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Wochen- und Kachnchtsblatt zugleich 8tschD-AnztM für Hohnüorf, Rödlitz, BeMorf, Rösdors, Zt. ßB!», HeiUichsort, Mariemii mü Mülsen. Amtsblatt für den Sta-trat zu Lichtenstein. ——— 4«. Jahrgang. —— — Nr. 76. Mittwoch, den 2. April 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgender Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postai stalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergeipalten« Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Landrenten- rmd Brandkaffenbeiträge fällig. Holzauktion. Künftigen 8. April n. e., dritter Feiertag, sollen von Vormittag 10 Uhr an im Stift der armen Knaben 25 Schock starkes birkenes und weißbuchenes Reißholz und 8 Rmtr. birkene und weißbuchene Rollen meistbietend gegen sofortige Zahlung verauktioniert werden. Lichtenstein, den 1. April 1890. Die Stiftsverwaltung. Caprivi — Kalnoky — Crispi In der deutschen Auswärtigen Politik wird durch Fürst Bismarcks Rücktritt keine Aenderung eintreten, so heißt es mit Recht allgemein, und doch ist eine Aenderung eingetreten. Die Autorität, welche Fürst Bismarck in Fragen der Auswärtigen Politik in Europa im Allgemeinen, in den Staaten des Friedens bundes im Besonderen besaß, steht absolut ohne all' und jedes Beispiel da und der neue Reichskanzler wird diese Autorität so leicht nicht erringen. Fürst Bis marck war unter den Ministern der verbündeten drei Staaten der Erste; daran gab es nichts zu rütteln, und weder der österreichische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, noch der italienische Ministerpräsident Crispi versuchten das auch nur. Herr von Caprivi wird höchstens der Erste unter Gleichen sein. Das ist die Aenderung, welche klar zu Tage liegt und manche Stimmen haben schon darauf hingedeutet, daß Kalnoky und Crispi nun nicht mehr so willig den Weisungen aus Berlin folgen, sondern in Zukunft ihre eigenen Wege gehen würden. Als ob sie die selben aber nicht stets, auch unter der Reichskanzler schaft des Fürsten Bismarck, gegangen wären? Fürst Bismarck's Wort galt als bestimmend nur für die Fragen der allgemeinen Interessen, und er hat in dieser Beziehung so feste Grundsätze aufgestellt, daß daran in Zukunft nicht zu rütteln ist, mag nun in Berlin, Rom oder Wien leitender Minister sein, wer da will. Fürst Bismarck hat festgelegt, daß derFriedensbund nötig ist, wenn die drei Staaten, welche ihn abgeschlossen haben, ihre heutige Unabhängigkeit und Selbständigkeit behaupten wollen; er hat ferner festgelegt, was die drei Staaten thun müssen, um den Friedensbund zu erhalten, und damit ist seine Bestimmung zu Ende gewesen. Der Kanzler hat die bulgarische Politik von Oesterreich-Ungarn durchaus nicht in vollem Umfange gebilligt. In Wien ist man sofort bereit, den Fürsten Ferdinand als Herrscher von Bulgarien anzuerkennen, in Berlin aber nicht, so daß also der Zwiespalt noch heute besteht. Ebenso wenig hat Fürst Bismarck die italienische Kolouial- politik in Afrika durchaus gebilligt. Aber was ging ihn auch dies Alles an? Der Kanzler hat es weise vermieden, sich jemals um andere Dinge zu beküm mern, als um die, welche zum Friedensbunde, der großen Hauptsache, gehörten. Herr von Caprivi wird erst recht keinen anderen Weg einschlagen, und so bleibt denn gewiß die ganze auswärtige Politik beim Alten, während doch der hervorragendste Trä ger nicht mehr derselbe ist. Aus diesem Grunde er gab sich auch die Unwahrscheinlichkeit der Nach richten, zwischen Caprivi, Crispi und Kalnoky sollten schon demnächst Politische Konferenzen stattfinden, so fort. Neues konnten die drei Staatsmänner nicht be sprechen, weil dazu kein Anlaß vorlag, alte Thatsachen zu erörtern, ist erst recht überflüssig. Kaiser Wilhelm II. hat in der letzten Zeit auch in die auswärtige Politik schon vielfach bestimmend eingegriffen, in Zukunft wird das noch mehr der Fall sein, da General von Caprivi sich in die umfangreichen Geschäfte seines Ressorts erst einarbeiten muß. So ist denn wohl zu erwarten, daß an die Stelle der bisherigen regelmäßigen Ministerkonferenzen regelmäßige Besprechungen der Monarchen im Beisein der Minister treten werden. Wahrscheinlich werden sich die Dinge so abwickeln, daß Kaiser Wilhelm II. erst mit dem österreichischen Kaiser und dann mit dem Könige Humbert Rücksprache nimmt. Ganz selbstverständlich ist es, daß auch hier eine persönliche Politik der Monarchen, welchen die leitenden Minister ohne Weiteres zu folgen haben, ausgeschlossen ist. Caprivi, Kalnoky und Crispi sind drei sehr überzeugungstreue Männer und in letzter Linie dem Parlament ' verantwortlich. Aber es ist natürlich, daß, nachdem Fürst Bismarck's Autorität verschwunden ist, die Monarchen in den großen Fragen der auswärtigen Politik eine gewichtigere Stelle, als bisher, eirmehmen. TaNesgsschichte. *— Lichtenstein, 1. April. Gestern Abend besuchte Herr Bürgerschullehrer Stephan-Zwickau, geprüfter Lehrer der' Stenographie, den hiesigen Babelsberger Stenog-aphenvereiu und erstattete einen ausführlichen Berichs über die beiden letzten Steno graphenversammlungen in Werdau und Crimmitschau. Seinen Ausführungen, welchen alle Anwesenden die gebührende Aufmerksamkeit schenkten, fügte Redner am Schlüsse noch den Wunsch an, daß der Steno graphenverein Lichtenstein auch dem Deutschen Steno- graphenb»nde angehöran möge. Die Verwirklichung des letzteren Wunsches wurde vom Vorsitzenden, Herrn Lehrer Colditz, in baldige Aussicht gestellt. Nachdem Herrn Stephan der Dank für seine gehabte Mühe ausgesprochen woroen war, verabschiedete sich derselbe nach 10 Uhr, begleitet von den Mitgliedern und mit dem Wunsche: „Auf baldiges Wiedersehen !" *— Wie wir vernehmen, wurde gestern von der hiesigen Stadtvertretnng das Pomper'sche Wohnhaus am Kirchplatz angekauft und soll dasselbe zur ge planten Errichtung einer „Her berge zur Heimat" dienen. — Zu Ostern wird di" Giltigkeit, der auf den sächsischen Staatsbohnen gelösten Rückfahrkarten in der Weise erweitert, daß d e am Sonnabend vor Ostern und am 1. Osterfei erlag gelösten Rückfahr karten noch am Mittwoch, den 9. April, zur Rückfahrt gelten. Die im Verkehre zwischen den Stationen der sächsischen Staatsbahnen und denen der Direktionsbe zirke Magdeburg, Erfurt, Berlin und Breslau, Thüringischen Privatbahnen rmd der Dahme-Uckroer Bahn am 5. April gelösten dreitägigen Rückfahrkarten gelten bis mit Dienstag, den 8. April d. I. — lieber die Vergeßlichkeit der Menschen können die Fundbureaus der Eisenbahn-Verwaltungen zu jeder Zeit ein interessantes Bild entrollen. Es ist fast un glaublich, in welch' bedeutendem Umfange die Eisen bahnreisenden Gegenstände aller Art in den Koupö's und Wartesälen liegen lassen und wie wenig Schritte unternommen werden, umdiescSachen wiederzuerlangen. Das Fundbureau der sächsischen Staatsvahnen in Dresden kommt jährlich mehr als einmal in die Lage, ganze Fuhren solcher nicht reklamierten Gegenstände an die Polizei abzuliefern, wo sie dann nach vergeb lichen Bekanntmachungen und längerem Lager ver steigert werden. Und es sind keineswegs nur Gegen stände von geringem Wert, sondern es finden sich sehr viel darunter, bezüglich welcher es geradezu unerklär lich erscheint, daß eine Reklamation unterbleibt. Die Annahme, daß sich die Mitreisenden zumeist solcher herrenloser Gegenstände bereichern, ist irrig, denn es werden die Koupös zu oft von den Schaffnern revidiert und dann ist auch in Deutschland über Unehrlichkeit der Reisenden im Allgemeinen nicht zu klagen. Alle im örtlichen Bezirk der Bahnverwaltung oder in den Wagen zurückgelasfenen, an die Eisenbahn abgelieferten Gegenstände werden mindestens drei Monate lastg aufbewahrt. Erst nach Ablauf dieser Frist wird mit denselben nach Maßgabe der bei den einzelnen Bahnen darüber bestehenden Bestimmungen verfahren. Gegen stände, welche dem Verderben ausgesetzt sind, können bestmöglich verkauft werden, sobald deren Verderben zu befürchten steht und wird in diesem Falle der Erlös bis zum Ablauf der festgesetzten Frist zur Dis position des Berechtigten gehalten. Zur vorüber gehenden Aufbewahrung der im örtlichen Bezirke der deutschen Eisenbahnen zurückgelasfenen Gegenstände und zur Vermittelung der Wiederaushändigung der selben an die Berechtigten sind innerhalb aller größeren Bahn-Verwaltungsbezirke Fundbureaus eingerichtet. Für den Bereich der sächsischen Staatseisenbahnen besteht ein Fundbureau in Dresden, Böhmischer Bahn hof, administratives Hauptbureau. Verlustanzeigen sind thunlichst an dasjenige Fundbureau zu richten, in dessen Bezirk der vermißte Gegenstand vermutlich zurückgeblieben oder der Verlust zuerst bemerkt worden ist. Formulare zu Verlustanzeigen werden auf allen Stationen unentgeltlich verabreicht und auf Verlangen von den Beamten ausgefüllt. Ort und Zeit des Ver lustes sind möglichst bestimmt anzugeben, auch ist der vermißte Gegenstand mit allen besonderen Kennzeichen genau zu beschreiben. Telegraphische Depeschen zum Zwecke der Wiedererlangung abhanden gekommener Gegenstände werden mit dem Bahntelegraphen befördert. Wird die Fassung der Depesche dem Ätationsbeamten überlassen und beschränkt sich die Beförderung derselben auf den Bereich der sächsischen Staatseisenbahnen, so wird hierfür eine feste Gebühr von 50 Pfg., andern falls die tarifmäßige Depeschengebühr erhoben. Ge fundene Gegenstände werden den Berechtigten im Be reiche der sächsischen Staatseisenbahnen mit dem nächsten Schnell- oder Pei sonenzuge unter Erhebung einer festen Gebühr von 50 Pfg., außerhalb des Staatseisenbahn bereichs mit der Post oder als Fracht- oder Eilgut kostenpflichtig übersandt. — Der Landesausschuß Sächsischer Feuerwehren, welcher an der Spitze des mehr als 600 Feuerwehren zählenden Sächsischen Landesverbandes steht, hat eine neue Anerkennung seiner Bestrebungen insofern erhalten, als ihm auf sein Ansuchen das Königliche Ministerium des Innern alljährlich 2000 Mk. aus den Mitteln des Feuerwehrfonds für seine Zwecke überwiesen hat. Die betreffende Verordnung der Königlichen Brandversichsrungskammer lautet wie folgt: „Das Königliche Ministerium des Innern hat in Verfolg des von dem Landesausschusse Sächsischer Feuerwehren angebrachten und von dem Plenum der Brandoersicherungskammer beifällig begutachteten Gesuches vom 8. Dezember 1889 be schlossen, die dem gedachten Ausschüsse bewilligte, aus dem Feuerwehrfond zu zahlende außerordentliche Unterstützung von früher jährlich 300 Mk. und zuletzt jährlich 1000 Mk. mit Rücksicht auf die dem Aus schüsse inzwischen erwachsene erhebliche Vermehrung seiner dem öffentlichen Wohle dienenden Geschäfte und seiner notwendigen Ausgaben, vom Jahre l89O an bis auf Weiteres auf jährlich 2000 Mk. zu erhöhen, und soll die ständische Zustimmung hierzu nach Lage v-r Sache erst bei Aufstellung des nötigen Budgets, also bezw. nachträglich, eingeholt werden. — Ganz L e i p z i g ist entzückt über sein neuer öffnetes Cafü Bauer am Roßplatz. Die Ausstattung ist prächtig und erinnert an die der Königsschlösser Ludwig II. von Bayern. Keine andere deutsche Stadt hat bis jetzt ähnliches aufzuweisen. Selbst