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MMMckMssWU Machen- und Kachrichlsblatt zugleich 8esWs-AsWN fSr tzojiSsrs, MW, LmsSttf, LLsdors, St. 8Oie«, ßeimPsrt, Mmeiiui unS MSls» Amtsblatt für de« Sta-ttat zu Lichtenstein. 40. Jahrgang. — — Nr. 206. Freitag, den 5. September 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (allster Sc^n- und Festtag») abend« für de« folgende« Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Mar» 17S, alle Kaiser!. Postanstalteu, Postbote», sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergelpalte«« Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgeschichte. — Aus allen Badeorten und Sommer frischen treffen Nachrichten über unaufhörliches Regenwetter, WasserSnot und Schneefälle ein. Kein Wunder, wenn daher aus allen diesen Orten eine geradezu fluchtartige Rückwanderung eingetreten ist, welche zu allernächst auf den Eisenbahnverkehr ein wirkt. Die Schnellzüge aus Bodenbach, Prag, Wien, Karlsbad und Teplitz, sowie von Bayern trafen deshalb dieser Tage alle mit Verspätigung ein, wegen späterer Ankunft der hinterliegenden Nachbar bahnen. Aus den Alpengebieten ist die Heimreise natürlich am schleunigsten ausgeführt worden, so daß z. B. Mittwoch früh der 7 Uhr 20 Min. aus Bayern kommende Personenzug ab Reichenbach in 2 Teilen gefahren werden mußte. Der Andrang in Hof und Reichenbach soll außerordentlich sein und große Mengen Gepäck lagern auf den Perrons der Bahnhöfe. — Am Tage nach der Uebergabe von Sedan widerfuhr, wie man der „Tgl. Rdsch." erzählt, dem Hauptquartier des Königs von Preußen ein eigentümliches Mißgeschick: Der Briefwagen, der am 3. September 1870 von Vendresse abfuhr, hatte den gesamten Briefvorrat der beiden letzten Tage zur Beförderung an die nächste Bahnstation innerhalb der deutschen Linien ausgenommen, und der Postillon, dem der einzuschlagende Weg genau vorgeschriebeu worden war, verirrte sich, was be greiflich und verzeihlich war, weil die französischen Vizinalwege allesamt gleichartig gebaut sind und keinerlei äußere Erkennungszeichen trugen. Die Wegweiser waren zerstört worden, und so geschah es, daß der Rosselenker, anstatt den dritten Quer weg links einzufahren, geradeaus fuhr und direkt in die französische Vorpostenkette von Verdun hinein geriet. Man hielt den Wagen erst an, als er sich dicht vor der Festung befand. Der Kommandant von Verdun ließ den Wagen öffnen und die einzelnen Pakete auseinander nehmen. Da fand sich neben der amtlichen Korrespordenz eine übergroße Zahl von Feldpostbriefen vor, und der Kommandant erfuhr aus den beschlagnahmten Schriftstücken, was Rose. Roman von I. von Werth. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Endlich faltete er da ; Billet wieder zusammen, warf einen prüfenden Blick über seinen Anzug und rief wenige Minuten später, in den Wagen steigend, dem Kutscher zu: „Casa Goffredi." Wieder ist die ganze Zimmerflucht erleuchtet. Arianna hat den Befehl gegeben, den Gast ohne vor hergehende Meldung eintreten zu lassen. So kommt es, daß der Konsul die Zimmer leer findet. Er tritt erst betrachtend vor eines der vielen kostbaren Oel- gemälde. Dann durchwandert er die Reihe der Ge mächer. Die dicken Teppiche, welche überall das bunte Marmor-Parquet verdecken, machen seine Schritte unhörbar. So kommt er an das kleine Boudoir. Im Thürrahmen, dort, wo gestern Pater Alfonso gelehnt, bleibt er stehen. Vor ihm auf dem Bet- schemel zu Füßen des Madonnenbildes, kniet wiederum die Herrin des Hauses. Die Arme hängen wie müde herab. Zwischen den verschlungenen weißen Fingern hält sie den Rosenkranz. Sie hat die Schläfe auf das kleine Gebetbuch gelehnt. Die Lippen bewegen sich betend, während unter den geschlossenen Lidern hervor langsam Helle Tropfen quellen. Um die beten den Lippen aber liegt ein süßes liebreizendes Lächeln. Die sonnigen, blauen Augen des Mannes können sich nicht loSreißcn von diesem Bilde und dennoch drängt sich ein anderes ihm auf. Es ist im Schlafzimmer seiner Kinder. Sie sitzen mit fromm gefalteten Händen in ihren Bettchen. Zwischen ihnen steht hoch aufgerichtet alles bei Sedan sich zugetragen hatte. Er las einen Brief des Königs Wilhelm an die Königin Augusta, ein Schreiben des Bundeskanzlers Grafen v. Bismarck an seine Gemahlin, einen vorläufigen Bericht des Großen Generalstabes über den Verlauf der Schlacht und die ausführliche Mitteilung über die Gefangennahme der Mac Mahonschen Armee, sowie über die Sendung des Generals Reille von Sedan an das deutsche Hauptquartier. Alle übrigen Feldpostbriefe brachten kurze Meldungen an die Väter, Mütter und Geschwister über das Befinden der Absender, und der Kommandant von Verdun gewann sogar ein treues Bild von allem, was um Sedan geschehen war, denn in Zuschriften an illustrierte Zeitungen lagen Bleistiftskizzen über alle möglichen Einzelheiten. Der Feldtelegraph der Briefabnahmestelle von Beaumont meldete am 4. September, abends, nach Vendresse, der erwartete Briefmagen wäre nicht angekommen, dem Postillon müßte ein Unglück zugestotzen sein. Allein am 6. September fand sich der Postillon ein und meldete, was ihm widerfahren war. Er konnte auch die Briefschaften abliefern, denn die Franzosen hatten von dem Inhalt nur Kenntnis genommen und alles sorglich verpackt in den Briefwagen zur Weiterbe förderung eingeladen. Der ganze Schaden bestand in zweitägiger Verzögerung, und weder Staatsge heimnisse waren verraten worden, noch Gelder ver loren gegangen, denn die Gesamtsendung bestand aus einfachen Briefen. Weil die Franzosen höflich genug gewesen waren, alle Schriftstücke an ihre Adresse gelangen zu lassen, so übernahm die deutsche Feldpost in Versailles späterhin zur Bestellung auch Briefe von Franzosen, darunter viele Geldsendungen an gefangene Franzosen in Deutschland. — Die für den 29. September angesetzte Ver sammlung der Delegierten des allgemeinen sächsischen Lehrervereins, welche zu Leipzig abgehalten wer den sollte, ist verschoben worden und wird wahr scheinlich in den Weinachtsferien stattfinden. — Ein als Reservist zum Bornaer Kara binierregiment eingezogener Soldat ist von da deser tiert und wurde im Walde bei Chemnitz mit durch- schossner Brust aufgefunden. eine schlai ke Mädchengestalt im schwarzen Trauer kleide, die schmalen Hände in einandergelegt, den ernsten Blick an den dunklen Nachthimmel g-heftet, der mit lausend goldenen Sternen in das Fenster schaut. Das ist das Mädchen, das sich als wahres Kind des einen ewigen Gottes fühlt und in Freude und Schmerz dankend und klagend, sich an sein Vater herz flüchtet. Sie spricht mit sanfter inniger Stimme klare Worte, bestimmte Gedanken aus, und die Kin derlippen sprechen sie nach. So beten sie für ihn. Doch der Anblick des knieenden, schönen Weibes läßt ihn nicht weiter zu dergleichen Gedanken kommen. Sie, diese greifbare, schöne Wirklichkeit, verhindert seinen Geist, sich weiter mit den idealen Fragen des Lebensrätsels zu beschäftigen. Die Lippen der Betenden bewegten sich noch immer, während Perle auf Perle durch die schlanken Finger gleiten. Die Worte werden vernehmlicher; sie betete den englischen Gruß. „Jesus, der unsere Liebe entzünden wolle," tönt es an das Ohr des Lauschers. Da stockt die Beterin. Sie schlägt die Augen auf und wiederholt: „Nein, nein; der die Liebe in seinem Herzen entzünden möge." Als fühle sie den warmen Blick der blauen Augen, der auf ihr ruht, wendet sie den Kopf. „Giovanni," ruft sie und eilt ihm entgegen. „Giovanni," wiederholt sie fast ängstlich und bleibt auf halbem Wege stehen. Die ausgestreckten Arme gleiten herab und das schöne, stolze Haupt senkt sich Scham übergossen. Da steht er vor ihr und ergreift ihre beiden Hände. „Arianna, Sie haben mich gerufen. Da bin ich." — In Voigtshain sind am Sonnabende dem Wirtschaftsbesitzer Jentzsch mehrere Kühe infolge Vergiftung verendet, und sein weiteres Vieh, darunter ein Pferd, ist aus gleicher Ursache schwer erkrankt. In das Gras, das den Tieren als Futter gereicht worden war, waren zahlreiche Oleanderblätter ge fallen. Das hat, wie das „Dahl. Nachr." mitteilt, die Vergiftung verschuldet. — Stollberg. Am verflossenen Montag abend wurde von ein paar jungen Leuten an der oberen Ecke des Roßmarktes ein seltener Gast einge fangen, nämlich eine sehr junge Rohrdommel. Der Vogel, zu den Reihern gehörig, kommt in unserer Nähe gar nicht vor, muß sich also nur hierher ver irrt haben. Trotz guter Pflege, die der Fremdling bei einem Tierfreunde gefunden hat, werden seine Stunden wohl gezählt sein, da er schon matt und krank eingeliefert wurde. — Die Landwirte befinden sich hier in größter Bedrängnis, da nun schon seit Wochen kaum ein Tag ve geht, an welchem nicht starker Regen fällt. Die ganze schöne reichliche Haferervte, ja in höheren Lagen auch das Sommergetreide befin det sich noch unter freiem Himmel und kann nicht unter Dach gebracht werden. Die Kartoffeln bleiben bei solcher Witterung seifig, hier und da findet man schon kranke. Nu. Kraut, Rüben und Klee gedeihen bei der herrschenden Nässe vorzüglich. — Mülsen St. Jacob. Kürzlich wurde auf einem hiesigen Grundstück ein Hamster aus gegraben und lebend in die Schule gebracht. Der selbe wird nun in Zwickau ausgestopft, und das aus gestopfte Tier zur Belehrung der Kinder in der Schule aufbewahrt werden. — Glauchau, 3. Sept. In unmittelbarer Nähe des Gasthauses Friedensburg stürzte gestern abend in der 9. Stunde das Pferd eines Holzhändlers S. aus Löwenhain vermutlich infolge Altersschwäche zunächst mit den Vorderbeinen in den dem Gasthofe gegenüberliegenden Straßengraben. Trotz größter Anstrengung gelang es nicht, dasselbe wieder in die Höhe zu bringen, sondern es stürzte dasselbe voll ständig in dem Graben zusammen, woselbst es über Nacht verendete. Heute vormittag wurde der Ka daver von dem Kaviller Seidel in Meerane abgeholt. „Ich glaubte es nicht, daß Sie meinem Rufe folgen würden. Daher bin ich nun so glücklich, daß Sie doch gekommen," entgegnete sie verwirrt. Doch plötzlich schaute sie auf. „Sie haben mich vorher beobachtet ?" Und heftig entzieht sie ihm die Hände. „Ja, Madonna." Er bleibt unbeweglich, bis sie vor seinem Blick die Lider senkt. Dann fährt er fort: „Arianna, ich habe nachgedacht, für wen Sie mit so Hellen Glückesthränen und so lächelnder Innigkeit beten möchten, und welchem Glücklichen endlich Ihre letzten Worte gelten konnten." „Fragen Sie nicht, nein, fragen Sie nicht," bittet Arianna. „Er hätte an meiner Stelle stehen müssen," fährt Johannes fort, „und seit dieser Stunde würde er Sie anbeten. Doch warum sind Sie so gar ge heimnisvoll damit? Der Name heißt, wenn ich nicht irre, Guglielmo Goffredi." „Nicht diesen Namen," ruft sie heftig. „Sprechen Sie ihn nicht aus. Ich mag, ich will ihn nicht hören von Ihren Lippen." Er sieht verwundert zu ihr nieder. So galten jene Worte nicht ihm, nicht Ihrem Gatten?" „Nein, nein, nein," entgegnet sie leidenschaftlich, „nicht ihm gelten meine Gebete, nicht ihm gilt meine Sehnsucht, meine heiße Liebe." Die letzten Worte hat sie nicht ungestüm, sondern schnell und leise ge sprochen, die Hände auf das pochende Herz gedrückt. Und so, schnell und leise, wie im Fieber, spricht sie weiter, während ein Schauer bisweilen ihre Gestalt erbeben läßt und ihre Blicke unverwandt an der kleinen flackernden, heiligen Lampe hängen. „Ich hab' ihn nie geliebt, nie, niemals. Ich