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jetzt seine trüben Gewässer in den See, mit ihm viele andere Steppcnflüssc nnd Gebirgswässer. Ein See, zumal von einer Größe wie der Ukcrewe, bildet nun einen natürlichen Regulator für dieses Hochwasser: gleichmäßig strömt das Wasser in 2 Ausflüssen, von denen der östliche unmittelbar darauf die kleinen Riponfälle bildet, mit raschem Gefälle 62 Meilen weit dem Mwutau-Nsige zu. Verfolgen wir dieses Hochwasser weiter, so empfängt dieser zweite kaum minder mächtige Binnensee, weil etwas nördlicher liegend, gleichzeitig die Wasser der Regenzeit und die Wasser des Ukerewe, rcgulirt den gleich mäßigen Ausfluß des Hochwassers zum zweiten Male nnd führt diese Flut uun dem regelmäßigen Thalbettc des Nil zu. Noch 2 Mouate lang rückt die Regenzeit mit dem abwärts fließenden Wasser vor und erhöht dadurch dessen Stand, bis die wasser armen, von keinem feuchten Passatwiud begünstigten Flächen Nubiens den Regengüsten ein Ende machen, das Nilwasscr aber, bei Khartum durch den Bahr-el-Azrek noch verstärkt, zwischen trockenen Uferländern dem ägyptischen Lande zueilt. Im Sep tember ist an der Mündung des Nils Hochwasser und Ueber- schwemmung; eine Ueberschwemmung, welche im Thalbodcn und im Delta des Nil durch deu mitgebrachten, jährlich abgelagerten Schlamin das Land befruchtet uud welche jährlich mit so großer Regelmäßigkeit wiederkehrt, wie die Regenzeit infolge der an ewige Gesetze gebundenen astronomischen Erscheinungen. Wenden wir uns dem zweiten jener äquatorialen Quellseen zu, dent Mwntan, Mwu 1 an - Nsige oder Lnta - Nsige, deu die britischen Erforscher mit dem Namen Albertsee oder Albert - Nyansa beehrt haben. Auch über seine Meeres höhe sind verschiedene Annahmen vorhanden; nnr wenige Höhen- messnngen sind von Baker an seinen Ufern angestcllt worden. Baker hat die Meereshöhe zn 829 m. gefunden, nach den An nahmen von Speke und Grant konnte dieselhe nicht viel über 700 m. betragen. Jedenfalls besteht ein sehr bedeutender Höhenunter schied zwischen beiden Seen, nnd der Mwutan, im Osten durch das Hochlaud begrenzt, welches westlich über dem Ukcrewe au- steigt, im Westen von noch höheren Erhebungen umwallt, schucidct zwischen hohen Felscunfcrn tief in das innere afrikanische Hoch land ein. Freilich ist nns von seinen Ufern noch weniger be kannt als von denen des Ukcrewe; denn Baker erreichte den See bei Varovia und bcfuhr eine Kustcnstrccke von 20 Meilen bis zur Mündung des Meri. Er sah in einer Entfernung bis mehr als 20 Meilen das jenseitige Hochgebirge, dessen Höhe er über 3000 m. schätzte; er sah die hohe Ostküste bis zn einem Punkte von 1500 w. Höhe; im Südwesten aber verschwamm der See mit dem Horizont, und die Eingeborenen, die in ihren schwachen Fahrzeuge» die oft stürmische Wasserfläche befahren, redeten von vielen Tagereisen, die man zu fahren habe, ehe das Ende des Sees erreicht werde. Indessen kennen wir hinläng lich die Mangelhaftigkeit geographischer Angaben von Seiten der Eingeborenen, und es erscheint nicht unmöglich, ja es ist säst wahrscheinlich, daß von der südliche» Ausdehnung dcs SecS, wie wir sic jctzl bei den Kartographen finden, ein Stück wird gekürzt werden müsse»; — vielleicht daß der Ukcrewe einem gleichen Schicksal unterliegt. An Naturschönheit, an Großartigkeit über trifft der Mwutan mit seinen hohen Felscunfcrn den flachnfrigcn Ukerewe; ja weiter nach Süden mnß die Umgebung des Mwutan einen noch weit gewaltigeren Eharaktcr annchmen. Baker, der am 14. März 1864, als der erste Europäer, vom Kari herüber das Hochland kreuzend, den See erblickte, schildert den überwältigenden Eindruck den er empfing, in folgender Weise: „Die Sonne war »och nichtanfgegangen, als ich meinem Ochsen die Sporen gab nnd dem Führer iiachcilte, den, weil ich ihm bei der Auknuft am See eine doppelte Hand voll Perlen versprochen, die Begeisterung des Augenblicks ergriffen hatte. Der schöne heitere Tag brach an, nnd nachdem wir ei» zwischen den Hügeln liegendes tiefes Thal überschritten hatten, arbeiteten wir uns mühsam den gegenüberliegenden Abhang hinauf. Ich eilte auf die höchste Spitze. Unser prachtvoller Preis sprang mir plötzlich in die Augen! Dort lag, gleich einem Qnecksilber- mecr, lies nnten die großartige Wasserfläche — im Süden und Südwestcn ein grenzenloser Scehorizont, glänzend in der Mit tagssonne, nnd im Westen erhoben sich in einer Entfernung von 10 bis 13 Meilen blaue Berge aus dem Busen des Sees bis zu einer Höhe von etwa 2000 m. über seine», Wassersta»d. De» Triumph jenes Augenblicks zu beschreiben ist unmöglich; — hier lag der Lohn für alle unsere Arbeit — für die jahre lange Zähigkeit, mit welcher wir nns durch Afrika hindurchge plagt hatten. England hatte die Quellen des Nil erobert! Lange znvor, ehe ich diese Stelle erreichte, hatte ich mir vorge nommen, zu Ehren der Entdeckung mit unserer ganzen Mann schaft drei Hurrahs in englischer Weise zn rnfe»; aber jetzt wo ich hinabschante auf das große Binnenmeer, das gerade im Herzen Afrika's eingebettet lag, wo ich daran dachte, wie vergebens die Menschheit so viele Jahrhunderte hindurch diese Quellen ge- snchl, und erwog, daß ich das geringe Werkzeug gewesen, dem cs »erstattet war, diesen Theil des großen Gcheimisscs zn enthüllen, während es so vielen, die größer als ich waren, mißlang — da war ich zn ernst gestimmt, um meinen Gefühlen in eitlem Hnrrah- geschrei für den Sieg Lnft zu machen, nnd dankte aufrichtig Gott, daß er uns durch alle Gefahren zum guten Ende geführt und uns beigestanden hatte. Ich stand etwa 500 w. über dein See nnd blickte von der steilen Granitklippe hinab ans diese will kommenen Wasser; auf jenen ungeheuren Behälter, der Aegypten ernährte und Fruchtbarkeit dahiu brachte wo alles Wildniß war; auf jene große Quelle, die der Menschheit so lange verborgen blieb, jene Quelle der Güte und des Segens für Millionen menschlicher Wesen." „Der Zickzackweg, ans welchem man zum See hinabsteigen mußte, war steil und gefährlich, so daß wir uns geuöthigt sahen, unsere Ochsen mit einem Führer znrückzulassen, der sie nach Magnngo bringen nnd dort ans unsere Ankunft warten sollte. Zwei Stunden stiegen wir mühsam abwärts, dann erreichten wir die wagerechte Ebene unterhalb der Klippe. Ein Spazier gang von etwa einer Meile dnrch flache, sandige Wiesen mit schönem Rasen, die hier uud da mit Bäume» »nd Gebüsch be- statiden war, brachte »»s z»m Ra»de des Wassers. Tie Wellen rollten ans ein Weißes Kieselgestade; in einiger Entfernung lag ein ärmliches Fischerdorf Vacovia".*) Der Kari, der Abfluß des Ukerewe, hat vou seinem Ent stehen an einen reißenden Lauf nnd bildet viele StromschncUcn nnd kleine Wasserfälle. So zeigte er sich schon bei dem Karuma- Fall, wo ihn Speke und Grant überschritten nnd wo ihn anch Baker besuchte. Au einer Biegung des Flusses, der sich hier nach Westen wendet, zieht ein Felsenrückcn regelmäßig wie eine Mauer quer durch deu Fluß. Der senkrechte Fall des Wassers beträgt indessen nur 15 ckm. (5 Fuß), so daß der Fall keinen imponirendcu Eindruck macht. Die Meereshöhe des Wasser spiegels ist hier 1218 w. Bon da an neigt sich der Boden ent schiedener nach Westen, das Gefälle des Flusses, der hier viele felsige, waldbewachsencJuscln bildet, wird lebhafter; eine reizende, parkartige Umgebung, mit Felsen und höheren Bergen im Hin tergründe, begleitet zn beiden Seiten den Stromlemf. Endlich, in eine Felsenschlucht von 50 m. Breite eiugeschlosscn, stürzt der Strom zwischen schroffen, schwarzen Felsen in einen dunklen Abgrund hinab. Das schneeweiße Wasser des Falls sticht prächtig gegen die dunklen Klippen ab, graziöse Palmen und wilder Pisang überragen mit ihren tropischen Formen das dichte Ge büsch, welches die feuchten Felsen bekleidet; daö gewaltige Brausen des Falles ist meilenweit vernehmbar. Baker nud seine jnnge Gattin, welche an dem Mwntan herauf auf Kanoes gefahren waren, waren die ersten Europäer nud sind bis jetzt die einzigen gewesen, die diesen größten aller Wasserfälle des Nil gesehen haben. Sic gaben diesem Fall des Kari den britischen Aus „Samuel White Baker, der Albert Nyansa, daö große Becken des Nil uud die Erforschung der Nilguellcn. Aus dem Englischen von I. E. A. Martin, Jena 1867.