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Don der bremischen Geest. Bon vr. Sophus Vuge. Im Gegensatz zu den fruchtbaren Marschen, welche die untere Elbe und Weser umziehen, heißt das höher gelegene Binnenland die Gee st, d. h. eigentlich unfruchtbares Land, denn es besteht zum großen Theil aus Sandboden. Die nie drigen Stellen, die Einsenkungen und Mulden, welche den breiten Sandrücken in manigfaltiger Weise unterbrechen, sind vielfach mit Mooren ausgefüllt. Einsame Heidestriche mit ein- gestreutcn Nadel- und Laubgehölzen, öde Moorsümpfe und mageres Ackerland bilden vorzugsweise die Physiognomie dieses norddeutschen Elb-Weser-Mesopotamiens, lieber das Ganze ist die nicht sehr dichte Bevölkerung in Dorsschaften verstreut. Städte gibt es, außer dem erst vor zwei Dezennien zur Stadt erhobene» Bremervörde, im ganzen Binnenlandc des Herzog- thums Bremen, welches wir bei unsrer Schilderung im Auge haben, auf einem Flächenraume von 70 bis 80 ^Meilen nicht. Die ältesten Ansiedlungen mögen da entstanden sein, wo unter ab; am steilsten findet sich diese Böschung an der Elbseite, zwischen Stade und Harburg. Hier erheben sich die Sand- und Heidehügel mit einem Male aus dem nieder» Moorgrunde, welcher den Marschengürtel von der Geest trennt. Bei Har burg steigen die mit Heide- und Nadelholz bedeckten Schwarzen Berge gegen 33 m. hoch über der feuchten Niederung ans. Nicht überall ist aber die Begrenzung so deutlich wahr nehmbar als zwischen den zwei genannten Städten; anderswo ist der Uebergang ganz allmählich, vielfach dringen weite, mit Moor ansgefüllte Tieflandsbnchten in den Landrücken ein. Wir würden ein ganz anderes Bild von den Umrissen dieses Erdstriches gewinnen, wenn wir uns in die Vorzeit zurückver setzen könnten, wo die alten Bewohner des Landes, des Deich baues uoch unkuudig, die fruchtbaren Marschen noch nicht dem Meere abgernngen hatten, die trüben, schlammigen Fluten der See bis an die Sandhöhen schlngen, und wo die Gewässer der Ein nicdcrsüchstsÄes üaucrnlMS aus der bremischen Geest. Nach einer Onginalzeuhnung von Or. S. Ruge. dem Sandboden die Lehmschicht zu Tage oder nahe an die Ober fläche tritt. Lely» und Mergel werden, wo sie in geringer Tiefe liegen und erreicht werden könne», z»r Verbesserung des sterilen Sandbodens mit Erfolg angewendet. Es ist von den Geologen nachgewiesen, daß diese ganze Bodendecke, welche 33 im und mehr Tiefe hat, ihre Aufschwemmung der Zertrüm merung skandinavischer Gebirge verdankt. Am auffälligsten be stätigen dies die zahllosen Rollsteine und Findlingsblöcke, welche in weiten Lagern und Betten oder in einzelnen mächtigen Exemplaren über und in der Sandschicht liegen. Es sind die selben Gneis- und Granitarten, welche sich im südlichen Schiveden finden. Daz» treten Porphyre und in massenhaften Ablage rungen Feuersteinknollen in den wunderlichsten Formen. Die ersten Gesteinsarten sind dem ganzen Flachlande für seine Straßenbanten unentbehrlich. Die Marsch, welcher dieses Ma terial fehlt, muß sich vielfach mit Ziegelsteinen helfen. In den Heidedörfern findet man häufig die Umfassungsmauern der Ge höfte aus diesen erratischen Blöcke» und dem Geschiebe in der ! rohesten Weise anfgethürmt. — Der ganze mittlere, sandige , Landrücken fällt nach den Flüssen zn bald sanfter, bald schroffer niedrigen Moorstriche mit der Ebbe und Flut des Meeres siete» und stiegen. Die bedeutendste Einbuchtung bildet das südlich voi» Lande Hadelu liegende sogen. Sietland, welches ans beiden Seiten, im O. und W., von zwei schmalen Ausläufern der hohen Geest begrenzt ist. Der eine dieser beiden Landrücken endigt mit steilem Abfall an der Nordsee, westlich von Kux Haven, der andere südlich von Neuhaus an der Oste, bei dein Dorfe Kadenberge, als letzter Vorsprung der bewaldeten Wingst Hier, an der sogenannten Bösen Höhe, welche jetzt mindestens zwei Stunden vom Elbstrande entfernt liegt, sollen in alten Zeiten die Schiffe gestrandet sein. Ja, mau wollte sogar den in tcressanten und reichen Fund römischer Silbermünzen, welcher vor etwa zwei Dezeiuueu an jener Stelle gemacht wurde, da mit in Verbindung bringen. Merkwürdig bleibt es ferner, daß man am Südende des Sietlandes, welches also in alten Zeiten eine Meeresbucht gewesen ist, mitten im Lande, etwa zwischen Bremerhaven nnd Stade, einen ziemlich großen Schiffsanker ausgcgraben hat. Soviel steht fest, daß die Bewohner in alter Zeit diese Höhen, welche über den Tieslandsmooren und den Marschen