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FamilmMlitt für Milder- mid Völkerlrimde. Zu beziehen durch Rcdigirt von Der Jahrgang alle Buchhandlungen des In- u. Auslandes vr. Otto D klitsch, (52 Nummern oder 12 Monatshefte) sowie Postämter. Privat-Doccnt und Nmlschul-Obcrlehrer. läuft von Oktober zu Oktober. Frankreichs innere MachtverhältnUe. Beitrag zur geographischen O r i e n t i r n n g. Von Or. Htto Deutsch. Daß wir eS mit einem starken Gegner zu thun haben, ist ein Bekenntniß, welches wir auch jetzt, nach mehreren glücklich gewon- ! neuen Schlachten, aussprechen dürfen. Es wird nicht ohne Interesse sein, die Grundlagen zu betrachten, aus welche Frankreichs Macht sich stützt, nud das Ndesultat wird uns nm so verständlicher sein, wenn wir hin und wieder einen Vergleich mit der deutschen Gruudmacht entflechten. An Größe und Einwohnerzahl stehen sich Frankreich unk die deutschen Staaten — letztere in dem Umfange, wie sie jetzt znm gemeinsamen Kriege sich vereinigt haben — ziemlich gleich. Frankreich hat 9880, Deutschland 9636 Ouadratmcilen Flächeninhalt, Frankreich nach der letzten Zählung (von 1866) 38,067,000, Deutschland (nach der Zählung vom 3. Dezember 1867) 38,513,000 Einwohner. Doch hat Deutschland keine Kolonien, während Frankreich ausgedehnte Besitzungen in Amerika, Australien, Asien, Afrika besitzt und bei einem Kriege einen Theil der afrikanischen Kolonien zur Mitleidenheit zieheu kann, unter allen Umständen aber für seine Handels- und Kriegsflotte in den Kolonien und dem durch den Besitz derselben erweiterten See verkehr eine sichere Basis gewonnen hat. Einen gewaltigen Vorzug hat Frankreich in seiner geogra phischen Lage und einheitlichen Gestaltung. Im Süden vom Mittelländischen Meere begrenzt, reicht eS im Westen und Norden bis an den Atlantischen Ozean nnd die Nordsee nnd den beide Meere verbindenden Kanal, welcher zugleich Frank reich von England trennt nnd die Leiden Länder in Handel und Verkehr mit einander auf das angenehmste verbindet. Gegen Südwesten bilden die Pyrenäen, gegen Südosten die Alpen nnd der Jura starke natürliche Grenzen, welche Frankreich gegen Spanien, Italien und die Schweiz abschließen und nur au we nigen Punkten, wie etwa Nizza und Genf, eine verschiedene Aus legung der geographischen Zugehörigkeit offen lassen. Nnr der Osten nnd Nordosten hat, seit Germanen und Kellen, Deutsche und Franzosen diesseits und jenseits wohnen, offene Grenzen gehabt — nnd die Weltgeschichte alter, mittlerer nnd nencr wie neuester Zeit lehrt zur Genüge, welches der Erfolg dieses natür lichen Mangels gewesen ist. Innerhalb der genannten meist natürlichen Grenzen bildet Frankreich ein harmonisches Ganze: Hochgebirge, bewaldete Mittelgebirge, Hügelgelände, Flnßthäler, Tiefebenen schließen sich an einander und ergänzen sich gegenseitig in glücklichem Nebeneinanderbesteheu. Denn Einförmigkeit des BodenS er zeugt Eintönigkeit des Lebens, und Eintönigkeit des Lebens ist Armuth und nicht Reichthum, wie reich auch eiue einzelne Bodenform au nnd für sich vertreten sein möge. Anch in geognostischer Beziehung sind in Frankreich die verschieden artigsten Bcstandthcile. und Formen vertreten. Neben den krystaüinischen Gebieten und Schiefern der Hochalpcn, der Scvcnnen, der Bretagne, der Pyrenäen nehmen die Kalkgebilde des Jura und der Trias, die Kreidegebilde und die tertiären Ablagerungen einen großen Theil des Landes ein; auge- schwcnnnter Boden lagert im Saonethal und am Mittelmeer; vulkanische Ausbrüche, wenu auch seit langer Zeit erloschen, haben in großer Menge die Sevennen aufzuzeigen. Mit der Abwechselung dieser Wassergesteine und Schichten wechselt anch die fruchtbare Schicht der Oberfläche, wechselt die Möglichkeit verschiedenartigen Anbaus. Und in der That ist der Boden Frankreichs zum großen Theil fruchtbar. Freilich fehlt es auch nicht an öden Ge genden. Weite Sandstrecken machen den Namn zwischen Bordeaux und Bayonne zu einer Einöde, ähnliche Sandstrecken füllen die Vendve, südlich von der Loiremündnng; nufruchtbare Hochflächen der Kreideformation umgeben von allen Seiten das dichtbevölkerte Thalbeckcn von Paris, öde Heide deckt die unter der Einwirkung des kühlenden Seewindes stehenden Höhen der Bretagne nnd der Normandie. Aber in lieblichen Thalanen fließen Saone und Rhone, Garonne und Loire mit ihren Nebenflüssen dahin, fruchtbare Rebeuhügel füllen den Süden und die Mitte des 48