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tiefen Nischen versehen, in welche Sarkophage eingelassen wur den. Die loouli fehlen auch hier nicht ganz, und überall kann man diese Bestattungsweise neben der eben erwähnten ange wandt sehen. Doch tritt sie gegenüber den Beerdigungen in den Sarkophagen weitaus zurück. Die Gräber sind alle leer, und weder Leichen noch Knochen sind mehr zu finden. Wer kann die Stürme zählen, die zur Zeit der Völkerwanderung und vielleicht schon früher durch diese weite unterirdische Todteustadt gebraust sind, und wer die Verwüstungen schildern, welche noch in den späteren Jahrhun derten die Habsucht hier angerichtet hat! Es ist manchmal sehr mühsam, in diesen unterirdischen Gängen umher zu gehen; stellenweise ist die Decke eingesunken; Schutt und Stein versperren den Durchgang, und die Bäume der Oberwelt haben ihre Wurzeln in diese stillen Räume ge trieben, dann muß man durch eine enge Oeffnung im Schutt kriechen, bis der Gang wieder höher wird und aufrechtes Gehen gestattet. Wie in den römischen Katakomben, so sind auch hier die Malereien das Interessanteste. Inschriften auf den Ver schlußplatten der Sarkophage oder der loeuli, die doch in Rom sehr häufig sind, habe ich keine gesehen. Was davon noch vor handen sein mag, wird wohl unter dem Schutte der noch nicht erforschten Gänge vergraben liegen. Das Museum der Stadt bewahrt sehr viele Terracotten und Lämpchen, die aus den Katakomben stammen und ganz das christliche Gepräge tragen. Die Malereien, die man gegenwärtig sieht, sind ebenfalls altchristlich und ganz denjenigen ähnlich, welchen man in den Katakomben Roms begegnet. Man hat meist die Halbkreise der Seitengünge, wo sie in den Hauptgang einschneiden, zu einem Vierecke vervollständigt und die beiden dadurch erhaltenen Zwi ckel für Malereien benützt. Aber auch in den Wänden des Ge wölbes über den Sarkophagen findet sich vieles. Das Erkennen der einzelnen Gegenstände wird meist sehr erschwert durch den Unistand, daß der Mörtelbewurf, auf den man gemalt hatte, in späterer Zeit theilweise abgeschlagen wurde, oder sonst zu Grunde ging, dadurch sind die Bilder oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt, obwohl man auch viele Plätze findet, an denen sie in außerordentlicher Schönheit erhalten sind. Am häufigsten kommen Arabesken in dem anmuthigen, leichten, nicht ganz mit Recht soge nannten pompejanischen Geschmacke vor, der ja zur Zeit der ersten Imperatoren in ganz Italien der herrschende war. Wir sehen von neuem, wie beim Durchwandern der römischen Katakomben, daß die altchristliche Malerei im engen Zusammenhänge mit der römisch-griechischen Kunst aufwuchs und sich aus derselben wei ter bildete. Sicher waren unter den znm Christenthum Uebergetretenen auch viele Künstler, welche jetzt ihre Kunst, statt im Dienste der Venus und des Apollo, zur Verherrlichung der Lehren des neuen Glaubens verwendeten. Daß diese Malereien aber wirklich altchristlich sind, wird erwiesen durch die zwischen ihnen immer und immer wieder- kehreuden Symbole des Pfaues, des Fisches, der Taube und besonders das überall sich wiederholende Monogramm Christi. Dasselbe wird gebildet durch die sich kreuzenden griechischen Anfangsbuchstaben des Namens Christus X und L (A). Menschliche Gestalten kommen selten vor. Auf unser Be fragen und Drängen wurden wir aber doch von unserem Führer zu Gräbern geleitet, welche auch solche in ihren Malereien ent halten. So sahen wir auf einem und demselben Bilde eine männliche Figur in strengen Zügen, etwa im alten Stile der Apostel, und daneben eine Frau, deren Kopf sich ebenfalls noch ganz deutlich erkennen läßt. Zwischen beiden sind die griechi schen Buchstaben und 14. Auf einem anderen Grabe be merkt man eine Frau mit weiten Kleidern angethan und mit Blumen umgeben. Das Interessanteste aber ist zweifelsohne eine von kunstfertiger Hand gemalte nnd außerordentlich gut erhaltene weibliche Gestalt in weiten wallenden Gewändern und mit ausgebreiteten Armen schwebend, von zwei Tauben nmge-. den. Ihr gegenüber ist wieder eine reiche Fülle edel gehaltener Arabesken. Vielfach kann man auch bemerken, daß mehrere Lagen von Malereien über einander sich befinden. An einem Grabe bemerkteich zwei solcher Schichten, nnd der bekannte Führer Polite, mit dem ich später darüber sprach, sagte, er habe schon manchmal fünf bemalte Kalklagen über einander angetroffen. Wann wurde diese unterirdische Stadt ausgemeißelt? Leider hat man bis jetzt noch sehr wenige Ausgrabungen gemacht und noch niemand hat, so viel ich weiß, sich wissen schaftlich längere Zeit mit den Katakomben von Syrakus be schäftigt. Es steht zu vermuthen, daß der größte und wichtigste Theil dieser fast unter der ganzen Hochfläche der Achradina sich hinziehenden Gänge eigentlich erst noch zu entdecken ist. Wohl besteht allerdings eine Centralkommission für Alterthümer in Palermo unter der Direktion des Cavaliere Saverio Cavallari, aber in dieser Hinsicht ist in Sizilien noch so viel zu thun, daß man bei den geringen Mitteln unmöglich alles gleichzeitig in An griff nehmen kann, und hauptsächlich auf die Erhaltung der bisher aufgefundenen Reste des Alterthums sich beschränkt. Ein Herr, dem wir auf der Achradina begegneten und der, um seine Neu gierde zu befriedigen, eine Zeit lang ans seinem Maulthiere neben den Fremdlingen hertrabte, uns dabei auch viel von Platen erzählte, sagte uns, daß man allerdings in Syrakus gern Aus grabungen vornehmen würde: „mamaneuno imo^i", d. h. aber es fehlen die Mittel. Das Wahrscheinlichste scheint zu sein, daß diese Gänge schon aus uralter Zeit herstammen. Auch die Phönizier haben, wie l.^64 zu St. Flavia in der Bagaria bei Palermo entdeckt wurde, schon ähnliche Grabstätten gehabt, und in den Katakomben von Syrakus will man ja ebenfalls Spuren der Phönizier gefunden haben. Wahrscheinlich stammt die Sitte, die Todten in den Felseingeweiden der Erde beizusetze», aus Indien und Aegypten, wo der Gottesdienst in unterirdischen Felsenstädten sich am um fassendsten entwickelt hat. Jedenfalls sind diese weiten Räume nicht erst während der christlichen Jahrhunderte, wie es bei den römischen Katakom ben augenscheinlich ist, entstanden, sondern es gehörte eine längere Zeit dazu. Obwohl die Griechen den ganzen südlichen Abhang der Achradina mit ihren Gräbern bedeckt haben, so scheinen sie doch auch schon diese unterirdischen Gänge für diesen Zweck be nutzt zu haben, denn die griechischen Gräber, besoders die in der Nähe des Theaters in der Gräberstraße, zeigen manchmal eine überraschende Aehnlichkeit mit den sarkophagartigen Anla gen der Katakomben. Von den Griechen wurde die Benutzung der Katakomben dann weiter geführt, bis sie in die Hände der Christen übergingen, denen die gegenwärtigen Malereien ihren Ursprung verdanken. Von Kairo M den Mosesbrunnen. Der Anfang einer Sinaireise, nach dem Tagebuche erzählt. (Fortsevung.) Lcr Kanal und Zsmailia. Nach beinahe zweistündigem Aufenthalte ging es weiter. Man muß über Jsmailia, um nach Suez zu kommen. Der Schienenweg geht von nun an durch die Wüste, Welcherder Lesseps'sche Süßwasferkanal die alte Fruchtbarkeit wiedergeben soll. Die alte: denn wir wissen genau, daß dermaleinst an dieser Stelle, welche nun von Sand und Gestein und weiß grauen Salzkrusten bedeckt wird, die fettesten Weiden und er giebigsten Aecker grünten. Hier beganndasLand Gosen, von dem die Genesis den Pharao sagen läßt: „der beste Platz des Landes."