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ls I früher Wochen- und Äochrichtsblatt zugleich WD-AnDM ßr Hoh«S«f Riidlitz, Pcrnsdorf, NüsSürf, St. HcimiPorh Mmmi RUlscn. Amtsblatt für den StaStrat z» Lichtenstein. — — »s Jahrgang. Nr. 279. Sonnabend, den 30. November 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergeipaltene Korpuszeile oder deren Ranm mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. -MW Henle städtische Bolksvivliothek geöffnet von 11-12 Uhr. Tagesgeschichte. *— Die Maul- und Klauenseuche in den Ge höften der Gutsbesitzer Helm und Bauch in Berns - darf ist erloschen. -- Der erste Schnee scheint am Mittwoch über einen großen Teil Sachsens gekommen zu sein, wie aus Berichten einiger Blätter hervorgeht. In der Lausitz, wo er sich nur auf den Höhen der Berge ausgebreitet hatte, fand man den weißen Gast auch am Morgen in den Thalern. Im Voigtland hat er sich bereits am Dienstag eingestellt. In Berlin ist er in der Nacht von Dienstag zum Mittwoch gefallen. — Kouponsbücher zu 30 Fahrten auf den säch sischen Staatsbahnen. Die Inhaber solcher Bücher seien darauf aufmerksam gemacht, daß die im Laufe des Jahres 1888 (bis 31. Dezember) entnommenen Bücher mit Ende Dezember d. I. verfallen, also einzelne noch nicht benutzte Koupons wertlos werden. — Der Bezirksverein „Königreich Sachsen" im deutschen Fleischerverbande hat, wie wir hören, vor einigen Tagen eine Petition um Aufhebung der Schlachtsteuer an den Landtag gerichtet. — Die von den landwirtschaftlichen Kreisvereinen unterhaltenen acht landwirtschaftlichen Schulen zu Annaberg, Auerbach, Bautzen, Chemnitz, Freiberg, Meißen, Rochlitz und Wurzen werden im Winter halbjahre 1889/90 von zusammen 411 Landwirt schaftsschülern besucht. Die Gesamtfrequenz dieser Schulen betrug im Winter 1879/80 (mit Ausschluß der Schule zu Annaberg, welche erst im Winter 1882/83 eröffnet wurde) 350, stieg bis 455 im Winterhalbjahre 1882/83, ging dann wieder bis 389 im Winterhalbjahre 1884/85 zurück und setzte, nach einer einmaligen Erhöhung auf 4l4 im Winter halbjahre 1885/86, ihren Rückga.ig bis auf 336 im Winterhalbjahre 1888/89 fort. Die Steigerung im laufenden Winterhalbjahre gegen das vorige beträgt daher 22,s Prozent. Die Schulen zu Annaberg und Wurzen haben an dieser Steigerung nicht teil genommen; an ersterer ist die Frequenz um 3 zu rückgegangen, an letzterer ist sie unverändert ge blieben. Die Schule zu Annaberg zählt im laufen- fenden Winterhalbjahre 19 Schüler (Maximum 26 im Winterhalbjahre 1883/84, Minimum 17 bei der Errichtung im Winter 1882/83), die zu Auerbach 31 (Maximum 39 im Winterhalbjahre 1882/83, Minimnm 10 bei der Errichtung im Winter 1876/77), die zu Bautzen 86 (Maximum 100 im Winterhalb jahr 1881/82, Minimum 27 bei der Errichtung im Winter 1875/76), die zu Chemnitz 46 Maximum 83 im Winterhalbjahre 1881/82, Minimum 16 bei der Errichtung im Winter 1877/78), die zu Freiberg 37 (Maximum 91 im Winterhalbjahre 1878/79 vor der Abzweigung der landwirtschaftlichen Schule zu Meißen, Minimum 34 im Winterhalbjahre 1888/89, die zu Meißen 82 (der höchste Stand seit der Er richtung der Schule, welche im Winter 1879/80 mit 27 Schülern eröffnet wurde), die zu Rochlitz 58 (gleichfalls der höchste Bestand seit der im Winter 1877/78 mit 17 Schülern erfolgten Eröffnung), die zu Wurzen 52 (Maximum 76 im Winterhalbjahre 1882/83, Minimum 20 bei der Errichtung im Winter 1878/79). Die mit der landwirtschaftlichen Schule zu Bautzen seit dem Jahre 1879 verbundene Garten bauschule wird im 'laufenden Winterhalbjahre von 22 Schülern besucht, nachdem zuvor der Besuch im Wiuter zwischen 6 und 21, der Besuch im Sommer zwischen 9 und 21 geschwankt hat. Endlich sind mit den landwirtschaftlichen Schulen zu Bautzeu und Chemnitz Gärtnerfortbildungsschulen verbunden, von denen die erstere von 15, die letztere von 12 Schülern im laufenden Winterhalbjahre besucht wird. Die Frequenz der Gärtnerfortbildungsschule zu Bautzen betrug 21 im Winterhalbjahre 1888/89, 22 im Winterhalbjahre 1887/88. Die Frequenz der Gärt nerfortbildungsschule zu Chemnitz hat seit ihrer Er richtung im Jahre 1879 zwischen 9 und 17 ge schwankt. — Der „Vogtl. Anz." schreibt: Sachsen hat auffallend wenig hochbetagte Leute. Die meisten Alten finden sich da, wo die ackerbautreibende Be völkerung stark überwiegt. Ungünstiger als Sachsen steht in Europa nur noch England da; noch niedrige Ziffern haben die englischen Kolonien und die Ver einigten Staaten (auf 1000 Bewohner kommen über 40 Jahre alt in Frankreich 350, in Sachsen 243, in England 241, in den Vereinigten Staaten 210, in den englischen Kolonien 203). Je höher die Altersklasse, desto stärker wird dieser Gegensatz. Vom 70. Jahre ab ist selbst die englische Ziffer günstiger als die sächsische, vom 80. Jahre ab tritt die sächsische Zahl auch noch hinter diejenige der vorgenannten außereuropäischen Staaten zurück und wird damit die ungünstigste der Welt. Frankreich hat Bewohner, die 80 bis 90 Jahre alt sind, fast viermal mehr Bewohner, die über 90 Jahre alt sind, fast zehnmal mehr als Sachsen, selbverstünd- lich relativ, denn es standen unter 1000 Bewohner im Alter von 80—90 Jahren in Frankreich 9,e, in Sachsen 3,o, im Alter von mehr als 90 Jahren aber in Frankreich 0,?, in Sachsen dagegen nur 0,v8l — Mülsen St. Niclas. Auch in diesem Jahre soll zum 2. Advent zum besten einer vom hie sigen Frauenverein zu veranstaltenden Christbescheer- ung ein Concert abgehalten werden. Das sehr gut gewählte Programm enthält u. a. Sätze für Mün- nerchor und gemischten Chor und schließt mit einem Der Erbe des Hauses. Roman von Hermine Frankenstein. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Also habt Ihr gar keine Hoffnung, Doktor," fragte Olla wehmütig. „Ich glaube doch, daß ihm eine Spur des Verstandes geblieben ist, denn ich habe ihm vor gesungen und als die Töne an sein Ohr schlugen, da fing der Unglückliche an zu weinen." „Ihr habt Mitleid mit diesem edelaussehenden Landsmann von Euch, Signora, Ihr beklagt sein trau riges Geschick. Aber da er Euch nur ein Fremder ist, wird es Euch nicht tiefer berühren, wenn ich Euch wiederhole, was ich schon zu Frau Vicini gesagt habe — daß es für die Heilung dieses Unglücklichen keine Hoffnung giebt." Olla hatte ein Gefühl, als ob man ihr einen Schlag versetzt hätte. Alle ihre Luftschlösser zerstoben. „Er ist also, kurz gesagt, hoffnungslos blödsin nig ?" fragte Herr Gower in heiserem Tone. „Ihr habt es gesagt, Signor." „Herr Gower zwang ein Lächeln auf seine beben den Lippen. „Dann ist nichts mehr zu sagen. Man muß deu armen Jüngling hier sein Leben beschließen lassen. Erlaubt mir, Euch für Eure Mühe zu bezahlen, Dok tor. Ich habe nur ein menschenfreundliches Interesse an diesem Falle genommen, denn der junge Mann geht mich gar nichts an. Krigger, begleitet den Herrn Doktor zum Wagen, führt ihn nach Hause und holt uns dann ab." Der Doktor empfahl sich und ging fort. Herr Gower schaute ihm nach und murmelte: „So ist die Sache also beendet. Wenn ich gewußt hätte — aber es ist jetzt für immer zu spät! Ich würde mich nie mit der Sorge für einen Blödsinnigen beladen. Ein seltsames Verhältnis, das Jasper und mich hier zusammengeführt hat. Es ist ein grausames Geschick, weiches sein Leben im Beginne zerstörte." Er blieb düster und schweigsam abseits von den Andern bis der Wagen zurückgekehrt war. Als die Gesellschaft von der Fischerhütte sich entfernt hatte und den Hügel Hinabstieg, blieb Gower auf halbem Wege Plötzlich stehen und sagte zu seinem Mündel: „Hört mich an, Olla, der junge Mann dort oben ist so gut wie tot. Es lebt nur der Leib an ihm — seine Seele ist gestorben. Ich möchte Euch daher nur wiederholen, was ich Euch gestern Abend sagte. Es steht Euch frei, ihn zu besuchen, so oft Ihr wollt, ihm Delikatessen zu bringen, Lieder vorzusingen und für sein Behagen zu sorgen. Ich werde ihn nie wieder sehen; sein Anblick ist mir so, als ob ich in ein offe nes Grab schauen würde. Und ich wiederhole Euch auch meinen strengsten Befehl, in meiner Gegenwart nie wieder seinen Namen zu nennen, noch überhaupt seiner zu erwähnen oder zu gestatten, daß er in die Villa kommt. Für mich ist und bleibt er tot!" Olla erklärte, sich seinen Wünschen zu fügen und Mr. Gower ging weiter: doch waren seine Schritte so wankend und unsicher, wie die eines von schwerer Krankheit kaum Genesenen. Olla folgte ihm ernst und traurig, von banger Sorge erfüllt. 12. Kapitel. Die Ankunft des Betrügers. Im Schlosse Tressilian herrschte freudige Erreg ung, denn es war aus Paris eiue Depesche einge- troffen, daß der Erbe des Hauses in kürzester Zeit, nach fünfjähriger Abwesenheit, wieder in die Heimat zurückkehren werde. In dem Gemeiudegasthause zu Ardleigh wurde mit großer Lebhaftigkeit über den jungen Erben gespro chen und man fragte sich, ob diese Erziehung und jene Reisen in fremden Ländern dem jungen Erben ver dorben hätten oder nicht, denn jeder erinnerte sich seiner als eines fröhlichen, zu allen ordentlichen Schel menstreichen aufgelegten Knaben, der aber das beste, edelste, großmütige Herz besaß, voll Geist und Frische. Würde er so rein und unverdorben zurückkommen, als er gegangen war? so fragten sich die Untergebenen Sir Arthurs, wie er sich selbst gefragt hatte. Der Morgen des glücklichen Tages der ersehnten Ankunft brach endlich an. Es war ein düsterer, stürmischer Novemberabend ohne Sonnenschein. Aber wie unfreundlich es auch draußen sein mochte, im Schlosse selbst herrschte nur Heiterkeit und Freude. Der Wagen war bereits nach Glocester gefahren, um den heimkehrenden Erben abzuholen. Sir Arthur wan derte in glückseliger Rastlosigkeit durch die Zimmer und seine trüben Ahnungen waren vollständig ver schwunden. In allen Räumen des Schlosses loderten behag lich wärmende Feuer; das Speisezimmer war mit Laub und Reisigkränzen festlich geschmückt worden und