziber ohne Nebenbuhler, aber er fürchtete die ägygtische Regierung, deren Man datar er getödtet hatte. Indessen verlor er weder Zeit »och Muth. Zuerst beschäftigte er sich mit den ägyptischen Soldaten, die er ihres Befehlshabers beraubt hatte, er hielt sie und behandelte sie groß müthig; dann entwarf er eine ausführliche Erzählung über den Ur sprung seiner Feindseligkeit gegen El Bulalawi, wies dessen Un fähigkeit und die Unmöglichkeit nach, worin derselbe gewesen sei, seine Pläne in ihrem ganzen Umfange auszuführen; zuletzt erbot er sich, denselben im Maße des Möglichen zu ersetzen. Zu derselbe» Zeit sandte er bedeutende Geldsummen nach Aegypten, uni die Kosten der Expedition Bulalawi's zu bezahlen. In dieser Art erlangte er seinen Pardon, obschon er in contumaciam verurtheilt worden war. Bald bot er dem Khedive von Aegypten die Gegend des Bahr-el- Ghazal als ein neues Mudirat an und er wurde an Stelle Bula lawi's zu»: A::führer der Expeditio» erna»nt. Schon vor diesen Ereignissen hatte er an den Sultan Moham- med-el-H assin von Darfur Briefe geschrieben, worin er denselben über feine Absichten zu beruhigen suchte. Er sagte darin, er denke nicht daran, Darfur selbst zu beunruhigen nnd der dortigen Re gierung ein Unrecht zuzufügen; er habe sich nur in den heidnischen Ländern niedergelassen und er würde sich immer anstrengen, ein guter Nachbar der Fori zu sein. Mohammed-el-Hassin antwortete würdig, aber in einer etwas stolzen Art, er begreife nicht, wie ein Pfeffcrhändlcr sich in Fragen mischen könne, welche nur Souveräne