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Wochen- und Kachrichtsblatt zugleich WD-ÄWM ßr SohnSorf, Ridlitz, PernÄttf, RiiÄttf, Tt. KDien, Heimichsort, Mliriem« mH Miilse«. Amtsblatt für den Sta-trat zu Lichtenstein. — —— — 4«. Jahrgang. — — — Nr. 168. Mittwoch, den 23. Juli 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn» und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expeditton in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeile oder deren Raum Wit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung. Es ist wahrzunehmen gewesen, daß durch das Abpflücken der Blüten von den entlang der Bahnhofs- und Rümpfstraße und der sogen. Callnberger Verbindungs straße stehenden Linden letztere ungemein beschädigt werden. Wir sehen uns daher genötigt, das Abpflücken der Lindenblüten hiermit aus drücklich zu untersagen und darauf hinzuweisen, daß gegen Zuwiderhandelnde un nachsichtlich die Einleitung des Strafverfahrens veranlaßt werden wird. Lichtenstein, am 22. Juli 1890. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. BekMntmachuug. Um denjenigen hiesigen Bewohnern, welche sich bei Arbeiten an ihren Brunnen oder Privatröhrwässern des hiesigen städtischen Röhrmeisters bedienen wollen, die entsprechende Reihenfolge in der Vornahme der Privat-Wasserarbeiten zu sichern, empfiehlt es sich, jede derartige Arbeit bei dem Vorstande des städtischen Wasser- Wesens, Herrn Stadtrat Härtel, anzumelden und diesen um Abordnung des Röhrenmeisters zu ersuchen, was hierdurch bekannt gegeben wird. Lichtenstein, den 22. Juli 1890. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Bekanntmachung. Nachdem Frau Hulda Marie verehel. Müller geb. Tautenhahn, zeither in Neudörfel, als Hebamme für den hiesigen Stadtbezirk verpflichtet und in ihren Beruf ein gewiesen worden ist, wird dies hierdurch bekannt gemacht. Lichtenstein, den 22. Juli 1890. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein, 22. Juli. Aus sicherer Quelle erfahren wir, daß in hiesiger Stadt oder Callnberg an Stelle der zur Erledigung kommenden Kollektion des verstorbenen Herrn C. F. Werner in Callnberg mit Beginn der 119. Lotterie eine neue Kollektion der Königlich Sächsischen Landes-Lotterie errichtet werden soll. Selbständigen, unbescholtenen und geschäftstüchtigen Kaufleuten, welche die in Wert papieren zu hinterlegende Kaution (50 Mk. pro Los) aus eigenem Vermögen und ohne Verringerung der für ihr Warengeschäft erforderlichen Betriebsmittel beschaffen können, bietet sich hierdurch die Möglichkeit eines einträglichen Nebenerwerbes. Für Orte wie Lichtenstein-Callnberg kommen in erster Linie die In haber offner, flottgehender Warengeschäfte in Frage, in denen auch Bewohner der Umgegend zahlreich ver kehren. Bewerber haben ihr Gesuch um Verleihung einer Kollektion an die Königliche Lotterie-Direktion zu Leipzig zu richten und hierbei ihren Lebensgang kurz zu schildern, Alter, sowie Staatsangehörigkeit anzugeben und den jetzigen Stand ihres Vermögens zu beziffern. *— Hohndorf, 22. Juli. Gestern fand bei günstigstem Wetter auf dem hiesigen Kircheubauplatz das Richt- und Hebefest des Kirchenneubaues unter Totengräbers Töchterlein. Novelle von Franz Laufkötter. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Diese Gedanken waren mit Blitzesschnelle durch des Grafen Hirn gezuckt. Wenn die Toni wirklich eine nahe Verwandte des Alten war und dieser sie für sich beanspruchte, vielleicht sogar mit sich nahm in seine Heimat? Konnte er es ihm ver wehren? Waren dann nicht alle seine Entwürfe und Bestrebungen vereitelt, wenn Graf Szopeüi dem jungen Mädchen auch ohne seine Mitwirkung eine behagliche Existenz bot ? Wenn seinem Mündel der Grafentitel zufiel nebst Reichtum und Luxus, was hatte er ihr dann noch zu bieten? Sein Haar spielte schon bedenklich in's Graue und ein alter Mann war keine Partie für eine junge, reiche Gräfin. Alles stand in diesem Augenblicke auf dem Spiele, wenn es nicht gelang, den Versuch des Fremden abzuschlagen. Vor allen Dingen durfte er mit seiner mutmaßlichen Verwandten selbst nicht zusammenkommen, da dieser ohne Zweifel ihrer Mutter Herkunft bekannt war und sie dem Fragenden gewiß die gewünschte Auskunft nicht verweigern würde ? Wer konnte es sagen ? Etwas Erfreuliches war dies für Graf Birkenbach gewiß nicht. „Also Sie sind der Ansicht," fragte der fremde Graf, „daß eine verwandtschaftliche Beziehung des jungen Mädchens zu mir außer dem Bereiche der Möglichkeit liegt?" äußerst starker Beteiligung von Gemeindegliedern und Auswärtigen statt. Vor dem prächtig gelegenen nun mehr seiner Vollendung entgegengehenden Gotteshause hatten sich Herr Diak. Riedel, die Herren Kirchen vorstandsmitglieder und Lehrer, sowie die Kinder der Oberklaffen versammelt. Mit dem gemeinschaftlichen Gesang (unter Musikbegleitung vom Lichtensteiner Stadtorchester): „Lob, Ehr' und Preis sei Gott dem Herrn, lobsinget Ihm und dankt Ihm gern" usw., nahm die Festlichkeit ihren Anfang. Hierauf hielt Herr Diak. Riedel eine der Feier entsprechende würdige Ansprache. Redner dankte dem großen himmlischen Baumeister für den überaus reichen Segen, welchen er bis jetzt über alle am Bau Beteiligten ausgegossen; auch dankte er den Bauherren wie Arbeitern für ihre mühevolle Thäligteit bei dem Kirchenneubaue bis zum heutigen Tage und erflehte Gottes Segen auf Alle bis zu dem Tage der Vollendung dieser Heimstätte unseres Herrn und Heilands. Nach einem Gesänge der Herren Lehrer und Schulkinder betrat der die Zimmerarbeiten überwachende Polier den Neubau und sprach von der Höhe desselben herab ungefähr fol gendes an die Versammelten: Verehrte Bauherren und Bewohner dieser Klrchengemeinde. Liebe Kameraden! Vor reichlich zwei Jahrzehnten fanden wir hier em einsames friedliches Landdörfchen. Dasselbe hat sich durch den Abbau der Kohlenfelder so entwickelt und ist so empor- „Jch bin davon überzeugt, da die Familie seit Menschengedenken in Birkenbach einheimisch ist." „So war meine Hoffnung trügerisch," murmelte der Alte und schüttelte sein graues Haupt. „Niki hat Recht, man soll nichts Höffen, dann wird man auch nicht getäuscht." „Es thut mir weh, Herr Graf," heuchelte der Andere, „daß ich es gerade sein muß, der Ihnen eine Hoffnung zu nichte macht, in deren Scheine Sie sich freudig gesonnt haben. Verzeihen Sie mir." „Es ist nicht Ihr Verschulden, daß der Hoff nungsstern, der in mein dunkles Leben leuchtete, so jählings erloschen ist . . . Wie hoffnungsfreudig war ich gestern Abend und heute Morgen! In der Nacht ließ mich die Hoffnung nicht schlafen . . . und dennoch . . ." „Hat die jungeDame denn wirklich solch frappante Aehnlichkeit mit ihrem geliebten Weibe, dessen Ver lust Sie beklagen?" „Merkwürdig . . . und doch nur eine Täusch ung . . . Aber was gedenken Sie zu beginnen, Herr Graf, haben Sie außer dieser niemals eine andere Spur Ihrer Verlorenen gefunden?" „Niemals, trotz aller meiner Anstrengungen . . Gestern Abend war das letzte Aufflackern meiner Hoffnung, heute bleibt mir nur noch ein Häuflein Asche . . . Aber sehen und sprechen möchte ich gern ein einziges Mal jenes blondlockige blauäugige Kind, dem ich diese, meine letzte Illusion verdanke." „Illusionen muß man von Ferne betracht', in der Nähe vertieren sie ihren Zauber," lächelte Graf geblüht, daß es zu einer eigenen Kirchengemeinde lebensfähig genug, sich von der Muttergemeinde Lichtenstein trennen konnte. Vorigen Herbst haben wir den Grundstein zur Kirche in feierlicher Weise gelegt und heute hat es uns der große Baumeister im Himmel gnädig beschieden, daß wir das Schiff dach heben konnten. So vereinigen sich denn die Wünsche der Einwohner mit denen der Bauleute, daß Gottes gnädiger Schutz immerdar über dieser Gemeinde auch ferner walte, daß die Huld der vorgesetzten weltlichen und geistlichen Be hörden stets ihr treu bleibe, und daß auch dieses Haus eine Stätte bleibe, von der aus der Gemeinde und dem Staate stets ergebene treue Bürger heranwachsen. „Auf Männer- und Frauentugeud beruht das Wohl des Staates, die Kirche aber führt den Weg zum Ziele." Unter diesen frommen Wünschen lautet unser Richtspruch: Die neue Kirche ist aufgericht', Gemauert wohl, gedeckt noch nicht, Noch können Regen und Sonnenschein Von oben und überall herein. Drum rufen wir zum Meister der Welt, Er wolle vou dem Himmelszelt Nur Heil und Segen gießen aus Hier über diesem Gotteshaus. Zu oberst wolle er gut Gedeih'» In die Kirchenräume all' verleih'n; Drinu walte ächte Frömmigkeit, Bei Allen, die hier verkehren, der rechte Geist; Die Fenster und Pforten wolle er weih'u, Daß nichts Böses komme herein, Und daß aus dieser neuen Thür Immer zufriedene Menschen gehen herfür. Nun Handwerker arbeitet und bauet voll aus, Der Segen Gottes walte im Haus! Birkenbach, während ihm die Angst vor einer Zu- sammkunft der Beiden plötzlich auf's Herz fiel. Aber er faßte sich schnell wieder. „Wie meinen Sie das, Herr Graf?" fragte verwundert sein Gast. „Illusionen verlieren in der Nähe ihren Zauber," wiederholte er. „Wenn Sie z. B. ein schönes Ge mälde, das Ihr Entzücken erregt, in der Nähe be trachten, was sehen Sie? Ein Gewirr farbiger Klexe. Oder wenn sie von einem Berge herab eine herrliche Gegend überblicken: wogende Saatfelder mit bunten Blumen dazwischen, fröhliche Menschen kinder, deren Gesang in den Abendhimmel hinein schallt, weißglänzende Wege schlängeln sich malerisch zwischen den Feldern hindurch. Steigen Sie aber herab in die Ebene und betrachten Sie die Herrlich keiten in der Nähe; die bunten Blumen sind schmarotzendes Unkraut, die fröhlichen Menschenkinder brüllende, schlecht gekleidete Bauersleute und die Wege sind schlecht und unfahrbar." „Ich verstehe nicht, wohin Sie mit Ihren Gegen sätzen zielen." „Als ich gestern Abend im Theater saß und die Cordelia auftreten sah, war es mir, als ob ich in meine glücklichste Lebenzeit zurückversetzt sei ... es war ganz meine verlorene Etelka." „Ebenso ist es auch mit ihrer Illusion. Sie haben die Toni erblickt auf der Bühne, bekleidet mit dem üblichen Theaterflimmer; aus ihrem Munde kamen hochtönende, angelernte Worte — das ist Ihre Illusion. Würden Sie dieselbe aber in der Nähe er-