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Wochen- und Kachrichlsblatt zugleich 8Wsts-AMM für HoWors, Mülitz, PerisSars, Lisdorf, 8t. 8Bien, Heimchssrt, Mariciiaii stt Mülsen. Amtsblatt für de« Stadtrat ;« Lichtenstein. — — 4«. Jahrgang. — — — — Nr. 202. Sonntag, den 31. August 1890. Diese« Blatt erscheint täglich (anher Sonn- and Festtag«) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugsvreis 1 Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehme« anher der Expedition in Lichtenstein, Martt 179, alle Kaiser!. Postanstalteu, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vicrgespaltene Korpnszeile oder deren Raum mtt 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Konkursverfahren. Ueber das Vermögen des Bäckermeisters Bruno Johannes Hornig in Mülsen St. Jacob wird heute, am 28. August 1860, vormittags ^/-12 Uhr das Konkurs verfahren eröffnet. Der Lokalrichter Herman« Schmidt in Lichtenstein wird zum Konkurs verwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 23. September 1890 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in ß 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände und zur Prüfung der an gemeldeten Forderungen auf den S. Oktober 18SV, vormittags 10 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anöeraumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Ge meinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 13. September 1890 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Lichtenstein, am 28. August 1890. Gehler. Veröffentlicht: Heilmann, Ger.-Schrbr. Wochenschau. Die russischen Manöver, welchen der deutsche Kaiser als Gast des Czaren beigewohnt, sind vorüber, und Kaiser Wilhelm ist, nachdem er noch die Manöver des 1. Preußischen Armeekorps kurz besucht, wieder in Potsdam eingetroffen. Es ist bemerkenswert, daß bei den mit so großem Pomp angekündigteu russischen Militär-Uebungen so wenig von den Er folgen derselben die Rede ist; es war ja alles sehr großartig und effektvoll, nur ging die Ueb"ng gar zu sehr nach dem Programm, und darum konnte sie auch wenig praktischen Nutzen haben. Vorbei und vergessen ! Um so mehr Aufmerksamkeit wurde aber der politischen Seite der Kaiserbegegnung zugewendet und natürlich sagt jede Partei das, was sie am meisten wünscht. Die russischen Blätter bleiben dabei, von einer wahren Freundschaft zwischen Deutschland und dem Czarenreiche könne so lange keine Rede sein, als der deutsche Kaster nicht Rußland's Forderungen im Orient durchsetzt habe, die französffchen Zeitungen behaupten, Kaiser Wil helm werde beim Czaren überhaupt nichts erreichen, und die englischen Journale meinen, die Intimität zwischen den beiden Kaisern sei wohl gar nicht ein mal so sehr notwendig. So lugen überall Sonder - interessen und egoistische Wünsche aus den Zeitungs spalten heraus, an deren schließlicher Erfüllung gar nicht zu denken ist. Deutschland geht unter der Führung seines Kaisers seinen geraden Weg, der versteht,^ die Freundschaft der Fürsten dem Frieden und dem Wohle der Völker dienstbar zu machen. Bis zum Beginn der nächsten Woche bleiben der Kaiser und die Kaiserin in Potsdam. Alsdann finden die Manöver in Schleswig-Holstein statt, welchen sich die schlesischen unter Teilnahme des Kaisers von Oesterreich und des Königs von Sachsen anschließen werden. Eine größere Landesfeier hat am ersten Tage der Woche in Regensburg stattgefunden, wo in der berühmten Walhalla ein Standbild des Königs Lud wig I. von Bayern in Gegenwart des Prinzregenten Luitpold enthüllt wurde. Zu einer würdigen Feier des 90. Geburtstages des Generalfeldmarschalls Grafen Moltke wird jetzt schon aufgefordert, und es ist nicht zu zweifeln, daß diese Aufforderung zu einer Dankeskundgebung für den hochverdienten Mann allgemeine Zustimmung finden wird. vr. Karl Peters, der Führer der Emin-Pascha-Expedition, ist in Berlin angekommen, wo ihm von den dortigen Kolonialfreunden eine sympathische Aufnahme bereitet worden ist. Wegen Uebertritt des Or. Peters in den Reichsdienst finden Verhandlungen statt, die indessen noch nicht zum Abschlusse gediehen sind. DieAuseinandersetzungzwlschendersozialdemokrat- ischen Reichstagsfraktion und ihren Berliner Gegnern hat jetzt stattgesunden und, wie sich voraussehen ließ, mit dem Siege des Abg. Bebel geendet. Die Versammlung war in der großen Mehrheit von Anhängern des Sozialistenführers besucht, und die Reden der Opponenten wurden vielfach unter wildem Tumult unverständlich. Die Polizei mischte sich in die Auseinandersetzungen nicht hinein, hatte aber vor dem Versammlungslokal einen ziemlich argen Tanz mit der nach Tausenden zählenden Menschenmenge zu bestehen. Es mußte schließlich von der blanken Waffe Gebrauch gemacht werden, um die Straßen und Plätze zu säubern. Jedenfalls war dieser Kra wall aber noch nicht annähernd vergleichbar mit den wilden Tumulten, wie sie in Wien, London, Rom und anderen Hauptstädten stattgefunden haben. Im Vergleich zu den dortigen Ausschreitungen ging es äußerst manierlich zu. Aus unseren überseeischen Besitzungen sind in letzter Zeit keinerlei neue Nachrichten eingeaangen, ein Zeichen, daß die begonnene Kulturarbeit ohne alle Störung fortschreitet. In dem südlichen Teile des ostafrikanischen Schutzgebietes, in dem zahlreiche Sümpfe liegen, haben die deutschen Truppen etwas unter dem Fieber zu leiden, im Norden hingegen steht alles vefriedigend. Die Engländer haben von Mombassa aus eine Eisenbahn in das Innere des Landes, die erste an der Zanzibarküste, zu bauen begonnen. Man darf wohl annehmen, daß die leitenden Personen im deutschen Schutzgebiet auf der Hut sind, um der englischen Konkurrenz im Innern rechzeitig begegnen zu können. Lebhaft beschäftigt die ganze europäische In dustrie die neue Zollbill der Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche die europäische Ausfuhr do.Ihm nickt nur durch höheren Zoll empfindlich treffen, sondern auch die Fabrikanten in der weit gehendsten Weise schikanieren wird. Wie die übrigen ^nd lstrieen, so leidet auch die Deutsche darunter, und verschiedene Exporteure gehen deshalb schon mit der Gründung von Filialen in Amerika vor. Am erbittertsten über diese neuen Bestimmungen sind die Franzosen, die freilich auch die schwerste Einbuße zu ve.zeichnen haben werden; wie die Dinge im Augen blick liegen, kann aber sofort nichts geschehen. Wenn infolge eer Zollsperre die amerikanffchen In dustriearbeiter immer mehr und mehr Lohn fordern, dann werden den allzuschlauen Leuten die Augen wohl mit einem Male ausgehen. In Paris zanken sich die Zeitungen gegenwärtig darüber, welche Ehre dem italienischen Könige bei seinem bevorstehenden Besuche von Spezzia zu er weisen sei. Als der französische Präsident Carnot im letzten Sommer von Toulon nach der Insel Corsika reiste, scu.dte Italien ein großes Geschwader zu seiner Begrüßung. Das wur^e von den Fran zosen als ganz selbstverständliche Ehre angenommen. Nun aber, wo sie Gleiches mit Gleichem erwidern sollen, läßt sie ihre Höflichkeit im Stich, denn König Humbert ist ja der Bundesgenosse des deutschen Kaisers. Lebhaft beschäftigt die Gemüter der Plan, das Fahrwasser der Seine so zu vertiefen, daß See schiffe vom Meere bis unter die Mauern der fran zösischen Hauptstadt kommen können. Die Pariser jubeln natürlich über diese Idee, die ihnen gewaltigen Vorteil verspricht. Hingegen protestieren die Be wohner der Hafenstädte, über welche der Seeverkehr nach Paris bisher ging, dagegen aus Leibeskräften, und es scheint auch nicht, als ob der Gedanke sich so schnell verwirklichen sollte. In England herrscht nach der Vertagung des Parlamentes und der Abwickelung der mancherlei Kolonialverhandlungen eine wahre politische Totenstille. Man beschäftigt sich darum auch fast ausschließlich mit den trüben Verhältnissen in Irland. Das Hauptnahrungsmittel der Irländer ist die Kartoffel, und die Kartoffelernte ist in diesem Jahre fast ganz mißraten. Es herrscht große Not, und infolge des Genusses kranker Kartoffeln sind zahlreiche Erkrankungen vorgekommen. Auf der anderen Seite wird auch der in den britischen Kolonien in Australien ausgebrochene Riesenstreik mit lebhaftem Interesse verfolgt. Aus einem Streit der Offiziere der Kauffahrteischiffe mit ihren Schiffs- rhedern entstanden, haben jetzt jchon Tausende von Arbeitern aller Kategorien ihre Thätigkeit eingestellt. Von irgend welchem Nachgebeu ist auf keiner Seite etwas zu bemerken. In Belgien ist ein neuer Streik der Kohlenbergleute ausgebrochen. Der Ausstand scheint mit der politischen Agitation wegen Ein führung des allgemeinen Wahlrechtes verquickt zu sein. Die bürgerlichen Unruhen in Zentralamerika, welche schon zu wiederholten Malen durch einen Friedensschluß zwischen den einzelnen kriegfüyrenden Staaten beendet sein sollten, dauern munter weiter. Der im Staate San Salvador zur Herrschaft ge langte General Ezeta behauptet sich gegenüber allen Angriffen. In Südamerika herrscht äußerlich Ruhe. Die inneren Verhältnisse sind aber nach wie vor wenig Vertrauen erweckend. Die Cholera scheint erfreulicherweise über die spanische« Grenzen nicht hinauskommen zu sollen, und auch dort sich in einigermaßen engen Grenzen zu halten. Recht bös sieht es aber im Orient, Afrika und Asien aus, wo die Seuche stellenweise verheerend wütet. Angesichts dieser Vorgänge soll zur Bildung einer internatio nalen Sanitätskommission geschritten werden, um ein Verschleppen der Krankheit nach Europa zu ver hindern. Tagesgeschichte. — An verschiedenen Orten hat man am Mitt woch abend kurz nach 11 Uhr in der Richtung nach Nord-Nordost einen herrlichen Regenbogen, der jedenfalls durch den gegenüber stehenden Mond erzeugt wurde, beobachtet. Die Farben waren etwas matter, als wie bei einem Sonnenregenbogen, aber durchaus deutlich zu unterscheiden. Der Culmina- tionspunkt des Bogens lag vielleicht 30 Grad über dem Horizont und dieser wurde vielleicht in fis von dem Bogen umspannt. Der Himmel selbst sah hinter dem Bogen infolge der Bewölkung tief schwarz aus. Die herrliche Erscheinung wurde un gefähr orei Minuten beobachtet. Dieselbe verschwand, als der Mond von einer vorüberziehenden Wolke verdeckt wurde und entstand auch nicht wieder, als der Mond nach kurzer Zeit wieder frei wurde. — Dresden. Von dem großen Reichtum Böhmens an Bodenfi ächten zeugen jetzt Dampfschiffe, die aus dem Nachbarlande in Sachsen eintreffen. Aus der Aussiger Gegend kommen große Sendungen von Gurken, die namentlich' nach Pirna gehen, und die Leitmeritzer Gegend schickt ihre reiche Ernte von Pflaumen und Birnen nach Dresden, von wo sie zumeist nach Chemnitz und sonst in's Gebirge weitergehen. — Leipzig mnß wegen Einverleibung der Vororte zu Ostern 100 neue Lehrer anstellen. Die Lehrergehalte bleiben in den Vororten vorläufig in der bisherigen Höhe bestehen, da sich die städtischen