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MmMMMWM Wochen- und Kachrichtsblatt zugleich Keschlifts-Aüzcizcr für Hohilhors, MSlih, Bkrisdorf, Whorf, St. EBien, Hcimichsort, RoritN« M Miilscn Nr. 251 1889 Heute städtische Bolksbibliothek geöffnet Nun 11-12 Uhr Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — I n s e r a te werden die viergespaltene Korpnszeile oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Die Feier der Grundsteinlegung zur Lutherkirche in Hohndorf. Hohndorf, 25. Oktober. Gestern nachmittag 3 Uhr fand, vom schönsten Wetter begünstigt, die für unseren Ort so hochbedeutsame Feier der Grund steinlegung zur neuen Kirche statt. Zu derselben hatten sich von auswärts die Königlichen Kirchen inspektionen für Hohndvrf und Lichtenstein, die Kirchenvorstände von Lichtenstein, Callnberg und Nüdlitz mit ihren Geistlichen, sowie die Geistlichen von Bernsdorf, Gersdorf und Lugau und viele andere Gäste eingefnnden. Vor Vsb Uhr ordnete sich am Schulhause der Festzug in folgender Weise: Feuer wehr, Schulkinder mit Fahne, Arbeiter, Meister und Polier, Architekten, Kirchenvorstand, Sänger, Mnsik, Kircheninspektion, Ehrengäste, Geistlichen, Knapp schaft Heleneschacht mit Fahne, Auswärtige Kirchen vorstände, Gemeinderat, Schulvorstand, Lehrerkolle gium, Frauenverein, Knappschaft Vereinigtfeld mit Fahne, Militärverein mit Fahne, Landwirtschaftlicher Verein, Stammtisch Schlägel und Eisen, Gemeinde mitglieder, Turnverein mit Fahne und Feuerwehr. Nach i/s3 Uhr setzte sich der lange Zug in Bewegung und begab sich unter dem Geläut der Schulglocke und unter den Klängen des von der Musik gespielten Chorals: „Ein' feste Burg ist unser Gott", nach dem bereits von einer großen Menschenmenge umgebenen Festplatze. Nachdem man dort angelangt war und Aufstellung ge nommen hatte, begann die Feier nach der vorher veröffentlichten und verteilten Festordnung mit dem allgemeinen Gesang: „Steig'auf, du Lied im höhern Chor!", welchem die Weihrede des Herrn Diak. Riedel von der bekränzten Tribüne aus folgte. Nach einem von mehreren Gemeindegliedern nnter Leitung des Herrn Lehrer Großer ausgeführten Männergesange, wurde die in den Grundstein einzulegende Urkunde durch Herrn Diak. Riedel verlesen. Der Wortlaut der Urkunde ist folgender: Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes legen wir heute, Donnerstag, den 24. Oktober, nachmittags 3 Uhr, im Jahre des Heils 1889, im 16. Regierungsjahre Sr. Majestät des Königs Albert von Sachsen, zugleich im Jubeljahre der 800jährigeu Herrschaft des Hauses Wettin und im 2. Regiernngsjahre Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm U., in feierlicher Weise vor versammelter Gemeinde diesen Grundstein für die evangelisch lutherische Luther-Kirche zu Hohndorf. Dieselbe soll der von der Parochie Lichtenstein sich abtrennenden Pa- rochie Hohndorf znm Gotteshaus dienen. Der Bau einer Kirche und Abtrennung Hohndorfs von Lichtenstein als selbst ständige Parochie wurden Bedürfnis durch das rasche Wachs tum des Ortes. Das Dorf Hohndorf, dessen Entstehungs zeit nicht festgestellt werden kann, sicher aber in die katholische Zeit fällt, war bis in die neueste Zeit ein kleines Bauern dorf, das noch im Jahre 1870 nur ungefähr 750 Seelen zählte. Im Jahre 1872 aber nahm auch iu Hohndorf der Kohlenbergbau sciueu Anfang, indem am 23. Mai 1872 der erste Spatenstich zu Schacht Nr. 1 des der „Steiukohlen- Aktien-Gescllschaft Bockwa-Hohndorf-Vereinigtfeld" gehörigen Werkes und am 3. Juli 1872 der erste Spatenstich bei dem Helenenschacht des der „Steiukohlen-Aktieu-Gesellschaft Stein- kohlenbanvcreiu Hohndorf" gehörigen Werkes vollzogen wurde. Gegen Ende des Monats Mai 1877 wurden bei Bockwa- Hohndorf-Vercinigtfeld und am 8. Oktober 1876 (Höhndorfer Kirmes) beim Steinkohlenbanvcrcin Hohndorf Kohlen aufge schlossen. Von da an begann das noch immer fortgehende rasche Wachstum der Gemeinde. Bei der Volkszählung 1875 hatte Hohndorf 940 Seelen, 1880 1100, 1885 schon 2054, gegenwärtig 2925. Im Jahre 1883 faßte daher der Gemcinde- rat den Ban einer Kirche ins Auge, indem 1'7, der Ein nahmen jährlich — vom 1. Januar 1887 an 2"/^ jährlich — znr Begründung und Vermehrung eines Kirchenbaufonds anlegte, welcher zur Erinnerung an das in diesem Jahre gefeierte 400 jährige Lutherjubilänm „Lntherstiftung" genannt wurde. Gegen Ostern des Jahres 1888 trat man dem Ge danken näher, zunächst einen Gottesacker in Hohndorf anzu daß sie darinnen sich erbaue zum geistlichen Hause auf dem Einen Grunde, welcher ist Jesus Christus! Amen. Der Kirchcnvorstand zu Hohndorf. Diak. Johannes Carl Paul Riedel, Vorsitzender. Bergdirektyr Carl Heinrich Schumann, stellvertretender Vorsitzender. Guts besitzer Carl Friedrich Kämpf. Gutsbesitzer Ernst Wilhelm Ludewig. Gartenbesitzer Johann Christlieb Meinert. Gemeinde vorstand Carl Anglist Reinhold. Obersteiger Friedrich Hermann Strauß. Mit der Urkunde werden hierauf noch folgende Gegenstände in der Kapsel verschlossen: 1) Baurisse der Kirche, 2) ein Haushaltplan für 1889, 3) eine Abschrift der Festrede, 4) eine Nummer des Lich- tenstein-Callnberger Tageblattes vom 24. Oktober, 5) eine Nummer der Leipziger Zeitung vom 24. Oktober, 6) eine Festordnung, 7) ein Säch sischer Volkskalender für 1889, 8) Statistische An gaben über Entstehung der beiden Höhndorfer Kohlen werke und 9) je ein Stück Kohle von den beiden Werken. Die Versammelten traten nun an den be kränzten Grundstein heran, wo unter Kinder- und Münneraesang das Verlöthen der Kapsel durch Herrn Krohn, hernach das Einlegen derselben in den Grundstein und das Verschließen des Grundsteins er folgte. Die üblichen Hammerschläge wurden unter Weihesprüchenvollzogem 1) HerrDiak.Riedel: „Soer- greiseich nun den HammerundschlageaufdiesenGrund- stein zur Lutherkirche in Hohndorf im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen." 2) Herr Superintendent Weidauer: „So spricht der Herr durch den Mund des Propheten: So lege ich nun einen auserwählten köstlichen Eck stein in Zion und wer an ihn glaubt, soll nicht zu schänden werden. Jesus Christus, gestern und heute, und derselbe auch iu Ewigkeit. Ämen." 3) Herr Amtshauptmann Merz: „In dieser weihevollen Stunde rufe ich es hinaus in diese Festgemeinde: Machet die Thore weit und die Thüren in der Welt hoch, daß der König der Ehren einziehe!" 4) Herr Bürgermeister Fröhlich: „Einen anderen Grund kann zwar niemand legen, außer dem der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Daß auf diesem Grunde die liebe nun von uns Lichtensteinern schei dende Gemeinde sich erbauen möge, das walte Gott Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen." Dann folgten die Mitglieder des Höhndorfer Kirchen- vorstands, die Geistlichen, Herr Bauführer Architekt Roß, welcher zugleich Herrn Architekt Schramm zu vertreten hatte, Herr Baumeister Simon aus Stoll berg, die Herren Lehrer Großer und Baumeister Reichenbach. Nach einem von Herrn Superintendent Weidauer gesprochenem Weihegebet, gemeinsamem Vater unser und Segen schloß die erhebende Feier mit dem allgemeinen Gesänge: „Lob, Ehr und Preis sei Gott". Unter dem von der Musik gespielten Choral „Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut" begab sich der Zug wieder zurück nach dem Schulhause, wo er sich auflöste. Um 6 Uhr abends vereinigten sich verschiedene Festteil nehmer im Saale des Forbrig'schen Gasthofes, woselbst ein Concert des Lichtenstciner Stadtorchesters einige recht angenehme Stunden musikalischer Unterhaltung brachte. — Dank allen Denen, die durch ihre Teil nahme diese Feier erhöhten; Dank den Gemeinde gliedern, welche sich zur Ausführung der Gesänge bereit finden ließen, den Mitgliedern des Frauenvcreins, welche die Schmückung des Festplatzes, der Feuerwehr, welche die Aufrechterhaltung der Ordnung übernommen, Dank vor allem dem Herrn, unsern Gott, der uns diesen Tag gemacht hat, daß wir darinnen uns freuen und fröhlich sein sollten. Amtsblatt für den Stadtrat zn Lichtenstein —— ——— »s. Jahrgang. Sonnabend, den 26. Oktober legen. Am 29. März 1888 richtete der Gemeinderat ein da hingehendes Gefach an den Kirchenvorstand zu Lichtenstein. Gleichzeitig, ani 17. April 1888, erwarb er von dem Guts besitzer Moritz Emil Illing für 18225 Mark das gegenwärtige Kirchengrundstück znr Anlegung des Gottesackers und zur späteren Erbauung der Kirche und des Pfarrhauses. Da sich der Kirchenvorstand zu Lichtenstein dem Gesuche um Ge währung eines eigenen Gottesackers gegenüber ablehnend verhielt, beantragte der Gemeinderat zn Hohndorf am 21. April 1888, gemäß seinem Beschlusse vom 16. April 1888, die gänzliche Abtrennung Hohndorfs von Lichtenstein, mit welchem es mindestens seit 1561 — so weit gehen die Kirchen bücher von Lichtenstein zurück — kirchlich verbunden war. Im völligsten Einvernehmen zwischen dem Kirchenvorstand zn Lichtenstein und dem Gemeiuderate zn Hohndorf führten die Verhandlungen dahin, daß bereits am 27. November 1888 die vorläufige und nach Erledigung einiger noch übriger unwesentlicher Punkte ani 29. März 1889 die endgültige Genehmigung zur Auspfarrung und Begründung einer Parochie Hohudorf vom hohen evangelisch,lutherischen Landes konsistorium zn Dresden erteilt worden. Das Patrouatrecht über die neue Kirche zu Hohndorf wurde nach der Verord nung des hohen evangelisch-lutherischen Landesconsistorinms vom 11. Mai 1889 Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schön burg-Waldenburg und seinen Nachbesitzern der Schönburgi- schen Rcceßherrschaften verliehen. Am 19. Mai 1889 vom. Cantate wurden die ersten Kirchenvorsteher, 6 an der Zahl außer dem Geistlicheu als Vorsitzenden, gewählt und von diesem, dem Diaconns Riedel in Lichtenstein, am 26. Mai 1889, Dom. Nogate, beim Vormittagsgottesdienste in ihr Amt eingcwicsen, und zwar in der Kirche zn Callnberg, in welcher wegen des zur Zeit stattfindenden Umbaues der Lichte nsteiner Kirche die Kirchgemeinde Lichtenstein gemeinschaftlich mit der zu Callnberg ihre Gottesdienste abhielt. Die erste wichtige Aufgabe des neuen Kirchenvorstandes war die, für die Er- banuug eines würdigen Gotteshauses auf dem von der poli tischen Gemeinde zu diesem Zwecke erworbenen und der Kirchen- gemeindc geschenkwcise überlassenen Grundstücke zn sorgen. Architekt Ehr. Schramm in Dresden wurde mit der Aus arbeitung des Entwurfes für die neue Kirche, welche ungefähr 750 Sitzplätze erhalten soll, beauftragt, mit dem besonderen Wunsche, daß die Kirche in gothischein Stile nach dem von dem Architekt Schramnr selbst empfohlenen Muster der Kirche zn Plagwitz bei Leipzig ohne freistehende Pfeiler erbaut werde. Nachdem zur Ausführung des gelieferten Entwurfes die Genehmigung der kirchlichen und baupolizeilichen Behörden unter dein 26. Anglist 1889 erteilt worden ivar, übertrug man die Erd- und Maurer arbeiten dem Baumeister Carl Reichenbach in Lichtenstein, die Zimmerarbeiten dem Baumeister Simon in Stollberg. Der gesamte Bau steht unter der Oberleitung des Architekten Ehr. Schramm ans Dresden. Als Bauführer wurde der Architekt Theodor Noß ans Cöln berufen. Der erste Stein wurde am 11. September 1889, vormittags V-IO Uhr, an der nordwestlichen Tnrmecke gelegt. Die Kosten des Kirchenbaues sind auf 168,000 Mark veranschlagt und werden mit Ge nehmigung der Königlichen KirchcninspekUou durch eiu bei dem „Landwirtschaftlichen Creditverein im Königreich Sachsen" anfgeuommenes tilgbares Darlehn gedeckt. Die Parochie Hohndorf wird durch das Dorf Hohndorf gebildet. Einen eigenen Pfarrer erhält die Gemeinde erst bei der Vollendung der zu dem Kirchenwesen nötigen Bauten. Bis dahin gehört sie noch, wie bisher, zu dem Amtskreis des Diakonats in Lichtenstein. Znr Zeit der Grundsteinlegung waren: a) Geist liche der Parochie Lichtenstein: Friedrich Hugo Naumann, Oberpfarrcr. Johannes Carl Paul Riedel, Diakonus. d) Mitglieder des Kirchenvorstandes in Hohndorf: Diakonus Johannes Carl Panl Riedel, Vorsitzender. Bergdireüor Carl Heinrich Schnmann, stellvertretender Vorsitzender. Guts besitzer Carl Friedrich Kämpf. Gutsbesitzer Ernst Wilhelm Ludewig. Gartenbesitzer Johann Christlieb Meinert. Gemeinde- Vorstand Carl Anglist Reinhold. Obersteiger Friedrich Her mann Strauß. 0) Gemeindevorstaud von Hohndorf: Carl August Reinhold, ä) Superintendent der Ephorie Glauchau: Pastor prim. Weidauer iu Glauchau, s) Coinspektor der Königlichen Kircheninspcktion für Hohndorf: Amtshauptmann Merz in Glauchau, k) Patron: Se. Durchlaucht Otto Fried rich, Fürst von Schönburg-Waldenburg, g) Präsident des evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums: von Berlepsch. Vizepräsident: Oberhofprediger vr.tstool. u. pbil.Kohlschüttcr. b) Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts für das Königreich Sachsen: vr. von Gerber. Der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unsrer Hände bei uns, ja das Werk unsrer Hände wolle er fördern. Er schütze mit seiner starken Hand den Bau, den wir begonnen, und Alle, die daran arbeiten. Er lasse die auf diesem Grund steine sich erhebende Kirche werden und bleiben ein rechtes Gotteshaus, zn seiner Ehre und zum Segen der Gemeinde,