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»1°. 6 FamilmMntt für L'Ündrr- und Völkcrkiiilde Der Jahrgang (52 Nummern oder 12 Monatshefte) läuft von Oktober zu Oktober. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- n. Auslandes sowie Postämter. Redigirt von vr. Ttto Dclitsch, Privat-Docent und Realschul Oberlehrer. Wöchentlich eine Numiucr. —1'). Ttzklllsttk 1800. Bierteljährlich 18 Sgr. Die Ln-P lata-Staaten in geographischer, ethnographischer, cominercieller und industrieller Beziehung, nach eigener Anschauung dargestellt von Dl. H. A. Manch, in Cambridge bei Boston, Nordamerika. (Schluß.) Man sucht in der Stadt diesen Mangel der Zähigkeit und Geschmacklosigkeit des Fleisches durch allerlei Zuthatcn zu ver ringern: allein damit ist im ganzen gar wenig gewonnen. Das Uebel liegt tiefer, nnd wird es vor allem nothwendig sein, daß das aus dem Innern zugetriebcne Vieh in einem gesunden nnd von den Reiscanstrengnngen vollständig ausgeruhten Zustande geschlachtet wird, nnd daß deshalb auch in der Nähe der Stadt die nöthigen Stallvorrichtuugen getroffen werden, wo dasselbe einige Tage lang mit gutem Futter gepflegt wird. Die auf diese Weise verursachten Kosten würden sich durch eiucu alsdann voll ständig gerechtfertigten höheren Fleischpreis sehr bald eintragen. Auch ist es eine eigeuthümliche Thatsachc, daß iu einem Lande, wo das Vieh nach Millionen zählt und wo doch auch demgemäß mancherlei Viehkraukheitcn Vorkommen, kaum ein einziger ordentlicher Vctcrinärarzt sich befindet. Ich sollte glauben, daß ein in der Thierhcilknnde tüchtig bewanderter Mann in Buenos-Ayres vollauf zu thuu haben müßte, znmal wenn er mit seiner Praxis die Einrichtung einer gnten Eaballe- riza, d. h. Pferdestallnng, verbünde. Eine der neusten Verwendungen des La-Plata-Rindfleischcs ist bekanntlich die, ans dem muskulösen Fleische der Vorder- und Hinterschcnkel das sogenannte bixtruetum eurnm oder Fleifchextrakt darzustcllen, der nichts anderes ist, als eine fett- und leimstofffreic, bis znr Honigkonsistenz eingcdampftc Fleisch brühe, nnd welchen bekanntlich Professor von Liebig in München zuerst in einer praktischen Weise dargcstellt hat. Mit der Unter stützung dieses Maunes begann nun im Jahre 186 1 der jetzige Direktor der großen Fleifchextrakt-Fabrik am Urugay, Gie- bert aus Hamburg, deu crsteu Grund zu dem jetzt so groß artigen Etablissement von Fray Bentos zu legen, nachdem er zuvor in München seine Studien gemacht und mit Joseph Bennert in Antwerpen die „Societät von Fray Bentos" (die jetzige Liebig's Fleischextrakt-Gesellschaft in London) gegründet hatte. Durch uud durch praktisch nnd umsichtig, verstand cs Gicbert, der mit allen Landesvcrhältnissen genau vertraut war, sofort einen sehr günstigen Platz für ein solches Unter nehmen auszuwählen, denn von der mehr oder weniger leich ten Zugänglichkeit sowohl als von der Lage in einer an gutem Weideland und Vieh reichen Gegend hing natürlich für den Anfang sehr viel ab. Daß aber hierin das Rechte getroffen ist, das haben die letzten Jahre bewiesen, denn man sah sich schon nach zwei Jahren genöthigt, die erste kleine Anfangsfabrik, worin in der letzten Zeit pro Tag 20,000 Pfund Fleisch zum Extrakt verarbeitet wurden, in eine viel größere nmzuwandeln, die auf das schönste und solideste gebaut ist und worin seit dem 1. Mai 1868 normalmüßig pro Tag 80,000 Pfund Fleisch zum Extrakt verarbeitet werden, welcher Betrag aber bis zu 120,000 Pfund pro Tag gesteigert werden kann und wozu 500 bis 600 Stück Rindvieh geschlachtet werden. Das ganze Unternehmen beruht auf Aktien, welche vor nehmlich in Händen der Engländer nnd der Deutschen sind, daher denn mich die Nationalität dieser Fabrik durch die Flaggen jener beiden Nationen reprüsentirt wird. Ebenso ist es mit der Zusammensetzung des dirigirenden Personales; der Direktor, die Eomptoiristen und der Chemiker sind Deutsche, die In genieure uud Maschinisten dagegen Engländer. Das in den Schlachthäusern, in deu Fabrikräumeu sowie iu den damit ver bundenen Tischlerwerkstätten, Weißblech- und Eiscnschmiedereien arbeitende Personal, gegen 700 an der Zahl, ist ein sehr ge mischtes. Italiener, Basken und Gauchos sind zumeist niit dem Schlachten uud der groben Arbeit in der Fabrik beschäftigt, während die Handwerker größtentheils Deutsche sind. Da zur Extraktfabrikatiou nur das beste Fleisch ver wandt wird, so sind mit dieser Extraktfabrik natürlich auch alle anderen sogenannten Saladeros-Arbeiten verbunden, d. h. das Einsalzen der Häute und des Fleisches, das Auskochen des 11