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124 den Japanischen Behörden bis zur Abfahrt des Schiffes in Verwahrung genommen. Erst wenn eine körperliche Visitation aller Holländer mit Ausnahme des Handelsvorstehers konstatirt hatte, daß sie keine verbotenen Waaren bei sich trugen, war die Landung in Desima, das ihnen zum Aufenthaltsort ange wiesen war, gestattet. Auf dieser kleinen, nur 2 in. über den höchsten Wasserstand des Meeres sich erhebenden Insel lebten sie wie Gefangene. Zwar bot der fächerförmige, im Süden 196, im Norden 162 m. messende, von Ost nach West 68 in. breite Raum mit seinen wenigen Holzgebänden und Gärten eine prachtvolle Fernsicht auf grüne Hügel, auf Wälder von mächtigen Eichen, Cedern und Lorbern, auf halb im Gebüsch verborgene Tempel und hübsche Landhäuser, tiefer unten auf die vom Meere um fluteten Klippen des steilen Ufers und hoch oben auf die alles überragenden Gipfel der vulkanischen Berge; — allein derselbe war rings durch eine Mauer abgeschlossen, aus welcher nur ihnen über die Sprache, die Gesetze und Gebräuche, den Glauben und die Geschichte Japans Mittheilungen zu machen. Der Unfreiheit des persönlichen Verkehrs entsprach die Art, wie die Handelsgeschäfte erledigt wurden. Direkter Verkehr mit den japanischen Händlern war vollständig ausgeschlossen. Japanische Beamte übernahmen die holländischen Waaren, ließen sie durch Makler (Compradores) verkaufen und lieferten für den Erlös die japanischen Erzeugnisse, welche die Rückfracht der Schiffe bilden sollten. Ueber das Geschäft wurde den Hol ländern zwar Rechnung abgelegt, nie aber ein Beleg hinzu gefügt, da die japanischen Beamten lediglich ihrer Regierung verantwortlich waren. Bald erfuhr der holländische Handel noch weitere Be schränkungen. Das schon früher bestehende Verbot der Gold ausfuhr wurde 1671 auch auf Silber ausgedehnt, die Ausfuhr von Kupfer herabgesetzt. Willkürliche Preiserhöhungen schmä lerten den Gewinn mehr und mehr. Ueberdies mußten dein Zapamschcr Coiuitrimir. zwei Thore führten. Das eine, nach der Wasserseite zu gelegen, wurde nur geöffnet, wenn ein Schiff befrachtet oder seine Ladung gelöscht wurde. Das andere, durch welches man über eine schmale Brücke nach der Stadt gelangte, wurde durch japanische Soldaten bewacht, welche keinen Holländer ohne Erlaubnißschein der japanischen Behörde herausließen. In diesem Falle aber wurde er von japanischen Aufsehern und Dienern begleitet, die jeden freien Verkehr hinderten und nicht unbeträchtliche Kosten verursachten, da sie sowohl, als die von ihnen unterwegs Eingeladenen freigehalten werden mußten. In Desima selbst aber waren die wenigen Holländer beständig von mehr als der zehnfachen Zahl von Dolmetschern umgeben, die neben ihrem angeblichen Berufe jedenfalls auch das Amt von Spionen verwalteten, außerdem aber durch Polizeibeamte überwacht, die täglich abgelöst wurden. Die Dienerschaft be stand aus Japanesen, die mit Sonnenuntergang die Insel verlassen mußten, außerdem aber durch einen Eid verpflichtet waren, weder Freundschaft mit den Fremden zu schließen, noch : Herrscher und seinen Großen jährlich Geschenke dargebracht werden, welche man anfangs jedes Jahr durch eine besondere, zahlreiche und kostspielige Gesandtschaft nach- der Hauptstadt I bringen ließ. Allerdings begnügte man sich seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, nur jedes vierte Jahr eine Gesandtschaft abzuordnen und beschränkte die Zahl der daran Theil nehmen den Personen auf das geringste Maß; die Geschenke aber, welche die Japanische Regierung als Tribut auffaßte, mußten auch später jedes Jahr erfolgen und verminderten natürlich den ohnehin sinkenden Handelsgewinn. Uebrigens verdanken wir diesen Gesandtschaftsreisen den größten Theil der allerdings nur lückenhaften Kenntnisse, welche wir bis in die neueste Zeit von dem Lande und seinen Be wohnern besaßen und deren Hauptquelle die Schriften des deutschen Gelehrten Engelbert Kämpfer (geb. 1651, ff 1716) bilden, welcher 1690—1692 als holländischer Arzt auf Japan verweilte. Als charakteristisch für die japanische Auffassung der Verhältnisse ist hervorznheben, daß selbst die Großendes