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Wochen- nud UachrichtMM zugleich MW-AiUM für Hohsdors, MHltz, HerMnf, RLsLorf, St. Wien, HckrWrt, Maricmii ««- Mülsen. Amtsblatt für de» Stadtrat ;« Lichtenstein. —— ——-—— —-—— 4V. Jahrgang. — — Nr. 178. Sonntag, den 3. August 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonu» und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis I Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 178, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. «I sollen Gottesackergasse Nr. 115 die zum Nachlasse des Webermeisters Friedrich Kemter gehörigen Gegenstände, als: 1 Webstuhl mit Maschine, versch. Möbels, Kleider, Betten, Wäsche und dergl. mehr, meistbietend und gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Lokalgerichte Lichtenstein, am 30. Juli 1890. Schmidt. Grundsteuer fällig! Auktion. Künftigen Montag, den 4. August 18SV, Nachmittags 2 Uhr, Wochenschau. Kaiser Wilhelm hat den zweiten Teil seiner dies jährigen Sommerreisen angetreten. Zum Beginn der Woche war der Monarch aus der stillen norwegischen Gebirgslandschaft auf deutschen Boden zurückgekehrt und hatte mehrere Tage hindurch an Bord der Jacht „Hohenzollern" in Wilhelmshaven Aufenthalt ge nommen. Dort wurden die Regierungssachen erledigt, welche während der Abwesenheit des Kaisers nicht wohl zum Abschluß gebracht werden konnten, und der Kaiser hat deshalb auch die „Hohenzollern" nur wenig ver lassen. Zum Vortrage war auch der Reichskanzler v. Caprivi nach dem Kriegshafen an der Nordsee gekommen. Nunmehr hat der Kaiser die Fahrt nach Ostende in Belgien angetreten, wo am Sonnabend die Begrüßung mit dem Könige Leopold erfolgen wird. Der Besuch ist offizieller Natur und wird auch dem entsprechend ein feierlicher Empfang stattfinden. Nach eintägigem Aufenthalt in Ostende wird alsdann die Weiterreise nach Schloß Osborne zum Besuch der Königin von England fortgesetzt werden. Die belgischen und die englischen Zeitungen äußern sich sehr sympathisch über die fürstlichen Begegnungen, aber selbstverständlich haben dieselben keine größere politische Bedeutung, als daß sie die Fortdauer des gegenseitigen Freundschafts verhältnisses zeigen. Auf der Heimreise von England wird der Kaiser auch der Insel Helgoland einen kurzen Besuch abstatten. Helgoland ist heute bereits deutsch, wenn auch die offizielle Besitzergreifung noch aussteht. Das englische Parlament hat endgiltig das Gesetz angenommen, durch ^welches die Insel an das deutsche Reich abgetreten imrd, und ist damit das Kapitel der Verhandlungen abgeschlossen. Pünktlich, sofort nach dem Beschlusse der britischen Volksvertretung, hat in Berlin der Reichskanzler v. Caprivi die Denkschrift veröffentlichen lassen, welche darlegt, welche Gründe für die Reichs regierung beim Abschluß des Kolonial-Vertrages mit England maßgebend gewesen sind. Wie nun Fürst Bismarck, so ist auch sein Nachfolger der Ueberzeugung, daß es um der Kolvnialpolitik willen weder zu einem Kriege, noch zu einem Zerwürfnis zwischen Deutsch land und England kommen soll. Man hat deshalb in Berlin das Hauptgewicht darauf gelegt, aus den bezüglichen Verhandlungen so viele Vorteile, wie mög lich, sür Deutschland herauszuschlagen, für jedes Ent gegenkommen an England auch von dort eine Konzession zu erhalten. Dies ist nach der Ansicht der Reichs regierung gelungen. Auf das inner-afrikanische König reich Uganda, mit dessen Herrscher vr. Karl Peters kürzlich einen Vertrag abgeschlossen hat, mußte die Reichsregierung schon um deswillen verzichten, weil bereits Fürst Bismarck dies Gebiet den Engländern zugestanden hatte. Der Besitz der Insel Zanzibar, die bekanntlich unter britischen „Schutz" kommt, also in Wahrheit englisch wird, wird in der Denkschrift nicht sür so wichtig gehalten, daß ohne denselben das deutsche ostafrikanische Schutzgebiet wertlos würde. Deutschland legte umsomehr das Hauptgewicht darauf, seinen Teil der Zanzibarküste zum Eigentum zu er halten, weil England und Frankreich, welche die Selbständigkeit des Sultanats Zanzibar garantiert haben, einem deutschen Protektorat über dasselbe nie zugcstimmt haben würden. Daß die Insel Helgoland von großem militärischen Wert für Deutschland ist, wird in der Denkschrift ausdrücklich hervorgehoben. Die Reichsregierung will keine weiteren Neuerwerbungen von Kolonialland vornehmen, sie will durch eifrige j und treue Arbeit das vorhandene Gebiet für Deutsch land nutzbringend zu machen suchen. Daß diese Arbeit gelingen möge, ist der allseitige Wunsch. In unseren Schutzgebieten sieht es überall ruhig aus. Fürst Bismarck hat nun endlich seine Einsam keit in Friedrichsruhe aufgegeben. Er ist mit seinem ältesten Sohne, dem Grafen Herbert, zunächst nach seinem Stammgut Schönhausen an der Elbe gereist, hat aber eine Route eingeschlagen, auf welcher Berlin nicht berührt wurde. Ende dieser Woche kommt der Fürst von Schönhausen iw Kissingen an. Da er im Ganzen mehrere Monate von Friedsrichsruhe fernzubleiben gedenkt, so ist wahrscheinlich, daß sich an dem Besuch von Kissingen noch weitere Reisen krtüpfen werden. In Ischl in Oberösterreich ist die Hochzeit der Erzherzogin Valerie, der jüngsten Tochter des Kaiser paares, mit ihrem Vetter, dem Erzherzoge Franz Salvator, begangen worden. Die Vermählung, ur sprünglich schon für den vorigen Sommer geplant, unterblieb bekanntlich, weil die Kronprinzenkatastrophe allgemeine Trauer brachte. Die Politik hat in Oester reich-Ungarn ebenfalls Ferien, auch aus dem Orient liegt nichts Wichtigeres vor, welches in Wien besonders zu interessieren vermöchte. Zwischen Frankreich und England sind die Kolonialverhandlungen in der Hauptsache zum Ab schluß gekommen, wenn auch noch nicht formell un terzeichnet. Der französische Minister des Auswär tigen hat für die Anerkennung des englischen Protek torates über Zanzibar ziemlich erhebliche Gegen leistungen herausgeschlagen, den Herren in der Pariser Deputiertenkammer ist das Alles aber bei Weitem noch nicht genug und man nörgelt nun fort während an den Bestimmungen umher. Es wird aber schließlich doch alles so, wie vereinbart, bleiben. Bei einem großen Flottenmanöver in Cherburg, welches zu Ehren des russischen Botschafters Baron Mohrenheim staltfand, hat die französische Torpedo flotte sich wieder einmal blamiert und so gut wie nichts geleistet. Die russische Regierung beschäftigt sich ihrerseits mit neuen Ausnahmebestimmungen gegen die Juden im Czarenreiche. Die Festsetzungen sind sehr streng: Die Juden dürfen darnach weder auf dem Lande wohnen, noch Ackerland besitzen, noch dasselbe bewirtschaften. Ferner wird allen Juden der Besuch von höheren Schulen und Univer sitäten untersagt, sie werden auch für unfähig erklärt, jemals ein Staatsamt zu bekleiden. Es sollen Versuche gemacht werden, eine Milderung dieser Be stimmungen herbeizuführen, aber man verhehlt sich nicht, daß diese Versuche erfolglos bleiben werden. Die Hauptausmerksamkeit lenkte in dieser Woche die Revolution auf sich, die in Argentinien, der Hauptstadt von Buenos-Ayres, ausgebrochen war. Nach blutigemStraßenkampfe hatten dieAufständischen die Regierungstruppen überwunden, bereits eine provisorische Regierung eingesetzt, — da vertrug man sich plötzlich und eine allgemeine Amnestie wurde erlassen. Die Ursache dieses Umschwunges war, daß den Aufständischen Plötzlich die Munition ausgegangen war. Momentan herrscht nun wieder volle Ruhe, aber daß dieselbe lange anhalten wird, unterliegt allgemeinem Zweifel. In Zentralamerika nimmt der Bürgerkrieg zwischen Guatemala und San Sal vador lustig seinen Fortgang. Der letztere Staat ist erheblich im Vorteil. Tagesgeschichte. * — Lichtenstein, 2.August. Mit dem gegen wärtig fälligen 2. Grundsteuer-Termin kommt gleich zeitig ein Zuschlag zur Deckung des Bedarfs deS Landeskulturrates zur Erhebung. Dieser Zuschlag wird nur von denjenigen Grundbesitzern, deren Besitz tum nach Abzug der auf Gebäuden und gewerblich benutzten Grundstücken liegenden Steuereinheiten noch mit über 120 Steuereinheiten belegt ist, und zwar nach Höhe von zwei Zehnteil-Pfennig von jeder bei tragspflichtigen Steuereinheit erhoben. * — Wie uns von verschiedenen Seiten mitgeteilt wird, wurde gestern Abend gegen 10 Uhr eine Himmels erscheinung, ähnlich einem Meteor, beobachtet. Die Erscheinung, in Form einer glänzenden Kugel mit langem Schweif, verschwand sehr schnell vor den Augen der Beschauer. * — Falb's kritischer Tag wird auf's neue durch die Meldung eines Naturereignisses bestätigt, das auf eine Hochflut des feuerflüssigen Erdinnern zurück zuführen ist. Wir erwähnen beispielsweise die schon aus Algier gemeldeten heftigen Erdstöße in Oran. — Das „Schönburger Tageblatt" schreibt: Von maßgebender Seite werden wir ersucht, unsere Landwirte auf eine gute Lehre aufmerksam zu machen, damit sie durch deren Beachtung sich selbst vor Schaden bewahren. Bei gewissen Rinderkrank heiten muß nämlich auch die von dem erkrankten Rinde gewonnene Milch vernichtet werden. Da es nun in den Milchwirtschaften Brauch ist, die Milch von allen Kühen unter einander zu schütten, so muß bei schlimmen Krankheitsfällen sämtliche Milch un brauchbar gemacht werden. Um sich derartigen Nachteilen zu entziehen, ist es gut, wenn die Milch von verdächtigen nicht ganz gesunden Kühen stets für sich allein im Keller aufbewahrt bleibe. Be wahrheitet sich dann der Verdacht, daß Milzbrand oder eine andere gefährliche Rinderkrankheit aus bricht, so geht blos die Milch von der erkrankten Kuh verloren, die übrige Milch von den gesunden Stücken aber wird erhalten und der betreffende Landwirt bleibt vor größerem Nachteile bewahrt. Hoffentlich beachten unsere Bauernfrauen diese gute Lehre, damit sie nicht erst durch Schaden klug werden. — Der Preußische Handelsminister, Freiherr v. Berlepsch, hat sich dazu entschlossen, eine ganze Reihe von Forderungen der Mitglieder der Gruben- ausschüsse, die dieselben im Auftrage ihrer Kameraden gestellt, zu bewilligen. Die Schichtdauer wird auf 8 Stunden ohne Einrechnung der Ein- und Ausfahrt festgesetzt. Häuer erhalten nach 6jähriger Arbeitszeit 3,50 M. Schichtlohn, im Akkord 4,00 M. Für die Pferdeknechte werden besondere Bestimmungen getroffen. Die Thüren an den Eingangsstollen werden Hinfort nicht mehrjgeschlossen. Bergmanns kinder genießen bei Neuanlegungen ein Vorrecht. Me Bergarbeiter, die nach dem Streike eine zweite Strafe erlitten haben, werden wieder angelegt. Die gewünschten Schiedsgerichte finden bei der Er richtung der Gewerbegerichte Berücksichtigung. Leichte und unsaubere Kohlenbeförderung wird nicht mehr mit Geldstrafen belegt. Wer ohne Urlaub feiert, wird mit einer Mark Geldstrafe bestraft; wer Montags feiert, zahlt deren zwei. Beamte, welche Bergleute mißhandeln, werden disziplinarisch bestraft nach den Bestimmungen des Disziplinargesetzes, dem sie fortan sämtlich unterstellt werden. Ver-