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Wochen- und Nachrichlsblatt zugleich 8esWs-AnztM siir Hshitrrf, Mdlitz, Keros-ors, Rishns, 8t. Wien, SeinriDort, Mnriennn »nS Rnlsen. Amtsblatt für -e« Stabtrat zu Lichtenstein. — 4«. Jahrgang. — Nr. 216. Mittwoch, den 17. September 1890. DteseS Blatt erscheint täglich (außer Soun« und Festtags) a-endS für den folgenden Lag. PrertetMrrlcher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Vettellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postaustalteu, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeile oder deren Raum mit 1V Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. II. G ü t e r - V e r k e h r. Ein ungemein wichtiges Gesetz für die ganze deutsche Industrie und alle Gewerbe treibenden ist bekanntlich das Arbeiterschutzgesetz, welches zahlreiche und erhebliche Aenderungen gegen die bis herigen Bestimmungen der Gewerbeordnung bietet. Der Entwurf ist in der Sozialkommission des Reichs tages bereits zu beraten begonnen worden und diese Kommission wird ihre Thätigkeil schon vor dem Be ginn der Reichslagssitzungen, Anfang November, wieder aufnehmen. Das Gesetz soll in der Winter session des Reichstages unter allen Umständen fertig gestellt werden, damit es möglichst schon am 1. April 1891 in Kraft treten kann. Bei allen Parteien im Reichstage ist die gute Absicht vorhanden, das Arbeiterschutzgesetz in ruhiger und maßvoller Form zum Abschluß zu bringen, nm dem Arbeiter denjenigen Schutz zuzugestehen, auf welchen er begründeten An spruch hat. In einem sehr großen Teil der deutschen Industrie ist freilich das, was das Arbeiterschutzgesetz gewähren will, schon auf Grund freiwilliger Verein barungen eingeführt, aber es ist von Wert, daß diese Vereinbarungen nun einen gesetzlichen Boden erhallen sollen, auf dem beide Teile fußen können. Wenn so im Prinzip keine nennenswerten Meinungsverschieden heiten hinsichtlich des Arbeiterschutzgesetzes bestehen, so ist es doch für die, für welche das Gesetz bestimmt ist, von Vorteil, ja von Notwendigkeit, vaß die Be stimmungen des Gesetzes eine handliche und praktische Form erhalten. Es ist ja bekannt, daß Industrielle und Gewerbetreibende Vorschriften vom grünen Tische aus nicht eben sehr gern sehen, denn das praktische Arbeitsleben läßt sich beim allerbesten Willen nicht in so und soviel Paragraphen einzwängen. Jeder Praktiker weiß ja, daß auch die sorgfältigste Zusammen stellung aller Möglichkeiten und Zwischenfälle im Gewerbslebcn die Sache doch nicht erschöpft; es kommen immer wieder unvorhergesehene Ereignisse und zwar um so mehr, je größer ein Betrieb ist, je mannigfaltiger die Ansprüche sind, die an ihn gestellt werden. So versteht denn ein Theoretiker nie gründ lich das praktische Arbeitsleben, er kennt nicht die tausenderlei von Verdrießlichkeiten und unliebsamen Vorkommnissen, die auch den sorgfältigsten Plan durch kreuzen und es unmöglich machen, daß alles Tag für Tag, Woche für Woche und Monat in gleicher un veränderter Weise am Schnürchen geht. Das, worauf es in jedem Betriebe schließlich ankommt, ist, daß Arbeitgeber und Arbeiter guten Willen zeigen, einander zu helfen, durch freudiges Schaffen alle Störungen und Hindernisse für den Betrieb aus dem Wege zu räumen. So wird denn auch bei dem Arbeiterschutz Statistische Notizen über den Bahnhofsverkehr zn Lichtenstein-Callnberg I. Personen- und Gepäckverkehr. Es wurden befördert: gesetz es nicht allein mit dem trocknen Buchstaben gethan sein, sondern es wird auf die Ausführung ankommen, und diese hängt wieder ab von dem Verhalten der Kreise, für welche es bestimmt ist. Vertragen sich Arbeitgeber und Arbeiter gut, so werden die Schwierigkeiten, welche ja überall sich einmal geltend machen, da Menschen keine Engel sind, sich auch ohne sonderliche Mühe regeln, wie es im beiderseitigen Interesse liegt. Besteht ein solches gutes Verhältnis nicht, so wird man sich schon über Lappalien in die Haare geraten, und solche Zerwürfnisse werden um so häufiger kommen, je mehr Hinterthüren im Gesetz sich befinden, durch welche Streit und Zank in das praktische Arbeits leben hinaustreten können. Der deutsche Reichstag hat kein vollkommenes Krankenkassen- und Unfall versicherungsgesetz geschaffen, die Erfahrung hat schon die Notwendigkeit von Reformen gezeigt, und auch das Arbeiterschutzgesetz wird nicht gleich die Note Nr. 1 mit Auszeichnung verdienen. Verbesserungen können später ja immer noch vorgenommen werden. Nur solche Bestimmungen mag man vermeiden, be züglich deren Ausführung es sofort Streit giebt. Den Herren Abgeordneten wäre zu empfehlen, sich vor dem Wiederbeginnen ihrer Arbeiten einmal in verschie denen größeren und kleineren Betrieben ihrer Wahlkreise umzusehen und zu sehen, wie die Dinge überall liegen. Wer die zahlreichen großen und kleinen Mühen und Plackereien in Industrie und Gewerbe nicht aus eigener Erfahrung kennt, sieht die Dinge'mit anderen Augen an, als Arbeitgeber und Arbeiter. Beider Interessen mit einander vereinigen soll das Arbeiterschutzgesetz, aber es müssen Bestimmungen verhütet werden, welche dem einen Teil Anlaß geben hin- und dem andern herzuziehen. TageSgeschichte. *— Lichtenstein, 16. Sept. Gestern ist die hier neu errichtete Herberge zur Heimat mit einer einfach würdigen Feier eröffnet und eingeweiht worden. Es fanden sich nachm. 5 Uhr die Mitglie der des Kuratoriums, der städtischen Kollegien zu Llchtenstein und des Stadtgemeinderates zu Callnberg, Herr Rueff aus Glauchau als von dort entsendeter Vertreter des Kreisvereins für innere Mission, Herr k. Höhne aus Obergorbitz als Vorsteher der dortigen Brüderanstalt, Herr k. Laube ans Oberlungwitz als Vorsitzender des Kuratoriums der dortigen Herberge zur Heimat, die Herren Geistlichen von Callnberg und Rödlitz, die Herren Obermeister der Innungen von Lichtenstein und Callnberg, einige auswärtige Herbergsväter und auch bereits einige zugereiste im Jahre Personen Reisegepäck Gesammt- Einnahme Abgang Ankunft Zu sammen Fahr kartengeld- Einnahme Abgang Ankunft Zu- sammen Gepäckfracht- Einnahme Anzahl Mark Pf. Kilogramm Mark Pf. Mark Pf- 1889 70,302 72,708 146,010 43,297 70 175,139 174,991 350,130 905 80 44,203 50 1880 30,440 28,848 59,288 13,758 40 74,832 60,137 134,969 941 20 14,719 80 Zunahme 1889 in Proz. 141'!, 152°!, 146°!, 215°!, — 134'1, 191°!, 152°!, — — 200°!, — Es wurden befördert: Zahl der expedierten Frachtbriefe Fracht- Einnahme im Güter verkehr Gesammt- Einnahme im Personen-, Gepäck- und Güterverkehr und aus sonstigen Quellen im Jahre Eil- u. Stückgüter Wagenladungsgüter Gesammt-Gewicht Abgang Ankunft Abgang Ankunft Abgang Ankunft Abgang Ankunft Tonnen (d. 20 Ctr.) Stück Mark Pf. Mark jPf. 1889 1880 Zunahme 1889 in Proz. 1599,, 902„ 77°!, 3387,. 2022,, 67°!, 1344,, 314„ 328»!, 12777,, 3335,g 283^o 2943,, 1216,, 142°!, 16164,, 5358„ 202°!, 13875 7706 80"^, 23621 11826 100°!, 130,341 68,957 89° !„ 83 23 176054 89783 96"!, 32 15 Herbergsgäste in der durch Guirlanden freundlich geschmückten Herberge ein. Nach dem Gesänge einiger Verse, welcher von Herrn Oberpfarrer Seidel auf dem Harmonium begleitet wurde, hielt dieser die Weiherede, anknüpfend an die Frage der Jünger des Herrn: „Meister, wo bist du zur Herberge?" begrüßte die Anwesenden, wies die Bedeutung und den Segen der Herbergen zur Heimat nach, gab einige geschichtliche und statistische Notizen über deren Entstehung und Verbreitung im deutschen Reiche und sprach den Wunsch aus, daß auch in unserer Herberge der Herr Jesus ein gern gesehener, Friede, Freude und Segen spendender Gast sein möge. Hierauf wies derselbe den Hausvater und die Hausmutter in ihr Amt ein, legte ihnen ihre Pflichten ans Herz, nahm ihnen das Gelübde treuer Pflichterfüllung ab, und schloß den Weiheakt mit einem innigen Gebet, worauf ein Schluß- vers gesungen wurde. Darauf erfolgte feiten der sämtlichen Anwesenden eine Besichtigung der gesamten Räumlichkeiten der Herberge, deren zweckmäßige, sau bere und schöne Einrichtung allseitigen Beifall fand. Die Versammelten verbrachten hierauf noch ein paar Stunden bei gemütlichem Zusammensein und fanden, daß auch die dort verabreichten Speisen und Getränke vortrefflich und preiswert waren. So möge denn unsre Herberge den bei ihr einkehrenden Fremden und Einheimischen ein Ort traulichen und gesegneten Ver kehrs werden und bleiben. *— Der Militärverein zu Lichten stein beging gestern abend in dem mit den Büsten Sr. Maj. Kaiser Wilhelm II. und Sr. Maj. König Albert geschMücken Saale des Ratskellers sein dreißig jähriges Stiftungsfest. Die Feier bestand in Coucert und Ball, und war die Beteiligung an derselben von Mitgliedern wie auch von geladenen Gästen eine äußerst rege. Nach dem Vortrag einiger trefflicher Concertstückchen vom hiesigen Stadtorchester nahm der Vorsitzende des Militärvereins, Herr Stadtrat Beyer lein, das Wort, begrüßte zunächst die Erschienenen und brachte sodann ein Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Albert aus, in welches die Versammelten mit Begeisterung einstimmten. Nachdem Redner noch auf den guten Geist und das kameradschaftliche Band, welches während des dreißigjährigen Bestehens des Militäroereins denselben umschlungen gehalten, hin gewiesen, drückte er am Schluffe seiner Ansprache den sehnlichsten Wunsch ans, daß die Kameraden auch in Zukunft der Devise treu bleiben möchten: „Mit Gott für Kaiser und Reich, König und Vaterland." Die Gesangs-Abteilung trug im Laufe des Abends einige recht gut gewählte und vorzüglich geschulte Gesangs stücke vor. Ein solenner Ball, welcher bis in die Morgenstunden andauerte, bildete den Schluß dieser in allen ihren Teilen als höchst gelungen zu bezeich nenden Feier. * — Wie aus dem heutigen Inserat ersichtlich, eröffnet der hiesige Stenographenverein wieder einen neuen Unterrichtskursus. Es ist zu wünschen, daß sich zahlreiche strebsame junge Leute finden, die zu ihrem eigenen Nutzen diese günstige Gelegenheit be nutzen werden. * — Wie man hört, ist am vergangenen Sonn tag nachmittag ein schon wiederholt bestrafter, hier wohnhafter Handarbeiter wegen Vornahme unzüchtiger Handlungen von unserer Schutzmannfchaft festgenommen und an das hiesige Kgl. Amtsgericht abgeliefert worden. * — Nach neuerem Gesetz ist denGemeinde- Vorständen, die ihr Amt als Beruf ansehen und dasselbe berufsmäßig verwalten, eine Ent schädigung in dem Falle zu gewähren, wenn sie nach sechs-, bezw. zwölfjähriger Thätigkeit in einer Ge meinde nicht wiedergewählt werden. In solchen Fällen hat die Gemeinde den bisherigen Vorständen noch auf zwei, bezw. vier Jahre nach Ablauf ihrer Thätigkeit die Hälfte des Gehalts zu zahlen. Die Gemeinderäte werden sich binnen Kurzem darüber schlüssig zu machen haben, ob sie ihren Vorstand als