Volltext Seite (XML)
WGMMtMWW Machen- und KachrichtMatt zugleich 8eslhiifts-Aiiztigkr fiir SohnSach Mlitz, Bernsdorf, Nnsdorf, St. KBien, SmrichMl, Ailiritiiou »nd Miilse«. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. SS. Jahrgang. — — Nr. 263. Sonntag, den 10. November 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. -- Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — I n s e r a te werden die viergeipaltene Korpuszeile oder deren Ramu mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens "vormittag 10 Uhr. Der Kirchenerneuernugsbau iu Lichtenstein. Nachdruck (auch auszugsweise) verboten! Gesetz vom IN Juui 1871. Seit mehr als einem Jahre ist die Erneuerung unserer Laurentius-Kirche in Angriff genommen worden, indem sich der hiesige Kirchenvorstand, bestehend aus den Mitgliedern Herren Oberpfarrer Naumann, Kaufmann W. Ebert, Stadtr. Härtel, Stadtr. Beyerlein, Kaufmann P. Fankhänel, Webermeister Meyer, Diakonus Riedel, an den Architekten Ehr. Schramm in Dresden wen dete und ihm nach längerem Verhandeln auch die ganzen Arbeiten übertrug. Sobald der Architekt den Auftrag erhielt, wurden von ihm Pläne und Risse angefertigt, bis es ihm, ohne Rücksicht auf Mühe und Opfer, gelang, aus der Kirche durch gediegene und kunstgerechte Formen ein Gott wohlgefälliges Werk zu schaffen. Mit der Bauleitung wurde der hier stationierte Bauführer Alfred Wondrak ans Reichenberg i. B. betraut, welcher den Gewerken mit der Peinlichsten Fürsorge die Anleitung, nur das Beste zu liefern, gab. Es war aber auch für den Architekten keine leichte Aufgabe, der Kirche eine andere Form und ein m - deres Gepräge zu verleihen, und Jeder muß sich sagen, um seinem inneren Gefühle treu zu bleiben, daß die Arbeiten, die an der Kirche vollführt worden sind, als gelungen bezeichnet werden müssen. Dies ist aber größtenteils den Gewerken znzuschreiben, da selbe mit Interesse, Lust und Liebe die Arbeiten vollführt haben; denn es galt um den Ruhm und die Ehre, den Nach kommen unser Können im Kunsthandwerk zu zeigen. Die ganze Zeit währenddes Baues sah man ein reges Treiben und Schaffen, Klopfen, Sägen, Stem men u. s. w., bis sich alle Teile freundschaftlich ver banden, um im Ganzen als ein gelungenes schönes Gotteshaus zu erscheinen. Immer mehr fügten und ordneten sich die Bestandteile, bis es nun endlich mög lich geworden ist, die für die Gemeinde lang entbehrte Kirche, so Golt will, zum 1. Advent wieder zurück zugeben. Es wäre ja möglich gewesen, den Kwchen- bau früher zu beenden, aber man muß immer mit den Umständen rechnen. Daß bei unserer Kirche vom Kirchenvorstand speziell nur solide Arbeit verlangt worden ist, und daß auch hiesige Gewerken bei den Arbeiten so viel wie nur irgend möglich berücksichtigt wurden. Es war auch keine leichte Arbeit für unsere Gewerken, da die ganzen Arbeiten schon mehr zu dem Kunsthandwerk zu rechnen sind und viel Mühe, Kennt nisse und Fleiß erfordern. Die schwierigsten künstle rischen Arbeiten haben berühmte Dresdner Künstler, welche speziell nur im Kunsthandwerk thütig sind, aus geführt und es gebührt ihnen auch vollstes Lob und Anerkennung. Der Kunstkenner weiß die Arbeiten zu schätzen, indem er beurteilen kann, was die Arbeiten für Mühe, Geduld und Geschicklichkeit erfordern. Jedermann, der die Kirche vor dem Bau gekannt und dieselbe noch im Sinn hat, muß sich sagen, daß dieselbe einer gründlichen Wiederherstellung unterzogen worden ist und um es recht klar zu machen, weiter nichts als die Umfassungsmauern und das Dach stehen ge blieben sind. Es war aber auch höchst notwendig, daß nun einmal ein Schritt zur Wiederherstellung gethan wurde, denn der Fußboden, das Gestühl, die Pfeiler und Unterzüge, die Bundträme und Sparren am Dach, in der südlichen Vorhalle und Turm, die hölzernen Treppen u. s. w. waren so stark von Fäul nis und Schwamm zerstört, daß leicht noch Hütte ein großes Unglück entstehen können. Wenn einmal ein Schritt zur Wiederherstellung gethan wird, dann mnß man sich gewiß sein, was man durch die Wiederher stellung bezweckt, und man darf sich nicht nur mit einer halben oder teilweisen Wiederherstellung zufrieden geben, nein, man muß auch auf unsere Nachkommen bedacht sein, daß man in jeder Beziehung gerecht da steht, denn wir bauen nicht für jetzt und einige Jahre, wir bauen, wenn's Gott giebt, für Jahrhunderte und daß somit auch das, was ausgeführt und verbessert wird, nicht nur ordentlich, dauerhaft und zweckent sprechend sei, sondern auch auf das menschliche Gemüt und Schönheitsgefühl einen angenehmen, befriedigen den Eindruck ausübt, denn man muß stets im Auge behalten, das Gotteshaus wird Gott geweiht. Lang sam war der Fortschritt für das Auge während des Umbaues der rohen Arbeiten, da das Ersetzen der zu entfernenden Teile mit großen Schwierigkeiten ver bunden war und zuvor die belastenden Teile abgestützt werden mußten, um die neuen Teile einfügen zu können. Gottes Vorsehung haben wir es zu danken, daß wäh rend des ganzen Baues sich kein Unglücksfall ereignet hat und Alles nur zum Besten ausfiel. Gleich nach Pfingsten des Jahres 1888 wurde die Erneuerung der Kirche in Angriff genommen und bald sah man, wie das Alte unter der AH des Zim mermannes und dem Hammer des Maurers Weichen mußte, und wie sich die Kirche au der Ostseite durch den Anbau einer gewölbten Apsis und zweier Treppen türmchen vergrößerte, unter welch ersterer eine Central lustheizungsanlage nach dem System des Ingenieurs Emil Kelling in Dresden ausgeführt wurde. Die Maurerarbeiten wurden vom hiesigen Baumeister Carl Reichenbach fest und dauerhaft ausgeführt und es ist von ihm besonderes Gewicht auf solide Arbeit gelegt worden. Bald wurden auch die Mauern zwischen dem südlichen Treppenhaus und Schiff, ferner der Mauer bogen im Turm, sowie alle zweite Emporen entfernt, wofür schönere Sitzplätze auf der ersten Empore ge wonnen wurden. Die Vorhallen wurden durch massive Kreuzgewölbe überdeckt und bilden einen würdig, dauer haften Abschluß. An der Südseite der Kirche wurden die hölzernen Treppenaufgänge in dem Treppenhaus beseitigt und dafür eine große Lichtquelle, ein Fenster von ca. 3 rn auf 7 in geschaffen, um die Dunkelheit der Kirche zu beseitigen. Um dies aber ausführen zu können, mußte die südliche Vorhalle erhöht und ein Giebel aufgeführt werden, da das Fenster bis in das Dach hineinragt. Ein wesentlicher Vorteil ist die Entfernung der 4 hölzernen Pfeiler im Schiff, da dadurch die ganze Kirche viel freier geworden ist. Es ist konstruktiv nicht möglich gewesen, mich noch die übrigen Pfeiler zu beseitigen, da auf denselben das Kirchendach ruht. Es war dies ohnehin ein schwie riger Fall, die 4 Pfeiler zu beseitigen und ist nur durch die Verteilung der Dachlasten möglich gewesen, indem die noch stehenden Holzpfeiler durch eine Auf hängevorrichtung und Streben zur Belastung mit be ansprucht wurden. Nachdem die Dachlafteu verteilt waren, schritt man an die Entfernung der untersten Mauerpfeiler und ersetzte die lasttragenden Pfeiler durch kräftige toskanische Steinsüulen aus Pirnaer Sandstein. Zur Abstützung der Emporen verwendete man nur Holzpfeilerchen. Sodann schritt man an die Entfernung der hölzernen Treppenaufgänge nach der ersten Empore und ersetzte dieselben durch massive Granittreppeu, welche vom Granitlieferanten Andrä Comi aus Röthenbach i. V. ausgeführt wurden. Zu gleicher Zeit schritt man, nachdem das hohe Gerüst fertig war, zur Beseitigung des alten Rohr putzes an der Decke und den Pfeilern und ersetzte denselben durch eine reich gehaltene in kassetenartige Felder geteilte Holzdecke, welche durch bunte Ma lereien belebt wurde und der Kirche einen großartig schönen Eindruck verleiht. Aehnlich wurden auch die Emporeudeckeu und Holzpfeiler gehalten. Die Deckenarbeiten und Holzprofilierungen wurden in der Kunstwerkstätte des Architekten und Zimmermeisters Ernst Weißbach in Dresden ausge führt. Die Kapellen, sowie Emporbrüstungen und die übrigen Zimmerarbeiten sind vom hiesigen Zimmer meister Emil Kupfer ausgeführt worden. Die kunst vollen Glasmalereien der 3 Altarfenster, ferner die farbenprächtige Zusammenstellung der Mosaikfenster des Schiffes üben einen wahrhaft erhabenen Eindruck auf das Gemüt und sind von dem Glasmaler Bruno Urban in Dresden ausgeführt. Den Entwurf zu den drei Altarfenstern, welche die 3 hohen Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten darstellen, lie ferte der berühmte Historienmaler Dietrich in Dres den. Der Gedanke und die Art der Auffassung der Farbeustellung nach dem Entwürfe Dietrichs lassen in den Glasgemälden die Tiefe der Empfind ung und des Gefühles des Künstlers auf das mensch liche Gemüt einwirken. Besonders schön wirken die Fenster des Abends bei voller Beleuchtung der Kirche von anßen. Das Gestühl der Kirche wurde von zwei hie sigen Tischlermeistern, Bernhard Riedel und Otto Götze ausgeführt, welch ersterer die Ausführung der Bänke im Schiff, letzterer die der Emporen zuerteilt bekam. Die Thüren sind sehr schön, eigensinnig und mustergiltig vom hiesigen Tischlermeister und Stadt rat Colditz ausgeführt worden. Die Malereien der Kirche wurden Dekorations maler Emil Keller zuerteilt, welcher einen wirklich schönen, allgemein gefallenden Farbengeschmack besitzt und der ganzen Kirche ein anmutiges, warmes Ge präge gegeben hat. Den Anstrich des Gestühls und der Thüren erhielt Dekorationsmaler Schaufuß hier. Die Thüren sind vom hiesigen Schlossermeister Emil Knoppe mit kunstvollen, kräftigen Thürbändern und Thürbeschlägen, sowie gutschließenden, standhaften Schlössern beschlagen worden. Die Eisenkonstruk tionen der Fenster, die Fensterstäbe und Luftflügel, sowiedie Blitzableitung wurden vom hiesigenSchlosser- meister Vogel ausgeführt. Zum Schutze der Begeh ung der Treppenhäuser sind iu hiesiger Maschinen- werkstütte von Max Endesfelder kunstvolle schmiede eiserne Geländer und Handstangen gefertigt, welch letztere beim Biegen viel Mühe und Kraft erfordert haben. Die Ausführung der schmiedeeisernen Beleuch- tungsgegenstünde, der beiden Altarschranken und des Kanzeltreppengeläuders wurde in der Kunstwerkstatt von Theodor Kellermann in Dresden besorgt und sind die Arbeiten mustergiltig, sauber und kunst gerecht ausgeführt worden. Das Orgelgehäuse wurde wieder durch einen passenden Anstrich erneut. Das Werk der Orgel selbst wurde durch den Orgel baumeister Müller in Werdau einer gründlichen Wiederherstellung und Reinigung unterzogen und, indem neue Register zugefügt, vergrößert worden. Der Plattenbelag zwischen den Gängen und am Altarplatz wurde in der Chamottewarenfabrik in Kossen bei Teplitz i. B. angeferiigt und ist durch den Vertreter der Firma, Herrman Löffler hier, ge liefert worden. Die Steinmetzarbeiten zu den Säulen im Schiff, dem großen Fenster in der südl. Vorhalle, dem Giebel, den Portalen, ferner des Altarnnterbaues, des Kanzelfußes und des Taufsteins stammen vom Steiumetzmeister Möckel hier und mau sieht, wie selbst der Stein die schönsten Formen aus sich bilden läßt. Dec Altaraufbau, die Kanzel und der Taufsteindeckel stammen ebenfalls aus der Kunst- werkstätte von Ernst Weißbach in Dresden, während die Hvlzbildhauerarbeiten, das Hochrelief des heil. Abendmahls als Altarfüllung in Ahornhvlz, die Symbole des Leibes und Blutes Christi in Eiche, sowie Christus und die 4 Evangelisten Matthäus, Markus, Lucas und Johannes als Relief der Kanzel