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MWMßMTiigW Wocheu- uud Nachrichtsblatt zugleich 8esWs-AnzeM ßr HojsSorf, M-lit, Kensh-rf, Mors, St. Wien, ömrichsorl, Mnriennn nn- Rillst». Amts-latt fSr de« Stadtrat zu Lichtenstein. — -—— —— —— ———— 40. Aah>rg««g. — - - Nr. 275. Donnerstag, den 27. November l890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Soun- und Festtag») abend» für den folgende« Tag. Bierteljührlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Poftaustalteu, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mtt 10 Pfennigen berechnet. -- Annahme der Inserate täglich bis spätesten» vormittag 10 Uhr. Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen des Flaschenbierhändlers Karl Ernst Pertermann eingetragene Haus-Grundstück Folium 1271 des Grundbuchs, Nr. 250 a des allen Flurbuchs Abt. U und Nr. 30 L des Brandkatasters Abt. U für die Stadt Lichtenstein, nach dem Flurbuche As Ar enthaltend und mit 3,os St.-E. belegt, nach sachverständigem Gutachten auf 15 095 Mark -- geschätzt, soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden und ist der 13. Dezember L8S0, vormittags 10 Uhr als Versteigeruugstermiu, sowie der 33. Dezember 18N«, vormittags 11 Uhr als Termin zu Verkündung des Verteilungsplans anberaumt worden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Lichtenstein, am 15. Oktober 1890. Königliches Amtsgericht. Gehler. Zur Alters- und Juvaliden-Versicherung In gedrängter Uebersicht teilen wir nachstehend nochmals die Grundzüge des Gesetzes mit, welches am 1. Januar 1891 in Kraft tritt, da zahlreiche An fragen beweisen, daß noch immer über einzelne Punkte Unklarheit herrscht. Versicherungspflichtig sind nach vollendetem 16. Lebensjahre: 1. Personen (männlich oder weiblich), welche als Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt werden. 2. Betricbsbeamte, sowie Handlungsgehilfen oder Handlungslehrlinge (ausschließlich der in Apo theken beschäftigten Gehilfen oder Lehrlinge), welche Lohn oder Gehalt beziehen, deren regelmäßiger Jahres verdienst -an Lohn oder Gehalt aber 2000 Mark nicht übersteigt. 3. Die gegen Lobn oder Gehalt beschäf tigten Personen der Schiffsbesatzung deutscher See fahrzeuge. Personen, welche eine Altersrente beziehen, sind versichcrungspflichtig, weil sie im Falle ihrer Erwerbs unfähigkeit Anspruch auf die höhere Invalidenrente haben. Nicht versicherungspflichtig sind Personen, welche infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr im Stande sind, mindestens ein Drittel des Tagelohnes gewöhnlicher Tagearbeiter zu ver dienen, ferner die Personen, welche eine Invaliden rente beziehen. Versicherungsfähig sind Betriebsunternehmer, welche nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigen, das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und nicht bereits erwerbsunfähig sind. Sie können sich selbst aber nur in der zweiten Lohnklasse versichern. In gleicher Weise können Personen, welche ans dem Versicherungsverhältnisse ausscheiden (z. B. ein Hand lungsgehilfe, wenn dessen Gehalt von 1800 aus 2100 Mark erhöht wird), dasselbe freiwillig (aber nur in der zweiten Lohnklasse) fortsetzen. Gegenstand der Versicherung ist der Anspruch auf Gewährung einer Invaliden- beziehungsweise Altersrente. Eine Invalidenrente erhält ohne Rücksicht auf das Lebensalter derjenige Versicherte, welcher dauernd erwerbsunfähig ist. Ein nicht dauernd erwerbsun fähig Versicherter erhält Invalidenrente, nachdem er ein Jahr erwerbsunfähig gewesen, für die weiiere Dauer der Erwerbsunfähigkeit. Eine Altersrente erhält jeder Versicherte, welcher das 70. Lebensjahr vollendet hat. Der Anspruch auf eine Invaliden- oder Alters rente ist bedingt durch: 1 Zurücklegung der Warte zeit; 2. die Leistung von Beitrügen. Die Wartezeit beträgt für die Invalidenrente fünf Beitragsjahre, für die Altersrente dreißig Bei tragsjahre. Als Beitragsjahr gelten 47 Beitrags- Wochen. Wenn Personen durch Krankheiten, welche eine Erwerbsunfähigkeit von mehr als sieben Tagen zur Folge haben, verhindert sind, die Beiträge zu leisten, so werden diese Krankheitswochen als Beitragswochen in Anrechnung gebracht. Bei Krankheiten, die länger als einJahrdauern, wirdnur einJahralsBeitragsjahr gerechnet. Für Personen, welche behufs Erfüllung der Waffenpflicht in Friedens- oder Kriegszeiten zum Heere oder zur Marine eingezogen werden, gilt die Dienstzeit als Beitragszeit. Eine Invalidenrente kann entzogen werden, wenn eine Person nicht mehr als dauernd erwerbs unfähig erscheint. Die Mittel zur Gewährung der Alters- und Invalidenrenten werden aufgebracht durch einen Zuschuß des Reiches (von 50 Mark) zu jeder Rente, durch die Beiträge der Arbeitgeber und Versicherten zu gleichen Teilen. Zum Zwecke der Bemessung von Beiträgen werden vier Klassen gebildet nach dem Arbeitsver dienst von: 1. Klasse bis zu 350 Mark einschließ lich, 2. Klasse von mehr als 350—550 M., 3. Klasse von mehr als 550—850 M., 4. Klasse von mehr als 850 M. Arbeitgeber und Versicherte können aber Über einkommen, einen höheren, als den wirklichen Arbeits verdienst zu Grunde zu legen. Die Invalidenrente steigt nach Beitragsjahren und beträgt nach 5 bis 50 Beitragsjahren für di: 1. Klasse von 114 bis 157 Mark, 2. Klasse von 124 bis 251 Mark, 3. Klasse von 131 bis 32 l Mark, 4. Klasse von 140 bis 415 Mark. Die Altersrente beträgt für die 1. Klasse 106 Mark, die 2. Klasse 134 Mark, die 3. Klasse 162 Mark, die 4. Klasse 191 Mark. Die Renten werden durch die Postanstalten ausbezahlt. Die Beiträge sind für die ersten 10 Jahre fest gesetzt für die 1. Klasse auf 14 Pfennige, für die 2. auf 20, für die 3. auf 24 und für die 4. auf 30 Pfennige wöchentlich und sind von dem Arbeit geber zu entrichten. Derselbe kann die Hälfte der Beiträge dem Arbeiter bei der Lohnzahlung in An rechnung bringen. Die Entrichtung der Beiträge erfolgt durch Ein kleben von Marken auf die Quittungskarte. Der Arbeitgeber ist bei Strafe verantwortlich für die Leistung der Beiträge. Jede Quittungskarte hat Raum für 47 Wochen, den Beitragswochen des Jahres entsprechend, und ist mit dem Namen des Versicherten zu versehen. Für jeden Arbeiter wird eine Karte durch die Be hörde unentgeltlich ausgestellt. Ist eine Quittungs karte ganz mit Marken ausgefüllt, so wird dieselbe gegen eine neue ausgetauscht, und werden auf der neuen die bereits geleisteten Beiträge vermerkt. Jede Quittungskarte muß nach dem dritten Jahre umgetauscht werden, auch wenn sie nicht ganz mit Marken beklebt ist, und verliert im anderen Falle ihre Giltigkeit. Für Arbeiter, welche nicht eine ganze Woche von Vein Arbeitgeber beschäftigt werden (Putzfrauen, Waschfrauen) hat derjenige Arbeitgeber den Beitrag zu entrichten, welcher den Arbeiter zuerst in der Woche beschäftigt. Die Beiträge können zur Hälfte zurückerstattet werden: 1) Weiblichen Personen, welche eine Ehe eingehen, bevor sie in den Genuß einer Rente ge langt sind, wenn sie mindestens für fünf Beitrags jahre die Beiträge entrichtet haben. 2) Witwen oder Kindern von Versicherten. 3) Kindern unter 15 Jahren von verstorbenen weiblichen versicherten Per sonen unter denselben Voraussetzungen. Die Bedingungen, welche das Gesetz an die Ab kürzung der Wartezeit knüpft, brauchen wohl hier nicht wiederholt zu werden, da dieselben durch die Bekanntmachungen der Behörden hinreichend erörtert sind. Wohl aber sei noch einmal nachdrücklich daraus hingewiesen, welche praktische Wichtigkeit die Be schaffung der erforderlichen Nachweise besitzt. Tagesgeschichte. * — Lichtenstein. Der November ist nun doch noch ein rechter Unglücksmonat geworden. Die anhaltenden Niederschläge der letzten Tage haben be wirkt, daß Bäche, Flüsse und Ströme wieder stark angeschwollen sind und überall Ueberschwemmungen verursacht haben. Aus allen Gegenden unseres engeren Vaterlandes und Deutschlands laufen Hiobsposten ein, welche Ueberflutungen und die damit einhergehenden traurigen Nachrichten vermelden. Hoffentlich ist nun durch das eingetretene Frostwetter diese Wassersnot beseitigt. * — Seit vorgestrigem Montage, wo der Ther mometer noch 10 Grad Wärme erreichte, ist ei» be trächtlicher Rückschlag eingetreten, denn heute früh konnten wir 9 Grad Kälte nach Celsius verzeichnen, auch während des ganzen Tages trat wenig Aender- uug ein. Daß ein solcher bedeutender Umschwung in den Temperaturverhültnissen empfindlich auf die menschliche Natur einwirkt und leicht zu Erkältungen Anlaß giebt, ist nur zu erklärlich und daher ist Warmhalten unerläßliche Bedingung. * — Wie aus dem Inseratenteile dieses Blattes ersichtlich, hält der hiesige Turnverein nächsten Sonntag abend im Saale des Hotels zum goldnen Helm hier eine öffentliche Aufführung zum Besten der Turnhallenbauschuld, bestehend in turnerischen, gesanglichen und komischen Vorträgen, ab. Wir machen auch an dieser Stelle auf diese Aufführung aufmerksam und wünschen besten Erfolg. — Mit vergangenen Montag hat Göttin Fortuna ihr reichgefülltes Wunderhorn in Sachen der Kgl. Sächs. Landeslvtterie für diesmal gründlich geleert. Der Montag war der letzte Ziehungstag 5. Klasse und das bedeutet: Wem bis jetzt der Kollekteur nicht einen leuchtenden Blick zugeworfen, der gehe in sein Kämmerlein und singe: Glücklich ist, wer vergißt, daß er — kein Gewinner ist! — Aus den Tannenwäldern Oberfrankens gehen alljährlich viele Tausende junger Tannen nach Norddeutschland, um den Weihnachtstisch zu zieren. Der Versandt hat in voriger Woche wieder begonnen. — Dresden, 25. November. Nach den hier eingegangenen Nachrichten werden Ihre Königl. Majestäten Donnerstag, den 27. d. Mts., nach mittags von Sibyllenort nach der königlichen Villa in Strehlen zurückkehren. — Chemnitz, 25. Nov. Ein frecher Gauner hat vorgestern unter der biederen Maske eines ehr lichen Hoteldieners in einem hiesigen Hotel zwei Reisende nm eine Summe von über 32M Mk. er leichtert. Am Sonntag gegen 6 Uhr bekam der be treffende Hausdiener von einem Reisenden einen Gcld- brief, der 500 Mk. bar und gegen 2000 Mk. in ein zelnen Wechseln enthielt, mit dem Auftrage einge händigt, denselben zur Post zu bringen. Als jedoch die Rückkehr dem unruhig gewordenen Reisenden zu lange dauerte, stellte er sofort Nachforschungen an, die ergaben, daß der fragliche Diener auf der Post gar nicht gewesen war, sondern mit dem Gcldbriefe