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MiMchbMWU Wochen- und KachrichtMM zugleich MD-Anzchkr für Hohnüorf, USlitz, Vtrnsöttf, NüÄsrs, St. ßgiilieii, heimiihs»rt, Ranemil Nil Rülstn. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — — - 40. Jahrgang. — ————-—— —- Nr. 8. Sonnabend, den 11. Januar 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf, — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergelpaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Heute städtische Volksdivliothet geöffnet twu 11—12 Uhr. BetiMMMKchrmg. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu befehlen geruht, daß aus Anlaß des am 7. dieses Monats erfolgten Ablebens Ihrer Majestät der Kaiserin- Witwe Augusta, Königin von Preußen, in allen evangelischen Kirchen des Landes zu der für deren feierliche Beisetzung bestimmten Zeit ein einstündiges Trauerlauten stattzufinden hat. Auch fall Sonntag, den 12. dieses Monats beim Gottesdienste eine Abkündigung des Todesfalls von der Kanzel erfolgen. An die Kreishauptmannschaft zu Bautzen, als Konsistorialbehörde, sowie sämt liche Superintendenturen der Erblande wird hiervon behufs Ausführung des des halb Erforderlichen zwar besondere Verordnung ergehen; inzwischen will das evangelisch-lutherische Landeskonsistorium nicht unterlassen, die evangelisch-lutherischen Geistlichen des Landes von diesen Allerhöchsten Anordnungen schon hiermit noch besonders, und zwar mit dem Bemerken zur Nachachtung in Kenntnis zu setzen, daß über die für die feierliche Beisetzung der Verewigten in Aussicht genommene Stunde behufs Anordnung des Trauerlautens aus den Zeitungen das Erforder liche zu entnehmen sein wird. Dresden, den 9. Januar 1890. Evangelisch lutherisches Landeskonsistorium. von Berlepsch. Tbnr. Präsident Carnot hat in voriger Woche im Pariser Elyseenpalaste den Botschaftern und Gesandten, welche ihm zum Jahres wechsel ihre Glückwünsche darbrachten, in sehr feier licher Weise erklärt, Frankreich werde sich im neuen Jahre noch mehr als im alten der Friedensarbeit widmen und mit allen Völkern Europa's in Frieden zu leben versuchen. Bei diesem Ausspruch hat er wohl den Gewerbestand und überhaupt das mittlere Bürger tum hinter sich gehabt, aber nicht die Pariser Zeitungen, die es als ganz selbstverständlich betrachten, daß Frank reich nie und nimmer mit Deutschland in Frieden leben kann. Der Abgeordnete Reinach, der zu den bekanntesten der Pariser Leute von der Feder gehört, hat bei einer Gedächtnisfeier für Gambetta höchst ungeniert vom Revanchekriege, vom „Loch in den Vogesen" und von den trauernden Brüdern in Elsaß- Lothringen gesprochen, so ungeniert sogar, daß sich der französische Regierungstelegraph veranlaßt sah, diese vratorische Leistung gänzlich tot zu schweigen. Das war aber nur der Anfang. Wer die letzten Nummern der Pariser Journale, der meisten wenigstens, durch blättert, muß denken, das Ende der Welt stehe nahe bevor. Und warum? Weil nur für einen Augenblick die höchst schüchterne Mutmaßung aufgetaucht ist, der deutsche Kaiser Wilhelm 11. und der Präsident der französischen Republik, Herr Carnot, könnten einander bei dem in diesem Jahre in Aussicht stehenden Regierungs- Jubiläum des Königs von Belgien zufällig begegnen. König Leopold II. und Herr Carnot sind persönliche Freunde, und es lag nahe, daß das französische Staats oberhaupt die Wine Reise von Paris nach Brüssel machte, um dem königlichen Jubilar selbst zu gratulieren. Auf der anderen Seite hat sich König Leopold II. als sehr teilnehmender Freund der deutschen Kaiserfamilie erwiesen, hat im deutschen Reiche wiederholt Besuche abgestattet, weil er über alle Nationalitätsstreitereien erhaben ist, und unser Kaiser schuldet ihm noch einen Gegenbesuch, für welchen also das diesjährige Jubiläum einen sehr passenden Anlaß bietet. So hätte es denn allerdings geschehen können, daß sich der deutsche Kaiser und der Präsident der französischen Republik in der belgischen Hauptstadt begegnet wären, und die beider seitigen Staaten würden dadurch ganz gewiß keinen Nachteil erlitten haben. Aber diese bloße Möglichkeit nur erschien den Pariser Patrioten schon so schauder haft, daß sie nun rein aus Rand und Band geraten sind und in einer Weise toben, als ob Frankreich von deutscher Seite die schrecklichste Beleidigung erfahren habe. Herr Carnot wird als ein Verräter bezeichnet, wenn er nur an die Möglichkeit einer Begegnung mit dem deutschen Kaiser denken könne, und es werden ihm Vorlesungen über Politik und politischen Anstand ge halten, die sich sehen lassen können. Nicht genug mit diesem Spektakel werden auch gleich praktische Maß regeln vorbereitet, um ein Zusammentreffen des Kaisers und des Präsidenten unbedingt zu verhindern. Die zahlreichen in Brüssel lebenden Franzosen und die belgischen Sozialisten sind angewiesen, für den nötigen „Mordsspektakel" zu sorgen, wenn das „Schreckliche" doch Thatsache werden sollte, und sie haben diesen Auftrag ihrer Pariser Meister mit tausend Freuden übernommen. Herr Carnot hat unter diesen Umständen nur einen Entschluß fassen können, er hat jetzt schon auf die Brüsseler Reise endgiltig verzichtet, wie er im vorigen Jahre von einer Begrüßung des deutschen Kaisers in Metz durch einen französischen Abgesandten wegen des Tobens der Pariser Zeitungen absah. Die französische Regierung ist einfach machtlos, wenn eine Stellungnahme Deutschlands gegenüber in Betracht kommt. Mag die Bevölkerung noch so ruhig sein, und viel an Deutschland und den Revanchekrieg denken, die Pariser Blätter schweigen nicht, und thäte die Negierung den leisesten Freundschaftsschritt zu uns herüber, so würde sofort Boulanger als Retter des Vaterlandes ausposaunt werden. Das find sehr un erquickliche Zustände, die sich wohl kaum je ändern werden. Jules Ferry, unstreitig der begabteste fran zösische Staatsmann, versuchte bekanntlich eine Zeit hindurch, ein besseres Einvernehmen zu Deutschland herzustellen. Daß er mit seiner Tonkinpolitik zeit weise Unglück hatte, würde die öffentliche Meinung von Paris ihm noch vergeben haben, aber jene An näherungspolitik an Deutschland, die vergiebt sie ihm nie. Jules Ferry hat seitdem mehrfach Reden ge halten, welche den Revancheton ziemlich deutlich an- fchlagen; das macht aber alles nichts, deshalb heißt er heute noch der „Knecht Bismarck's". Was wir von Frankreich zu erwarten und zu hoffen haben, darüber brauchen wir nie zweifelhaft zu sein. In einen Krieg werden sich die Franzosen so leicht nicht stürzen, aber vergessen werden sie auch nie. TagesgefchichLe. *— Lichtenstein. Uebersicht über dis bei den Sparkassen in der Königl. Amtshauptmannschaft Glauchau im Monat Nov. 1889 erfolgten Ein- und Rückzahlungen: Sitz der Kasse. Einzahlungen. Rückzahlungen. Barbe stand am Schlüsse d. Monats. An zahl. Betrag. An zahl. Betrag. Glauchau. . 563 67400 476 101724 33731 Meeraue . . 718 60979 360 43345 40407 Hohenstein . 316 40313 237 55576 29598 Ernstthal. . 127 20579 78 17667 10069 Lichtenstein. 403 46183 209 43503 11018 Callnberg. . 77 10147 19 1654 11089 Zusammen in sechs Kassen. 2204 245601 1379 263469 135912 — Die sächsische Bank ermäßigte den Wechsel diskont auf 5 Proz., den Lombardzinsfuß auf 6 Proz., resp. Proz. — Wiederholt trifft man auf die Behauptung, als seien wir mit dem Jahre 1890 in ein neues Jahrzehnt eingetreten. Das ist nicht der Fall. Das Jahr 90 ist nur das letzte des 9. Jahrzehnts, nicht das erste des 10. Jahrzehnts. Man feiert seinen 20., 30. oder 65. Geburtstag erst nach Vollendung des 20., 30. oder 65. Lebensjahres, genau Wieman seine silberne oder goldene Hochzeit feiert. Denn wir fangen beim Zählen nicht mit einer Null, son dern mit der Ziffer 1 an. Das neue Jahrzehnt hebt also erst mit dem 1. Januar 1891 an; ebenso wird das neue Jahrhundert nicht mit dem 1. Januar 1900, sondern mit dem I. Januar 1901 beginnen. Man muß sich das nur richtig klarmachen. Am einfachsten hilft dazu der Vergleich mit der Stunden zahl. Die 5. Stunde des Tages oder der Nacht ist nicht die Stunde zwischen 5 und 6, sondern zwischen 4 und 5. Die 12. Stunde ist nicht die nach Mit tag oder Mitternacht, sondern die vorher. — Das „Reichenbacher Wochenblatt" schreibt: Was der Aberglaube fertig bringt. Als nach dem spurlosen Verschwinden des 6jährigen Töchterleins des Vetter'schen Ehepaares hierselbst der Schleier des Geheimnisses trotz aller Polizeimaßnahmen sich nicht lüften wollte, nahmen nahestende Verwandte des Kindes in ihrer Besorgnis den Weg zur Karten schlägerin, um sich dort Rat zu holen. Auf deren Andeutungen hin geschahen denn auch seiner Zeit die Nachgrabungen an einer bestimmten Stelle im Keller des Vetter'schen Wohnhauses, die bekanntlich reful- tatlos verliefen. Gleichfalls von einer Wahrsagerin, die man befragt hatte, stammte das später auftauchende Gerede her, daß das Kind sich in Bayern befände, ein Gerücht, das sich gleichfalls als gänzlich gehalt los erwies. Aber noch mehr. Man hatte in Er fahrung gebracht, daß 6 Stunden hinter Hof bei einem Orte Reitzenstein sich ein „Erdspiegel" befände, welcher Auskunft über den Verbleib des Kindes geben könne. Ohne Mühe noch Kosten zu scheuen, setzte man sich auf die Bahn, fuhr nach Hof und legte von dort den beschwerlichen und weiten Weg nach dem „Erdspiegel" zurück. Das Orakel funktionierte aber in diesem Falle nicht. Der Bescheid lautete vielmehr dahin, daß der Erdspiegel 3 Tage nach geschehener That nur hätte Rede und Antwort stehen können, nunmehr aber sei es zu spät. Enttäuscht zwar, aber dennoch erfüllt von dem Glauben an die Wunder- thätigkeit dieses „Erdspiegels" traten die Leute ihre Heimreise an und kehrten unverrichteter Dinge und im Beutel erleichtert nach Hause wieder zurück. Das Geheimnis ist nach wie vor dasselbe. — Dresden, 8. Jan. König Albert wird am Sonnabend in Berlin eintreffen, um den Beisetzungs feierlichkeiten beizuwohneu. — Dresden. Wegen des Ablebens Ihrer Majestät der verwitweten Kaiserin Augusta wird am Kgl. Hofe die Trauer auf 6 Wochen, vom 9. Januar bis mit 19. Februar, angelegt und nach dem vom Ober hofmarschallamte ausgegebenen Reglement getragen. Se. Majestät der König hat weiter eine dreiwöchige Armee-Trauer anbefohlen und zwar: 7 Tage — einschließlich 9. Januar — nach den Vorschriften für die zweite Trauerperiode und hierauf 14 Tage