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Wochen- und Kachrichtsblatt zugleich EMts-Gzeign für Hohndorf, Külitz, Kmsüorf, Rüsüorf, St. kgiSicn, HeimiPort, Muriemii md MW«. Amtsblatt für de« Stadtrat ;« Lichtenstein. — — 4«. Jahrgang. — — Nr. 116. Donnerstag, den 22. Mai 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in LttAnstein, Markt 17S, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung, die Ermäßigung des Schulgeldes in derStadtLichtenstein betreffend. Das Finanzgesetz auf die Jahre 1890 und 1891 gewährt den Schulgemeinden Beihilfen zu dem Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den einfachen Volksschulen in Höhe von 300 M. —- für jede ständige Lehrerstelle und von 150 M. —- für jede Hilfslehrerstelle und zwar unter der Bedingung, daß das jährliche Schulgeld für jedes schulpflichtige Kind den Durchschnittssatz von 5 M. jährlich nicht übersteigt und daß das Gesamteinkommen der ständigen Lehrer und Lehrerinnen nicht unter 900 M. -- jährlich, der Hilfslehrer aber nicht unter 600 M. —- jährlich beträgt. Beide Voraussetzungen sind an unsrer Bürgerschule vorhanden. Die Lehrergehalte betragen mehr, als oben erfordert, und das Schul geld derjenigen 657 Schulkinder, welche im vorigen Jahre die hiesige einfache Volksschule (Abteilung L unsrer Bürgerschule) besuchten, hat 2762 M. 20 Pf., also durchschnittlich für 1 Schulkind 4 M. 20 Pf., betragen. Wenn nun von den hier amtierenden Lehrern 6 ständige und 1 Hilfslehrer auf die einfache Volks schule entfallen, mithin wir eine staatliche Beihilfe von 1950 M.—- zu erwarten haben, so haben wir beschlossen, diese Beihilfe ausschließlich zur Herabsetzung des Schulgeldes zu verwenden, um insbesondere den ärmeren Eltern thunlichst Er leichterung zu gewähren, und es soll deshalb von Ostern dss. Js. ab das Schul geld in Äbt. L der Bürgerschule nach folgendem Tarif erhoben werden: Einkommen der Eltern oder Erzieher. nunmehriges Schulgeld pro Vierteljahr Seitheriges Schulgeld pro ViertelM)r in Klaffe 1 und 2. in Klaffe 3 bis 6. in Klasse I bis 3. in Klasse 4 bis 6. bis 250 Mark 0,50 M. 0,30 M. 0,75 M. 0,50 M. über 250 bis 400 Mark . . 0,75 M. 0,50 M. 1,20 M. 0,75 M. - 400 - 600 - . . 1,20 M. 0,75 M. 1,80 M. 1,20 M. - 600 - 800 - . . 1,80 M. 1,20 M. 2,50 M. 1,80 M. - 800 Mark 2,50 M. 1,80 M. 3,00 M. 2,50 M. Nicht minder haben wir beschlossen, auch in Abteilung -4 der Bürgerschule die für die mittleren Einkommenbeträge bestehenden Schulgeldsätze um etwas herab zusetzen, so daß der Schulgeldtarif für Abt. künftig sich so gestaltet: Einkommen der Eltern oder Erzieher Schulgeld pro Vierteljahr in Klaffe 1 und 2. in Klasse 3 bis 6. bis 1000 Mark (zeither bis 900 Mark) 3,00 M. 2,50 M. über 1000 bis 1500 Mark (zeither über 900 bis 1500 Mark 4,00 M. 5,00 M. 3,00 M. 4,00 M.) über 1500 bis 2000 Mark (zeither 5,00 M. 6,00 M. 4,00 M. 5,00 M.) über 2000 bis 2500 Mark 6,00 M. 5,00 M. über 2500 bis 3000 Mark (zeither über 2000 bis 3000 Mark) 7,50 M. 6,50 M. über 3000 Mark 9,50 M. 8,50 M. Während zeither jedes gleichzeitig die Schule beuchende dritte Kind derselben Eltern blos die Hälfte des tarifmäßigen Schulgeldes zahlte, jedes vierte Kind aber schulgeldfrei war, soll von jetzt ab das Schulgeld nur für 2 gleichzeitig die Schule besuchende Kinder derselben Eltern erhoben, jedes dritte und fernere Kind derselben aber schulgeldfrei gelassen werden. Nachdem diese unsre Beschlüsse die Genehmigung der hiesigen städtischen Collegien erlangt haben, werden dieselben hierdurch zur Kenntnis der Bewohner schaft gebracht. Lichtenstein, den 21. Mai 1890. Der Schulausschuß. Fröhlich. Mitteilungen aus der Sitzung der Stadtverordneten zu Lichtenstein vom SO. Mai 1800. 1. Kenntnisnahme eines Dankschreibens der Nadel arbeitslehrerin Frau Just für eine Gehaltsaufbesserung. 2. Desgl. eines gleichen Schreibens der Bürgerschul lehrerin Frl. Gläntzer für eine ihr gewährte Gehaltszulage. 3. Vortrag einer Verordnung des Ministeriums des Königl. Hauses, die der Stadt Lichtenstein verliehene Er innerungsmedaille an die Wettinfeier betreffend, nebst Vor legung der Medaille. 4. Ueber eine vom Stadirate beschlossene bauliche Aenderung in der Wohnnng des Schutzmanns Grabner konnte ein Beschluß noch nicht gefaßt werden, weil diese An gelegenheit noch nicht dem Banausschnß vorgelegen hat. Man lehnte daher die Bewilligung des desfallsigen Aufwandes zur Zeit noch ab und gab dem Stadtrate anheim, zunächst den Banausschuß hierüber zu hören und dann die Sache anderweit zur Entschließung an das Stadtverordnetcnkolleginm abzugeben. 5. In dem von der Stadtgemeinde erkauften, vormals Engelmann'schen Gute in Nüdlitz soll ans Grund eines Gut achtens des Wasserausschusses die Schcunentenne neu her gestellt werden. Der Stadtrat hat dieses Gutachten zum Beschluß erhoben. Man ttat dem zwar durch Mehrheits beschluß bei, sprach aber deu Wunsch aus, thunlichst weitere Baulichkeiten in diesem Gute zu vermeiden, um nicht noch größere Opfer nach dieser Richtung zu bringen. 6. Von dem Ziegeleibesitzer Schulze ist das Gesuch ge stellt worden, ihm das zu seinem Haushalt erforderliche Wasser aus der städtischen Röhrenleitung abznlassen. Von dem Wasserausschuß lag ein Gutachten vor, daß unter ge wissen Bedingungen, insbesondere wenn von fachmännischer Seite ein Bedenken nicht ausgesprochen werde, dem Gesuche vielleicht entsprochen werden könne. Auf Grund dessen hat der Stadtrat beschlossen, von dem mit den Vorarbeiten für die neue städtische Hauptwasserleitung beauftragten Herrn Zivilingenieur Menzner bei dessen nächster Anwesenheit ein Gutachten darüber einzuholen, ob an der betreffenden Stelle eine Anbohrung der Röhrenfahrt während ihres Laufs zu lässig und unbedenklich erscheine. Das Stadtvcrordneten- kollegium lehnt den Beitritt zu diesem Beschlusse ab, glaubt vielmehr, daß erst nach Fertigstellung der neuen Wasserleitung auf irgend welche Anträge, Abgabe von Wasser an Private betreffend, eingcgangen werden könne. 7. Betreffs mehrerer säumiger, bez. erfolglos gepfändeter Abgabenrestanten hat der Stadtrat die Ausschließung vom Besuche von Schankwirtschaften beschlossen. Man trat dem bei. 8. Eine vom Schulausschuß beschlossene und vom Stadt rate genehmigte Herabsetzung des Schulgeldes in hiesiger Bürgerschule wurde ebenfalls genehmigt. (Das Nähere hierüber ergiebt die in dieser Nummer unseres Blattes ersichtliche stadträtliche Bekanntmachung.) 9. Obwohl man in letzter Sitzung den Wunsch aus gesprochen hatte, daß bei Angelegenheiten, wie die Besetzung des Sladtbadteiches mit Fischen, künftig zuvor die Ent schließung der Stadtverordneten eingeholt werden möge, ist gleichwohl feiten des Stadtrais wiederum eine Besetzung des Stadtbadteiches erfolgt ohne vorgängige Befragung und Be schlußfassung des Stadtverordnetenkollegiums. Letzteres kann hierzu sein Einverständnis nicht aussprechen und protestiert gegen derartige Vorkommnisse. (Soviel wir hören, hängt die Sache so zusammen, daß, als die Stadtverordneten ihren vorigen Beschluß faßten, der Stadtrat bereits Forellensatz für den Stadtbadteich bestellt hatte unv diese Bestellung nicht rückgängig machen konnte. Für die Zukunft soll dem ganz berechtigten Wunsch der Stadtverordneten entsprochen werden. Anmerkung des Referenten.) Deutscher Reichstag. Sitzung vom 19. Mai, 1fl4 Uhr. Am Bundesratstische: v. Bötticher, Freiherr v. Berlepsch. Die erste Beratung des neuen Arbeiter schutzgesetzes wird fortgesetzt. Preußischer Minister für Handel und Gewerbe, Frhr. v. Berlepsch: Ich freue mich, konstatieren zu können, daß die Aufnahme dieser Vorlage in dem Hohen Hause keine ungünstige war, und an dieser Thatsache kann auch die abfällige Kritik, welche der Abg. Grillenberger dem Gesetzentwürfe hat zu teil werden lassen, nichts ändern. Nur gegen die Be hauptung des letztgenannnten Herrn muß protestiert werden, als ob die Regierung den Willen Sr. Maj. nicht zur Ausführung bringe, und als ob die Presse, welche den Großindustriellen nahe steht, auf die Ent schließungen der Regierung Einfluß gewonnen hätte. Diese Behauptungen entbehren jeder thatsächlichen Grundlage. Ein Minister, welcher den Willen Sr. Majestät nicht ausführen will oder kann, muß eben seinen Abschied nehmen und einem Anderen Platz machen. Das ist nicht geschehen, der Gesetzentwurf entspricht also völlig dem Willen Sr. Majestät. Die Vorlage bietet die Möglichkeit, eine Neugestaltung der Arbeiterverhältnisse herbeiführen zu können, ohne die Industrie schwer zu erschüttern. Sie wird aber dazu beitragen, den sozialen Frieden immer mehr fördern zu helfen. Ich hoffe, wir werden die gegenwärtigen Be stimmungen noch erweitern können, denn die Verhand lungen der Berliner Arbeiterschutzkonferenz haben die Hoffnung ergeben, daß alle Industriestaaten der Frage näher treten werden. Bei der Erörterung der Vorlage hier im Hause ist besonders diskutiert worden, welche Behörde die Berechtigung zum Erlaß der Anordnungen über die Zulässigkeit der Sonntagsarbeit besitzen soll. Diese Angelegenheit ist rein technischer Natur und lediglich von diesem Gesichtspunkte aus ist der Bundes rat und nicht der Reichskanzler als die betreffende Stelle vorgeschlagen worden. Die Einführung eines Normalarbeitstages, oder richtiger eines Maximal arbeitstages für männliche Arbeiter, schien der Re gierung nicht angemessen, zumal auch in Arbeiter kreisen die Ansichten hierüber noch sehr geteilt sind. Es scheint am richtigsten, die Herbeiführung der Maxi malarbeitszeit den Verhältnissen der einzelnen Be triebe und den sonstigen örtlichen Verhältnissen zu überlassen, wie es ja auch in England geschehen ist. Für Preußen ist noch eine Vermehrung der Fabrik inspektoren in Aussicht genommen. Von der Zulässig keit der Lohnzahlung an die Eltern minderjähriger Arbeiter versprechen sich zahlreiche Sachverständige gute Folgen, wir haben darum diesen Vorschlag unter breitet. Ueber die Strafbestimmungen können wir in der Kommission näher sprechen, wo, wie ich hoffe, eS gelingen wird, diese wichtige Gesetzgebung zum Ab schluß zu bringen. Abg. Liebe rmannv. Sonnenberg (Antis.) stellt die Sonntagsruhe als den wichtigsten Punkt der Vorlage hin. Die einzelnen Bestimmungen hierüber sind aber noch ungenau und bedürfen der genaueren Formulierung. Diese Gesetzgebung war nötig, denn