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wie viele Interessenten zu ihrem Schaden dir Aus- lofunge« übersehen. Es können dieselben nicht genug davor gewarnt werden, sich dem Jrrtume hinzugeben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und diese unbe anstandet eingelöst werden, ihr Kapital ungekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung präsentierten Zinsscheiue nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgeloster Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfindet, so werden die von den Beteiligten infolge Unkenntnis der Auslosung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfindliche Nachteile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restierenden Nummern schützen können. — Dresden, 6. Dezember (Landtag). Das heute ausgegebene dritte Verzeichnis der bei der Be schwerde- und Petitionsdeputation der Zweiten Kammer eingegangenen Beschwerden, bezw. Petitionen enthält 25 Nummern, von welchen 17 die Erbauung von Eisenbahnen, Anlegung von Haltestellen rc. betreffen und deshalb der Finanzdeputation U überwiesen worden sind. An die Finanzdeputation sind 3 Nummern abgegeben worden, nämlich eine Petition des Bezirks- Vereins Königreich Sachsen im deutsche» Fleischer- Verband zu Leipzig um Aufhebung der Schlachtsteuer, eine Petition des Gutsbesitzers und Vorsitzenden des wendischen Bauernvereins Jakob Rentsch in Zschernitz und Genossen um Aufhebung der Notschlachtsteuer und eine Petition des Maschinenstickers Heinrich Falk in Schneeberg um Aufhebung des Schulgeldes rc. Von den fünf Nummern, welche die Beschwerde- und Petitionsdeputation zur eigenen Berichterstattung be halten hat, sind vier rein privater Natur, die letzte ist eine Beschwerde von Albert Hartmann, Vorsteher des Volksvereins zu Gablenz und Umgegend, das Vereins- und Versammlungsrecht betreffend. Die nächste Sitzung ist auf nächsten Montag, Mittag 12 Uhr, anberaumt. Auf der Tagesordnung befinden sich lediglich mündliche Berichte der 4. Deputation über Petitionen, nämlich: 1. des Lohnkopisten Frauenstein in Dresden, Erhöhung der ihm ausgesetzten laufenden Unterstützung betreffend, 2. des Gärtnereibesitzers Haucke in Gablenz und Genossen, Freigabe der Jagd auf Wild, insbesondere auf Hasen, innerhalb der ein- gefriediglen Grundstücke betreffend, und 3. des Dom herrn Ür. Friederici in Leipzig, Einkommensteuer reklamation betreffend. Bezüglich aller drei Petitionen gehen die Anträge der 4. Deputation dahin, dieselben auf sich beruhen zu lassen. — Zur Warnung und Beobachtung dürfte folgende trübe Lebenserfahrung dienen, welche eine in Dresden lebende Dame machen mußte. Im Sommer d. I. hielt sich diese Dame, in den mittleren Jahren und aus sehr geachteter Familie, zum Besuch bei einer Verwandten dort auf. Alsbald machte sie die Bekannt schaft eines Herrn, der, von Geburt ein Deutscher, fast die ganze Lebenszeit in Amerika verlebt hatte und auch Amerikaner geworden war. Er war ein ge bildeter Herr, Anfang der 50er Jahre, gab an, Wein händler zu sein, drei Häuser zu besitzen und führte auch ein diesen Angaben ganz entsprechendes Leben. Er machte ganz den Eindruck eines ehrenwerten und durchaus reellen Mannes, der durch sein liebens würdiges Wesen und nobles Auftreten sich im Fluge die Frauenherzen eroberte. Nachdem die Dame ihn zur Genüge kennen gelernt zu haben und jein Ver- I trauen in demselben Maaße erwiderte, verlobten sie sich unter Zeugen der Verwandten mit einander und s willfahrte sie seinem Wunsch, ihn nach Amerika zu begleiten; gelabte er ihr doch ein liebender und treuer Gatte zu werden und ihr im fremden Lande ein fried liches, glückliches Heim zu bereiten. Mit schwerem Herzen schied sie von ihren lieben Bekannten und Verwandten, doch der Gedanke, daß sie in der neuen Welt mit ihm vereint glücklich werden Mrde, drückte das Wehmutsgefühl etwas nieder und machte einer hoffnungsvollen und freudereichen Stimmung Platz. — Glücklich hatten sie Amerika erreicht. Aber schon nach zwei Tagen, o weh, war der schöne kurze Traum, denn ein solcher war es ja nur, zu Ende. Gerade an dem Tage, wo die Hochzeit stattfinden sollte, war der rechtschaffene, ehrliche Mann mit Hinwegnahme ihres Geldes, der Werthsachen, Kleidung und Wäsche verschwunden. Ein elender Dieb und Betrüger war es gewesen, dem sie vertraut und geglaubt hatte. Jetzt stand die Dame, von allen Mitteln entblößt, da im fremden Lande, man versetze sich in diese schreckliche Situation. Sie dankt ihrem Gott, daß es ihr endlich, aber doch mit Hilfe guter Menschen, gelang, nach der Heimat zurückzukehren. Freilich muß sie sich von Neuem nun durch eigene Kraft wieder emporarbeiten. Hoffentlich gelingt es ihr recht bald,- entsprechende Stellung zu finden. — Wieman nachträglich erfahren, soll der Schwindler in Amerika schon mehrfache Be trügereien verübt, die Bank in Rocheller beschwindelt und eine Kasse bestohlen haben. Der Schein trügt, kann man auch hier mit vollem Recht sagen. — Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am Sonnabend auf dem Leipziger Schlachthofe. Dahin hatte der 29 Jahre alte Dienstknecht Heß aus Bornitz einen Bullen gebracht, welchen er, um ihn von dem Wagen abzuladeu, entfesselte und los band. Plötzlich drängte sich aber der Bullen an den Dienstknecht heran und drückte ihn mit großer Gewalt an die Wagenwände an. Dadurch wurde Heß an Kopf und Unterleib schwer verletzt und ihm außerdem der rechte Oberschenkel gebrochen. — In der Blüthner'schen Hofpianofortefabrik in Leipzig ist Sonnabend Vormittag ein Arbeiter, welcher damit beschäftigt war, Kohlen auf dem Fahrstuhle nach eurem der oberen Stockwerke des Fabriksgebäudes zu schaffen, mit dem Fahrstuhle, dessen Ketten zerrissen sind, in den Schacht hinab gestürzt und hat dabei sehr schwere Verletzungen erlitten. Der Verunglückte ist seinen Verletzungen erlegen. — Unter den Zigarrenarbeitern in Pirna herrscht bereits seit einiger Zeit eine lebhafte Be wegung zur Erlangung höherer Arbeitslöhne. Die wiederholten Verhandlungen zwischen den Fabrkanten und den Arbeitern haben bis jetzt dahin geführt, daß mit alleiniger Ausnahme einer Firma in sämt lichen übrigen Fabriken, die geforderten höheren Löhne bewilligt worden sind. Seit Donnerstag befinden sich nun die Arbeiter dieser Firma in vollem Ausstand. — Wurzen, 5. Dezember. In der heutigen Verhandlung des hiesigen Schöffengerichts wurde der bekannte Führer der hiesigen Deutschfreisinnigen, Lehrer a. D. Thiele in Wurzen, wegen Zuwider handlung gegen das Vereinsgesetz zu einer Woche Gefängnis verurteilt. — Ein junger, in Freiberg aufhältlicher Russe, der sich der Arretur gewaltthatig widersetzte und den betreffenden Nachtpolizeidiener dabei so mißhandelte, daß derselbe hart darniederliegt, ist festgenommen und der königlichen Staatsanwaltschaft überwiesen worden. Die Freilassung gegen Kaution wurde abgelehnt. — Reicheßibach, 6. Dezember. Die MM Zwecke her Beratung der Lohnfrage im „wkffeßrm" ernbenffem Versammlung der Maurergesellen warvon ca. 70 Personen besucht. Allgemein wurde die Not- Wendigkeit der Erhöhung des Gtundenlohnes wegen der in letzterer Zeit ziemlich bedeutend gestiegenen Lebensmittelpreise, der teueren Kohlen rc. anerkannt, zumal auch die Löhne an vielen anderen Orten schon seit längerer Zeit besser, die Lebensmittel aber nicht eine solche Höhe wie hier erreicht hätten. Einstimmig wurde nun beschlossen, in aller Güte und Freundschaft den Meistern die Lage der Gesellen darzulegen und sie gegen den bisher gezahlten Stundenlohn von 28, bezw. 29 Pfennigen um einen Normalstundenlohu von 34 Pfennigen vom 1. März 1890 zu bitten. Eine aus acht Personen bestehende, zu diesem Zwecke ge wählte Kommission hat die gefaßten Beschlüsse den betreffenden Meistern schriftlich zu unterbreiten, sie um ihren Entschluß zu bitten und nötigenfalls mit ihnen weiter in dieser Angelegenheit gemeinschaftlich zu unterhandeln. — Ebersbrunn, 7. Dezember. Aus einem hiesigen Gehöfte wurden Ende vorigen Monats von 20 lebenden Gänsen 9 Stück mittels Einbruchs ge stohlen. Der oder die Diebe haben an der im offenen Hofe befindlichen Stallthüre das Vorlegeschloß ab gedreht und auf diese Weise den Diebstahl ausgeführt. Die Nachforschungen nach den Dieben blieben bisher erfolglos. — Tiefes Leid ist in die Familie des Berg arbeiters Hochmuth in Planitz eingezogen. Der 13- jährige Sohn desselben ist am 1. d. M. auf dem herrschaftlichen Gletztcich eingebrochen und ertrunken. — In Hart mannsgrüner Revier unweit Treuen wurde vorgestern nachmittag von einigen Jägern in einem Steinbruche ein Mann erfroren aufgefunden. — Von einem drolligen Zusammenstoß mit einem Hirsch kann ein Niederneuschönberger Feuer wehrmann erzählen. Als derselbe Abends zu einer Versammlung gehen wollte, gingen in schnellem Laufe zwei starke Hirsche so dicht an dem Manne über die Straße, daß er den einen Hirsch am Ge- wcih erfaßte, in dem naiven Glauben, denselben festhalten zu können. Im Nu hatte jedoch der Hirsch zum Stoße angesetzt und im nächsten Augenblicke kugelte sich der Feuerwehrmann auf der Straße. Der Hirsch aber war verschwunden. Der Feuerwehr mann hatte übrigens bei dem Vorgänge recht bedeu tende Abschürfungen usw. davongetragen. H Berlin. Auf eine vom Kaiser ergangene Anfrage über das Befinden Emin Pascha's ist am 6. ds. M. nachstehendes Telegramm von Major Wiß mann eingetrosien: Emin befindet sich etwas besser. Er bleibt in Bagamoyo nnd beauftragt mich, Ew. Maj. zu sagen, daß seines Kaisers Glückwunsch die beste Belohnung für seine Arbeit sei. Er bittet dafür seinen unterthänigsten Dank abstatten zu dürfen.— Das Glückwunschtelegramm des Kaisers an Emin Pascha lautet: An vr. Emin Pascha. Bei Ihrer endlichen Rückkehr von dem Posten, welchen sie über 11 Jahre mit echt deutscher Treue und Pflichter füllung heldenmütig behauptet haben, begrüße ich Sie gern mit meinem Glückwunsch und mit meiner Kaiserlichen Anerkennung. Es hat mir zur be sonderen Freude gereicht, daß die Truppe des deutschen Reichskommissars Ihnen den Weg an die Küste gerade durch unser Schutzgebiet bahnen konnte. Wilhelm I. U." 8 Kvln, 7. Dezbr. Eine Reihe katholischer Blätter im rheinisch-westfälischen Kohlenrevier mahnen Sie hat Euch immer gewaltig lieb gehabt, Herr, und wenn Ihr ein gutes Wort für mich einlegen wolltet, so würde das mehr nützen, als wenn selbst Sir Arthur sie überreden möchte." „Ich werde mit ihr sprechen, Pnrmton," sagte Lowder lächelnd. „Aber die gute Seele muß sich schon wundern, daß ich nicht zu ihr komme. Kommt mit mir auf ihr Zimmer oder halt — Ihr geht voraus und ich werde Euch ganz leise folgen und sie überraschen." Dies war so den alten kindlichen Einfällen Guys ähnlich, daß Purmton's Herz sich aufs Neue erwärmte. Er schritt einen Gang entlang, klopfte am Ende desselben an eine Thür und trat bei der Haushäl terin ein. Lowder guckte hinter ihm in das Zimmer hinein. In einem Arnistuhl saß Frau Goß im Nach denken versunken. Die roten Bänder ihrer Haube hoben und senkten sich auf ihrer Brust und ihre Finger waren eifrig mit einer Strickerei beschäftigt. Frau Goß hatte Purmton's Klopfen nicht ge hört, noch seinen Eintritt beachtet. Sie schaute erst auf, als er vor ihr stand, dann rief sie erschrocken aus: „Seid Ihr es Purmton ? Wie Ihr mich erschreckt, ich dachte eben daran, ob ich nicht durch das Musik zimmer ein Wenig in den Salon Hineinschauen könnte. Ich möchte Master Guy sehen. Mir schien es diesen Morgen, als ob er sich sehr verändert hätte. Es schien fast gar nicht, als ob es unser Master Guy sein könnte. Und er muß sich auch sehr ver ändert haben, sonst wäre er jetzt schon bei mir ge wesen. Ich habe ihm gar oftmals, als er noch ein Kind war, aus dem Schranke dort Konfekt, Kuchen und Früchte gegeben. Aber er hat mich vergessen." „Nicht so sehr, als Ihr glaubt, Frau Goß," sagte Purmton, dessen Gesicht vor Entzücken sich noch mehr rötete. „Es steht Jemand vor Eurer Thüre, der Euch sehen will." „Doch nicht, Master Guy!" und die Haushäl terin sprang von ihrem Stuhle auf. „Ja, er-ist's," sagte Lowder, die Thüre aufsto ßend, mit einem Lächeln auf sie zutretend. „Ich wollte schon früher kommen: aber ich konnte mei nen Vater nicht verlassen." Er faßte Frau Goß bei der Hand, und drückte einen Kuß auf das entzückte Gesicht der Haushälterin. „Und er hat sich gar nicht verändert, als ich glaubte," rief sie aus. „Er ist derselbe warmherzige Junge trotz all seiner Reisen und Gelehrsamkeit. Setzt Euch in diesen weichen Stuhl, Master Guy." Lowder nahm die Einladung an. Innerlich wa ren ihm zwar der Haushofmeister samt der Haus hälterin zuwider, aber da er den Namen und Cha rakter Guy Tressilian's angenommen hatte, war er anch verpflichtet, Guy's Eigentümlichkeiten nachzu ahmen. Er war entschlossen, seine Rolle gut zu spie len, und nichts von seiner Ungeduld zu verraten, noch irgend einen Punkt zu vernachlässigen, der seine Lage befestigen oder ihn bei dem Baronet und im Hause populär macheu könnte. Diesem Entschlusse getreu handelnd, blieb er, freundlich Plaudernd, eine Weile bei den beiden al ten Dienern, die ihre ganze Lebenszeit im Dienste der Familie zugebracht hatten und von Sir Arthur und Blanche mit einer gewissen familiären Herzlich- > leit behandelt wurden; als er sich nach etwa zehn Minuten von dem Paare verabschiedete, waren Beide des Lobes über ihn voll. Nachdem er Purmton in dem Zimmer der Haushälterin zurückgelassen hatte, kehrte er in den Salon zu Sir Arthur uud Blanche zurück. „Die gute Frau Goß," bemerkte er, wieder sei nen Sitz neben dem jungen Mädchen einnehmend, „hat noch immer so manche ihrer Eigentümlichkeiten. Ich werde ihr znreden, Purmton doch endlich zu erhören. Er wirbt nun lange genug um Sie. Die Beharrlichkeit des guten Menschen verdient belohnt zu werden." „Ich glaube es auch," sagte Blanche lächelnd. „Purmton ist ein treuer Bewerber. Und ich glaube, Frau Goß hat ihn heimlich lieb. — Hat sie Euch erkannt?" „Augenblicklich ! Ich glaube, ich habe mich nicht gar so verändert, wie Ihr sagt. Vielleicht nicht mehr als Ihr, Blanche. Sie sagte mir wenigstens, daß ich noch etwas von meinem knabenhaften Ausdruck habe." „Ich glaube, daß sie sich damit irrt," sagte Sir Arthur gedankenvoll. Lowder wendete sein Gesicht so, daß der Baro net weniger Gelegenheit hatte, seine Züge zn studieren. „Ich wollte, der Tag wäre schöner," bemerkte er. „Ich möchte so gerne über das Gut und durch die Stallungen gehen. Aber das werden Unterhal tungen für morgen sein. Heute will ich Euch von meinen Reisen und Abenteuern erzählen. Ich bin egoistisch genug, zu glauben, daß Euch die Erzäh lungen interessieren werden." (Fortsetzung folgt.)