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UMMWMWW Wochen- und Üachrichtsblatt zugleich EesWs-ülnzeM sm Witorf, RäSlitz, VttMnf, Riis-ms, Ft. 8gi-i«, Heiiirichsort, Mmiemll uni Ms«. Amtsblatt für de« Sta-trat z« Lichtenstein. 4«. Jahrgang. —— ______ Nr. 181. Donnerstag, den 7. August 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sann, und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, MarN 17S, alle Kaiser!. Postanstalten, Postbote«, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Die Besitzergreifung von Helgoland für das deutsche Reich wird in den nächsten Tagen erfolgen. Besondere Feierlichkeit wird dabei nicht entfaltet; die englische Flagge wird niedergelassen, die Deutsche unter dem üblichen Salut gehißt wer den, und dann der Reichskommissar im Namen des deutschen Kaisers von der Insel Besitz ergreifen, aber das Ergebnis bleibt doch ein hervorragendes unter den großen dieses Jahres. Vor allen Dingen muß es uns mit freudiger Genugthuung erfüllen, daß ein deutsches Stück Land, welches Jahre lang einer fremden Regierung unterstellt war, nunmehr mit dem Reiche vereinigt ist. Durch den Erwerb von Helgoland wird die Nordsee in Wahrheit ein deutsches Meer, das englische Helgoland beeinflußte und irritierte das deutsche Handeln in der Nordsee bisher ununterbrochen. Bei allen deutschen Unter nehmungen im Krieg, wie im Frieden, immer war aus das britische Besitztum Rücksicht zu nehmen, und daß hierin eine Aenderung eingetreten, wird vor allen Dingen freudig begrüßt werden. Und auch die Helgoländer sind damit ganz einverstanden, daß sie deutsch werden. Es ist wohl in Deutschland, noch mehr aber in England gesagt, die Insulaner möchten gern britische Unterthanen bleiben. Der alte Gladstone hat im Londoner Parlament den Nagel aus den Kopf getroffen, als er diesen Ein wänden gegenüber bemerkte: „Es ist über flüssig, uns für die Bewohner der Insel zu ereifern. Die ganze Haltung der Helgoländer beweist, daß sie mit der Vereinigung mit dem deutschen Reiche durchaus einverstanden sind." Daß die Helgoländer auch ihren Vorteil wahrnehmen wollen, ist selbst verständlich, das würden auch andere Leute thun. Die Hauptsache bleibt: Die Bewohner von Helgo land kehren gern zur großen Stammesfamilie zurück, Deutschland hat in allem Frieden eine schöne und wertvolle Eroberung gemacht. Die politische Bedeutung der Erwerbung von Helgoland ist bisher vielfach zu niedrig veranschlagt. So lange Helgoland englisch war, ging die Sache noch, aber konnte es denn nicht in anderen Besitz kommen? Angenommen, die Beziehungen Deutsch lands zu England wären wenig erfreuliche, so würden sie natürlich zwischen Frankreich und England sehr gut sein. Wenn nun die Pariser Regierung sich bereit erklärt hätte, den Engländern die dauernde Besetzung von Aegypten zuzugestehen, und dafür, was sehr nahe lag, Helgoland gefordert hätte, würde man in London „nein" gesagt haben? Kaum! Dann hätten wir die Franzosen vor der Nase gehabt, und daß man in Paris Millionen über Millionen ohne Weiteres bewilligt haben würde, um Helgoland zu einer starken Befestigung zu machen, darüber besteht wohl kein Zweifel. Konnte Deutschland sich aber das gefallen lassen? die Antwort wird kaum bejahend ausfallen. Ebensogut hätte England die Insel Helgoland im Falle eines unglücklichen Krieges mit Rußland, und ein englisch russischer Krieg war doch vor mehreren Jahren recht nahe, dem Zaren abtreten können, und das wäre für uns auch nicht angenehm gewesen. So ist für uns bei dem Deutschwerden Helgolands der Umstand von größter Wichtigkeit, daß kein anderer Staat die Insel bekommen kann. Daß die militärische Bedeutung der neuen Erwerbung mit der Fertigstellung des Nord- ostseekanals eine sehr große wird, ist in der Denkschrift des Reichskanzlers von Caprivi schon hervorgehoben worden. Dieser Umstand macht die Insel noch wert voller, aber ausschlaggebend für die Erwerbung waren die früher hervorgehobenen Punkte. Und diese An sichten verbürgen auch, daß Helgoland unter deutscher Flagge einen weiteren kräftigen Aufschwung nehmen, ein Lieblingskind des ganzen Reiches werden wird. Tagesgeschichte. * — Lichtenstein, 6. Aug. Das diesjährige Schauturnen des hiesigen Turnvereins findet Sonntag, den 10. August im Turngarten statt. Die Festordnung ist folgende: Sonntag, den 10. August nachm. */s3 Uhr Sammeln der Mitglieder im Rats keller, punkt 3 Uhr Abmarsch nach dem Turngarten. Hierauf Turnen bis 6*/r Uhr. Abends von 8 Uhr an öffentlicher Kommers im großen Saale des goldnen Helm. Montag, den 11. August nachm. fls6 Uhr Concert im Helmgarten, von 8 Uhr ab Kränzchen. * — Gestern Dienstag abend wurde seitens der Ausschußmitglieder der hiesigen Ortskranken kasse, welche sich zu diesem Zwecke im Ratskeller versammelt hatten, die vorschriftsmäßige Wahl von Wahlmännern für die Jnvaliditäts- und Alters-Ver sicherung v orgen ommen. Einem vom Glauchau-Meeraner Wahlbezirk (zu welchem die hiesige Ortskrankenkasse in diesem Falle einverleibt) unterbreiteterWahlvorschlag wurde, um größere Stimmenzersplitterung zu ver meiden, beigetreten und von feiten der Arbeitgeber Herr Fabrikdirektor C. Schultz in Meerane, von feiten der Arbeitnehmer Herr Fabrikarbeiter Joh. Seidel in Rothenbach bei Glauchau einstimmig gewählt. * — Callnberg, 6. August. In der gestern abend abgehaltenen Vorstands-Sitzung der hiesigen Ortskrankenkasse, in welcher die Wahl von Wahl männern für die Jnvaliditäts- und Altersversicherung stattzufinden hatte, wurden nachfolgende Herren ge wählt: Fabrikdirektor C. Schultz in Meerane von feiten der Arbeitgeber und Maschinenführer Herm. Bernhard von hier von feiten der Arbeitnehmer. — Die Witterung war vergangene Woche sommerlich und heiß und begünstigte die Erntear beiten, so daß die Raps-Ernte ganz und die Roggen- Ernte zum großen Teil als geborgen zu betrachten ist, während man mit dein Weizenschnitt hie und da bereits begonnen hat, dem auch Gerste und Hafer bald folgen wird. Im Getreidegeschäft übte das schöne Erntewetter verstauend, und da man bestrebt war, die bestehenden Preise mitzunehmen, trat an den Börsen besonders in Roggen ein unge mein starkes' Angebot von Ware hervor, das auf den Wert drückte und auch Weizen in Mitleidenschaft zog, trotzdem für diesen Artikel einiger Bedarf zu decken war. — Einem Briefe eines geborenen Waldenburgers, welcher sich gegenwärtig inChile aufhält, entnimmt das „Schönb. Tagebl." folgende Angaben über die dortigen Verhältnisse, die angesichts der jetzigen Wirren in Südamerika von doppeltem Interesse sind. Der selbe schreibt: Ich bin hier im Jndianergebiet. Die Araukaner von heute sind jedoch nicht mit jenen der Vergangenheit, von denen Erkilla singt, zu vergleichen. Der Schnaps hat ihre Rasse verdorben. Sie wollen nicht arbeiten, und so geht der sonst so kräftige Stamm langsam aber sicher seinem Untergange entgegen. Sauces liegt unfern der deutschen Kolonien. Ich bin hier im Süden Chiles, um diesen Teil des Landes kennen zu lernen. Die Kolonien kenne ich bereits genügend. Allzu beneidenswert ist das Los der Ansiedler nicht, denn es vergehen wohl dreißig Jahre, ehe sie sich ein gemächliches Los verschaffen können. Der Boden ist mittelmäßig fruchtbar und von geringem Umfange, dazu ist er schon lange Jahre bebaut und ausgesogen worden. Wundervoll ist die Kolonie Kontulmo gelegen, die sich an einem See hinstreckt und rings von Wäldern umschlossen. Es berührt eigenartig, da mitten in der Wildnis deutsche Laute zu vernehmen und Berliner Pfannenkuchen zu essen. Ich streiche hier mitunter in den Wäldern herum, um zu botanisieren. Da kann man denn wohl auch manch mal einen Löwen sehen, den Puma, der hier noch vorkommt. Die herrschende Baumart sind Buchen, die hier noch ihre Blätter behalten. Der Wein und die Südfrüchte gedeihen hier jedoch nicht mehr, die muß man aus nördlicheren Provinzen beziehen. Nun noch ein allgemeines Wort über das Land, in dem ich mich befinde. Chile ist ein außerordentlich vor wärtsstrebender Staat, der in den letzten Jahrzehnten großartige Fortschritte aus allen Gebieten gemacht hat. Eisenbahnen durchkreuzen das Land bis fast zum äußersten Süden. Ein jeder Ort hat seine Schule und Kirche. Ackerbau und Handel blühen und auch die Industrie nimmt ihren Anfang. Das Staats budget ist schon über 60 Millionen geschritten. So ist Chile die geordnetste der südamerikanischen Repub liken. Augenblicklich jedoch ist die politische Lage des Landes etwas beunruhigt. Der jetzige Präsident Joss Manuel Balmaceda hat sein Ansehen verloren, da er mit den Staatsgeldern sehr verschwenderisch umge gangen ist. Wie sich die Dinge gestalten werden, muß die Zukunft lehren. — Dieser Tage hielt der „Sächsische Schuh- macher-Jnnungsverband" seinen zweiten Verbandstag in Oschatz ab. Mit demselben war eine Ausstellung aller Bedarfsartikel, Maschinen usw. für das Schuh machergewerbe, sowie von Fachschulzeichnungen und Lehrmitteln für Fachschulen verbunden. Diese Aus stellung fand im oberen Rathaussaale statt, und bot in ihrer Gesamtheit ein Bild des hochentwickelten Schuhmachcrgewerbes dar. — Zwickau, 4. August. (Verhandlung vor dem Kgl. Landgericht, Ferien-Strafkammer II.) Vor der zweiten Ferien-Strafkammer des Kgl. Landgerichtes hier wurde heute die wiederholt vertagte Verhandlung gegen den Gasanstaltsarbeiter Carl Friedrich Müller aus Lichtenstein zu Ende geführt. Die wiederholten Anstrengungen Müller's, seine Freisprechung zu er zielen, blieben indessen erfolglos. Der 1858 in Röb litz geborene, übrigens bereits vorbestrafte Angeklagte wurde vielmehr wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gefängnisstrafe von 4 Monaten verurteilt. Derselbe hat in der Nacht zum 19. Mai d. I. gegen 1 Uhr auf der Zwickauerstraße in Lichtenstein vor der Forbriger'schen Schankwirtschaft offenbar aus Wut darüber, daß er kurz vorher aus dieser Wirtschaft wegen ungebührlichen Benehmens gewaltsam entfernt worden war, den Ziegeleiarbeiter Oskar Wilhelm Voigt aus Callnberg, der unter der Hausthür der For- briger'schenWirtschaftgestandenhahmiteinem geöffneten Taschenmesser, einem sogenannten Nickfänger, gestochen und verwundet. — Eines der größten Rittergüter Sachsens, das Rittergut Pomßen, ist nebst den Vorwerken Eicha und Fuchshain kürzlich in den Besitz des Fürsten von Schönburg-Waldenburg übergegangen. Der bisherige Eigentümer, Rittergutsbesitzer Weiß, in dessen Besitz noch die Rittergüter Großstädte! und Großpösna ver bleiben, verkaufte Pomßen, das sich durchweg in hoher Kultur und gutem Düngungszustande befindet und das einen Flächeninhalt von 2300 sächsischen Ackern einnimmt, für den Preis von über 2*/s Mill. Mark, wobei dem Verkäufer ein sehr beträchtlicher Gewinn zugefallen ist. Der Fürst von Schönburg-Walden burg hat durch diesen Zukauf sich eine Besitzung ge schaffen, wie eine zweite in Sachsen nicht mehr zu finden ist, da derselbe die neue Besitzung mit seinen weiteren Besitzungen Belgershain, Köhra und Lind hardt, die unmittelbar sowohl mit den Feldern als auch mit Wald aneinandergrenzen, vereinigen wird. Die in Rede stehenden Rittergüter sollen schon vor etwa 150 Jahren in der Familie v. Ponickau ver einigt gewesen sein. — In Schöneck schlug der Blitz am Sonn abend in drei aneinander gebaute Scheunen und brannten dieselben vollständig nieder. Auch geriet da»