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— Der am Freitag Morgen auf dem Heuboden des Rittergutes Raschau beschäftigte Schweizer hörte daselbst das Winseln eines menschlichen Wesens und fand im Grummet versteckt eine seit etwa 3 Wochen vermißte, im Gut bedienstete Magd in völlig entkräftetem Zustande vor. Dieselbe ist einer Veruntreuung verdächtig und hat sich aus Furcht vor der Strafe so lange verborgen gehalten. Die betreffende Magd, eine mehrfach vor bestrafte Person, ist dem Kgl. Amtsgerichtsgefäng nisse zugeführt worden. — In Görsdorf bei Grvttau meldete sich ein Vagabund, der Bergarbeiter Hermann, bei der Gen darmerie und begehrte für den Winter eingesperrt zu werden. Da ihm dies Gesuch nicht gewährt wurde, erklärte er, seineFrau, von welcher er getrennt lebt, erschlagen zu wollen, damit er ein Unterkommen finde. Hierauf wurde der Mensch auf drei Tage ding fest gemacht. — Ronneburg. In Linda brannte am Mitt woch Abend das alleinstehende Gnt des Gutsbesitzers Mittenzwey vollständig nieder. Dos Feuer, welches in der Scheune herauskam, verbreitete sich sehr rasch über die anderen Gebäude, daß an eine Rettung der selben nicht zu denken war. Mittenzwey, welcher nicht versichert hatte, erleidet durch diesen Brand einen empfindlichen Schaden. 8 B e rli n, 10. Dez. Die „Voss. Ztg." berichtet: Der Abg. Hammacher, der heute wieder im Reichs tage erschien und sich im Gespräch mit Abgeordne ten aus verschiedenen Parteien über die im rhei nisch-westfälischen Kohlenrevier empfangenen Ein drücke aussprach, hält die Beilegung der Streitig keiten zwischen Bergarbeitern und Grubenverwaltun gen keineswegs für gesichert. Herr Hammacher glaubt, daß die Erregung in der Arbeiterschaft so tief und allgemein sei, daß der Ausbruch des Ausstandes kaum hintanzuhalten sein werde. Gleichfalls über die Stimmung unterrichtete Abgeordnete teilen die pessimistische Auffassung des Abg. Hammacher nicht, sondern halten sich auf Grund der ihnen vorliegen den Nachricht überzeugt, daß der Eindruck der Reichs- tagsverhaudlungeu über den Ausstand den Arbeitern gezeigt habe, daß es doch eine Stelle gebe, wo sie ihren Beschwerden Ausdruck verschaffen können. Die Bergleute würden daher nur im äußersten Notfall zum Ausstand schreiten. tz Berlin, 10. Dezember. Tie „Krz.-Ztg." meldet aus Kassel: In dieser Nacht ist ein unge wöhnlich starker Schneefall erfolgt; der Schnee lagert fußhoch un Stadtgebiet. Der Straßenverkehr ist er schwert, der Pferdebahn- und Dampftrambahnbetrieb find bis auf Weiteres eingestellt; die Eisenbahnzüge erleiden Verspätungen. 8 Potsdam, 10. Dezember. Se. Majestät der Kaiser ist heute Morgen 9 Uhr 93 Minuten auf der Wildparkstation eingetroffen und hat sich direkt nach dem neuen Palais begeben. 8 Von ärztlicher Seite wird mitgeteilt, daß in den letzten Tagen in Berlin die Grippe massenhaft auftritt, allerdings in einer wesentlich leichteren Form als in St. Petersburg, wo die „Influenza" die halbe Stadt auf das Krankenlager geworfen hat. Besonders zahlreiche Opfer hat der die Grippe her vorgerufene Witterungswechsel unter den Lehrern der Universität gefordert; nicht weniger als zehn Professoren, darunter acht von der medizinischen Fakultät, zeigen durch Anschlag am Schwarzen Brett an, daß sie wegen Erkrankung ihre Vorlesungen aus zusetzen gezwungen seien. Besonders schwerer Art scheint die Erkrankung des Prof. v. Bergmann zu sein; die „Nat.-Ztg." hört, derselbe sei an einer Lungenentzündung erkrankt. ß Aus dem oberschlesischen Kohlenreviere ist eine erfreuliche Mitteilung zu verzeichnen. Eine nahezu durchgehende Erhöhung des bergmännischen Lohnes um 15 bis 30 Pfennig für die Schicht hat dort statt gefunden. Der Wunsch der Kohlenbergleute, die zwölf stündige Arbeitsschicht auf eine zehnstündige herab- zumindern, ist dagegen nicht erfüllt worden. Gleich wohl herrscht jetzt zwischen den Arbeitern und ihren Vorgesetzten das beste Einvernehmen; die humane Be handlung der Arbeiter dürfte viel dazu beigeiragen haben. § Die Petitionskonnnission des Reichstages hat den von der oberbayerischen Handels- und Gewerbe kammer gestellten Antrag, die Konkursordnung in der Richtung abzuändern, daß an Stelle der Zahlungs unfähigkeit die Ueberschuldung in Zukunft den Koukurs- grund bilden sollte, in Uebereinstimmung mit den Erklärungen des Vertreters des Reichs-Justizamtes durch Uebergang zur Tagesordnung abgelehnt. Hiermit dürste die seit einiger Zeit in Handelskceisen vielfach erörterte Frage wenigstens vorläufig ihre Erledigung gefunden haben. 8 D o r t m u n d, 10. Dez. Der im Monat Juni auf der Zeche „Kaiserstuhl" entlassene Berg mann Schröder wurde bei seiner heutigen Anmeldung um Wiederaufnahme ab morgen wieder eingestellt. Die Aufnahme dieses Streikführers durch die Zeche „Kaiserstuhl" wird überall als ein Zeichen der Wie derkehr des Friedens aufgefaßt. 8 Schwerin, 9. Dezember. Im Befinden des Großherzogs ist eine Wendung zum Schlimmeren eingetreten. Die neuesten Meldungen bezeichnen den Zustand des hohen Patienten als Besorgnis erregend. 8 Bremen, 10. Dez. Das Bremer Schiff „Matador", welches bereits als verloren betrachtet wurde, ist nach Verlust der Segel in Valparaiso augekommeu; die Ladung ist verdorben, 150 Tonnen Kohlen find über Bord geworfen worden. 8 Danzig, 10. Dez. Von einer influenz- arligen Krankheit, die in Fieber mit Durchfall be steht, sind zahlreiche Personen seit einigen Tagen er griffen; beute hat eine Zunahme stattgefunden. ** Wien. Neuerdings bereiten die Jungcze- cheu eine lebhafte Aktion gegen den Prinzen Schwar zenberg vor, indem, wie die „Narodny Lisch" mel den, eine Fälschung des stenographischen Laudtags- protololles vorgekommen sei. Der Prinz habe gesagt: „Unter den Husiten gab es wenig ehrenhafte Man ner, es war eine Bande von Räubern und Brand stiftern" ; im Landtagsprotokolle steht aber: „Unter den Husiten waren zu Beginn der Bewegung viele ehrenwerte Charaktenre, aber die Husiten änderten sich leider bald in eine Bande von Räubern und Brand Uftern." Sache des Landtages werde es sein, zu untersuchen, wie diese Korrektur ins Landtags protokoll gekommen ist. ** Paris, 10. Dezember. Die Epidemie in Louvre Magazin nimmt immer größere Ausdehnung an; der Polizeipräfekt hat eine ärztliche Untersuch ung angeordnet. Mehrere mit der Beobachtung der Epidemie beschäftigte Journalisten sind ebenfalls er krankt; eine ähnliche Krankheit scheint im Central postbureau ausgebrochen zu sein. Die Symptome sind heftiger Kopfschmerz, Gliederziehen, Schwindel, vollständiges Versagen der Beine nnd heftiges Fieber. ** Paris, 9. Dezbr. Das Louvre-Magazin ist wegen der unter den Angestellten ausgebrochenen epi demischen Krankheit auffallend spärlich besucht. ** London, 10. Dezember. Nach einer Mit teilung des „Reuterscheu Bureaus" aus Zanzibar vom gestrigen Tage meldet Dr. Parkers einige Besserung in dem Befinden Emin P ischas. ** Petersburg, 10. Dez. Der „Regierungs bote" veröffentlicht einen kaiserlichen Ukas, nach welchem der dem Ministerium des Kaiserlichen Hofes zugeteilte Hofmeister und wirkliche Staatsrat August v. Oettingen seines Dienstes allergnüdigst entlassen ist. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 10. Dezbr. Der Reichstag setzt die Etatsberatung beim Etat der Post- nnd Telegraphen-Berwaltung fort. vr. Baumbach (fceis.): Der Postetal schließe ja finanziell sehr günstig ab, aber die Post solle nicht in erster Linie eine Einnahme-Anstalt sein. In der That gestalte sich das Porto mehr zu einer Stempel abgabe. Jeder Versuch, bei der Post mehr den wirt schaftlichen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu stellen, stoße aus Widerstand. Er beantragt: Eine Abänderung des Postportotariss für Deutschland und Oesterreich- Ungaru nach der Richtung hin herbeizuführen, daß 1) an Stelle des gegenwärtigen Meistgewichts von 15 Gr. für den einfachen gewöhnlichen Brief ein höheres Meistgewicht unter Beibehaltung des Portosatzes von 10 Pfg. zugelassen, 2) für Drucksachen im Gewicht von 50 bis lOO Gramm eine Gebühr von 5 Pfg. festgesetzt werde. Es werde behauptet, durch die be antragten Ermäßigungen entstehe ein Einnahmeausfall von 300,000 Mark. Wäre das wirklich der Fall, so dürfe das bei einer Verkehrsanstalt, die mit einem Einnahmeüberschuß von 26 Millionen abschließt, nicht maßgebend sein. Aber dieser Ausfall würde gar nicht entstehen, denn Verkehrserleichterungen heben den Verkehr. Sehr wünschenswert wäre eine einheitliche Briefmarke für das ganze Reich; das ließe sich ohne Verletzung des Reservatrechts Bayerns und Württem bergs machen. Hoffentlich werde in Zukunft auch eine einheitliche Weltpostmarke kommen. Staatssekretär Ur. v. Stephan: Das Reservat recht sei verfassungsmäßig und müsse daher streng beobachtet werden. Die Initiative zu der gewünschten einheitlichen Marke müßte den beiden in Frage kommen den Staaten überlassen werden. Mit den Anträgen Baumbach's könne er sich befreunden, wenn er nur der Leiter des Post- und Telegraphenwesens wäre und wenn die Post-Verwaltung gewissermaßen als Einzelwesen, ohne jeden Zusammenhang mit allen übrigen Zweigen des Staatswesens bestünde. Letzteres sei aber undenkbar, die Post entspreche den Verkehrs interessen im weitesten Maße. Das Porto für den überseeischen Verkehr sei noch unlängst vielfach er mäßigt, das Bestellgeld für Landpostboten herabgesetzt worden; die Telegraphengebühr sei herabgesetzt und die Post habe eine Reihe neuer Aufgaben übernommen. Der Antrag Baumbach auf Herabsetzung des Meist gewichts der einfachen Briefe von 15 auf 20 Gramm würde einen Einnahmeausfall von 2,187,000 Mark, der Antrag auf Ermäßigung des Drucksachenportos einen solchen von 300,000 Mark, die gesamten aus dem Hause zum Postetat gestellten Anträge einen solchen von über 9ffs Millionen zur Folge haben. (Richter: Sehr wenig!).. > Kalle (n.-l.) befürwortet den Antrag Baumbach, dessen Notwendigkeit in der Bevölkerung allgemein er kannt werde. Der Verkehr von Drucksachen über 50 Gramm habe bedeutend zugenommeu. Staatssekretär vr. v. Stephan entgegnet, gerade weil der Verkehr zugenommen habe, bestehe kein Grund, das Porto zu ermäßigen. Schrader (freis.): Die in der letzten Zeit ge schaffenen Verkehrserleichterungen seien nur dem inter nationalen Verkehr und den kleinen Orlen zu Gute gekommen, während für den Verkehr zwischen den größeren Städten nichts geschehen sei. Woermann (n.-l.) hält eine Ermäßigung des Portosatzes für Drucksachen für kein so dringendes Bedürfnis, dagegen sei das Vorhandensein besonderer württembergischer und bayerischer Briefmarken eine Anomalie, die bei einigem guten Willen beseitigt werden könne. Auch die Einführung einer einheitlichen Zeitrechnung körn e der Staatssekretär im Reichspostamt in die Hand nehmen. Bayerischer Bundesbevollm Graf Lerchenfeld: Die bayerische Regierung habe keinen Anteil an den Reichseinnahmen aus der Post-Verwaltung. Ohne den Verkauf besonderer Briefmarken würde Bayern keine Einnahmen erzielen können. Es sei daher eine Aenderung des Verhältnisses nicht durchführbar. I)r. Hartmann (kons.): So unbedeutend sei der finanzielle Ausfall infolge der Anträge nicht. Man müsse denselben wohl ins Auge fassen. Ein zu billiges Porto sei auch nicht nölig, man würde sonst zu sehr mit Drucksachen überschwemmt. Or. Bürklin wünscht ebenfalls Beseitigung der Verkehrs-Beschränkungen, die sich aus dem Reservat recht ergeben. Ebenso wie die Frage der Helmzieher in Bayern durch die Intervention der bayerischen Krone gelöst sei, so werde vielleicht auch die Brief- markenfrage gelöst werden, ohne daß dadurch die Reservalrechte berührt werden. Stumm (Reichsp.) ist bezüglich der Einheitszeit mit Woermann nicht einverstanden. Die billigen Drucksachen überschwemmten das Land und wirkten für viele kleine Gewerbtreibende nachteilig. Das Porto solle eher höher, als billiger gestellt werden. S ch ul tz-Lupitz (Reichsp.) befürwortet die Ab schaffung des Strafportos. Schrader (freif.): So unerhört sei es nicht, wenn Bayern auf seine Reservatrechte in der Post- markenfrage verzichte, habe es ja doch auch bezüglich der Branntweinsteuer sein Reservatrecht aufgegeben. Der Antrag Baumbach wird hierauf abgelehut. Beim Titel „Telegraphistinnen" bemerkt der Direktor im Neichepostamt Dr. Fischer, daß es nicht beabsichigt sei, im Fernsprechverkehr im allgemeinen männliche Personen durch weibliche zu ersetzen. Ver suchsweise seien in Berlin zehn junge Damen im Fernsprechdienst angestellt worden, weil man bemerkt hat, daß die höheren Stimmlagen für den Fern sprechverkehr besser vernehmlich sind, als die lieferen Stimmen. Es sollten nur Erfahrungen gesammelt werden. Von Massen-Entlassungen könne umsoweniger die Rede sein, als fortwährend neue Beamte gebraucht würden. Der Titel wird hierauf bewilligt. Singer (Soz.) beantragt, den Minimalgehalt der Postunterbeamlen von 800 auf 850 und den Durchschnittsgehalt der Landbrieflrüger von 650 auf 709 Mk. zu erhöhen. Richter beantragt, den Reichskanzler um Er wägung zu ersuchen, ob nicht der Wotznungsgeld-Zu- schuß der unteren Beamten den Teuerungsverhält- nisseu entsprechend zu erhöhen sei. v. Ow (Reichsp) beantragt, der Reichskanzler solle erwägen, ob sich nicht eine Gehaltserhöhung für die unteren Beamten empfehle. Nach Begrün dung der Anträge seitens der Antragsteller wird die Weiterberatung auf morgen vertagt. Standesamt'icbe für Lichtenstein im Monat November 1889. Geburten: (14) Nr. 229 Elsa, T. d. Webers Friedrich Paul Schönfeld. 230 Martha Bertha, T. d- Strumpfwirkers Moritz Friedrich Bergmann. 231 Max Willy, S. d. Bergarbeiters August Louis Schmidt. 232 1 S- d. Schutzmann Friedrich Hermann Anibos. 233 Helene Klara, T. d. Webergehilfin Minna Klara Jenns. 234 Emil Paul, S. d. Bergarbeiters Oswin Hermann Wagner. 235 Ida Rosa, T. d. Bergklempners Karl Bruno Berger. 236 Martha Selma, T. d. Bergarbeiters Gustav Adolf Meißner. 237 und 238 Bernhard Karl und Elsa Minna, Zwillingspaar des Webers Karl Bernhard Nanmann. 239 Johannes Gotthard, S. d. Cementarbeiter Emil Max Glänzel. 240 Frieda Elsa, T. d. Strnmpfw. Ernst Hermann Martin. 241 Milda Frieda, T. d. Strnmpfw. Friedrich Gustav Listner. 242 Rosa Hedwig, T. d. Strnmpfw. Wilhelm Hermann Müller. Aufgebote: (7) Nr. 85 der Hutmacher Emil Richter hier mit der Wirtschaftsgehilfin Marie Klara Dietrich in Mülsen St. Niclas. 86 der Bergarbeiter Karl Robert Köhler in Hohndorf mit der Fabrikarbeiterin Anguste Minna Vogel hier. 87 der Webergehilfe Hermann Paul Ebert hier mit der Fabrikarbeiterin Anna Türck in Callnberg. 88 der Schieferdecker Heinrich Ernst Hermann Dittmar mit der Wirtschaftsgehilfin Ida Marie Seltmann, beide hier. 89 der Webermeister Karl Friedrich Hermann Otto mit der Leichenfrau Wilhelmine verw. Hüttenrauch, beide in Calln berg. 90 der Schneider Franz Oswald Kreßner in Penig mit Marie Lnise Beckert hier. 91 der Schlosser Karl Eduard Paul Frenzel mit der Schneiderin Johanne Martha Richter, beide hier. Eheschließungen: (7) No. 51 der Webermeister Friedrich August Matthes mit der Spulerin Ernestine Pau line verw. Hochmuth, beide hier. 52 der Tischler Anton Künzel mit der Fabrikarbeiterin Emma Laux, beide hier. 53 der Klempner Friedrich Hermann Kirschner in Nöhrsdorf mit der Fabrikarbeiterin Henriette Elisabeth Meißner hier. 54 der Schuhmacher Johannes Paul Nudelt mit der