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aufragen, diesen Steilabfall der hohen Geest zu ihren Lieb- lings-Wohnplätzen erkoren haben. Hier am Rande des inneren Landrückens finden sich die meisten Hünengräber, Bülzenbctten und Begräbnißplätze vor, an denen das bremische Land so reich ist oder — war; denn leider sind schon sehr viele dieser Denkmäler der Zerstörung auhcimgcfallen. Die merkwürdigsten unter diesen Steindenkmälcrn sind die Hünenstadt bei den Ringwällen der sogen. Pipinsburg, eine Stunde südöstlich von Dorum, dem Hauptorte des Landes Wursten an der Wesermünduug, ferner die Hünensteiue im Kirchspiel Wittstedt, und die ehemals zahlreichen Denkmäler in der Lamstedter Börde, nördlich von Bremervörde, unter denen das am schönsten erhaltene Hünengrab im Wescrberge beim Landvolk der „Steinofen" heißt. Die meisten dieser Steinkisten und Gräbersteine haben zu baulichen Zwecken dienen müssen. Manche hohe Erdhügel, in denen die erratischen Blöcke zur Bildung der Grabkammern dienten, sind schon „auf Steine Pro birt", indem man eine Eisenstange senkrecht bis zur halben Tiefe des Hügels hineintreibt und, wenn man ans Felsblöcke stößt, im bloßen Sande fanden, theilweise als Futternüpfe für die Hunde verwerthet hat, nachdem man den unnützen Inhalt weg geschüttet. In der nehmlichen Gegend, kaum eine Stunde von Stade, wurde, um Sand für die Chaussee zu gewinnen, ein kleines Urnenseld völlig verwüstet. Ein einziger Mann hat dort im Laufe der Jahre an 300 unverletzte Todtenurnen aus gegraben. „Ole Pütt" (alte Töpfe) heißen sie bei den Leuten, die sie in derbem Scherz bei der Arbeit ihren Vordermännern zwischen die Füße kollerten. Die gefundenen Pincetten hielten einzelne für Edelmetall; als sie aber ihre Täuschung gewahr wurden, warfen sie „das Gift" von sich. Selbst Waffen haben für solche Leute kein Interesse, wenn sie das „Zeug" nicht verwerthen können. So zerschlug ein Bauer zwei vollständige Schwerter, die er nebst einer Urne mit Gebein in einem Hünengrab gefunden hatte, „um das Metall zu untersuchen". Eine andere wohlerhaltene, alte Schwert klinge war auf einem Bauernhöfe, mit Verlust der Spitze, die nicht ins Geräth paßte, in einer Flachsbreche verwendet worden; die Waffe war also faktisch aus der Hand der „Schwertmagen" tfeidcwcgc. Nach einer Originalzeichnung von Or. S. Rng e. die nutzbaren Steine mittels eines „David" heranSwindet. „Viele dieser Grabstätten, so klagt ein Bericht über „die Todten- stätten um Stade" *) sind neuerdings erst geschwunden, viele schon früher, noch täglich weichen sie dem Psluge, dem eisernen Baume des Steinhändlers, der Anlage von Wegen oder der schnurgeraden Linie der Verkoppelungen, die sie hindern." „Hünengräber" und „Heidcnkirchhöfe" würden immer noch eine ebenso ergiebige als schätzcnswerthe Ausbeute au Waffen und Geräthen des germanischen Altcrthums geben, wenn das „Geestvolk" von dem Werthe solcher Gräberschätze nur eine Ahnung hätte und trotz aller Bemühungen des historischen Ver eins der Provinz nicht bei seiner einmal gefaßten Meinung be harrte, daß das Gebaren der Alterthümler und ihr Suchen nach „alten Töpfen und allerlei Grabcsgerümpel der Vorzeit" höchstens Mitleid verdiene. Wie soll man anders verstehen, wenn man eine ziemliche Anzahl von Grabesnrnen, welche sich *) Vcrgl. Archiv des Vereins für Geschichte und Altcrthümer der Herzogthümer Bremen und Berden und des Landes Hadel» zu Stade. Herausgegeben von K. H. E. Krause. 2. 1304. S. 2ö4 u. f. in die der „Spilmagen" übergcgangeu. Daß aber diese Hünen berge und Heidenkirchhöfe noch in die Zeit nach Christo hinein reichen, haben mehre römische Kaisermünzen aus dem 3. und 4. Jahrhundert p. 0. bewiesen. Jetzt wird glücklicherweise alles, was gewonnen werden kann, in dem Museum zu Stade aufbewahrt und vor der Ver nichtung und Verschleuderung gerettet. Jedenfalls weisen die zahlreichen Fundstätten nnd Kirchhöfe auf eine ziemlich dichte Bevölkerung in uralter Zeit zurück und lassen uns einen Blick auf die Kulturzustände jener Jahrhunderte werfen, aus denen nns so wenige schriftliche Uebcrliefernngcn erhalten sind. Un zweifelhaft sind die Sandhöhen als Wohnplütze bevorzugt, mit Vermeidung der vielen traurigen Moorstriche, welche den Verkehr der bewohnten Gegenden vielfach erschwerten, ja manche Theile zwischen Sumpf und Moor geradezu isolirten. Diese Moorregionen bilden nun einen zweiten Charakterzug in der Landschaft. Die Aemter Bremervörde, Lilienthal, Oster holz und Ottersberg heißen geradezu die „Moorämter" desHer- zogthums. Wir können unsere Betrachtungen über diese Land striche nicht besser einleiten als mit der trefflichen Schilderung