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MA' tlo. Z3. Wöchentlich eine Nummer. 8tlpW, 9. Mär^ 1870. ->— Vierteljährlich 18 Sgr. 1. Flimilitiiblatt für Kndtr- und Oölkcrkmldt. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- u. Auslandes sowie Postämter. Redigirt von vr. Ttto Delitsch, Privat Docent und Nealschul-Oberlehrer. Der Jahrgang (52 Nummern oder 12 Monatshefte) läuft von Oktober zu Oktober. Die Zukunft der mongolischen Kasse in der neuen Kielt. Von Arnold Kilöerg. Die Caravelen von Palos, welche unter den Befehlen ^hriophoro Colon's auszogen, die Küsten Indiens und der Länder des „Groß-Chans der Tatarei", die Marco-Po lo be- ichrieben, aufzusuchen, fanden westwärts segelnd eine neue Welt, die wie ein gewaltiger Erdwall in die große Wassermasse, Welche zwischen dem Ost- und Westrand des Ostkontinents flutet, gestellt ist. Christoph Co lu mb ns konnte das Hand- ichreiben der Souveräne von Kastilien und Aragon, welches sie ihm an den Groß-Chan der Tatarei mitgegeben, in seine spa nische Heimat unbestellt zurückbriugen, denn statt der hochkulti- Nirten und reichen Staaten dieses morgenländischen Monarchen sand er eine Jnselflnr nnd ein Festland, welche von halbknlti- dirten und unkultivirten Wilden bewohnt waren. — Aber die glänzende Epoche der Reisen und Entdeckungsfahrten, die der große Entdecker Amerika's iuaugurirte, ließ nicht lange das Dunkel ungelichtet, welches der Kenntniß Europa's die von Marco Polo mit staunender Bewunderung gesehenen Küsten entzog. Das Kap der guten Hoffnung ward umschifft, den Indischen Ozean durchschnitten die Kiele europäischer Schiffe, nnd der Verbindungsweg zwischen der West- und Ostküste der alten Welt war gefunden. Zwei KülturweKen, die kaum durch den epischen Zug des macedonischen Alexander, durch die mythische Fahrt Marco Polo's und den in geheimuißvolles Dunkel gehüllten arabischen Zwischenhandel eine bestimmtere Ahnung ihrer Existenz erlangt hatten, traten in unmittelbaren Verkehr. Die Seefahrer, welche zuerst die Küsten China's und Äpan's besnchteu, waren die Vertreter einer thalassischen Kultur, die sich um die Ränder des großen Mittelmeerbeckens herausgebildet hatte; die Bewohner dieser Länder die einer pvtamischen Kultur, die jederzeit längs des Laufes großer befruchtender Ströme sich ausbildet. Das wechsclreiche Schicksal der abendländischen Geschichte blieb diesen von der Natur reich gesegneten Ländern fremd. Obwohl sie anch die Stürme großer Kriege und Umwälzungen kannten, tvar doch die Summe ihrer Friedensepochen größer, als in den Ländern des Westens, und ihre Kultur hatte daher eine ununterbrochenere und friedlichere Entwickelung. Ihre größere ethnographische nnd geographische Ausdehnung machte sie fähig, unkultivirte Elemente in sich aufzunehmen und sie zu beherrschen, während die abend ländische Kultur von diesen Elementen, die sich in einem großen Völkerstrom über sie ergossen, schon einmal erstickt wurde. Zwischen diesen beiden, sich so zum ersten Male begegnenden Kulturen besteht und bestand aber ein großer und entscheidender Unterschied: die thalassische oder abendländische Kultur kennt in ihrer Entwickelung ein Aufsteigen und einen Niedergang, die potamische aber auch einen Stillstand, ein unveränderliches Sichgleichbleiben durch Jahrhunderte und Jahrtausende. Dieser Unterschied ist das historische Moment, der geschicht liche Ausdruck der beiderseitigen Rassenverschiedenheit. Wenn wir sagen, daß jene kühnen Seefahrer, welche zuerst die Küsten China's und Japan's betraten, die Vertreter einer thalassischen Kultur waren, so haben wir uns nicht ganz genau ausgedrückt. In dem Augenblicke, in welchem diese Seefahrer jene Küsten in Sicht bekamen, in dem Augenblicke, in welchem Columbus das wandelnde Licht auf Guanahani erblickte, in diesem Augenblicke hörte die europäische Kultur auf, eine tha lassische zu sein und ward eine ozeanische. An die Stelle des Mittelmeeres trat der Ozean, die ganze den Erdball umfassende Wassermasse. Aber in diesem Augenblicke fand auch das historische Verhängniß des Stillstandes für diese Länder ein Ende, die Europäer, die sie zuerst betraten, waren die Vorboten des Unterganges ihrer pvtamischen Kultur. Der Ozean, welcher die thalassische Kulturwelt von der pvtamischen schied, sollte sie Hinfort verbinden, und diese beiden so verschiedenen, so streng getrennten Kulturen der Rassen sollten sich vereinigen in eine allgemeine Knltur der Menschheit, die alle Rassen umfaßt, alle Volksstämme verbindet, deren Mittler und Träger das Weltmeer, die größte aller Völkerstraßen sein soll, und die daher die ozeanische heißt. Seit jenem Beginn der ozeanischen Kultur sind Jahrhun derte verflossen, wir stehen in ihrem Werden, in ihrer ersten großen Entwickelungsepoche. Zu unserer Zeit, vor unseren Augen hat die europäische Kultur über die ostasiatische erst den Sieg errungen, und in unserer Gegenwart beginnt erst jene