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Erinnerungen an Hawaii. Von vr. M. K. H»echuer-Löscho. Um die Weihnachtszeit hatten wir Kap Hoorn umsegelt, waren längere Zeit an der Westküste von Südamerika auf und ab gekreuzt, hatten auch Juan Fernandez, die Insel Robinson Crusoe's, besucht und unseren Kurs dann direkt nach den Sandwich-Jnseln gerichtet. Der Aequator war Passirt, die langweilige Region der Windstillen lag hinter uns, und schon seit vierzehn Tagen Pflügte unser Schiff vor dem stetig blasenden Nordost-Passat durch die gleichmäßig rollenden Wellen des Stillen Ozeans, während wir kaum nöthig hatten, die Stellung der Segel zu ändern. Unserer Rechnung nach mußten wir ganz in der Nähe der Insel gruppe sein; am Mor gen schon hatte ein eifriger Ausguck vom Mast aus im Nord westen Land zu sehen geglaubt, hatte aber wahrscheinlich nur sei nen Wunsch für Wirk lichkeit gehalten. Seit Mittag jedoch zeigten sich weit vor uns an dem Horizonte Dunst gebilde, deren eigen- thümliche Formen dem geübten Auge die Nähe des Landes verriethen, ünd endlich, eben als die Sonne sich zum Untergange neigte, da traten klar und scharf über den sie umlagern den Wolken die mäch tigen Berggipfel von Hawaii hervor. „Land Hoh"! klang es langge zogen vom Mast herab und tönte es freudig aus einem Dutzend Kehlen vom Vorder theil; aller Augen wandten sich nach der Richtung, in welcher die Insel auftauchte, die seit vielen Mona ten das unerschöpfliche Thema unserer Unter haltung war und nach der Schilderung derer, die schon dort gewesen waren, uns wie ein Paradies erscheinen mußte. Nur kurze Zeit aber konnten wir uns an dem wunderbaren Anblick dieser sernen, hoch über der Wasser wüste ragenden Landmarken erfreuen; — Hawaii hatte uns seinen Gruß zugesendet, nun hüllte es sich wieder in seinen Wolkenschleier und verschwand bald gänzlich im Dunkel der anbrechenden Nacht. Nach einigen Stunden wurde uns die Nähe des Landes auch durch das Verhalten des Windes fühlbar. Derselbe wurde schwächer, wechselte mehrmals die Richtung und erstarb endlich vollständig. Das Schiff taumelte haltlos in den Wellen, und dröhnend schlugen die schweren Segel gegen die Masten. In längeren Pausen nur frischte die Brise auf und brachte uns dem Ziele näher. Nach den Inseln zu leuchtete es stark, einzelne Böen zogen von dort an uns vorüber und der Himmel bedeckte sich mit schweren Wolken. Deutlich spürten wir den Geruch des Landes, einen balsamischen Duft wie Au« allen Weittheilen. V. Jahrg. nach frischer Erde, Laub und Blumen, der außerordentlich wohl- thuend auf die Sinne wirkt und sich sehr charakteristisch von der langgewohnten Seeluft unterscheidet. Nach Mitternacht brach plötz lich ein Gewittersturm los, wie man ihn nur in den Tropen erleben kann. Rabenschwarze Nacht, die Wolken scheinbar bis zum Wasser niederhängend, grell flammende Blitze unten und oben, an allen Seiten, und nimmer endender Donner; — stundenlang hielt das Unwetter an, und erst als der Morgen dämmerte, ließ der Platzregen nach, der wie die Sint flut auf uns herab ge- rauschtwar;die Wolken theilten und verzogen sich. Bei Sonnenauf gang lag Hawaii vor uns, duftig wie eine Märchen-Insel. Kein Dunst, kein Wölkchen verhinderte den Blick in die Ferne, klar und scharf begrenzt bis zu den höchsten Berges spitzen, ruhte es auf dem Meere— ein zau berhaft schöner Anblick, und doch ganz anders als wir gedacht. Der ersteEindruck war mehr imposant als lieblich. Die ganze Insel erschien nur wie der Unterbau zu den zwei gewaltigen Vulkanen, die fast bis zur Mont blanc-Höhe emporra gen und die in ihren Verhältnissen um so großartiger wirken, als sie, von ferne gesehen, direkt von dem Mee resspiegel aufznsteigen scheinen. Je näher wir jedoch mit der wieder einsetzenden Seebrise der Küste kamen, um so deutlicher wurde es uns, daß nur die außerordentliche Klar heit der Luft und die wahrhaft grandiosen Massen der Berge diese Täuschung hervor brachten; die beiden Vulkane liegen viel ferner, als das Auge anfänglich glauben mochte. Ein breiter, nur allmählich aussteigender Landstrich zieht sich, vielfach mit ein zelnen, allerdings fast verschwindenden Kuppen und Erhebungen besetzt, bis zu dem eigentlichen Fuße derselben; der südlichere, Mauna Loa, 4190 m. hoch, ist ausgezeichnet domförmig gewölbt und gleicht genau einem ungeheuren Maulwurfshügel; der nördlichere, Mauna Kea, 4250 m. hoch, entspricht viel mehr der landläufigen Vor stellung eines Berges. Steil wie eine Pyramide steigt er auf und endet in verschiedenen kleinen Gipfeln, die, von der Morgcnsonne beschienen, in ihrem Kleide von blendendweißem Schnee sich pracht voll von dem blauen Himmel abhoben. Mauna Loa dagegen zeigte eine gleichmäßig dunkle Farbe; wir erklärten uns anfänglich den Mangel des Schnees durch die Annahme, daß vielleicht die Hitze, die sein bedeutender Gipfelkrater, Moku-a-weo-weo, ausstrahle, 33 RegenbogcnIaU des Mailuku-Flutzes bei Hilo.