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(A l früher Wochea- und Ä zugleich 8eslhSfts'Azcher ßr HiWors, MH, BerMrf, diiisöarf, St. Kgidie», WrWrt, Maritim« i«) Mölst«. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. 4«. Jahrgang. — Nr. 149. Dienstag, den 1. Juli 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtag«) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2b Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Städtische BolksbiMothek geöffnet Dienstag und Sonnabend 11—12 Nhr. Bekanntmachung. Im Laufe dieser Woche wird eine Uebung der hiesigen Feuerwehr statt- finden, was zur Verhütung etwaiger Beunruhigung der Bewohnerschaft beim Er tönen der Feuersignale bekannt gemacht wird. Lichtenstein, am 30. Juni 1890. Der Rat zu Lichtenstein — Fröhlich. Dienstpflichtige Feuerwehr. III. Compagnie. Heute Dienstag abend punkt '/sS Uhr Stellen hinter dem Rathause zur Verteilung der Binden. Nichterscheinen wird bestraft. Der Branddirektor. — i. V.: Rob. Otto. BelamttnmWmg. Um den zeither vorgekommenen Unzuträglichkeiten zu begegnen wird hiermit Allen, welche auf dem Gottesacker zu Lichtenstein Gräber selbst Pflegen, das Werfen des Unkrauts, Grases oder der Steine neben die Gräber oder an andere Stellen des Gottesackers untersagt. Vielmehr hat ein Jeder für Fortschaffung dieser Gegenstände vom Gottesacker selbst Sorge zu tragen. Nicht minder wird Kindern unter 12 Jahren das Betreten des Gottesackers ohne Begleitung Erwachsener untersagt. Zuwiderhandlungen gegen diese Verbote" werden von dem unterzeichneten Stadtrat mit Geldstrafe bis zu fünfzehn Mark —nach Befinden mit Haft strafe bis zu acht Tagen belegt werden. Königliche Superinteudentur Glauchau «. Stadtrat zu Lichtenstein, den 27. Juni 1890. Die Kircheninspektion für Lichtenstein. I. St.: Archiv, k. Tögel. Fröhlich. Grlatz, das Aushebungsgeschäft betreffend. Nach dem von der Königlichen Ober-Ersatz-Kommission im Bezirke der 3. Infanterie-Brigade Nr. 47 aufgestellten Geschäfts- und Reiseplan findet die dies jährige Aushebung im Aushebungs-Bezirk Lichtenstein am 17. und 18. Juli im Rathause zu Lichtenstein, im Aushebungs-Bezirk Hohenstein am 1S. und 21. Juli, im Logeuhaus bei Hohenstein, im Aushebungs-Bezirk Glauchau am 22. und 23. Juli in der Schützenhalle zu Glauchau und im Aushebungs-Bezirk Meerane am 24. und 25. Jnli im Schieschause zu Meerane statt, was andurch mit dem Bemerken bekannt gemacht wird, daß an die betreffen den Militärpflichtigen noch besondere Vorladungen ergehen werden. Im Uebrigeu ist jeder in den Grundlisten des Aushebungs-Bezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt, im Aushebungstermine zu erscheinen und der König lichen Ober Ersatz-Kommission etwaige Anliegen vorzutragen. Glauchau, am 28. Juni 1890. Der Zivil-Borsitzende der Königlichen Ersatz-Kommission daselbst. Merz, Amtshauptmann. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 28. Juni, 11'/? Uhr. Staatssekretär v. Bo etlicher begründet die Vorlage auf Vertagung des Reichstages vom 8. Juli bis 18. Novbr. d. I. Es sei ausgeschlossen, daß der Reichstag in diesem Sommer noch die wichtige Novelle zur Gewerbeordnung lArbeiterschutz) erledige; andererseits sei es dringend wün schenswert, daß die Vorarbeiten der Kommission nicht ver loren gehen. Einen vom Grafen Ballestrem eingebrachten Antrag, wonach die Arbeiterschutzkommission bereits vom 4. November zusammenzutreten ermächtigt sein soll, begrüßte er, da es sehr erwünscht sei, daß das Gesetz noch vor dem 1. Januar 1891 verabschiedet werde; anderenfalls würde das Gesetz nicht zu dem in Aussicht genommenen Termin in Kraft gesetzt werden können. Graf Ballestrem befürwortet seinen, vom gesamten Zentrum unterstützten Antrag und verteidigt denselben g gen etwaige formelle Bedenken. Abg. Richter hält das vorgeschlagene Verfahren als der Verfassung und der Geschäftsordnung gegenüber nicht für korrekt. Man würde besser thun, den Reichstag formell nur bis zum 4. November zu vertagen, um nicht einen unter Umständen bedenklichen Präzedenzfall zu schaffen. v . Bennigsen (natlib.): Für den Reichstag handele es sich um eine Erleichterung; da die Regierung keinen Ein spruch erhebe, bestehe für den Reichstag erst recht kein Grund, Bedenken zu hegen. Staatssekretär v. Bo etlicher: Die Regierung sei nicht in der Lage, dem Reichstag in Aussicht zu stellen, daß bis zum 4. November genügend Material für die Beratungen vorbereitet sein werde; dann werde man aber auch auf ein beschlußfähiges Haus nicht rechnen können. Nachdem sich noch v. Unruh e-Bom st (Reichsp.), Singer (Sozdem.) und Dr. Windthürst für den Antrag Ballestrem ausgesprochen, wird derselbe gegen die Stimme Richters angenommen. Damit ist die Beratung bis zum 18. November genehmigt und gleichzeitig die Arbeitcrschutzkom- mission ermächtigt, 14 Tage vorher zur Fortführung ihrer Arbeiten zusammenzutreten. Es folgt 3. Beratung des Gesetzentwurfes, betreffend die Friedenspräsenzstärke des Heeres. Abg.Dr- Reichens Perg er (Ztr.) befürwortet die Vor lage. Möge sich nie ein Reichstag finden, der notwendige Forderungen zur Verteidigung des Vaterlandes verweigere und nie möge das Beispiel wiedcrkehren, das in früherer Zeit selbst deutsche Fürsten gaben, indem sie dem Reiche ihren Beistand selbst dann versagten, da der Feind schon ans deutschem Boden stand. Im vorliegenden Falle handle es sich nm notwendige Forderungen. Hoffentlich komme aber die Zeit, da die europäischen Staaten ihr Heil in einer all gemeinen Abrüstung erblicken würden. Wenn nicht auf aller Munde, so doch in "aller Herzen sei dieser Wunsch. Es wäre ein Selbstmord der europäischen Zivilisation, wenn es nicht dazu käme. Abg. Rickert (frs.): Unter dem neuen Reichskanzler sei ein besserer Ton aufgekommen; leider habe v. Kardorff in seiner Polemik gegen die Freisinnigen diesen Ton ver missen lassen. Er und mehrere seiner Freunde hätten sehr gern für die Vorlage gestimmt, wenn ihnen nur irgend welche Konzessionen gemacht worden wären — aber nichts, rein gar nichts! Dem Kriegsminister gebühre für seine Ent hüllungen über die Zukunftspläne nur Dank und ebenso dem Reichskanzler, der sich seinen Anteil an den gemachten Mit teilungen wohl nicht werde nehmen lassen. Wie die Dinge liegen, seien noch für den Herbst neue Steuervorlagen zu erwarten; für dieselben wolle er sich jetzt nicht binden. Staatssekretär Freiherr v. Maltzahn: Er habe für diese Session keine Steuervorlage angekündigt, sondern nur erklärt, daß in Zukunft hauptsächlich infolge der Alters-und Jnvaliditätsversicherung wahrscheinlich neue Steuereinnahmen nötig werden würden. Frhr. v. Friesen (kons.): Die letzte Konsequenz des Hasses, des Mißtrauens und der Unzufriedenheit, die von gewissen Parteien stetig genährt würde, sei der Krieg. So lange dieser Haß, dieses Mißtrauen und diese Unzufriedenheit dauern, werde auch die Kriegsgefahr bestehen nnd so lange müßten wir uns auch wehrkräftig erhalten und uns rüsten. Deutschland dürfe nie zum Versuchsfelde jener auf die Er zeugung der Unzufriedenheit gerichteten Bestrebungen gemacht werden. Jede prinzipielle Opposition gegen diese Vorlage schwäche nur das Reich. Nicht zum wenigsten sei es auf die Kolonialpolitik zurückzuführen, daß Deutschland sich mit Helgo land begnügen muffe; anderenfalls hätte es mehr erreichen können. Die Notwendigkeit der Vorlage sei überzeugend nachgewiesen. Ihre einhellige Bewilligung sei daher Pflicht des Reichstages. (Lebhafter Beifall rechts.) Abg. Liebermann v. Sonnenburg (Antis.): Die Ausführungen der vereinigten Linken seien Schwarzmalerei in jüdischer Manier gewesen. Das Militär sei keine unpro duktive Anlage, kein Moloch, der den Wohlstand der Nation verschlinge. Das Heerwesen schaffe zahlreiche Arbeitsgelegen heiten, verbreite Bildung und Ordnungsliebe. Ueber innere Angelegenheiten der Armee könne ja auch ein Nichtmilitär ganz gut sprechen, aber das Endurteil werde man doch dem Soldaten Vorbehalten müssen. Die zweijährige Dienstzeit sei undurchführbar. Eher sollte man daran denken, das Privi legium der Einjährigen-Freiwilligen aufzuheben und diese Leute in 2 Jahren besser für ihre künftige Karriöre als Re serveoffiziere anszubilden. Mehr als die Armee, sei die Börse ein Moloch, der ungezählte Millionen verschlinge und wenig wieder herausgebe. Selbst die Ausbildung aller waffen fähigen Männer würden wir mit einer guten Finanzreform durchführen können. Man müsse die Börse nur kräftig be steuern. Diese sei heute eine beständige Kriegsgefahr. Abg. Frhr. v. Münch (Reichsp.) befürwortet die Vor lage, welche darauf im Einzelnen und in der Gesamtab stimmung angenommen wird. Ebenso wird die Vorlage über die Gewerbegerichte in der Schlußabstimmung ange nommen. — Es folgt die erste Beratung des Nachtragsetats, betr. die durch die Militär-Vorlage notwendig gewordenen Ausgaben. Abg. Richter (freis.) vermißt in der Vorlage eine Berücksichtigung der Ersparnisse infolge der 6000 Disposttions- urlanber, welche mehr- entlassen werden sollen. Die Vorlage geht an die Budgetkommission. Es folgt 2. Beratung des Nachtragetats über die Be- amten-Gehaltserhöhungen. Abg. v. Benda (natlib.) hofft, daß durch die Vorlage Zufriedenheit in den beteiligten Beamtenkreisen geschaffen werde. Die von der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen deckten sich wesentlich mit der vom preußischen Landtag be schlossenen Vermehrung der etatsmäßigen Stellen und Ein führung der Dienstaltersstufe. Staatssekretär v. Maltzahn bedauert, daß das Hans hinter seiner vorjährigen Resolution zurückgeblieben sei und nicht auch alle mittleren Beamten berücksichigt habe. Kriegsminister v. Verdy bittet nochmals um Bewillig ung der Verbesserungen der Offiziersgehälter. Die Erhöhung der Gehälter der Premierlentnants sei namentlich ohne Grund gestrichen worden. vr. Windthorst: Es fehle dazu an den nötigen Mitteln. Lediglich deshalb würden diese Erhöhungen nicht bewilligt. Die Erhöhung der Offiziersgehälter wird gegen die Stimmen der Konservativen abgelehnt, die Vorlage darauf bis zu den Diätarien und Unterbcamten betreffenden Titeln genehmigt. Weiterberatung Montag. TagesgeschichLe. * — Lichtenstein, 30. Juni. „O schöne Zeit der Sonnenwende, der Tag ist lang und kurz die Nacht, wohin das Auge sich auch wende, nur Fülle siehts und Blumenpracht!" Mit diesen herr lichen Dichterworten konnte inan gestern die Rosen- ausstellung im goldnen Helm, welche wieder über Erwarten zahlreich beschickt worden war, begrüßen. Wohl über 5000 Rosen, worunter viele neue und seltene Exemplare, durchdufteten das Ausstellungs lokal, die Turnhalle, und dabei hatten noch nicht einmal alle gesandten Rosen Aufnahme finden können. Arrangement und Dekoration, von Herrn Schloß gärtner Barth besorgt, hoben die Ausstellung beson ders hervor und auch die Allee, aus Birkenbäumchen hergerichtet, welche den Zugang aus dem Konzert garten nach dem Ausstellungslokal bildete, machte einen recht gefälligen Eindruck auf den Besucher. Das Konzern wurde vom Königs, sächs. Trompeter chor der reitenden Artillerie, unter Leitung des Herrn Stabstrompeter Günther, trefflich ausgeführt und am Abend fand in beiden Sälen Ball statt, womit der erste Tag des Rosenfestes seinen Abschluß fand. * — Heute Montag nachmittag fand in der hiesigen Kirche eine seltene Taushandlung statt; es wurden 2 Kinder aus Amerika, im Alter von 4 und 5 Jahren, welche besuchsweise hier aufhältlich, durch die heilige Taufe in den Christenbund ausgenommen. * — Der gestrige Gastprediger, Herr von Tiling aus Leopoldshall, wählte auf Grund des Textes