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MWtiMckMWM Wochen- und Nachrichtsblalt zugleich GeschUfls-Anzci^r für Holglkrs Nillitz, Bcriisdttf, UMrf, St. KBit», htiiiriDort, Rlirienaii und Mseil. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. Jahrgang. — Nr. 295. Donnerstag, den 19. Dezember 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Sparkassen-Expeditronstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Geschäftstage der Sparkasse z» Callnberg: Montag, Donnerstag und Sonnabend. Einlagen werden mit 3'/.", verzinst, Zinsen für Ausleihungen möglichst billig vereinbart. Bekanntmachung. Die hiesige Ratsexpedition ist wegen Reinigung der Lokalitäten nächsten Freitag, den 20 dieses Monats, für alle nicht ganz dringlichen Angelegenheiten geschlossen. Callnberg, den 17. Dezember 1889. Der Bürgermeister. Schmidt. Die Händel in Afrika. Ueber afrikanischen Kolonialbesitz sind neue Streitereien entbrannt, die wohl nicht so schnell ab- gethan sein werden, wenn auch nicht daran zu denken ist, daß sie einmal zu einem Kriege führen können. Deutschland hat mit den Engländern bekanntlich überall, wo wir Kolonialbesitz in Afrika haben, unterhandeln müssen; indessen diese Unterhandlungen sind doch, seitdem der Gladstone'sche Minister des Auswärtigen, Lord Granville, von seinem Posten verschwunden war, ohne gi ößere Schwierigkeiten erledigt worden. Hierbei sprach auch die hohe Politik ein gewichtiges Wort mit, und aus Fürst Bismarck's Reichstagsreden ist ja be kannt, einen wie hohen Wert er auf gute Beziehungen zum britischen Reiche legt. Mit der englischen Re gierung ist immer noch ganz gut zurecht zu kommen, aber mit den englischen Kolouial-Gesellschaften um so Weniger. Bon ihrem Standpunkt haben sie nicht ganz und gar Unrecht. Als rücksichtslose Spekulanten sagen sie: „Wir nehmen Land, wo wir es finden, und machen Geschäfte, wo wir können!" Es geht doch aber beim besten Willen nicht, wenn Angehörige jedes europäischen Staates, der im dunklen Weltteil Be sitzungen hat, so auftreten wollten; dann würden sich schließlich die versammelten Weißen in Afrika die Köpfe blutig schlagen, während die Schwarzen dabei ständen und sich weidlich amüsierten. Die deutschen Kaufleute haben schon, ehe wir Kolonien hatten, mit den britischen Kompagnien gehörigen Aerger gehabt; besonders ist die Royal-Niger-Kompagnie solch' ein Muster-Institut, dem Verdienen über alles geht. Die bisherigen Zwischenfälle dieser und ähnlicher Art werden aber erheblich übertroffen von den neuesten Händeln, die uns nicht direkt, aber doch unseres ostafrikanischen Besitzes wegen, als Nachbar angehen. Die Verhält nisse liegen ähnlich wie bei der Karolinenfrage. Das Königreich Portugal hat seit langen, langen Jahren Besitzungen in Afrika, deren ungeheuere Flächen eine ausgiebige Verwaltung unmöglich machen; auch die Grenzen sind nicht ganz genau bestimmt worden, so daß also über den größten Teil dieses Landesgebietes die portugiesische Herrschaft nur dem Namen nach bestanden hat. Nun haben sich in der neuesten Zeit verschiedene große englische Gesellschaften gebildet, die Jagd auf alles innerafrikanische Land machen, welches nicht in verbriefter und besiegelter Form zu irgend einem Staate gehört, und bei ihren Nachforschungen sind sie denn auch auf das nur dem Namen nach portugiesische Land gestoßen und haben es flottweg als ihr Eigentum bezeichnet. Sie behaupteten, mit den Häuptlingen der Eingeborenen Verträge abgeschlossen zu haben, durch welche ihnen das Land überlassen wurde. Mit diesen Verträgen ist es aber so eine eigene Sache; meistens sind sie nicht viel mehr als ein Gewaltakt. Irgend ein Häuptling, der etwas schlauer ist, als seine Stammesgenossen, erhält Geschenke, wird betrunken gemacht und unterschreibt dann etwas, wovon er keine Ahnung hat. Die Portugiesen denken nun gar nicht daran, sich diese Art von englischer Abduktionspolitik gefallen zu lassen ; sie haben auch gar nicht gewartet, bis der Streit durch Verhand lung beigelegt ist, sondern einfach den Stamm, wel cher sich mit den Engländern eingelassen hatte, mit Krieg überzogen und gezüchtigt. Damit ist für die Lissaboner Regierung der Besitzstreit geendet; sie hat von dem Gebiete, welches die Briten für sich verlangten, einfach Besitz genommen; um so erbo ster ist man nun aber in London, und es wird heftig auf die vermeintlichen Rechte gepocht. Genau genommen, gehört das streitige Terrain den Portu giesen gerade so wenig, wie den Engländern; die Ansprüche der ersteren stützen sich auf die bisher nur dem Namen nach ausgeübte Herrschaft, die der letzteren auf ein paar Flaschen Rum und einen Haufen Baumwollenzeug. Will man aber in diesem Falle von Besitzrechten sprechen, so haben entschie den die Portugiesen das größere, denn sie waren zuerst da am Platze. Die englische Regierung wird wohl nach Mitteln suchen, um die portugiesische Regierung einzuschüchtern. Aber was will sie groß anfangen? Wenn die Portugiesen bleiben, wo sie sind, dann kann sie Niemand fortbringen; denn hie rum einen Krieg anzufangen, daran denkt man doch nirgends. Wir haben keine Veranlassung, den Por tugiesen unsere besondere Sympathie zuzuwenden, aber den englischen Kolonialkompagnien, deren Län derheißhunger doch etwas weit geht, könnte ein tüch tiger Nasenstieber gar nichts schaden. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein, 18. Dezbr. Der gestrige Vortrag im Kaufmännischen Verein: „Bilder aus dem deutschen Stndentenleben" des Herrn Schuldirektor Becker in Zwickau, zuerst zurückweisend auf die alten Fakultäten von Paris, Salerno und Bologna, und sodann beginnend mit dem ersten Anstoß zur Errichtung von Universitäten in Deutschland, deren Gebräuche, Leben, Gesetze und Entwickelung im Laufe der Jahr hunderte bis auf len heutigen Tag zeigend, bot ein so vielgestaltiges, interessantes und lehrreiches Bild, so viel des wissenswerten und neuen, und zeugte von so großer Gründlichkeit in Behandlung und Studium des Stoffes, daß der Herr Vortragende, durch außer ordentliche Rednergabe unterstützt und einnehmend, den ungeteilten Beifall aller Anwesenden erntete. ' — Behauptet jemand in Bezug auf einen andern eine wahre Thatsache, welche denselben ver ächtlich zu machen geeignet ist, und erhebt deshalb der Verletzte eine Privatklage gegen den Ersteren wegen Beleidigung, so ist der Privatkläger nach einem Urteil des Reichsgerichts, 3. Straff., vom 23. September 1889 wegen wissentlich falscher An schuldigung (Z 164 des Str.-G.-B.) zu bestrafen, wenn er bei Erhebung der Klage gewußt hatte, daß die über ihn behauptete Thatsache auf Wahrheit beruht; seine irrige Annahme, daß die behauptete Thatsache uuerweislich sei, gereicht ihm nicht zur Entschuldigung. — Zu besetzen sind nachstehende Lehrer- st eilen: Die 5. ständige Lehrerstelle in Harten stein. Koll. : Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: 1020 Mk. Gehalt, 100 Mk. Wohnungsgeld, 90 Mk. für Fort bildungsschulunterricht und 72 Mk. für Uebcrstunden. Musikalische Bewerber werden bevorzugt. Gesuche bis 30. Dezember an Bezirksschnlinsp. Schulrat Lohse in Zwickau; — die neugegründete 4. ständige Lehrer stelle an der Kirchschule zu Neukirchen. Koll.: Königl. Minist. d. Kultus rc. Einkommen, 1000 Mk. Jahres gehalt und 180 Mk. Wohnungsgeld. Gesuche bis 7. Januar an Bezirksschnlinsp. Schulrat Saupe in Chemnitz. — Der Ausschuß der deutschen Turnerschaft giebt bekannt, daß vom Magistrate zu Freiburg a. U. die Nachricht eingegangen ist, daß die städtischen Behörden die Absicht der Deutschen Turnerschaft, an Jahns Grabstätte eine Erinnerungsturnhalle zu erbauen, mit Freuden begrüßt und bereit seien, die erforderliche Baustelle dazu zu beschaffen. — Dresden, 16. Dezbr. Für den bevor stehenden Neujahrstag ist am königlichen Hofe die Abhaltung der üblichen Beglückwünschungs- und Vor- stellungs-Kouren in Aussicht genommen. Für weitere Vorstellungen angemeldeter Damen und Herren wird sich bei den im Laufe des Winters stattfindenden größeren Hoffestlichkeiten Gelegenheit bieten. — Se. Exzellenz der Herr KriegsministerGeneral derCavallerie Graf v. Fabrice hat nach mehrtägigem Aufenthalte Sonntag Berlin wieder verlassen, um nach Dresden zurückzukehren. — Wie hiesige Blätter mitteilen, ist von der Wettinfeier nach der Rechnungslegung des geschäftsführcnden Ausschusses ein Neberschuß von 30,000 Mark verblieben. — Dresden, 16. Dezbr. (Zweite Kammer). Zu dem von Bebel und Genossen eingebrachten Anträge auf Befreiung der in Staatsbetrieben be schäftigten Arbeiter, sowie der im Zivilstaatsdienst be schäftigten, die Beamteneigenschaft aber nicht besitzenden Personen von Zahlung der gesetzlichen Kranken-, Jn- validitäts- und Alters-Versicherungsbeiträge erklärte der Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz, der Antrag sei aus formellen und materiellen Gründen unausführbar und widerspreche direkt den reichsgesetzlichcn Bestimm ungen, deren Abänderung auf dem Wege der Landes gesetzgebung unzulässig sei. Zu der beantragten Maß regel sei auch gar lein Grund vorhanden, da seit dem Jahre 1884 Lohnerhöhungen eingetrcten seien, die zum großen Teil die zu leistenden Beiträge weit überstiegen. Der Antrag wurde der Finanzdeputation überwiesen. — Dresden, 16. Dezember. In der 4. Bezirksschule, Glacisstraße, ist die granulöse Augen- krantheit ausgebrochen. Auf Gutachten des Schul- und des Bezirksarztes ist von der Schulinspektion der Unterricht am vorigen Sonnabend geschlossen worden. Zur gründlichen Desinfektion der Schul zimmer und zum Weißen derselben haben Rat und Stadtverordnete 2600 Mk. bewilligt. Hoffentlich bleiben die übrigen Schulen von der Krankheit verschont. — Meißen. Zn Ostern künftigen Jahres werden an der Fürsten- und Landesschule St. Afra zu Meißen voraussichtlich 10 Königl. Alumnatstellen frei, die stiftungsaemäß für solche Knaben bestimmt sind, welche entschiedene Fähigkeiten und Neigung zu den höheren Wissenschaften besitzen. Gesuche um Zulassung zum Konkurrenzexamen sind im Laufe des Januar künftigen Jahres an das Königl. Mini sterium des Kultus und öffentlichen Ünterrichts einzureichen. — Der Petition des Rates der Stadt Meißen an die Ständekammer um Erbauung