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MMMckMWU Wochen- und llachrichtsblatt zugleich Wäfts-AnztM für hohnkrf, Rödlitz, Btrnsdttf, UMrf, St. KDioi, HrimiOort, Uariemii mid Rülse«. Amtsblatt für den Stadtrat ;n Lichtenstein. SS. Jahrgang. — Nr. 255. Donnerstag, den 31. Oktober 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Aum Reformationsfeste! Geist der Wahrheit, Himmelsfunken Aus des ew'gen Vaters Schoß, Bist schon oft herabgesunken, Rissest Dich vom Urquell los, Wenn der Menschheit Wohl und Streben In Gefahr und Drangsal lag, — Zeugnis hat von Dir gegeben Doktor Luthers Hammerschlag! An der Macht, die Seelen bindet, An dem Trug und Menschenwahn Hat Dein Zorn sich einst entzündet Und, erhellend jede Bahn, Zogst Du feurig Deine Kreise, Zaubertest herauf den Tag. Kräftig schallt nach deutscher Weise Doktor Luthers Hammerschlag. Wisset, daß er Licht soll bringen Allen, die dem Lichte feind, Daß des Hammers mächtig Klingen Weckt, was fest entschlummert scheint. Wieder will es sich bewähren, Was vor Gott bestehen mag: Nur der Wahrheit tönt zu Ehren Doktor Luthers Hammerschlag! Traf er auch die rechte Pforte? Schlug er nicht daneben ein? — Nein; es kündens Zornesworte, Es beweist's ein kläglich Schrei'», Daß für die beruf'nen Geister Seine Ueberzeugung sprach! Heut' noch fürchtet man den Meister, Fürchtet Luthers Hammerschlag! Worte, die dem Licht entsprungen, Thaten für die Ewigkeit Sind dem großen Mann gelungen, Dem der hent'ge Tag geweiht. Nimmer kann sein Werk vergehen, Was auch Gegners Eifer sag', Und durch aller Zeiten Wehen Hort man Luthers Hammerschlag! Heil'ge Wahrheit, nimm die Binde Allen Irrenden vom Haupt, Daß den Weg zur Weisheit finde, Wer an Kraft von oben glaubt! Lasset furchtlos uns bekennen: Tag ward's in uns, Gottes Tag! Alle, die vom Licht sich trennen, Warne Luthers Hammerschlag! O. G. Die nächste Nummer dieses Mattes erscheint des Reformationsfestes wegen Freitag abenS. Vom Reichstage werden nach dem Wortlaut der Thronrede bekanntlich nene Mittel für die Wißmann'sche Expedition in Ost afrika gefordert werden, denn die im Februar d. I. bewilligten zwei Millionen Mark sind längst veraus gabt, wohl schon größtenteils mit der Anschaffung eigener Transportschiffe und deren Ausrüstung, sowie mit der sehr komplizierten Ausstattung der Expedition drauf gegangen. Die Nachforderung, welche gestellt werden wird, wird nicht niedrig sein. Es ist bekannt aus den Berichten des Reichskommissars an den Fürsten Bismarck, daß sich die Ausgaben höher gestellt haben, als bei den ersten Kostenberechnungen in Berlin ange nommen worden war. Die Verteurung ist besonders hervorgerufen durch den höheren Sold, welcher den Schwarzen der Kolonialtruppe gezahlt werden mußte und durch die höheren Kohlenpreise. Hauptmann Wißmann versicherte indessen dem Reichskanzler, daß er wie seine Beamten sich der größten Sparsamkeit befleißigten, und so kann man wohl annehmen, daß die Mehrausgaben, welche von der Expedition gemacht worden sind, auch, da man nun einmal in Afrika war, gemacht werden mußten. Am erfreulichsten ist, daß die Ausgaben nicht umsonst gemacht sind, daß Wißmann im Ganzen den Erwartungen entsprochen hat, welche auf seine Person gesetzt worden sind. Sämtliche Stationen des nördlichen Teiles des deutschen Küstengebietes sind von ihm, allerdings unter erheb licher Mithilfe der Marine, wiedergewonnen, ein sehr ausgedehnter Zug ins Innere ist glücklich gelungen, die Anhänger Buschiri's, die zu Räuberbanden aus geartet waren, sind wiederholt mit sehr schwerem Ver lust geschlagen worden, so daß die Karawanenwege dem Handel wieder im vollen Umfange geöffnet werden konnten. Auch die Sklavenausfuhr aus diesem Teile des Schutzgebietes ist beseitigt. Es ist ja nun anzu nehmen, daß die zersprengten Anhänger des gezüchtigten Sklavenhändlers versuchen werden, den kleinen Krieg fortzusetzen, und die Wißmann'sche Truppe wird noch längere Zeit fliegende Kolonnen gegen diese Haufen entsenden müssen. Hier kommt aber den Deutschen eine bemerkenswerte Unterstützung durch die Einge borenen. Wißmann's freundliches Auftreten gegen alle Eingeborenen, welche freiwillig die Waffen niederge legt haben, die weitgehende Schonung ihrer Sitten und Gebäuche haben unzweifelhaft zahlreiche Stämme für die deutsche Verwaltung gewonnen und geben den selben den Mut, wie es mehrfach geschehen ist, sich selbst kräftig gegen Ueberfälle von Menschenhändlern zu wahren. Nur den Letzteren ist keine Schonung zu teil geworden, und etwa ein Dutzend sind hingerichtet worden. Die bisherigen Erfolge verheißen auch die Beruhigung des südlichen Teiles des deutschen Schutz gebietes, wo namentlich in Lindi und Mikindani noch zahlreiche halbwilde Eingeborene allen Europäern ein Betreten ihrer Küste verbieten. Hier wird es sicher neue Kämpfe geben, und die Küstenleute werden im Vertrauen auf ihre Zahl versuchen, den Scharen des Reichskommissars Widerstand zu leisten. Für Deutsch land am wichtigsten ist nun die Aufklärung darüber, ob unser ostafrikanischer Kolonialbesitz im stände sein wird, die aufgewendeten Unkosten zu decken, wie es z. B. heute schon in Kamerun der Fall ist. Aller dings sind die Aufwendungen ist Ostafrika infolge des Bestehens der Schntztruppe sehr viel größer, als in Kamerun, wenn auch wohl bei ausgedehnterer Urbar machung des Landes die Kosten für die Kolonialtruppe sich verringern werden. Diese Deckung der Kosten durch die Kolonie selbst, ist unbedingt notwendig, die Aussicht hierauf muß dem Reichstage früher oder später gewährt werden. Es ist nicht unmöglich, daß Deutschostafrika auch von Emin Pascha später Nutzen hat. Wißmann meldete bekanntlich selbst, daß Emin und Stanley durch deutsches Gebiet aus dem Innern der Küste zuzögen. Das weist doch daraufhin, daß diese Straße die vorteilhafteste sei und eine Zukunft haben muß. Im Reichstage ist man wegen der zahl reichen Neuforderungen nicht eben in sehr rosiger Laune und große Freude wird man wegen der Nach- fordernngen für Ostafrika auch nicht haben, aber die Verhältnisse liegen doch so, daß die Aussicht auf Wiedererstattung der vom Reiche aufgewcndeten Geld mittel nicht fehlt, und da wird man schließlich ein Auge zudrücken und es bei einigen guten Ermahnungen zur Sparsamkeit bewenden lassen. Tagesgeschichte. * — Zu der auch hier am 15. d. abends beobach teten Meteorerscheinung, welche in einem großen Teile Deutschlands sichtbar war, kann heute berichtet wer den, daß das fragliche Meteor in Borxleben in Thüringen uiedergegangen ist. * — Dienstag vorm. siel ein dreijähriger Knabe hinter dem Gemüsehändler Franke'schen Wohnhaus in den Mühlgraben, wurde aber glücklich wieder gerettet. Am Abend desselben Tages fiel abermals ein drei jähriges Mädchen an derselben Stelle hinein und wurde ebenfalls von einem hiesigen Bürger wieder heraus gezogen und dem Leben erhalten. * — Callnberg, 30. Okt. Der Gasthof zum goldnen Adler in Callnberg, aus dessen Ruinen durch die Energie des Besitzers nun ein neues, schönes Etablissement mit großem Concertsaal in verhältnis mäßig kurzer Zeit wieder erstanden ist, war gestern abend der Sammelplatz eines außerordentlich zahl reichen Publikums, denn der geräumige, mit Gas er leuchtete große Saal und dessen angebaute Nebenräume waren überfüllt. Die Kapelle des 104. Kgl. Sächs. Infanterieregiments aus Chemnitz unter Leitung ihres tüchtigen Direktors, Herrn Aßbach, welche daselbst konzertierte, brachte die lieblichsten musikalischen Weisen zu Gehör, wie überhaupt das von der Kapelle zur Ausführung gebrachte, gutgewählte Programm reiche Abwechslung bot und den allgemeinen Beifall der Anwesenden erlangte. Während einer der Zwischenpausen brachte Herr Bürgermeister Schmidt, nachdem er auf die Zeit der Zerstörung des vor. Grundstückes durch des Feuers Glut zurückgegriffen und den Verlauf der Neuentstehung bis zur Vollendung geschildert hatte, seinen Glückwunsch in beredten Worten aus, was freudigen Anklang erregte. Dem Concert folgte Ball, welchem sich die Tanzlustigen natürlich in ausgedehntestem Maße widmeten. Die sämtlichen Gasleuchter, welche den Saal re. zieren, sind durch Herrn Gasmeister Petzold in Lichtenstein bezogen worden und rühmt man allgemein deren Billigkeit und schöne Form. * — Dem Restaurateur Zesch in Rödlitz wurden vor einigen Tagen mittelst Einsteigens aus dem in der Gaststube stehenden Büffetschrank 100 Stück Cigarren verdachtlos gestohlen. — Krankenunterstützung über die 13. Woche hinaus. Die in Vorbereitung be griffene Novelle zum Krankenversicherungs-Gesetz vom 15. Juni 1883, deren Vorlegung an den Reichstag in nicht allzuferuer Zeit zu erwarten ist, wird, wie die „Köln. Ztg." hervorhebt, zweifellos auch eine fühlbare Lücke der sozialpolitischen Gesetzgebung beseitigen, welche in Ansehung der Fürsorge für Ge nesende vorhanden ist. Nach dem Krankenversicherungs gesetz erhalten erkrankte Personen für die Dauer von 13 Wochen Krankenunterstützung; den Ortskranken kassen gestattete zwar das Gesetz, weiter zu gehen und die Unterstützung für die Dauer eines Jahres zu ge-