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Wöchentlich eine Nummer. , 23. AtÜNlllk 1 870. >— Vierteljährlich 18 Sgr. I. Failtilienbliltt für Kuder- nnd Uölkerkundt. Zu beziehen durch Redlgirt von Der Jahrgang "^Buchhandlungen des In-u.Anslanöes Dr. Otto D elitsch, (52 Nummern oder 12 Monatshefte) sowie Postämter. Privat-Docent und Realschul-Oberlehrer. läuft von Oktober zu Oktober. Die Landbildung in den Seebecken Deutschlands durch Dermooruny nnd Mnerallösungen. Von Professor vr. Senft in Eisenach. lfforU-tzung.) Unaufhörlich fortwuchernd, verlängert und verdickt sich in ^rhältnißmäßig kurzer Zeit diese Decke von Moosen so stark, sie zu schwer sind, um sich noch ans der Oberfläche ihres Wassertümpfels schwimmend zu erhalten nnd aus den Grund "iedersinken. Kaum aber ist dieses geschehen, so bildet sich vom Mr aus wieder eine neue schwimmende Moosdccke, welche sich, , wie ihre Vorgängerin, ebenfalls zn Boden senkt, um einer neuen Platz zu machen. Und indem sich dieses Wechselspiel w'mer von neuem wiederholt, füllt sich allmählich der ursprüng- iiche Wassertümpsel mit einem ganz von Wasser durchdrungenen, chwamnüg aufgeblähten Wassermoospolster aus, welches in Üinen untersten, stark zusammcngepreßten Lagen einem bräun l'chen Filze gleicht, der sich nicht weiter verändert und auch in langen Zeiträumen nicht vcrtorft, weil die von erstarrter Kieselsäure in- und auswendig überzogenen Zellenmassen seiner Körperglieder eben infolge ihres Kieselübcrzuges keine Verän derung erleiden können, in seinen obersten, mit der Luft in Berührung kommenden Lagen vermodert und eine sägemehl- "hnlichc Moorerde darstellt, aufdersicbMoorgewächsc ansiedeln. Aber was hier in kleinen Standwasscrn geschieht, das findet auch ganz ebenso, sreilich in viel längeren Zwischenräumen, in Pvßen Landseen statt, zumal wenn sie von sandig-kiesigen, stachen, allmählich in das umliegende Land übergehenden Usern umgürtet sind, sowie es z. B. bei den Seen im norddeutschen Aachlande der Fall ist. Auch bei ihnen bildet sich zuerst von den Ufern aus eine sich immer weiter aus dem Seespicgel aus dehnende und dabei immer dicker werdende, schwimmende ! Wassermoos-Filzdecke, welche nach und nach den ganzen See- ipiegcl von einem User zum andern überzieht oder auch, durch Stürme von den Ufern losgerissen, eine sogenannte schwim mende Insel bildet. So befinden sich an der West- und Südseite des in Vermoo rung begriffenen, früher 21,000 Morgen, gegenwärtig aber nur noch 14,000 Morgen umfassenden Stcinhudcr Meeres im Fürstenthum Lippe-Schaumburg große schwimmende Inseln und Halbinseln, Ouebben genannt. — Ter neuerdings ganz , ausgetrocknete Neusiedler See in Ungarn trug eine 6lHMeil. große schwimmende Insel. Auch 2 Meilen westlich von Eisenach befindet sich auf dem, bei dem Dorfe Dönges dicht neben der Frankfurter Fahrstraße gelegenen, 9 Acker haltenden Hautsee eine 40 Ruthen messende, 1 bis 1,5 m. dicke schwimmende Insel, auf welcher außer den verschiedenartigsten Sumpfgewächsen auch Kiefern und Birken stehen, welche gewissermaßen die Masten und Segel der Insel bilden, mittels deren jeder starke Wind stoß die Insel in Bewegung setzt. Auf diesen schwimmenden Moosdecken lassen sich zuerst Algen und Konserven nieder, welche bald verwesen und eine Art Moorerde bilden. Ihnen folgen, theils vom Ufer aus, theils auch durch Vögel oder Luftströmungen dahin gebracht, Woll-, Riet- und andere Sumpfgräser, welche auf dem ewig nassen Moosboden gut gedeihen und der Moosdecke bald das Ansehen einer schwimmenden Wiese geben, aber sie auch mit ihren Wurzeln nach allen Richtungen hin wie mit einem Flecht werke durchziehen und hierdurch nicht nur haltbarer machen, sondern auch ihre Schwimmbarkeit vermehren. Ist nun ei» Standwasser recht tief, dann erhält sich die auf seiner Ober fläche liegende Moosdecke viele Jahre hindurch schwimmend. Es siedeln sich dann auf ihr sogar Sträucher und Bäume, na mentlich Weiden, Erlen, Aspen, Birken und Kiefern an, welche durch ihre wagrecht ziehenden, nach allen Richtungen sich gegen seitig durchflcchtcnden Wurzeln ihre Schwimmbarkeit nur noch mehr erhöhen und durch ihre alljährlich absterbendcn Körper- glicder zuletzt auf ihr eine fruchtbare Humuslage bilden. — Ist aber das eine solche Moosdecke tragende Standgewässer nicht tief genug, daun senkt sich ihre Moosdccke ebenso, wie in den oben beschriebenen Wassertümpfeln, alljährlich, namentlich gegen den Herbst hin, tiefer nach dem Grunde hin, um einer neue», über ihr sich bildenden Decke Platz zu machen. Ueberhaupt tritt dann derselbe Prozeß ein, wie er eben beschrieben worden ist, bis sich das Becke» des Standgewässers ganz und gar mit einem von Wasser aufgeqiiollenen Wassermoosfilze gefüllt hat. Dann siedeln sich, gewöhnlich vom Ufer aus, Moorheide und Moor- 21