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Derselbe hatte auch einen größeren Geldbetrag in seinen Lumpen eingenäht und war bis vor kurzem Tischler in Marseille, von wo ihn der Dcutickenhaß der Franzosen wegtrieb. Durch äußerste Sparsamkeit hatte er sich den obigen Betrag erspart und aus gleichem Grunde, dann aus Angst, um nicht ans der Fußreise beraubt zu werden, das Gewand eines Bettlers angelegt, in dem er mit der Polizei mehrfache Anstände hatte, aber doch immer wieder laufen gelassen wurde. Er begab sich von Leitmeritz unmittelbar in seine Heimat. — Lohmen, 7. Dezbr. Bergangene Nacht gegen 1 Uhr ist das der Frau verw. Mildner hierselbst ge hörige Wohnhaus bis a'f die Umfassungsmauern niedergebrannt. 8 Berlin, 9. Dezember. Der „Boss. Ztg " wird aus London gemeldet: Emin Pascha befindet sich besser, aber d.r anhaltende Ausfluß einer wässe rigen Materie aus dem Ohr verursacht Besorgnis. Stanley wohnte heute dem Gottesdienste an Bord der englischen Korvette „Turynoise" bei. Nach dem selben hielt er eine Ansprache an die Besatzung, wo rin er sagte, er betrachte sein Werk als keineswegs beendet, seine Zukunft sei mit Afrika verknüpft, und der größte Teil seiner Aufgabe liege noch vor ihm. — Der deutsche Empfang der Stanley'schen Expedi tion war glänzend und vorzüglich organisiert; es waltet kein Zweifel darüber, daß in Zansibar selbst, sowie in dem eroberten Teile der Küstenlinie deutscher Einfluß und deutsches Ansehen in den letzten sechs Monaten iii hohem Grade zngenvmmen haben. Alle in Zansibar einlaufenden Mitteilungen sind dazu angethan, die Wahrheit der Meldung über die Nieder- metzeluug der ganzen „Peters'schen Expedition" zu be stätigen. Es scheine, daß ihr Lager um Mitternacht von 12 000 Somalis umzingelt worden sei und daß Niemand entkam. 8 Berlin, 9. Dezember, Der „Post" wird aus London mitgeteilt: Ein Korrespondent der „Daily News" hatte ein Interview mit dem Kaiser Dom Petro. Dieser erklärte, er werde niemals av- danken und lehne die ihm angebotene Zivilliste zu Gunsten des verschuldeten Brasiliens ab. — Außer deu Gasarbeitern droht auch die Londoner Kvhlen- arbeiteruniou mit einem Streike. — Von den eng lisch-portugiesischen Differenzen wird die Spreugnng des Brüsseler Kongresses befürchtet. § Das Scheuern mit Anwendung von Oleum hat wiederum ein Opfer gefordert. Die bei einer Berliner Familie in der Alexauderstraße bedienstete Anna K. hatte am Sonntag die Kupfersachen in der Küche mit dieser gefährlichen Flüssigkeit gescheu ert. Gleich darauf schwoll der K. der rechte Arm unter den furchtbarsten Schmerzen an, so daß der zu Rate gezogene Arzt die schleunigste Ueberführnng des Mädchens nach einem Kraukenhause anordnete. Wenige Stunden nach ihrer Einlieferung daselbst hat man dem Dienstmädchen den Arm abnehmen müssen, da die Blutvergiftung bereits soweit vorge schritten war, daß nur die sofortige Amputation noch Rettung bringen konnte. Die Unglückliche hatte am Mittelfinger der rechten Hauv einen Nietungel sich abgerissen, in die unbedeutende Hautwunde war das Oleum gedrungen und hatte die von so schrecklichen Folgen begleitete Blutvergiftung herbeigeführt. 8 Der Schnelldampfer Saale, Kapr. H. Richter, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welcher am 27. November von Bremen und am 28. November van Southampton abgegangen war, ist am 7. Dez. 10 Uhr abends wohlbehalten in New-Jork an gekommen. Gedanken, sich von seiner geliebten Mündel trennen zu müssen; — doch die Liebe zu seinem Sohne ließ ihn auch das schwerste Opfer bringen — sein eigen Herz konnte er zum Schweigen bringen, um das seines einzigen Kindes nud seinen Liebling in Glück und Zufriedenheit zu sehen. „Sie ist ungewöhnlich schön, Hugh," sagte er, „und eben so gut und sanft, als sie bezaubernd ist. Sie ist ein Schutzengel für die Armen. Als im ver gangenen Jahre im Dorfe Ardleigh ein ansteckendes Fieber wütete, Pflegte sie die Armen! Sie brachte ihnen Eis und Nahrung, las den Rekonvaleszenten vor und quartierte einige Kinder hier ein, bis alle Ansteckungsgefahr vorüber war. In Ardleigh wird sie als guter Engel betrachtet und sie ist ein so liebliches, reines, menschliches Wesen wie ein Engel." „Darin stimme ich Dir vollständig bei, lieber Vater." „Erinnerst Du Dich uoch des letzten Gesprä ches, das wir in der Nacht vor Deiner Abreise ge pflogen, mein Sohn?" begann Sir Arthur wieder, seine Augen mit der Hand beschattend. „Das Gespräch im Studierzimmer bezüglich Blanche's?" fragte Lowder, sich der letzten Unter redung mit seinem unglücklichen Freunde erinnernd. „Ja, Vater, ich erinnere mich ! Du batest mich da mals, nur Herz und Seele rein zu bewahren, um bei meiner Rückkehr würdig zu sein, Blanche zn freien und sie als meine Gattin heimzuführen. Ja, ich erinnere mich an diese Worte sehr wohl, lieber Vater:" Und hast Du gethan, was ich verlangte ?" fragte Sir Arthur. „Bist Du nach Hause gekommen, wür- 8 Der Postdampfer Nürnberg, Kapt. H. Engel- bart, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welcher am 20. Novlinber von Bremen abgegangen war, ist am 0. D.zember 4 Uhr nachmittags wohlbehalten in Baltimore angekommen. tz Hamburg, 7. Dez. Das auf der Fahrt von hier nach Sidney begriffene englische Schiff „Britisch Monarch" ist auf hoher See verbrannt. 16 Perionen sind gerettet, ein Boot mit 6 Mann wad vermißt. 8 Solingen, 5. Dezember. Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich in einem Wirtshause im benachbarten Grafrath. Während eines in dem be treffenden Lokale abgehaltenen Damcnkränzchens fiel ein Kronlenchter mit den brennenden Petroleumlampen von der Decke herab, wobei eine derselben explodierte und das brennende Petroleum sich über eine Dame ergoß, deren Kleider im Nn Feuer fingen und in Hellen Flammen standen. Die Äermste trug so schreck liche Brandwunden davon, daß sie nach gräßlichen Qualen schon in der letzten Nacht ihren Geist aufgab. 8 Wie vielseitig geschrieben wird, beabsichtigt man in der Schwartauer Gegend, (bei Lübeck) dem verewigten Kaiser Friedrich ein eigenartiges Denk mal zu errichten. Auf dem höchsten Punkte der Ge gend, dem 390 Fuß hohen Partner Berg, Willman dem Kaiser Friedrich einen Gedenktnrm errichten. Die zur Aufführung erforderlichen Felsblöcke liefert die Gegend in großer Menge in Gestalt von eroti schen Blöcken. 8 Essen, 7. Dezember. Der Vorstand des bergbaulichen Vereins beschloß, laut der „Rheinisch- Westfälischen Zeitung", die Zechen aufznfordern, et waige, wegen Nichtannahme von Arbeitern getroffenen Maßregeln aufzuheben. Die Essener Zechen haben sich diesem Beschluß bereits unterworfen. 8 Essen a. d. Rnhr, 6. Dezember. Diebei- denLandräte des Stadt- und Landkreises Essen machen bekannt, wie die „Rhein.-Westfälische Zeitung"sineldet, daß im Revier nnr noch fünf Bergarbeiter ohne Beschäftigung sind, alle übrigen anderwärts Arbeit gefunden haben. Von den 154 Delegierten, die im Mai von den Belegschaften der hiesigen Zechen ge wählt wurden, seien im Stadtkreise noch alle, im Landkreise 96 auf derselben Zeche beschäftigt. 8 Worms, 8. Dezember. Der Kaiser ist heute nachmittag in Begleitung des Großherzogs v. Hessen hier eingetrvffen. Die Ehrenkompanie, welche das 118. Infanterie-Regiment gab, hatte sich mit der Regimentsmusik am Bahnhofe aufgestellt, wo sich auch die Spitzen der Behörden zur Begrüßung ein gefunden hatten. Eine Deputation von Arbeitern überreichte dem Kaiser eine Adresse und einen Lorbeer kranz, worauf unter Glockengeläuts und brauseudem Jubelruf der Menge dec Einzug in die festlich ge schmückte Stadt erfolgte. 8 Spandau, 9. Dezember. Gegen 200 Ar beiter des Königl. Feuerwerkslaboratoriums sind an einer ähnlichen Krankheit, wie der Grippe, erkrankt. * * Wien, 9. Dezember. Die „Polit. Korresp." meldet ans Rom: Der König und die Königin be geben sich vor Weihnachten zum Besuche der Kaise rin Friedrich nach Neapel. * * Wien, 9. Dezember. Heute früh zwischen 6 und 7 Uhr wurden in Dalmatien, Bosnien nnd der Herzegowina ziemlich heftige Erderschütterungen von verschiedener, teilweise längerer Dauer wahrge- uommen. * * Bern, 9. Dezember. In der gestrigen Volksabstimmung im Kanton Bern wurde die Fusion der Jura-Bern-Bahn mit den schweizerischen Westbahnen und der Verkauf der Bern-Luzern-Bahn dig meiner reinen, unschuldvolleu kleinen Blanche?" „Ja, Vater," sagte der Eindringling. „Hast Du je geliebt?" Die blauen Augen des Jünglings starrten in die Glut, seine Lippen bebten leise, sein ganzes Ge sicht war seltsam verändert. „Nein," sagte er mit gezwungener Festigkeit — „ich habe nie geliebt." „Du mußt meine Fragen wohl entschuldigen, mein Sohn," erwiderte Sir Arthur „doch ich bin es meinem Freunde schuldig, der mir sterbend sein ein ziges Kind empfahl, dessen Glück und Wohlergehen, die Sorge um dasselbe in meine Hände legte,' den Manu in seinem Werte zu kennen, dem ich das mir anvertraute Kleinod für immer übergeben soll. Be antworte meine Fragen eben so aufrichtig und wahr, als wenn Goit im Himmel, der jedes Herzensgeheim- uis kennt, Dir selbst die Frage gestellt: Giebt es vor Gott und den Menschen kein Hindernis, das Dir Blanche unerreichbar machte?" Wie gut für Lowder, daß Sir Arthur ihn nicht anblickte — denn kalter Schweiß perlte auf seiner Slirne, das Gesicht bedeckte tvdesähnliche Blässe und die Augen hatten einen starren Ausdruck angenommen. Es schien dem Eindringling, als ob feuerige Buch staben vor seinen Äugen tanzten — Buchstaben, welche den Namen derjenigen bildeten, an die er von Marseille aus geschrieben hatte — Frau Hefter Lowder. „Doch warum quäle ich mich mit solchen Er innerungen", dachte Lowder in seiner schuldbewußten Seele. „Jasper Lowder ist ja längst nicht mehr — Alles, Alles ist mit ihm tot und aus dessen Grab an die fusionierte Gesellschaft mit 38366 gegen 4020 Stimmen genehmigt. * * Petersburg, 7. Dezember. Die Grippe tritt hier immer heftiger auf; die ganze Kaiserliche Familie, mit Ausnahme der Kaiserin, ist erkrankt. In den Kasernen können nur mühevoll die zum Dienste erforderlichen Offiziere nnd Mannschaften aufgetrie ben werden. Mehrere Todesfälle sind vorgekommen. * * Brüssel, 7. Dezember. Im Verlaufe der heutigen Debatte über die Interpellation Bara ver teidigte der Deputierte Jacobs (Rechte) den Minister Devvlder. Der Minister des Innern protestiert ener gisch gegen alle gegen ihn gerichteten Verleumdungen. Janson und Bara kommen auf ihre gestrigen Aus führungen zurück. Dw Kammer ging darauf unter Billigung der Handlungen des Ministeriums mit 76 gegen 34 Stimmen zur Tagesordnung über. * * Brüssel, 7. Dez. Das Bekanntwerden des Endresultats der Interpellation ruft allgemeine Erbitterung hervor. An 1500 Personen umziehen die Ministerien mit dem Nus: „Demission!" An der Wohnung des klerikalen Parteiführers Woeste wurden Fenster und Thüren zertrümmert. * * England. Infolge des Ausstandes der Heizer der Gasanstalten sind viele Fabriken in Man chester und in der Vorstadt Salford ohne Beleuch tung. Die Arbeit ist unterbrochen. Die Bewohner der meisten Privathäuser sind genötigt, Lampen und Kerzen zn benutzen. Die Störung wird durch dich ten Nebel beträchtlich vermehrt. * * London, 6. Dezember. Das englische Ka nonenboot „Watchful" stieß gestern bei Lowestoft auf den Grund und gilt für verloren, da alle Be mühungen, dasselbe wieder flott zu macheu, erfolg los sind. * * London, 7. Dezember. Die Rebellen in Formosa haben die chinesischen Truppen in einem blutigen Gefecht zurückgeschlagen, wobei letztere 300 Tote am Platz ließen. Der Dampfer „Dubnrg" wurde auf dem Wege von Singapvre nach Hong kong mit 400 Passagieren an Bord vom Cyclon- sturm erfaßt und ist untergegangen. * * London, 8. Dezember. Wie verlautet, hat die Regierung den Plan, die Londoner Polizei- macht um 1000 Manu zu vermehren, genehmigt. * * Belgrad, 7. Dezember. Infolge heftiger Schueestürme sind die Fahrten der Orientzüge zwi schen Konstantinopel und Wien eingestellt. "'Lissabon, 7. Dezember. Der Dampfer „Allagoas" ist unter der alten Flagge Brasiliens, mit dem Kaiser Dom Petro, der Kaiserin und der Kaiserlichen Familie nebst Gefolge an Bord, heute Morgen hier eingelaufen. Bei BAem, gegenüber dem Lazarett, würde angelegt. Die hohen Reisen den verließen alsbald das Schiff. * * R v m, 8. Dezember. Gegen 6 Uhr früh wurden in Neapel, Urbino, Ancona, Agnone, Ehieti, Monte Saracenv und Torre Mileto mehr oder minder heftige Erdstöße verspürt. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 9. Dezbr. Der Reichstag setzt die Etatsberatung bei der Tabakssteuer fort. Kröber (Vlksp.) wendet sich gegen die hohe Tabaksstener, durch welche die Tabaksbauern schwer bedrückt würden. Müller - Marienwerder (R-P.): Das Erwünschteste für die deutschen Tabacksbaueru wäre allerdings die pure Aufhebung der Steuer, aber darau sei ja in absehbarer Zeit nicht zu den ken. Dem fiskalischen Interesse könnte nur bei Kon- ist der freie Hugh Tressilian auferstanden, der Be sitzer und Erbe großer Reichtümer, Ehren und Titel." Wohl gelang es ihm, die Stimme seines Ge wissens zu betäuben, doch der sein Gesicht bedeckenden Blässe vermochte er nicht zu gebieten und hätte Sir Arthur, allzusehr mit seinen eigenen Gedanken be schäftigend, in das Antlitz seines Sohnes geblickt — es wäre ihm klar geworden, daß das in seinen vermeintlichen Sohn gesetzte Vertrauen durchaus nicht gerechtfertigt war. „Sprich, Hugh," sagte Sir Arthur von seinem langen Stillschweigen überrascht und deu Kopf er hebend, „giebt es ein Hindernis zwischen Dir und Blanche?" Lowder beugte sich vor, um die Kohlen aufzu schüren. Dann begegnete er Sir Arthur's Blick mit schein barer Offenheit und sagte: „Es ist kein Hindernis vorhanden; ich kam zu rück, wie ich gegangen bin, frei von allen Liebes banden. Ich habe nie geliebt bis jetzt." „Und jetzt?" „Jetzt liebe ich Blanche." Sir Arthur senkte den Kopf wieder. „Es ist etwas rasch, eine Liebe für sie zu ge stehen, Hngh," bemerkte er. „Du hast sie noch kaum einen Tag gesehen. „Aber ihre Briefe lehrten mich, sie zn lieben, noch ehe ich nach Hanse kam, sagte Lowder, „und ein Blick von ihr vervollständigte die Eroberung. Ich liebe sie, Vater. Habe ich Deine Einwilligung, um sie zu werben und sie zu gewinnen?" (Fortsetzung folgt.)